Loretta und die Cancel Culture

Nun ist die Cancel Culture aus den USA mit dem gewohnten Time-lag auch im Freiburger Lorettobad angekommen. Die Loretta des Holzkünstlers Thomas Rees wird nur vier Tage nach ihrer Installation beklebt und beschmiert – wegen Unkeuschheit und Sexismus. Ein so großer Busen erzürnt halt die linke Gleichmacher-Bewegung:
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Da Kultur und Kunst seit Urzeiten Synonyme zu Ungleichheit und Individualität waren, müssen die Werke von Kulturschaffenden und Künstlern – und zuweilen auch sie selbst – gecancelt werden. Nachteilig für die Loretta ist zudem, dass das frisch geschnitzte Holz eher hell bzw. weiß ist als dunkel bzw. schwarz.
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Aber man sollte die Erregung herunterbrechen. Zur dieser Holzskulptur Loretta führen Langweile, Wohlstandsverwahrlosung, Gruppenzwang, Verblödung, Massenpsychose (Gustave le Bon), Angepasstheit, Geltungsdrang, Konformitätsdruck und sodann der Shitstorm als Mutmacher. Ein bißchen Farbe und Klebeband bei der Nacht – und schon ist der Aktivist (und die Aktivistin auch?) in Zeitungen und Social Media ganz weit oben.

                 
Loretta am 14.6.2021 und 4 Tage später

Thomas Rees aus FR-Kappel, der unzählige hölzerne Skulpturen geschaffen und in der Landschaft zwischen Freiburg und Hochschwarzwald installiert hat, ist zu bedauern. Seine Gerichtseiche am Castellberg wurde von Vandalen abgefackelt, wiederholt gab’s Angriffe auf seine doch so wehrlosen Kunstwerke, die Loretta wird verunziert – was kommt nun danach?
Fast tragisch: Angenommen, Rees hätte die Loretta mit St. Petermer Tracht und rotem Schwarzwälder Bollenhut geschnitzt, dann hätten die Cancel Culture-Mitläuferinnen und -Mitläufer anstelle von Unkeuscheit und Rassismus wahrscheinlich Frauenunterdrückung und Heimat als Grund zum Canceln angegeben.
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Die Loretta weist auf das große Problem der deutschen Gesellschaft hin: Wir haben zu wenig Macherinnen und Macher (auch intellektuelle), aber zu viele Verbalisiererinnen und Verbalisierer. Die Anywheres mit rhetorischer Begabung bzw. großer Klappe dominieren dank mobiler Kommunikation, Medien, Internet und Social Media. Sie bestimmen, was – im wörtlichen Sinne – „angesagt“ ist und was nicht.
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Zur handwerklichen, kunsthandwerklichen bzw. künstlerischen Ebene:
Jemand schafft etwas: Baumstamm suchen (4 m hohe Erle), antransportieren (zunächst 1,6 t schwer), Idee als Thema (Geschichte von Nymphe Syrinx und Hirtengott Pan). Im Holz sägen, schnitzen, schleifen, feilen, bohren, im Lorettobad aufstellen. Thomas Rees hat die Skulptur Loretta geschaffen.

Zur verbalen Ebene als Meta-Ebene:
Kritik „über die Loretta“ ist willkommen und OK , ob positiv oder negativ. Auch all die  Kommentare in Shitstorms. Aber Ausfälle wie „Vergewaltigung verherrlicht“ und schlicht „Scheiße“ sind nicht OK. Auch die vielen Belehrungen von oben herab nicht: Thomas Rees ist Techniker und hat vielleicht nicht das Glück (?) gehabt, von seinen Eltern ein Studium in Kunstgeschichte, Ethnologie oder Soziologie finanziert bekommen zu haben. Wird heute nur noch als „Künstler“ anerkannt, wer irgendeine „…logie“ studiert hat (wenigstens zwei Semester) und von irgendeiner Kunstkommission (wenigstens nach Parteienproporz besetzt) kontrolliert worden ist? Anders formuliert: Gilt heute der Begriff „freischaffender Künstler“ (Freiheit + Kreativschaffen + Kunst) als entartet nicht mehr?
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Ein Tip an den Kulturschaffenden Thomas Rees: Nicht ärgern. Vor allem nicht resignieren oder gar – wie so viele Künstler – auswandern, etwa nach Corippo im Tessiner Verzasca-Tal  https://freiburg-schwarzwald.de/littenweiler/corippo.htm

Ein Tip an die Meta-Ebene: Anstelle von Verbalinjurien bitte mal selbst etwas eigenes Gegenständliches, womöglich auch Künstlerisches wagen bzw. schaffen. Mutig – wie Thomas Rees vor vielen Jahren auch – ein Messer und eine Kettensäge im Baumarkt (Obi oder Bauhaus in Freiburg 8-20 Uhr geöffnet) kaufen, ein Stück Holz im Wald suchen und dieses dann beschnitzen. Nur nicht gleich mit so großem Busen, sonst bekommen auch sie das linke Diktum der Cancel Culture „Alles Ungleiche gleich machen“ zu spüren.
Also: Statt am Laptop und Handy immer neue Texte und Likes und Dislikes raushauen, mal ein Stöckchen schnitzen. Vielleicht auch auf dem Kappler Lebensweg oder am Kamelberg wandern und sich an all den Skulpturen von Thomas Rees einfach nur freuen.
20.6.2021
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1000 Zeichen Hass: Holzskulptur Loretta im Lorettobad
Ausgerechnet in nächster Nähe zu Deutschlands einzigem Damenbad steht nun eine Skulptur, die Vergewaltigung verherrlicht und eine Frauenfigur sexualisiert. 1000 Zeichen Hass.
… Alles vom 16.6.2021 bitte lesen auf
https://fudder.de/1000-zeichen-hass-holzskulptur-loretta-im-lorettobad
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Shitstorm mit Ansage: Die Sexismus-Debatte um die Freiburger „Loretta“
In der Wiehre ist der Teufel los. Der ist zwar ein Pan, und die nackte Frau mit der Barbiepuppenfigur soll eine Nymphe und keine Hexe sein, steht daher im Schilf und nicht auf dem Scheiterhaufen. Was nichts daran ändert, dass die Holzskulptur aus den beiden Figuren der Aufreger im Stadtteil ist. Es hagelt Sexismusvorwürfe und Kritik am Frauenbild.
… Alles vom 17.6.2021 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/shitstorm-mit-ansage-die-sexismus-debatte-um-die-freiburger-loretta–202697806.html
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Unbekannte bekleben umstrittene Holzskulptur im Freiburger Lorettobad
Vier Tage nach der Präsentation der Skulptur im Lorettobad wurde sie in der Nacht auf Freitag von Unbekannten heimgesucht. Das vier Meter hohe Kunstwerk, das „Loretta – von Keuschheit und Begehren“ heißt, wurde mit schwarzem Klebeband umwickelt. Daran befestigt waren „Rote Karten gegen Sexismus“. Auf den Boden gesprüht war in Lila: gegen Sexualisierung. Die Regio Bäder GmbH hat Anzeige erstattet wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung.
… Alles vom 18.6.2021 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/unbekannte-bekleben-umstrittene-holzskulptur-im-freiburger-lorettobad–202727016.html
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Mystischer Sex-Totempfahl in Freiburg spaltet die Gemüter
… Alles vom 18.6.2021 bitte lesen auf
https://www.rtl.de/cms/sex-totempfahl-in-freiburg-spaltet-die-gemueter-frauenfeindlich-oder-einfach-nur-haesslich-4780315.html

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