Willy Brandt begründete einst seine Entspannungspolitik mit der Lage von Deutschland als Land in der Mitte Europas: „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein.“ Und sein Berater Egon Bahr ergänzte: „Die eigenen Interessen eines Staates zählen, nicht die Werte. Wenn ein Politiker anfängt, über „Werte“ zu schwadronieren, dann ist es höchste Zeit, den Raum zu verlassen“. Was wohl würde Bahr zur wertegeleiteten Politik der Ampel sagen? Deutsche Politik muß auf Entspannung und Frieden ausgerichtet sein. Und Entspannungspolitik ist immer Interessenpolitik. Deutschland muß seine eigenen Interessen definieren – gegenüber der EU, den USA, Russland und der Ukraine.
Der von Trump designierte Vizepräsident JD Vance schlug anlässlich der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2024 in dem Financial Times-Beitrag „Europa muss bei der Verteidigung auf eigenen Füßen stehen“ (1) eine von den USA unabhängige Sicherheitsarchitektur für Europa vor:
„Wir sind es unseren europäischen Partnern schuldig, ehrlich zu sein: Die Amerikaner wollen Verbündete in Europa, keine Vasall-Staaten, und unsere Großzügigkeit in der Ukraine neigt sich dem Ende zu. Die Europäer sollten die Beendigung des Krieges in der Ukraine als ein Gebot der Stunde betrachten. Sie müssen ihre industriellen und militärischen Fähigkeiten weiter ausbauen. Und Europa sollte sich überlegen, wie genau es mit Russland leben will, wenn der Krieg in der Ukraine vorbei ist.“
Das heißt im Klartext: Die USA unter Trump werden ihre Militärhilfe an die Ukraine einstellen, den Ukrainekrieg umgehend beenden, die Reparatur der Nordstream-Pipeline zulassen und Deutschland zur Wandlung vom transatlantischen Vasall-Staat zum souveränen Staat mit interessengeleiteter Politik ermuntern. Vance hat begriffen, daß Amerika mit dem Wechsel der unter US-Hegemonie stehenden bipolaren Welt hin zu einer multipolaren Welt seine Interessen bzw. Aktivitäten vom europäischen zum asiatisch-pazifischen Raum verlagern muß.
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Das vorrangige zu lösende Problem ist die drohende Ausweitung des Ukrainekriegs: Trump hat während seiner ersten Präsidentschaft keinen einzigen neuen Krieg begonnen – im Gegensatz zu seinen Vorgängern Biden, Obama, Bush, Clinton, usw. Und Trump ist weit weniger mit der mächtigen Rüstungslobby der USA verbandelt als seine Vorgänger. All dies ist Fakt und macht Friedensbewegten Hoffnung auf ein Ende des Kriegs in der Ukraine. Und verdrängt das oftmals ruppige und ungehobelte Auftreten von Trump in den Hintergrund.
Zwei Fragen bleiben:
1) Biden hat das amerikanische Sicherheits-Establishment – man beschreibt es auch als den „Deep State“ – regieren lassen. Und Trump? Wird er als Präsident gegen das clintonesque US-Establishment ankämpfen? Gilt für ihn das unmittelbar nach dem gescheiterten Mordversuch ausgesprochene „Fight! Fight! Fight“ oder doch lieber „Stay safe!“ (2)?
2) Vance wie Trump drängen Deutschland dazu, doch Verantwortung zu übernehmen, d.h. souverän die eigenen politischen Interessen zu verfolgen und sich nicht weiter den US-Interessen als deren Vasall unterzuordnen. Aber wer in Berlin formuliert diese Interessen zu EU, Energie, Migration usw.? Annalena Baerbock mit „Russland ruinieren“ sicher nicht! Der über Blackrock den USA hörige Friedrich Merz auch nicht. Wer räumt mit dem Märchen auf, daß die Interessen der USA automatisch auch die Interessen von Deutschland sein müssen?
Nochmals: Willy Brandt’s Diktum „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein“ gilt nach wie vor. Und unsere Nachbarn sind in Europa.
Dieser Artikel ist auch erschienen auf:
https://ansage.org/trumps-vizekandidat-j-d-vance-deutschland-ist-kein-vasallenstaat-der-usa/
21.7.2024
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Ende von Beitrag „Vance: D ist kein Vasall der USA“
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Beginn von Anlagen (1) – (3)
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(1) Trump-Vize: USA wollen keine EU-Vasallen
Der neue Stellvertreter von Donald Trump fordert sehr offen eine neue Sicherheitsarchitektur für Europa. Und er will die EU vom US-Protektorat freigeben. Das wäre eine Zäsur – und das Ende der NATO wie wir sie kennen.
Innerhalb der EU-Elite ist eine Panik ausgebrochen. Der Grund ist JD Vance, möglicherweise bald Vize-Präsident der USA. Der Grund dafür ist recht einfach: Vance ist ein entschiedener Gegner der aktuellen „transatlantischen Sicherheitsarchitektur“ unter dem Schirm NATO. In dieser Architektur sind die europäischen Staaten abhängig von den USA, de facto nicht souverän und quasi US-Protektorate. Vance ist ein Gegner dieser Ordnung.
NATO und Ukraine
Im Februar 2024 erschien anlässlich der Münchner Sicherheitskonferenz ein Kommentar von Vance in der Financial Times https://www.ft.com/content/3c87ef13-122f-4e78-a7af-54c75c30a91d Titel: „Europa muss bei der Verteidigung auf eigenen Füßen stehen.“ Darin schlägt Vance sehr deutlich eine neue Sicherheitsarchitektur für Europa vor, in der die USA nicht mehr uneingeschränkt den Ton angeben. Durch die Nominierung von Vance als Trump-Vize wird der Text für die EU höchst aktuell und relevant. Hier der Text in übersetzter Form (Hervorhebung TKP):
„Die Vereinigten Staaten haben Europa viel zu lange mit einer Decke der Sicherheit überzogen. …
Deutschland ist die wichtigste Volkswirtschaft in Europa, aber es ist auf importierte Energie und geliehene militärische Stärke angewiesen. Führende US-Politiker aller Couleur unterstützen Europa und sehen den Wert generationenalter Allianzen. Doch während wir zusehen, wie die europäische Macht unter einem amerikanischen Protektorat verkümmert, ist die Frage berechtigt, ob unsere Unterstützung es Europa erleichtert hat, seine eigene Sicherheit zu ignorieren.
… Alles vom 18.7.2024 bitte lesen auf
https://tkp.at/2024/07/18/trump-vize-usa-wollen-keine-eu-vasallen/
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(2) Kampf oder Flucht
Donald Trump hat nach dem Attentat auf ihn Oberwasser — ob er sich als Präsident wirklich mit dem Sicherheits-Establishment anlegen wird, steht auf einem anderen Blatt.
„Fight! Fight! Fight“ oder doch lieber „Stay safe!“
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Ich denke, Donald Trump liegt richtig, wenn er fürchtet, möglicherweise von den eigenen Sicherheitsdiensten umgebracht zu werden, sollte er eine vernünftige Lösung für den Ukrainekrieg aushandeln, anstatt die Multi-Billionen-Dollar-Goldgrube an Waffen, Tod und hohen Energiepreisen aufrechtzuerhalten, die der Krieg jetzt ist.
Damit Trump die Vereinigten Staaten wirklich regieren kann, bräuchte es eine beispiellose Säuberung der Clintonesquen Führungsriege im gesamten Sicherheits-Establishment, die viel tiefer ginge als ein normaler Regierungswechsel. Ich denke, Trump war sich dessen stets bewusst, hielt es jedoch für undurchführbar, „den Sumpf auszutrocknen“.
Beim kränkelnden Biden ist es für jedermann offensichtlich, dass er nicht wirklich für irgendetwas zuständig ist. Ich sage voraus, dass Trump, sollten wir eine Trump-Regierung bekommen, auch nicht wirklich zuständig sein, sondern sich mit einem leichten Leben zufrieden geben wird, während er das Establishment weiter das Land regieren lässt. Als Peter Cook den „Establishment Club“ gründete, verspottete ihn niemand mit der Aussage: „Was für ein alberner Verschwörungstheoretiker, so etwas wie das Establishment gibt es nicht.“ Ich ziehe dieses Wort dem Begriff des Deep State vor. Es ist jedoch dasselbe.
… Alles vom 19.7.2024 bitte lesen auf
https://www.manova.news/artikel/kampf-oder-flucht
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(3) Was Sie über Trumps Vize-Kandidaten nicht erfahren sollen…
…weil sonst die rot-grüne Hetzkampagne in sich zusammenbrechen würde
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Vance, der hierzulande massiv als rechts dargestellt wird, hat sich wiederholt für die Belange der Arbeiterklasse eingesetzt und unterstützt Initiativen, die die Arbeitsbedingungen verbessern sollen. Diese Aspekte werden in der deutschen Berichterstattung selten hervorgehoben, da der Fokus meist auf seiner vermeintlich „rechten“ politischen Ausrichtung liegt. Dabei wäre es Aufgabe der Medien, ein umfassenderes Bild von Vance und seiner Arbeit zu zeichnen, um die Komplexität seiner Positionen und gerade auch sein Engagement für die Arbeiterbewegung zu verstehen.
Und gerade hier tut sich Erstaunliches. Sean O’Brien, Präsident der International Brotherhood of Teamsters (IBT), schrieb Geschichte, indem er als erster Vorsitzender der 121-jährigen Organisation eine Grundsatzrede auf dem Republikanischen Nationalkonvent hielt, bei dem Trump und Vance nominiert wurden. Die IBT, auch bekannt als „Teamsters“, ist die größte Einzelgewerkschaft der USA und vertritt die Interessen der Transportarbeiter. Mit Hauptsitz in Washington, D.C. und einer Niederlassung in Kanada, setzt sich die Gewerkschaft seit 1992 auch international für die Rechte der Arbeiter ein. O’Briens Rede markiert einen bedeutenden Moment in der Geschichte der Gewerkschaftsbewegung und zeigt die wachsende Bedeutung der Teamsters in der politischen Landschaft der USA.
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Hier nur noch ein Beispiel. Vance wird als Putin-Freund hingestellt, der gegen die Ukraine ist. Wie sehr auch diese Darstellung verzerrt ist, zeigt folgendes Zitat von Vance von der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar im Hotel Bayerischer Hof in München – das Ihnen unsere Medien geflissentlich verschweigen. Weil es so gar nicht in den rot-grünen Propaganda-Auftrag passt – und weil der mögliche neue Vize-Präsident da Scholz, Habeck & Co. nämlich kräftig die Leviten las: „Sie deindustrialisieren Ihr eigenes Land und behaupten gleichzeitig, Putin müsse um jeden Preis besiegt werden. Wenn Putin um jeden Preis besiegt werden muss, dann hören Sie auf, Ihr eigenes Land im Namen einer lächerlichen Ökostrompolitik zu deindustrialisieren. Aber ich glaube, dass Washington, zumindest die aktuelle Führung in Washington, die Tatsache, dass die Europäer völlig von uns abhängig sind, wirklich gut findet. Das ist kein Bündnis. Diese Leute sind keine zunehmenden Verbündeten. Sie sind Klientelstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika, die tun, was immer wir von ihnen wollen.“
… Alles vom 20.7.2024 bitte lesen auf
https://reitschuster.de/post/was-sie-ueber-trumps-vize-kandidaten-nicht-erfahren-sollen/