Florian Friedman’s Beitrag „Wer ist Curtis Yarvin?“ ist ein flammendes Plädoyer für die Meinungsfreiheit: „Nur wer die Mechanismen der Macht offenlegen und kritisieren darf, kann sie ohne Gewalt überwinden, wenn sie sich als schädlich erweisen: Echte Freiheit gedeiht außerhalb von Brandmauern.“ Diese Kernaussage exemplifiziert Friedman an der Beschreibung des rechten Philosophen Curtis Yarvin, der in den USA aufgrund seiner realistischen Beschreibung der amerikanischen Gesellschaft anerkannt ist.
.
In Analogie zur Kirche als dem intellektuellen Zentrum im Mittelalter bezeichnet Yarvin das Machtgefüge des vornehmlich linken Eliten-Netzwerks als Kathedrale: „Die Kathedrale ist lediglich eine Kurzform für Journalismus plus akademischer Betrieb“ (mehr hier). Ein wokes Netz aus Journalisten und Professoren bestimmt die Agenda von NGOs und dann auch von politischen Parteien. Dadurch werden Politiker „red-pilled“. So hat auch Friedrich Merz die „rote Pille geschluckt“, als er noch vor dem Beginn der Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD vor die Presse treten und den Journalisten seine bevorstehenden drei Wählertäuschungen verkünden musste: 1) 1 Billion Neuschulden statt Schuldenbremse, 2) offene Grenzen statt 5-Punkte-Migrationsplan sowie 3) Grundgesetzeintrag von Klimaneutralität 2025. Dieser Wahlbetrug zeigt auf, wie sehr die Politiker auf den Beistand der Kathedrale angewiesen sind: „Selbst ein (möglicher) Bundeskanzler muss die Medien überzeugen, weil Journalisten Ansichten und Handlungen des Verwaltungsapparats, der NGOs und des akademischen Betriebs prägen.“
Das Problem für die Bürger als Souverän: Sie haben weder all die Aktivisten von NGOs, die Redakteure von ÖRR, FAZ und SZ noch die Professoren und Beamte im öffentlichen Dienst gewählt, die eine so große außerparlamentarische Machtfülle auf die Politik ausüben. Die demokratische Teilhabe der Bürger beschränkt sich im wesentlichen auf die Wahl der Abgeordneten in den Parlamenten von Bund und Ländern, um dann häufig feststellen zu müssen, daß – was sie auch immer wählen – die Kathedrale nur eine Weiter-so-Politik zulässt. Schließlich hat sich das zivile Gotteshaus mit Brandmauern umgeben – gegen Andersdenkende, Andersschreibende, Andershandelnde und Angehörig anderer Parteien .
Natürlich lassen sich USA und D nicht vergleichen. Gleichwohl erkennt Florian Friedman auch hierzulande eine Kathedrale:
– Die Kathedrale beherbergt ein ideologisches Ökosystem, in dem Effizienz und Innovation durch die Narrative von UnsereDemokratie dominiert werden.
– In der Kathedrale herrscht nicht These-Antithese, sondern die Expertise. Nicht Pro-contra, sondern Richtig-falsch: Klimaerhitzung führt zur Apokalpse, Impfung macht immun und Migranten sind so kriminell wie australische Austauschstundenten. Basta.
– Die Mitglieder der Kathedrale streben nach Konformität. So sind z.B. Greenpeace, Spiegel, FU Berlin und SPD voneinander unabhängige Institutionen, die auch auch diametral unterschiedliche Meinungen vertreten könnten. Tun sie aber nicht, sondern sie sind in ihren Haltungen zunehmend homogen und extrem.
.
Das Böckenförde-Diktum „Der freiheitliche, säkuläre Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann“ ist allgemein anerkannt. Die freiheitlich demokratische Grundordnung (FDGO) ist ein hohes, aber empfindliches und leicht zu zerstörendes Gut. Laut dem Staatsrechtler Michael Murswiek ist das Diktum aber auch so beliebt, da es „eine Entschuldigung für achselzuckende Untätigkeit zu bieten scheint.“ Der demokratische Staat kann zwar kein positives Verantwortungsbewußtsein der Bürger erzwingen, ist aber über die Bildung verpflichtet, auf dieses einzuwirken: Verfassungstreue, aber auch mündige Bürger. Doch das deutsche Bildungssystem ist marode. Die Lehre aus dem Böckenförde-Diktum ist eindeutig: Die FDGO ist es wert, verteidigt und von innen mit neuem Geist gestärkt zu werden. Es gibt keine bessere Staatsform, deshalb: Democracy first!
Am US-Publizisten Curtis Yarvin scheiden sich die Geister. Einerseits ist er in den USA geachtet mit seiner fundierten Analyse der amerikanischen Gesellschaft und Demokratie. Der vom Libertarismus herkommende Software-Entwickler, Blogger und Autor plädiert vehement für Free Speech und gegen den übermächtigen Staat. Andererseits vertritt Yarvin die Meinung, der demokratische Staat könne sich nicht mehr von innen heraus bzw. aus eigener Kraft erneuern, weshalb ein kompetenter CEO an der Staatsspitze stehen müsse, der nicht mehr dem Volk, sondern irgendwelchen Aufsichtsräten rechenschaftspflichtig ist. Yarvin schließt also aus dem Böckenförde-Diktum eine antidemokratische und radikale Schlußfolgerung, denn jeder Staats-CEO wird ohne Gewaltenteilung und Kontrolle zum Despoten. Die Trump-Administration folgt Yarvin nicht in seiner radikalen antidemokratischen Schlußfolgerung, wohl aber in seiner klugen allgemeinen gesellschaftlichen Analyse.
In den USA ist auch aufgrund des Zweiparteiensystems eine echte Politikwende möglich. Trump versucht mit DOGE, gegen die Auswüchse von Kathedrale bzw. Deep State vorzugehen. Hat er in den Augen der Mehrheit der US-Amerikaner damit keinen Erfolg, dann wird er in der nächsten Legislatur wieder abgewählt werden. In der ältesten Demokratie der Welt – seit dem 17.9.1787 – bestimmt die Mehrheit auch heute.
In Deutschland ist eine solche Politikwende ebenfalls dringend erforderlich, aber leider kaum denkbar. Die neue Bundesregierung (GroKo2025, CDU-Minderheitsregierung oder Rot-Rot-Grün nach Neuwahlen) wird die seit dem Jahr 2015 praktizierte Politik des „Weiter so“ traurigerweise wahrscheinlich fortsetzen. Doch nur über eine Politikwende lassen sich Deep State und Kathedrale bekämpfen und Freedom Of Speech (Meinungsfreiheit) wieder herstellen.
„Yarvin würde voraussagen: Ohne ein deutsches DOGE und also einen Sturm auf die deutsche Kathedrale ist daher mit keiner wirklichen politischen Wende zu rechnen. Die Brandmauer regelt.“
Zwischen den USA und Deutschland gibt es einen Time-lag, der früher normalerweise ca fünf Jahre dauerte, heute aber oftmals kürzer:
- Kritiker wie der in den USA geachtete Curtis Yarvin wären in Deutschland längst verboten oder wegen Delegitimierung des Staates längst ausgegrenzt worden.
- Die Kathedrale mit ihrem Eliten-Netzwerk bleibt hierzulande unangetastet. Zuletzt wurde abgelehnt, die 500-Punkte-Anfrage der CDU zur Finanzierung des NGO-Komplexes zu beantworten.
- Wahlbetrug wie die fundamentale Wählertäuschung der CDU zum Bundestag am 23.2.2025 kann sich in den USA schon deshalb keine Partei leisten, da sie nicht koalieren muss
- Brandmauern zum politischen Konkurrenten sind in den USA undenkbar, da die Demokratie bei den Amerikanern traditionell verwurzelt ist
- Die Nation gilt den USA seit dem Verfassungstag vom 17.9.1987 als Grundlegung der Demokratie – mehr als in Deutschland: „Oberhalb des Nationalen ist keine Demokratie möglich“ (Ralf Dahrendorf).
Die Machtstrukturen sind hierzulande festgefahren und die von JD Vance in seiner historischen Rede auf der Münchener Sicherheitskonferenz zu Recht angemahnte Meinungsfreiheit – als zentrales im Grundgesetz garantiertes Abwehrrecht gegen den übergriffigen Staat – ist immer weniger gewährleistet. Dank der Kathedrale.
Je nach Meinungsforschungsinstitut sind bis zu 70 Prozent der Bundesbürger der Ansicht, ihre Meinung und Kritik nicht mehr offen und frei heraus äußern zu können. Ein alarmierender Befund.
26.3.2025
.
Ende von Beitrag „Eliten-Netzwerk als Kathedrale“
==============================================================
Beginn von Anlagen (1) –
.
(1) Kathedrale (Curtis Yarvin) als „Kurzform für Journalismus plus akademischer Betrieb“
„Tagesschau, New York Times und der redselige Kioskverkäufer um die Ecke lassen es uns wissen – aus hundert Quellen erfahren wir täglich, welcher Faschismus durch Trump droht”, hebt ein lesenswerter Beitrag auf Achgut über Curtis Yarvin, den Vordenker der amerikanischen Rechten, an. Yarvins Ideen über den tiefen Staat – er nennt ihn „die Kathedrale” – haben Männer wie Elon Musk und J. D. Vance beeinflusst.
„Die Kathedrale ist ein sich selbst organisierendes System, in dem niemand Befehle von oben erhalten muss, um es in Gang zu halten. Die Meinungen, an denen sich die Eliten orientieren, entstehen Bottom-up. Mal werden sie ‚Wokeness’ oder ‚Progressivismus’ genannt, mal ‚Postmoderne’ oder ‚Kulturmarxismus’ – gemein ist ihnen stets, dass es kein Politbüro gibt, denen sie ihre Existenz verdanken.”
Es ist ein Schwarm, der Mitschwimmen belohnt und Abweichlertum sanktioniert, ja kriminalisiert. Die Macht des Schwarms besteht darin, einen enormen Anpassungsdruck zu erzeugen, der sogar dann seine Wirkung entfaltet, wenn sich die gesamte Formation – also die gesamte Gesellschaft – in eine die eigene Existenz gefährdende Richtung bewegt. Die Angehörigen des Schwarms finden es weniger anstößig, dass man angeblich sein Geschlecht frei wählen kann oder „dass Washington eher auf LGBTQ-Awareness in Lesotho setzt als auf Brückenbau in Pittsburgh” – ins Sturheildeutsche übertragen: auf Radwege in Peru statt Schulsanierung im Ruhrgebiet –, als dass jemand sich gegen den Schwarm stellt.
Yarvin schreibt: „Die Kathedrale ist lediglich eine Kurzform für Journalismus plus akademischer Betrieb – in anderen Worten: für die intellektuellen Institutionen, die im Zentrum der modernen Gesellschaft stehen, ganz so, wie die Kirche die intellektuelle Institution im Zentrum der mittelalterlichen Gesellschaft war.“ Dieses Milieu bestimmt auch die Politik, indem es deren Vertreter zertifiziert oder exkommuniziert.
… Alles vom 26.3.2025 von Michael Klonovsky bitte lesen auf
https://www.klonovsky.de/2025/03/26-maerz-2025/