Eine US-Studie hat den Beweis erbracht, daß bei den über 300 Kriegskonflikten zwischen 1900 und 2006 ziviler Widerstand mehr als doppelt so oft Erfolg gehabt hat wie militärischer (1). Auch deshalb muß zum Ukrainekrieg endlich die Kriegsrhetorik durch eine Friedensrhetorik ersetzt werden.
Der Friedensaktivist Jürgen Grässlin fordert von den Vereinten Nationen einen Friedensplan zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine. Die große Hoffnung richtet sich auf Donald Trump, der nach der Amtseinführung am 20.1.2025 diesen Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den USA beenden will.
Die Friedensbewegung in Deutschland kommt immer noch nicht aus dem Schweigen heraus. Anders als in den 1980er Jahren, als Hunderttausende gegen die Stationierung von Atomraketen an der deutsch-deutschen Grenze auf die Strassen gingen. Obwohl die Bedrohungslage mit den heutigen Hyperschallraketen nicht geringer ist, gibt es im Jahr 2024 nur vereinzelt kleine Demonstrationen. Mehr noch: Die Diskussion um die Frage „ziviler oder militärischer Wiederstand?“ wird im Keim erstickt, da Pazifisten und Kriegsgegner sofort als Putin-Versteher und Russland-Trolle diffamiert und damit abgetan werden.
Dabei ist eine breite und offene Diskussion zwischen Anhängern der Friedensbewegung und Anhängern des polit-militärischen Komplexes in Deutschland notwendiger denn je. Letztere, also Menschen, die „Kriegsbereitschaft“ (Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)) signalisieren, geben in den Mainstreammedien – private wie den ÖRR – den Ton an. Während die Friedensbewegten gezwungenermaßen mehr über Social Media kommunizieren.
Ein informatives Beispiel für einen Diskurs „Pro und Contra“ gibt Vera Lengsfeld in den Beiträgen (2) und (3). Statt die andere, abweichende Meinung zu diffamieren, kommen beide Seiten in ihrem Blog zu Wort – die Friedensrhetoriker (hier: Vera Lengsfeld) wie die Kriegsrhetoriker (hier: Peter Schewe).
Als rohstoffarmes Land verfügt Deutschland nur über eine Ressource: die Bildung. Und diese muß gepflegt werden, wie etwa in der Zeit zwischen 1871 und 1914, der „Belle Epoque“ bzw. „Wilhelminischen Zeit“, die durch Bildung, Kreativität, Erfindungen, Genies geprägt war. Damals war Bildung noch nicht zur Bildungsmisere verkommen.
Damals wie heute sind allein die Naturgesetzlichkeiten wahr. Alles andere gilt jeweils als These nur so lange, bis es durch eine Gegenthese falsifiziert und somit als unwahr erklärt worden ist. Wisssenschaftlicher Fortschritt als Prozess der fortlaufenden Falsifizierung.
Für das Bildungssystem heißt dies: Zu jeder Meinung gibt es eine Gegenmeinung, die als zulässig geachtet und diskutiert werden muß. Die zugehörige Methode in Schule wie Hochschule ist das „Pro und Contra“. Wer dieser Diskussion auszuweichen trachtet mit Statements wie „Das interessiert mich nicht“, „Nein, es gibt alternativlos nur eine Lösung“ oder gar „… gehört verboten“, der hat demokratische Bildung nicht verstanden.
Zurück zum Ukrainekrieg: Wenn Friedrich Merz sagt, er habe keine Angst vor dem Atomkrieg, er werde als Kanzler den russischen Präsidenten ultimativ auffordern, den Krieg zu beenden und andernfalls Taurus-Raketen an der ukrainisch-russischen Grenze stationieren, dann ist dies beängstigend, denn es impliziert den direkten Kriegseintritt von Deutschland. Grund: Das Taurus-System kann nur von deutschen Militärs bedient, eingesetzt bzw. gesteuert werden. Diese so weitreichende Meinungsäußerung des CDU-Chefs muß diskutiert werden – im Parlament, in den Medien, Schulen, in der Gesellschaft, überall. Offen. Ohne Nazi-Keule gegen Kritiker und ohne Drohung der Delegitimierung des Staates gegen Andersmeinende.
Mit seiner Raketen-Zusage hat US-Präsident Biden während der Übergangsphase der ‚Presidential Transition‘ eskaliert (4). Eine beunruhigende Entwicklung, zu der man nicht schweigen darf.
28.11.2024
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Ende von Beitrag „Kriegs- versus Friedensrhetorik“
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Beginn von Anlagen (1) – (4)
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(1) Ziviler Widerstand ist erfolgreicher als militärischer
Freiburger Rüstungsgegner Grässlin: „Militär ist nicht die Lösung, Militär ist das Problem“
Der Publizist und Friedensaktivist Jürgen Grässlin ist ein Verfechter des zivilen Widerstandes – auch im Ukraine-Krieg. Aktuell wünscht er sich eine Friedensinitiative der Vereinten Nationen
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Lassen Sie mich unser heutiges Gespräch zur intensiveren Reflexion der immensen Chancen nichtmilitärischer Verteidigung nutzen. Hier verweise ich auf die Studie Why Civil Resistance Works der beiden US-Forscherinnen Erica Chenoweth und Maria Stephan, die mehr als 300 kriegerische Auseinandersetzungen im Zeitraum von 1900 bis 2006 untersucht haben. Darin wurde empirisch nachgewiesen, dass weltweit ziviler Widerstand mehr als doppelt so oft erfolgreich ist wie gewaltsamer. Die Militärinterventionen sind gescheitert: in Afghanistan, Libyen, Syrien, im Irak, im Jemen. Sprich: Militär ist nicht die Lösung, Militär ist das Problem.
BZ: Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für die Ukraine?
Dass sich deutlich positivere Handlungsmöglichkeiten ergeben, wenn man das breite Spektrum zivilen Widerstandes nutzt. Das beginnt bei individuellen Aktionsformen gegen einrückende Angreifer, die in der Ukraine zu Kriegsbeginn erfolgreich praktiziert wurden. Russische Panzerfahrer hatten sich nach Gesprächen mit der Zivilbevölkerung nachweislich entschieden, umzukehren. Das Spektrum der Sozialen Verteidigung reicht allerdings viel weiter – bis hin zu zeitlich unbegrenzten Generalstreiks.
BZ: Sie kennen den Alltag in den von Russland besetzten Territorien – es gibt zahlreiche Berichte von Folterungen, Vergewaltigungen, Verschleppungen und willkürlichen Erschießungen. Was glauben Sie, würden den Menschen passieren, würden sie zu zivilen Widerstandsmitteln greifen?
Ja, die völkerrechtswidrige Interventionspraxis Russlands mit schweren Menschenrechtsverletzungen ist bekannt. Diese geschehen allerdings besonders im Rahmen der rein militärischen Konfliktaustragung. In meinem neuen Mutmachbuch „Wie Lichter in der Nacht. Menschen, die die Welt verändern“ habe ich mich auch mit der Frage beschäftigt, was passiert wäre, wenn die Bevölkerung in der Ukraine zivilen Widerstand geleistet hätte. Hierzu habe ich den bekanntesten ukrainischen Kriegsdienstverweigerer, Yurii Sheliazhenko, interviewt. Gemäß seiner Analyse wäre Widerstand ohne Waffen gegen die Besatzungsmacht Russland erfolgreich verlaufen und hätte Hunderttausenden von Menschen das Leben gerettet. Fakt ist auch: 2015 hat eine Umfrage des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie ergeben, dass sich erfreuliche 29 Prozent der Ukrainer im Falle einer ausländischen Intervention dem gewaltlosen Widerstand anschließen wollten. Lediglich 24 Prozent plädierten für Widerstand mit Waffen.
… Alles vom 26.11.2024 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/freiburger-ruestungsgegner-graesslin-militaer-ist-nicht-die-loesung-militaer-ist-das-problem
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Jürgen Grässlin: Wie Lichter in der Nacht –
Menschen, die die Welt verändern. Ein Mutmachbuch
Mit Margot Käßmann, Vandana Shiva, Gerhard Trabert, Franz Alt, Malalai Jo, …
Heyne, 2024, 20 Euro
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Jürgen Grässlin ist 1957 in Lörrach geboren. Er engagiert sich seit 1983 gegen Waffentransfers von Heckler & Koch und anderen Rüstungsfirmen. 2010 erstatte er Anzeige gegen Heckler & Koch wegen illegaler Waffentransfers. Die TV-Doku über diese Geschäfte wurde mit dem Grimme-Preis 2016 ausgezeichnet. Grässlin hat diverse Bücher über das Thema Waffenhandel verfasst und wurde mehrfach für sein Engagement ausgezeichnet.
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(2) Waffen für die Welt – Rheinmetall und das Geschäft mit dem Krieg
Mich erinnern heutige Zeiten an die 80er-Jahre, in denen in Ost und West eine starke Friedensbewegung gegen die Stationierung von Atomraketen an der Grenze des geteilten Deutschlands auf die Straße gegangen ist. Nur, dass es heute beinahe totenstill bleibt, wenn die Stationierung von amerikanischen Langstreckenraketen verkündet wird, die den Ukrainekrieg auf Deutschland ausdehnen könnten. Es fehlte auch ein unüberhörbarer Aufschrei, als der Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, verkündete, er würde als Kanzler Putin ein Ultimatum stellen, den Krieg gegen die Ukraine innerhalb von 24 Stunden zu beenden, ansonsten würde er Taurus-Raketen in die Ukraine schicken.
Kürzlich hörte ich einen ehemaligen DDR-Bürgerrechtler sagen, dass man die ganze Friedensbewegung doch vergessen könnte, geholfen hätte nur die Nachrüstung. Nur durch die sei die Sowjetunion in die Knie gegangen. Also müsste man jetzt wieder militärische Stärke zeigen. Ich habe den Mann, der auch mit mir im Bundestag war, nicht gefragt, ob er Putin für seine Rede 2001 stehenden Beifall gespendet hat. Nach meiner Erinnerung waren fast alle Parlamentarier wie ein Mann aufgestanden. Nur auf den hintersten Bänken gab es außer mir nur zwei oder drei Abgeordnete, die das nicht taten. Von denen, die applaudierten, sind heute noch etliche aktiv, und sie erklären Putin für den Gottseibeiuns, den schlimmsten Feind des Westens.
Ich war auch in der letzten Volkskammer dabei, als Gorbatschows Bedingung, dass bei einer Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten garantiert werden müsse, dass die NATO nicht an die Grenze der Sowjetunion ausgedehnt würde. Inzwischen verkünden Politiker, dieses Versprechen hätte man nur mündlich gegeben, es sei niemals schriftlich fixiert worden. Gorbatschow hat den deutschen Politikern also unberechtigt vertraut.
Bekanntlich hat Putin hingenommen, dass sowohl Polen, Ungarn und Rumänien als auch die baltischen Staaten Mitglied der NATO wurden. Er hat hingenommen, dass dort NATO-Manöver stattfinden. Die Vorgeschichte des Ukraine-Krieges wird heutzutage nicht thematisiert, es wird stattdessen behauptet, die Ukraine verteidige die westlichen Werte und die Freiheit. Wer wissen will, wie es in der Ukraine vor dem Krieg aussah, sollte Juri Kurkow lesen, der auch erfolgreich ins Deutsche übersetzt wurde. „Picknick auf dem Eis“ ist eine Beschreibung eines korrupten Oligarchenstaates, „Graue Bienen“ eine des Krieges, der jahrelang vom Westen unbeachtet vor sich hinschwelte. Die Ukraine ist nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion keine Demokratie geworden. Das hat sie mit Russland gemeinsam. Wenn heute deutsche Politiker die Hardliner geben, bekomme ich das Gefühl nicht los, dass sie die Komplett-Niederlage Nazideutschlands nicht verstanden haben. Jedenfalls scheint die „Kriegstüchtigkeit“, um nicht ein weniger freundliches Wort zu gebrauchen, vor allem bei denen am größten zu sein, die ihren Platz im Atomschutzbunker sicher haben.
Nun zu Rheinmetall. Fred Schumacher hat im Verlag Das Neue Berlin einen kurzen, aber aussagekräftigen Abriss zur Geschichte des Rüstungskonzerns, der heute immer noch ein wichtiges Glied der inzwischen stark schrumpfenden deutschen Wirtschaft ist, veröffentlicht. „Voller Stolz führt der Rheinmetall-Vorsitzende Armin Papperger in der Lüneburger Heide das aktuell größte Werk des Unternehmens vor. Man schreibt den 12. Juni 2024, und gekommen sind Bundeskanzler Scholz, Verteidigungsminister Boris Pistorius und die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen. Panzer und Munition produziert das Unternehmen hier, derzeit vor allem für den Kriegseinsatz in der Ukraine.“ Das Gelände inmitten des Naturparks Südheide erwarb das Unternehmen bereits 1899.
Fred Schumacher zeichnet die Unternehmensgeschichte besonders in der Zeit des Nationalsozialismus nach, wo zehntausende Zwangsarbeiter, darunter auch KZ-Häftlinge, zum Profit des Unternehmens beitragen mussten. Diese Geschichte ist nach wie vor nicht genügend aufgearbeitet. Mich hat besonders erschreckt, dass die Zwangsarbeit von hunderten Frauen für einen Rheinmetall-Zweigbetrieb in Sömmerda bis vor Kurzem nicht bekannt war. Erst jetzt wird daran erinnert. Das wird in anderen Orten ähnlich sein.
Natürlich hat sich Rheinmetall auch auf die ehemals sozialistischen Länder ausgedehnt. In fünf ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten: Polen, Ungarn, Tschechien und Rumänien ist der Konzern schon ansässig, um die dortigen Streitkräfte zu unterstützen, mit Litauen gibt es noch Gespräche für eine Niederlassung. Der Rüstungskonzern liefert die Ukraine auch direkt.
Papperger: „Direkt in die Ukraine liefern wir etwa Flugabwehrsysteme, die übrigens auch zur Bekämpfung von Drohnen dienen, außerdem diverse Munitionstypen sowie Militär-LKWs und ein Feldlazarett. Über den Ringtausch haben wir Marder und Leopard aus unserem Bestand verkauft, auch weitere LKWs. Und wir bauen in Deutschland eine Fertigung für Gepard-Munition auf.“
Das, so Schumacher, könnte das Publikum etwas irritieren, „denn das passt nicht zur NATO als selbstlose Institution für die reine Selbstverteidigung“. So ist es. Die Kriegsgefahr ist akut. Wer schweigt, stimmt zu.
Fred Schumacher: Waffen für die Welt –
Rheinmetall und das Geschäft mit dem Krieg
Berlin, 9/2024, Taschenbuch 10 Euro
.. Alles vom 24.11.2024 von Vera Lengsfeld bitte lesen auf
https://vera-lengsfeld.de/2024/11/24/waffen-fuer-die-welt-rheinmetall-und-das-geschaeft-mit-dem-krieg/#more-7859
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Eine notwendige Ergänzung
Über den ersten Satz meines Artikels über das Buch von Fred Schumacher „Waffen für die Welt“ hat es Irritationen gegeben. Ich hatte – das war, wie sich herausstellte, ein Fehler – nur die amerikanischen Raketen erwähnt, die in den 80er-Jahren stationiert wurden. Das ist mir unterlaufen, weil es heute um die Stationierung von amerikanischen Raketen geht. Aber natürlich sind damals keine amerikanischen Raketen in der DDR stationiert worden. Dass man das herauslesen könnte, ist mir nicht in den Sinn gekommen. Schließlich habe ich aktiv gegen die sowjetischen Atomraketen in der DDR gekämpft und bin dafür mit Berufsverbot und anderen Schikanen bestraft worden. Dass man mir unterstellen könnte, ich würde die sowjetische Haltung schönreden wollen, war für mich undenkbar. Wohl eine Art Betriebsblindheit. Ich habe auch immer vor Putin gewarnt – einmal KGB-Mann, immer KGB-Mann. Dass ich jetzt als „Putin-Versteherin“ bezeichnet werde, zeigt mir, wie vergiftet die Atmosphäre ist.
Ich bin es gewohnt, zwischen allen Stühlen zu sitzen, denn ich orientiere mich an den Fakten, nicht an ideologischen Vorgaben. Im weiteren Artikel habe ich nichts als Fakten aufgezählt und auch noch darauf hingewiesen, dass Russland keine Demokratie ist.
Ich bleibe dabei: Sowohl die Stationierung von amerikanischen Raketen mit großer Reichweite in Deutschland als auch die von Kanzlerkandidat Merz angedrohte Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine führen zu einer erhöhten Kriegsgefahr. Ich bin es meinen Enkeln schuldig, etwas dagegen zu unternehmen. Dass dies nicht allen gefällt und es zu neuen Anfeindungen führt, nehme ich gern in Kauf.
… Alles vom 25.11.2024 bitte lesen auf
https://vera-lengsfeld.de/2024/11/25/eine-notwendige-ergaenzung/#more-7860
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(3) Frieden schaffen ohne Waffen?
Für meinen Beitrag über das Buch von Fred Schumacher „Waffen für die Welt“ habe ich viele Reaktionen bekommen. Mein Freund Peter Schewe hat mir seine „etwas andere Sicht“ geschickt. Diese will ich, auch wenn ich sie nicht teile, meinen Lesern nicht vorenthalten. Das ist mein kleiner Beitrag zur Meinungsfreiheit:
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Von Peter Schewe
Immer wieder begegnen mir hier im alten Westen Leute, die meinen, der Frieden, dessen wir uns seit fast 80 Jahren erfreuen dürfen, sei das Ergebnis ihrer Friedensgesinnung. Es ist die Generation der Ostermaschierer und Kriegsdienstverweigerer, die gegen Wiederbewaffnung, Raketenstationierung, Atomkraft usw. auf die Straße gingen und meinen, dadurch den Frieden bewahrt zu haben.
Sie verkennen dabei völlig, dass dieser fragile Frieden nur dadurch hielt, weil der Westen genau das tat, wogegen sie demonstrierten: Den Natodoppelbeschluss umsetzen, die Stationierung von Atomwaffen in Europa als einzig wirkende Abschreckung gegen kommunistische Eroberungsgelüste. Es ist allein den USA zu verdanken, dass die alte Bundesrepublik vom russischen Traum. die Machtsphäre bis an den Atlantik auszuweiten, unbehelligt blieb, denn genau darauf wurden wir Wehrdienstleistende in der NVA nämlich trainiert und ideologisch vorbereitet.
Und genau diese Haltung taucht heute in Bezug auf den Ukrainekrieg wieder auf. Obwohl nunmehr bewiesen ist, dass Lenins Erben vor keinem Verbrechen zurückschrecken und ihnen das Leben abertausender Menschen völlig egal ist, meint man immer noch, durch keine Lieferung von Waffen an die Ukraine den Frieden herbeischaffen zu können.
Auch die geplante Stationierung neuer, atomwaffentragender Mittelstreckenraketen auf deutschem Boden ruft wieder Empörung und Abwehrreflexe hervor und beschert der Wagenknechtpartei zweistellige Wahlergebnisse. Dass Putin seine Raketen längst in Kaliningrad (Königsberg) auf deutsche Ziele gerichtet hat, scheint dabei niemanden zu stören oder will niemand wahrhaben. Und es ist ihnen offenbar auch völlig egal, mit ihrer Haltung dem Kriegstreiber Putin in die Hände zu spielen. Die, die immer noch glauben, ohne Waffen Frieden schaffen zu können, hoffen durch Stillhalten den Gegner vom Angreifen abhalten zu können, so wie das Kaninchen vor der Schlange es macht. Nur ist Putin keine Schlange, die das erstarrte Kaninchen nicht wahrnimmt, er hat uns gezeigt, dass die Schlange trotzdem zubeißt.
80 Jahre lang hat es sich die alte Bundesrepublik unter dem atomaren Schutzschirm der Amerikaner, Briten und Franzosen gut gehen und reich werden lassen ohne große Anstrengungen und Ausgaben für die eigene Wehrfähigkeit. Wenn heute der Verteidigungsminister die Kriegstüchtigkeit der Bundeswehr einfordert, erntet er wieder oder immer noch nur Empörung, Hohn und Spott.
Der Glaube, 1990 sei die Bedrohung aus dem Osten endgültig Geschichte, war ein riesiger Irrtum, dem nur diejenigen erliegen konnten, die das Wesen kommunistischer Denkweise und Moral nicht kannten.
Immer wenn ich mit meinem Hund im Poisenwald nahe Dresden an den Panzern und Gefechtsständen des in Nickern stationierten und sich dort verschanzenden, sowjetischen Panzerregimentes vorbeiging, tauchte die Frage in mir auf, ob wir noch mal eine Zeit ohne deren Anwesenheit erleben werden. Die Hoffnung war eigentlich aussichtslos, aber sie verschwand nie.
Nachdem wir uns die deutsche Wiedervereinigung auf der Straße ertrotzt hatten, ohne dass auch nur ein Schuss fiel, blieb für mich immer noch die Frage, ob wir sie, die russischen Militärs, je loswerden. Ihre Motivation war nicht groß, in die im Vergleich zu Ostdeutschland eher ärmliche aber dennoch geliebte Heimat zurückzukehren, immerhin erhielten sie seit dem 01.07.1990 ihren Sold in DM und konnten so ihre Lieben daheim mit allem Notwendigen und Überflüssigen versorgen.
Aber das Wunder geschah, 1994 waren sie weg, selbst die Unterstände und Panzergruben waren dem Erdboden gleichgemacht, alle Spuren beseitigt, so als wären sie nie dagewesen.
Es muss für sie demütigend gewesen sein, nach dem Großen Vaterländischen Sieg über Hitlerdeutschland sang und klanglos das Eroberte und die Privilegien aufzugeben und kampflos das Feld zu räumen. Von den acht Milliarden, die Kohl dafür auf den Tisch blätterte, werden sie nichts gesehen haben, mit dem Geld wurden eher die Zwiebelkuppeln russischer Kirchen vergoldet.
Und so kann ich mir sehr gut vorstellen, dass die sowjetische Nomenklatura und ihre Militärs diese Niederlage bis heute nicht verwunden haben und zielstrebig und mit allen Mitteln darauf hingearbeitet haben, wieder wahrgenommen zu werden, ganz gleich ob als Bedrohung oder als Garant für den Weltfrieden, ebenbürtig mit den USA. Nachdem der versoffene Jelzin alle Bemühungen, auch in Russland Demokratie und Freiheit zu etablieren, verspielt hatte und das Land den Oligarchen überließ, blieb nur noch die Besinnung auf alte Größe und Bedeutung. Stalin wurde wiederbelebt und alles für Gas und Öl vom Westen gezahlte Geld in die Rüstung gesteckt. Zahnlose Kriegsveteranen mit ordenbehangener Heldenbrust wurden wieder aus der Mottenkiste geholt und aufpoliert. Und mit Putin hatte man den richtigen Mann gefunden, die alten, fast schon vergessenen Träume wieder auferstehen zu lassen in fester Verbundenheit mit der russisch-orthodoxen Mutter Kirche. Die ewigen Träume vom großrussischen, ganz Europa beherrschenden Zarenreich einer Katharina oder eines Peter waren nie vergessen. Selbst Solschenizyn träumte diesen Traum trotz aller Kritik am Sowjetkommunismus. Auch das ewige Trauma, trotz eigener Größe und unermesslicher Ressourcen immer dem Westen hinterherzulaufen und nie dessen ökonomische Leistungsfähigkeit zu erreichen, war immer schon seit Peter dem Ersten für die russische Führung Motivation, allein auf die militärische Stärke zu setzen, das Wohlergehen des eigenen Volkes spielte dabei nie eine Rolle.
Die Ukraine stand diesem großrussischen Traum seit ihrer Eigenständigkeit im Wege, genauso wie es das ehemals russische Großfürstentum Finnland, Weißrussland, das Baltikum und auch Polen noch immer tun. Das Sicherheitsbedürfnis ist nur ein vorgeschobenes Argument. Es geht allein um die Erfüllung großmachtpolitischer Tagträume und den Besitz der Schwerindustrie im Donbass.
Wenn es uns, dem Westen nicht gelingt, unser Abschreckungspotential zu erhöhen, werden wir die Putins nicht davon abhalten können, immer wieder zu versuchen, ihre Einflusssphäre nach Westen zu verschieben.
Wir im Westen glauben immer, auch die Russen wollen so leben wie wir, in freier Selbstbestimmung und Wohlstand. Das ist ein Irrtum. Da sie das nie erreicht haben, wollen sie, dass wir so leben wie sie. Putin hat der westlichen ‚Wohlstandsdekadenz‘ den Kampf angesagt.
Mit aller Härte und ohne Pardon werden die, die sich dagegen stellen, nicht nur mundtot sondern gleich ganz tot gemacht: Politowskaja, Progoschin, Nemzow und Nawalny um nur einige zu nennen. Aber auch diese Verbrechen scheinen nicht wenige Putinversteher ihm nachzusehen und ärger noch, den Fall Nawalny mit dem Fall Assange zu vergleichen, obwohl der eine tot ist und der andere sich bester Gesundheit und Freiheit erfreut. Von einem, der in Russland Vergleichbares wie Assange getan hätte, wüssten wir nicht mal seinen Namen.
Nein, bei aller Friedensbesoffenheit ewig Gestriger, wir müssen unsere Verteidigungsfähigkeit und unser Abschreckungspotential glaubwürdig stärken und erhalten. Nicht nur vom Geld, auch von der inneren Haltung eines jeden Einzelnen wird es abhängen, ob uns das gelingt und wir uns kommunistischen Welteroberungsträumen erwehren und unsere Freiheit verteidigen können.
Frieden schaffen und bewahren geht nur mit einer starken Verteidigungsfähigkeit, solange nicht alle ihre Waffen strecken. Dieser Traum ist zwar schön, aber wahr werden wird er wohl nie.
Peter Schewe, Regenstauf, den 25.11.2024
… Alles vom 2.11.2024 bitte lesen auf
https://vera-lengsfeld.de/2024/11/26/frieden-schaffen-ohne-waffen/
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(4) Wider den Krieg. Für Frieden
Ein schrecklicher Krieg tobt in der Ukraine und er droht sich auszuweiten. Wir vernehmen eine ständig schärfer werdende Propaganda der Konfliktparteien und ihrer Unterstützer. Während im deutschsprachigen Raum von den einen eskalierende Waffenlieferungen gefordert werden, drängen die anderen auf einen sofortigen Stopp der Kampfhandlungen und den Beginn von Friedensverhandlungen. Der Graben zwischen diesen beiden Lagern ist so tief, dass – ähnlich wie in der Corona-Krise und beim Klima-Thema – diejenige Seite, die den Regierungskurs nicht oder nicht in aller geforderten Konsequenz mitgehen möchte, mit Schmähungen und Diffamierungen überzogen wird – die Kritiker werden zuweilen sogar dem ‚Feindeslager‘ zugeordnet.
Dies alles geschieht, während in den USA die Übergangsphase zwischen zwei Präsidentschaften andauert. Die abgewählte, aber noch im Amt befindliche Administration eskaliert während der Phase der ‚Presidential Transition‘, indem sie den Einsatz von US-Waffen mit längerer Reichweite gegen Ziele im russischen Staatsgebiet erlaubt https://www.tagesschau.de/ausland/biden-us-waffen-ukraine-100.html. Der gewählte, aber erst ab dem 20. Januar 2025 amtierende Präsident Donald Trump, der im Wahlkampf für eine deeskalierende Politik eintrat und mit großer Mehrheit gewählt wurde, kann seine angekündigten Ziele in Ermangelung einer Amtsgewalt noch nicht verfolgen. Diese Entwicklung ist beunruhigend.
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… Alles vom 29.11.2024 von Thorsten Polleit und Andreas Tiedtke bitte lesen auf
https://www.misesde.org/2024/11/wider-den-krieg-fuer-frieden/