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- Wieso wir lernen müssen, Unternehmer unseres eigenen Lebens zu werden (26.9.2025)
- Generation Verantwortungslosigkeit (30.11.2024)
- Verantwortungslose Wendehälse (1.8.2024)
- Die Überlebensbedingungen für Unternehmer schwinden (18.1.2024)
- Die Erschaffung des Angestellten (13.2.2023)
- Immer weniger Eigenverantwortung und Selbstbestimmung (23.9.2022)
- Agamben: Kontrollgesellschaft (15.10.2021)
- Kollektive Verantwortungslosigkeit- Indiz für stagnierende Gesellschaft (18.9.2021)
- Linker Extremismus: Gesinnungs- statt Verantwortungsethik (17.9.2021)
- Boris Palmer: für Eigenverantwortung, gegen Schulschließungen (6.8.2021)
- Flut 2021: Hubert Stilles baggert Staumauerabfluß frei – und Laschet? (24.7.2021)
- Von der Aufbau- zur Zerstörergeneration unserer Wirtschaft (16.7.2021)
- Klaus-Rüdiger Mai: Die Zukunft gestalten wir (6.5.2021)
- Baden: Nur digital statt im See? (23.4.20219
- Diese Stadt Berlin braucht eine politische Vormundschaft (9.10.2020)
- Die Würde des Menschen ist unantastbar – auch in der Coronakrise (18.5.2020)
- Corona: Den Eltern mehr Eigenverantwortung zugestehen (28.4.2020)
- https://www.freiburg-schwarzwald.de/blog/heidegger-philosoph-antisemit/ (2.2.2017)
- Jeder ist erst einmal für sein Leben selbst verantwortlich (28.4.2013)
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Wieso wir lernen müssen, Unternehmer unseres eigenen Lebens zu werden
Jeder spielt für sich allein
Gerd Habermann
Zu den wichtigsten Erkenntnissen der österreichischen Schule der Ökonomie von Ludwig von Mises bis Huerta de Soto gehört, daß jedermann Unternehmer ist, wenn nicht im engeren Sinn, so doch als Unternehmer seines Lebens. Jedes freie Handeln ist ein Unternehmen. Inwiefern? Wir alle starten mit einem Kapital, das uns Natur, Tradition, Erziehung gegeben haben und das durch tägliche Erfahrung vermehrt wird. Es gilt, aus diesem angeborenen oder erworbenen Kapital ein Maximum an Rendite, nicht allein, nicht einmal vorwiegend monetär, sondern als Sinn und Lebenserfüllung herauszuholen, mit seinem „Pfunde zu wuchern“; „Werde, der du bist!“
Oder auch mit dem Pathos Thomas Carlyles: „Jahrtausende mußten vergehen, ehe du ins Leben tratest und weitere Jahrtausende warten schweigend, was du mit deinem Leben beginnen wirst!“ Um dieses Pathos noch zu steigern: Es brauchte die ganze Evolution von Erd- und Menschheitsgeschichte, vom Urknall an, bis du da warst und deine Chance bekamst. Welches aber ist nun mein unternehmerischer Auftrag, der mir verborgene Sinn meines Lebens? Ich erfahre ihn durch mein Handeln, durch Versuch und Irrtum, im Ausprobieren, im Problemlösen, im Wettbewerb als Entdeckungsverfahren meines Selbst; in dem, was mir gefällt und gelingt wie in dem, was mir nicht gefällt oder mißlingt.
Das naturgegebene Kapital ist meine Gestalt, mein Aussehen, mein Temperament und Charakter, meine Energie, meine intelligente und praktische Begabung. Mein erworbenes Kapital ist, was mir Tradition, Elternhaus und Erziehung, Freunde, kulturelle und soziale Umgebung, Zeitumstände und persönliche Erlebnisse und Erfahrungen zuführen. Was das Leben spannend, ja festlich macht, ist dabei zweierlei: die Knappheit an Lebenszeit und die Ungewißheit der Zukunft. Sicheres Wissen kann ich nur für die Vergangenheit haben. Die Daten der Zukunft kann ich nicht wissen; es sind ihrer zu viele und sie sind überdies in ständiger Wandlung. Darum ist jedes gegenwärtige Handeln ein Handeln unter Hypothesen oder „Spekulation“, nicht nur das unternehmerische Handeln im engeren Sinn.
Darum gilt Goethes Vers: „… doch das Leben ist ein Fest, wenn’s sich nicht berechnen läßt.“ Dies gilt auch für eine gesicherte und laufbahnmäßig ausrechenbare Beamtenexistenz. Schließlich ist meine Entscheidung für eine solche Existenz auch eine unternehmerische Entscheidung und zudem habe ich auch als Beamter ständig unternehmerisch freie Entscheidungen zu treffen: Wie meine Lebensform zu gestalten, welche Freunde, welcher Lebenspartner, welche Religion, welche Sportart (oder keine), welche Liebhaberei, welche Weltanschauung und politische Partei, welcher Arzt oder Steuerberater und so weiter. Wie es in einem alten Schlager heißt: „Du mußt entscheiden, wie du leben willst, nur darauf kommt es an.“
Die berufliche Lebensentscheidung ist – von der Neigung abgesehen – eine unternehmerische Spekulation über die Daten der Zukunft, gleich ob man selbständiger Unternehmer, Manager, Künstler oder Fußpfleger werden will. Man erwartet ein bestimmtes Einkommen und Ansehen, bestimmte Arbeitsumstände und – Erfolg. Aber diese Erwartung kann täuschen, wie der studierte Taxifahrer oder der abgestürzte Unternehmer als Klient der öffentlichen Fürsorge zeigen. Schließlich gibt es keinen Rechtsanspruch auf Gelingen und Lebensglück, schon gar nicht gegen Gott, der kühl sagt: „Ich gebe die Nüsse, aber ich beiße sie nicht auf.“ Immer ist es ein Entscheiden zwischen Alternativen. Alles Leben ist Entscheiden, in jedem Augenblick – für bestimmte Lebensmodelle und Werte und damit gegen andere („agonaler Pluralismus“). Das sind die „Opportunitätskosten“: Kein Gewinn ohne Verlust! Man kann den Kuchen nicht essen und ihn gleichzeitig behalten. Das sollte man sich nicht mit relativierenden Redensarten verschleiern.
Am Anfang steht eine unternehmerische Ur-Entscheidung: Soll ich das mir verliehene Leben und meinen Lebensauftrag überhaupt suchen und annehmen, den Wert des Lebens bejahen? Östliche Religionen und mit ihnen der Philosoph Schopenhauer bezweifeln diesen Wert bekanntlich wegen des Übergewichts des Leidens und am Ende unausweichlich wegen des finalen Todes. Die Vergänglichkeit alles Seienden als Einwand! Diese „Prediger des Todes“ empfehlen Askese, Ausstieg oder zumindest wie die Stoa Abstumpfung und Verhärtung. Aber mit dem Leiden schließt man auch die Freuden aus. Dieser Lebenspessimismus übersieht, daß gerade die Knappheit der Zeit, die Vergänglichkeit allem Seienden seinen Wert verleiht. Ohne „Zeitpräferenz“ ist das irdische Leben ein langweiliges Einerlei. Man könnte ja nichts versäumen, alles kehrt auf ewig wieder. Kein Handlungsdruck, keine Erwartung, keine Hoffnung, keine Enttäuschung. Alle Poesie und Kunst hängt an der Unwiederbringlichkeit der Zeit, auch das Streben nach Ruhm und die Liebe. Vom „Lob der Vergänglichkeit“ spricht Thomas Mann in einem seiner Essays. Die Knappheit der Zeit ist ein „Biographie-Generator“.
Es fehlt nicht an positiv-unternehmerischen Lebensentwürfen. Die antiken Griechen und Chinesen, besonders Konfuzius und seine Schule, die großen Lebensfreunde wie Epikur, Montaigne, namentlich Goethe oder Emerson lehren, das Leben zu bejahen, zu ordnen und als Kunstwerk zu gestalten. Der moderne Liberalismus ist eine Botschaft der Lebensfreude, von Adam Smith bis hin zu Röpke, Mises oder Hayek. Es geht ihnen allen um individuelle Lebenserfüllung in Freiheit. Der persönliche unternehmerische Lebensauftrag muß nicht darunter leiden, daß es nicht nur einen Weg der Selbstfindung gibt, nichts Allgemeinverbindliches, gar wissenschaftlich Zwingendes. Warum sollen alle denselben Weg gehen? Was hätte da jeder noch Besonderes für sich? So ist denn jedermann dazu berufen, selber Sinnstifter seines Lebens und Architekt seines Glücks zu werden und dies im ständigen Wettbewerb der Werte und in Konkurrenz mit den Mitmenschen. Muß jeder sich dabei ganz neu erfinden? Gewiß nicht! Kultur und Tradition bieten ihm verschiedene Lebensentwürfe an. Die religiösen und philosophischen Gemeinschaften, die großen Philosophen, Propheten und Dichter. Leben ist Problemlösen, sagt Karl R. Popper. Probleme sind kein Einwand gegen das Leben. Not ist nötig, sagt Nietzsche, um auch Freude und Erfüllung zu kennen, auch wenn niemand gern in die Schule des Leidens geht. Probleme sind der Stoff des Lebens. Die einzigen Leute, die keine Probleme haben, liegen auf dem Friedhof.
Auch wenn wir alle als Handelnde Unternehmer unseres Lebens sind, so gibt es doch die Gruppe der Unternehmer im engeren Sinn: Ihr Auftrag ist es im Speziellen, auf eigene Verantwortung, mit persönlicher Haftung und Konkursrisiko, und im Wettbewerb ihre Mitmenschen mit Gütern und Diensten zu versorgen. Unternehmer sind professionelle Knappheitsüberwinder. Sie werden mit Gewinnen für die „richtige“ Verbraucherbedienung belohnt. Mit der Bedürfnisbefriedigung ihrer Kunden steigern sie deren Freuden und vermindern deren Leid. Sie sind die wahren Freudenbringer!
Über ihre Leistung wird mit jedem Cent auf den Märkten von den Konsumenten abgestimmt – Konsumentensouveränität, Verbraucherdemokratie, tägliches Plebiszit der Märkte – Treffen sie nicht die Bedürfnisse ihrer Kunden, wenden sich diese ab. Finanzielle Verluste und gegebenenfalls Konkurs sind die Sanktionen der Märkte. Es hilft ihnen nichts, wenn sie glauben, sie böten doch die besten Produkte der Welt und die Verbraucher seien nur zu dumm und zu ignorant, um dies zu erkennen. Auch mancher erfolglose Schriftsteller mag von „Marktversagen“ sprechen, wenn seine Bücher Ladenhüter bleiben, auch wenn er soviel Mühe in ihre Produktion gesteckt hat …
Es gilt eben die Spruchweisheit: „Der Köder muß dem Fisch und nicht dem Angler schmecken.“ Unternehmer in diesem engeren Sinn sind, wie Werner Sombart schrieb, Eroberer, Kaufleute und Organisatoren und besonders auch Menschenführer. Als Innovatoren sind sie auch „schöpferische Zerstörer“ im Sinne Schumpeters. Daher rührt gewiß auch ein Teil des Ressentiments gegen sie. Die Postkutschenbetreiber konnten sich über die Eisenbahn nicht freuen. Die Eisenbahnunternehmen nicht über das Aufkommen von Automobil und Flugzeug. Das traditionelle Handwerk nicht über das Aufkommen der industriellen Technik. Das Kino nicht über das Fernsehen. Der traditionelle Einzelhandel und die Zeitungswirtschaft nicht über das Internet. Die Dolmetscher nicht über die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz und so weiter und so fort …
Ohne Vertragstreue, Achtung vor dem Eigentum und Leben des Nächsten kann eine arbeitsteilige Marktwirtschaft nicht funktionieren. Insoweit disziplinieren Marktwirtschaft und Konkurrenz den Unternehmer. Er kommt nur mit freiwilligen Tauschverträgen weiter, nicht mit Gewalt und Betrug. Das Gewaltprinzip wird durch das friedliche Vertragsprinzip ersetzt. Der große Unternehmer, auch der größte, wurde nur groß durch die freie Anerkennung seiner Produkte, im Dienst des Nächsten oder Fernsten. Der größte Konzern ist nur groß, solange die Kunden ihm treu bleiben, die er ja nicht zum Kauf seiner Produkte zwingen kann. So üben Markt und Tausch eine moralisierende Wirkung aus. Auch wenn er ein Schuft ist, weiter kommt er nur durch diesen Dienst am Nächsten, dem Kunden.
Der Unternehmer braucht im Besonderen die traditionellen lebensnotwendigen Tugenden: Disziplin, Wachsamkeit – die Konkurrenz schläft nicht –, Tapferkeit, Klugheit, Fleiß und Mut. Oberflächliche und demagogische Kritik verkennt, daß es Unternehmerinitiative war, die in den letzten Jahrhunderten die Armut als Massenerscheinung überwunden, den Aufstieg des „kleinen Mannes“ und seiner Familie bewirkt hat. Nie lebten so viele Menschen so gut und so lange wie heute. Wer konnte sich im 18. Jahrhundert eine Kutsche erlauben? Heute fährt fast jeder Erwachsene ein Auto, das viel mehr als nur eine Kutsche ist. Wer konnte im 18.Jahrhundert reisen? Heute sind Weltreisen selbst für Hilfsarbeiter erschwinglich.
Luxuskonsum hat sich durch die Wirkung der Marktwirtschaft und des Wettbewerbs demokratisiert. Unternehmertum und nicht die Sozialämter haben Armut als Massenerscheinung überall dort überwunden, wo ihre Energie freigesetzt wurde. Dies ermöglicht nur ein klassisch-liberaler Staat, kein Wohlfahrts- oder Nanny-Staat, wie wir ihn – trotz aller Warnzeichen: Schulden, Inflation – immer weiter ausbauen. Mit der Selbstverantwortung für unsere Lebensführung haften wir auch für unsere Entscheidungen.
Freiheit bedeutet freilich auch das Risiko, wirtschaftlich und sozial abzustürzen. Dieses normale Risiko jedes Lebens, damit auch seine Spannung, sein Ernst und seine Größe, ist unseren Sozialbetreuern, den steuerfinanzierten Bürokraten, ein Dorn im Auge. Nicht einmal gegen die normalen Risiken des Lebens – Einkommensverluste bei Alter, Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit – dürfen wir heute selber vorsorgen, und auch die Funktionen der Familie werden schrittweise sozialisiert. Man stülpt uns seit Bismarck ein staatliches Versorgungsschema über und schafft insoweit unsere Vertragsfreiheit und freie Einkommensverwendung ab. Man zwingt uns dazu, mehr als die Hälfte unseres Einkommens als Sozialtribut abzugeben, damit andere, der Staat, für unsere ureigensten Verantwortlichkeiten sorgt. So werden wir mit unseren eigenen Mitteln vom Staat abhängig gemacht, von einem „Taschengeldstaat“, wie er schon genannt wurde.
Die Freunde des Wohlfahrtsstaates sprechen von einer „Freiheit von Not“, werben für die Fremdversorgung durch den Staat. Aber Freiheit heißt nicht „komfortable Stallfütterung“ (Wilhelm Röpke). Sie gibt vielmehr die Eigeninitiative für eine eigenständige Lebensvorsorge frei. Die sogenannte Sozialversicherung ist ja keine echte Versicherung, sondern ein staatliches Versorgungsschema mit starken Umverteilungselementen. Nur die Minderheit der sogenannten Selbständigen ist noch teilweise frei, es droht eine „Bürgerversicherung für alle“. Die große Mehrheit wurde insoweit „proletarisiert“. Erhards Botschaft vom Eigentumsbürger ist vergessen.
Im Zeichen eines Kulturmarxismus wird derzeit sogar die natürliche Gliederung einer gesunden Gesellschaft gleichgewalzt. Die Stichworte heißen: Soziale Inklusion, Nichtdiskriminierung, Antirassismus, Gender Mainstreaming, Politische Korrektheit, „Wokeness“ usw. Die Begriffe, sogar der Demokratiebegriff, werden im Sinne eines „Neusprech“ verfälscht. Ungleichheit soll sozial ungerecht sein. Damit werden der unternehmerische, selbständige Mensch und die unabhängigen Gemeinschaften von der Familie an als Hindernisse von Gleichheit zum Feindbild. Der Weg zur Knechtschaft, zu einem egalitären Totalitarismus ist damit beschritten. Er kann nur in allgemeiner Armut und in kulturellem Niedergang enden – im Nichts.
Dr. Gerd Habermann, Jahrgang 1945, Philosoph, promovierte über Max Weber. Sein Hauptwerk „Der Wohlfahrtsstaat“ erschien 2013. Er leitete das Unternehmerinstitut der Familienunternehmer und gründete 1998 die Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft.
… Alles vom 6.92025 von Gerd Habermann bitte lesen in der JF 40/25, Seite 18
Generation Verantwortungslosigkeit
Aus der Erfahrung des Scheiterns der grünen Bewegung gilt es, die politischen Konsequenzen zu ziehen: Die Umkehr von der Umkehr. Aber ist das mit dem infantilisierten Personal machbar?
Woher kommt diese verbreitete Verantwortungslosigkeit, umhüllt von einer omnipotenten Scheinverantwortung? Ist es eine Generationen-Frage? Das Scheitern der Baby Boomer?
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„wir müssen erst zur totalen Verantwortungslosigkeit zurück finden, um uns überhaupt zu retten.“ (Bernward Vesper)
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Gut fünfzig Jahre nach Vespers Satz nennt eine Gesellschaft ihre Kanzlerin „Mutti“, ein 55-jähriger Kanzlerkandidat erweist sich als so dünnhäutig, dass er schon bei kleinsten Zweifeln an der Integrität seiner Person wild um sich schlägt. Zahlreiche Organisationen werden mit der Aufgabe betraut, politische Auseinandersetzungen zu verhindern, man fördert erneut die „Tugend“ der Denunziation und eine professionell organisierte Angstkampagne genügt, um eine ganze Gesellschaft an den Rand des Abgrunds zu treiben. Die Folgen der zunehmenden Infantilisierung sind so unübersehbar, dass es sich lohnen könnte, auf den Satz von Bernward Vesper zurück zu kommen.
Der Übergang von der einen zur nächsten Generation verläuft normalerweise über einen klassischen Generationenkonflikt. Die heranwachsende Generation will zunächst alles völlig anders als die der Väter machen, man reibt und streitet sich aneinander, am Ende bleiben ein paar wenige Neuerungen übrig und im wesentlichen wird von den Vätern übernommen, was sich schon seit Generationen bewährt hat.
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Die Regression in die totale Verantwortungslosigkeit musste, um als wahrer Kern verschleiert zu werden, von einer omnipotenten Scheinverantwortung umhüllt werden, ein Konstrukt, dessen wirkliche Schäden selbst mit höchst bezahlter Propaganda nun nicht mehr verdeckt werden können. Die Folgen der Selbstzerstörung machen sich überall hartnäckig bemerkbar. Aus der Erfahrung des Scheiterns der grünen Bewegung, die nie die Welt, sondern nur sich selbst retten wollte, gilt es nun, die politischen Konsequenzen zu ziehen. Die Umkehr von der Umkehr könnte der Anfang sein, sich wieder auf den Weg zu machen und Verlorenes nachzuholen.
Die Mutigsten in der postheroischen Ära nehmen das unterbrochene Gespräch mit der eigenen Genealogie dort wieder auf, wo etwas zu finden ist, in Tagebüchern, Schuhkartons mit vergilbten Fotos, in alten Zeitungen, Gerichtsprotokollen und bei solchen, die noch aus eigener Anschauung darüber berichten können. Die Allermutigsten reisen in die Orte, in denen Ihr Groß- oder Urgroßvater gewütet hat und suchen den Kontakt zu Angehörigen der Opfer, sofern sie noch vorhanden sind. Kommt es dort zu einer Begegnung auf Augenhöhe und zu einem gegenseitigen Erzählen, kann man von Wiedereingliederung in die eigene Geschichtlichkeit sprechen.
… Alles vom 30.11.2024 von Boris Blaha bitte lesen auf
https://www.achgut.com/artikel/generation_verantwortungslosigkeit
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Dieser Beitrag erschien zuerst bei https://www.hannah-arendt.de.
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Boris Blaha geb. 1960 in München; ist Publizist. Er studierte Geschichte, Soziologie, Sozial- und Kulturwissenschaften an den Universitäten Würzburg, Regensburg und Bremen hat den Abschluss M.A.. Zudem ist er Gründungsmitglied des „Hannah Arendt Preis für politisches Denken“.
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Einige Kommentare:
Die Infantilisierung der Politik finden wir in allen westlichen Demokratien, wenn auch in Variationen. Das spricht dagegen, sie auf die deutsche Nazi-Erfahrung zurückzuführen. Wohlstandsverwahrlosung der Eliten scheint mir plausibler. – Die durchgehende Ablehnung der eigenen Nationalität aber habe ich nur in Deutschland gefunden. Amerikaner schätzen sich als Amerikaner, Franzosen schätzen sich als Franzosen, Niederländer stehen dazu, Niederländer zu sein, usw. Nur in Deutschland werde ich dauernd beschimpft, weil ich Deutscher bin. – Deutsche wollen alles sein, nur nicht deutsch. Diese Scham, dieser Selbstbetrug und diese Selbstverleugnung sind seelisch äußerst schmerzhaft. Das tut nicht nur weh, es behindert auch den Umgang mit der Welt, da überall dieser Schmerz und nicht die Realität das wirkliche Ziel der Bemühungen ist. Nur wer im Einklang mit sich selbst ist, kann die Welt und die anderen Menschen klar sehen und konstruktiv handeln. Marcel Seiler
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Mein Neffe: Typisch Kölner Grüner. Will keine Kinder “Wegen Klima”. Der Andere wird gerade zur Frau mit 35. Das ist die grüne Saat!! Olaf Dietrich
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Ich habe den Eindruck, auch wenn die Vätergeneration freimütig erzählt, es wird nicht verinnerlicht. So geht es zumindest mir. Mein Sohn studiert Geschichte und hat hervorragende, aber abstrakte Detailkenntnisse über das 20. Jahrhunderts. Wenn ich ihm erzähle, auf welche Abwärtsbahn in Richtung Sozialismus die zunehmend interventionistischen Bestrebungen des Staates das Land führen, und dies farbenfroh mit meinen eigenen Erfahrungen aus der DDR illustriere, hört er mir höflich lächelnd zu und erklärt mir am Ende, dass die Situation heute doch eine völlig andere sei, dass es heute darum gehe, Gerechtigkeit herzustellen, indem man die “Reichen” enteignen und im Übrigen möglichst viel regulieren und verbieten müsse, damit die nachfolgenden Generationen usw.
Danke! Viele Aspekte, über die ich nachdenken und mehr erfahren müsste. – Meine Erfahrungen: Geboren in den 1950’ern. Ein völlig abwesender Vater. Eine Familie mit viel Pflicht, Arbeit, enormem Ehrgeiz, wirtschaftlichem Erfolg, aber ohne Freude, auch ohne Freude an ihren Kindern und gezeigter Wertschätzung für sie. Auch die Erwachsenen hatten wenig Freude am Leben oder an sich selbst; ich wollte als Kind deshalb nicht erwachsen werden. Ich empfand mich immer als Last für meine Familie, geduldet, aber nicht geschätzt. Meine Familie nominal christlich, aber seelisch völlig unreligiös. Ein Pastor, der uns die Holocaust-Filme (“In Nacht und Nebel”) zeigte, als ich etwa 12 war – Schuldvererbung und klarer Kindesmissbrauch. In meiner Abiturzeit: Großes Misstrauen bis zur Feindseligkeit von der älteren Generation, auch in der Familie. Später: Eine “Vergangenheitsbewältigung”, die Schuld vererbt und die Nazis denunziert (“die bösen Nazis”), ohne irgend etwas verständlich zu machen. Ich war nie irgendwie links, marxistisch, revolutionär oder feindselig gegenüber den Autoritäten, was mich in Gegensatz zum herrschenden Zeitgeist meiner Generation brachte. Mein Deutschsein habe ich nie abgelehnt wie viele andere. Aber ich fühlte mich immer fremd im eigenen Land, auch heute noch. – Uns hat “der Segen” gefehlt: Die Wertschätzung, Wärme, Zuversicht der Alten, dass wir unser Leben sinnvoll, verantwortungsvoll, aber auch mit Freude an uns selbst und an der Schöpfung gestalten würden. Stattdessen erzogen zu Misstrauen gegenüber der Welt (“Der Holocaust kann sich jederzeit wiederholen”) und großem Selbstmisstrauen. – Ich habe keine Ahnung, wie viele meiner Generation diese Erfahrungen teilen. Marcel Seiler
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Jede Generation muss es offenbar selbst erlebt haben, um zu erkennen, dass Wohlstand und Freiheit nicht a priori gegeben und für alle Zeit gewonnen sind. Dabei ist die Richtung vom Schlechteren zum Besseren aber der Gegenrichtung entschieden vorzuziehen, die die heutige junge Generation einschlägt. Für eine nochmalige Richtungskorrektur dürfte die Lebenszeit eventuell zu kurz sein. Friedrich Richter
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“Die Silent Generation hatte uns die Last, die sie selbst nicht schultern wollte oder konnte, vor die Füße geschmissen – sollten wir sie aufheben?”- Meiner Erfahrung nach war diese “Silent Generation” gar nicht so still, sondern äußerst tatkräftig, es war schlicht nicht die Zeit für Depressionen angesagt, sondern für Wiederaufbau. Und was sie mit sich selber und Gott ausmachen mußten – darüber öffentlich zu sprechen war damals einfach noch nicht üblich. Heute trägt jeder ungefragt sein Innenleben vor eine Kamera, in einen Chatroom oder eine Trash-TV Talkshow oder inszeniert sich in der Küche vor einer Kamera als Philosoph. – Vieles in dem Text mag man so interpretieren, wie es der Verfasser tut, aber er scheint mir doch sehr in der typisch deutschen selbstquälerischen Nabelschau zu verharren. Die 68-iger begannen in Frankreich, die gesamte Boomergeneration verhält sich ähnlich, im gesamten Westen, völlig egal, ob die Väter Nazis waren oder Opfer der Nazis oder Befreier von den Nazis. – Ich vermute, es handelt sich im wesentlichen ganz schnöde um eine Folge von Wohlstandsverwahrlosung: wer von Geburt an im Wohlstand aufwächst, braucht keine Verantwortung zu übernehmen, denn alles wesentliche scheint ja immer anstrengungslos zur Verfügung zu stehen. Weil es aber auch irgern wie blöd ist, so überhaupt keine Verantwortung zu haben, kann man ja die Verantwortung für das Weltklima übernehmen und die universelle Gerechtigkeit auf Erden. Dann ist es auch erträglicher zuzulassen, daß sich Frauen alleine bei Nacht nicht auf die Straße trauen und die Obdachlosen und Drogensüchtigen am Straßenrand professionell sozialbetreut verrecken. Harald Hotz
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Nicht nur die „grüne Sekte“ spült die Generation ‚Hochstapler‘ nach oben. Ohne jemals „an der Font“ der Primärwertschöpfenden tätig gewesen zu sein, schwätzen jene Apparatschiks vom gesellschaftlichen Zusammenhalt, die in Wirklichkeit mit Hilfe der „Transformierung“ zerstört werden soll. Wenn die christlich-abendländischen kulturellen Wurzeln einer Nation zerstört werden, hat diese Nation aufgehört zu existieren. Das scheint das politisch begehrte Ziel jener hochstapelnden „Transformatoren“ zu sein. Damit sind die auf einem „guten Weg“. Im übrigen bin ich der Meinung, Geld und Zeit kann nur einmal ausgegeben werden; entweder in wahnsinnige „Weltrettungssysteme“ oder arbeitsschaffende Zukunftsinvestitionen. Karl R. Popper läßt herzlich Grüßen. Lao Wei
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Was hat sich geändert seit 1945? Es mag ja sein, dass man in Deutschland retrospektiv gegen Nationalsozialismus ist. Aber was damals galt, nämlich “Ich habe nur Befehle ausgeführt”, ist immer noch aktuell. Die Bürger treten mehr oder minder freiwillig die Kontrolle über ihr Leben an den Staat ab, Politiker wiederum berufen sich auf “EU-Recht”. Bei Skandalen tritt niemand mehr zurück und für alles, was falsch läuft, wollen weder Politiker noch Wähler schuld sein. Verantwortungsbewusstsein für sich, für andere oder das Land: Fehlanzeige. Robert Weihmann
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Der radikale Bruch mit der Vergangenheit macht alle Erfahrungen der Vergangenheit nichtig und bringt eine unwissende Generation hervor. Ihre Gehirne sind “Tabula Rasa”. 1 ausgefallene Generation reicht aus um eine durch die Jahrhunderte organisch gewachsene Hochkultur zu demontieren. Die innere Leere der entwurzelten Generation wird mit primitiven, radikalen, emotionalen Ideologien ausgefüllt. Das ist der Zweck des postmodernen Kulturkampfes. Die “letzte Generation” der Dichter & Denker ist die Taliban. Thomas Szabo
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Die einzige Partei, die sich gegen diese organisierte Verantwortungslosigkeit wehren würde, ist die AfD. Frankreichs aktuelle Verschuldung ist ein Desaster. Frankreich wird schon als das neue Griechenland bezeichnet. Die AfD hat zu Recht immer vor dieser verantwortungslosen EU-Politik gewarnt. Irgendwann wird uns eines dieser verschuldeten Länder mit in den Abgrund reißen. Die Briten sind nicht umsonst aus der EU ausgestiegen. Dieser Tage war der OB von Frankfurt/Oder bei Lanz. Der OB benötigt im Jahr ca. 120 Millionen Euro für Bau- und Sanierungsmaßnahmen. Zur Verfügung stehen ihm aber nur 4 Millionen Euro, was ein Witz für eine Stadt in dieser Größenordnung ist. In anderen Städten sieht es genauso aus. Warum? Weil diese Städte beim Bürgergeld und beim Thema Flüchtlinge/Asyl vom Staat im Regen stehen gelassen werden. Wir verplempern unser Geld für Soziales, während die Infrastruktur verfällt. Es ist die verantwortungslose Politik eines zunehmend linken Parteienkartells, dem sich auch die CDU in weiten Teilen angeschlossen hat. Soll sich in Deutschland wirklich etwas ändern, muss die CDU als erstes diese bescheuerte Brandmauer aufgeben. Da sie das aber zumindest bei der Wahl im nächsten Jahr nicht machen wird, stehen uns noch einmal 4 verlorene Jahre bevor. Dieses Verhalten der CDU ist nichts anderes als Sabotage an Deutschland und eben genau diese organisierte Verantwortungslosigkeit. Von allen Kanzlerkandidaten, die zur Verfügung stehen, ist Weidel die einzige, die neben der Expertise auch die “Eier” hätte, etwas an dieser Situation zu ändern. Michael Löhr
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“Generation Verantwortungslosigkeit”. Ja, an dieser Aussage ist was dran. Andererseits muß ich feststellen, diese Generation, ich will sie richtigerweise und liebevoll Generation doof bezeichnen, ist dermaßen strunzdumm, und das trotz irgenwelcher Fach- und Hochschulabschlüsse, das man sie noch in Schutz nehmen müßte: denn sie wissen nicht was sie tun. Wie sagt schon immer der Volksmund, Dummheit schützt vor Strafe nicht. Die “Strafe” kommt nicht aus dem StGB, sondern aus der Gesellschaft, der Kultur, dem Leben, deren Zukunft. Ob sie das selber noch merken, mag ich bezweifeln. Walter Weimar
Ende Kommentare
Immer weniger Eigenverantwortung und Selbstbestimmung
Gern akzeptierte staatliche Moralpolitik
Heute schon auf morgen verzichten
Anders als die Leerformel „Mehr Fortschritt wagen“, unter der die Ampelkoalition im Herbst 2021 angetreten ist, gab das vor 50 Jahren gegebene Versprechen der sozialliberalen Regierung Willy Brandts, „Mehr Demokratie wagen“ zu wollen, konkrete Ziele vor: mehr Selbstbestimmung durch mehr Bildungsgerechtigkeit, mehr individuelle Freiheit durch „Erziehung zur Mündigkeit“ (Theodor W. Adorno) und mehr Teilhabe an politischen Entscheidungen.
In der deutschen Gesellschaft, wie sie sich seitdem entwickelt hat, sei von dieser Agenda fast nichts übrig. Denn „der Wille zur Freiheit, Mündigkeit und Selbstbestimmung scheint unter der jahrzehntelangen guten sozialstaatlichen Absicherung deutlich gelitten zu haben“, wie Ulrike Ackermann feststellt (Aus Politik und Zeitgeschichte, 32-33/2022). Für die einst sozialdemokratische, dann zum neoliberalen Marktradikalismus bekehrte Politologin, die an der Heidelberger Privathochschule des SHR-Gesundheitskonzerns lehrt, hat der Durchschnittsbürger der Berliner Republik, um den Preis staatlicher Bevormundung, längst viel weniger Eigenverantwortung und individuelle Gestaltungsoptionen in Kauf genommen. Niemand wolle vertraute Sicherheit aufgeben zugunsten „riskanter Freiheit mit offener Perspektive, die naturgemäß ein Scheitern einschließen kann“. Darum treffe die aktuelle Renaissance „kollektiver Sinnstiftung“ durch „staatliche Moralpolitik“ auf relativ geringen Widerstand. Willig folgten große Teile des Wahlvolks den im Namen der Klima- und Weltrettung verkündeten „neuen Heilslehren“, die in allen Lebensbereichen vom Bürger verlangen, heute schon auf morgen zu verzichten.
… Alles vom 23.9.2022 bitte lesen in der JF 39/22, Seite 13
Linker Extremismus: Gesinnungs- statt Verantwortungsethik
Der Fall Lina E., die Sympathisanten und der Niedergang der Verantwortungsethik
Ein sanftes Ruhekissen
Die Antifa hat ihre Jeanne d’Arc gefunden. Für linksextreme Organisationen war der Prozeßauftakt gegen Lina E. und ihre mutmaßlichen Komplizen Mitte vergangener Woche in Dresden willkommene Gelegenheit zu Schaulauf und Muskelspiel. Und der üblichen Opfer-Täter-Umkehr: „Nicht die Faschisten und ihre Terrorpläne werden öffentlich problematisiert, sondern jene, denen vorgeworfen wird, sich gegen diese eingesetzt zu haben, werden als Terroristen dargestellt“, weiß das Bündnis „Freiheit für Lina“.
Mit dieser Wahrnehmungsstörung ist das Bündnis nicht allein, wie der Hashtag #freelina zeigt. „Verfahren kosten Geld“, mahnt hier beispielsweise taz-Journalist Christoph Wimmer und ruft zu Spenden auf. Wer dabeisein möchte, kann aus einem breiten Angebot von Aufnähern, Stoffbeuteln, Hemden und mehr wählen. Neckisches, wiederkehrendes Motiv ein Hammer.
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Zur Erinnerung: Die Angeklagten stehen im Verdacht, Opfer mit Hammerschlägen gefoltert zu haben. Es ist diese Brutalität und Heimtücke, die in der deutschen Presse Betretenheit ausgelöst hat, von Irrlichtern wie Wimmer abgesehen. Zwischen verkühlten Berichten und gewundenen Kommentaren schimmert die Angst auf, sich im Laufe der Jahre eine neue RAF herangezüchtet zu haben. Eine linke Spaß-Guerilla, die lange Zeit mit wohlwollendem Augenzwinkern betrachtet wurde, bis es dann plötzlich blutig wurde.
Der Vergleich zeigt aber auch den Unterschied zwischen damaliger und heutiger Situation. Entgegen der eigenen Legendenerzählung war die 68er-Bewegung eine elitäre Angelegenheit, deren Befindlichkeit bei weiten Teilen der Gesellschaft auf Ablehnung stieß. Erst durch den gemeinsamen Marsch durch die Institutionen konnten die Lehrer, Anwälte, Besserverdiener zu einer uns alle prägenden Kraft werden. Augenfällig wird dies in der Verschiebung der politischen Ethik.
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Nach Max Webers „Politik als Beruf“ entfaltet sich politisches Handeln in einem polaren Spannungsfeld von „Verantwortungsethik“ und „Gesinnungsethik“. Bei ersterer stellt sich der einzelne durch individuelles Tun in einen sozialen Sinnzusammenhang. Ethik heißt hier, „für die (voraussehbaren) Folgen seines Handelns aufzukommen“, unabhängig von der Intention. Er gleicht im Fall des Scheiterns daher dem Helden der Tragödie, der schuldlos schuldig geworden ist.
Ganz anders die Gesinnungsethik. Hier steht der einzelne in keinem Verhältnis zu anderen, sondern nur zur Ideologie: „‘Verantwortlich’ fühlt sich der Gesinnungsethiker nur dafür, daß die Flamme der reinen Gesinnung, die Flamme zum Beispiel des Protestes gegen die Ungerechtigkeit der sozialen Ordnung, nicht erlischt. Sie stets neu anzufachen, ist der Zweck seiner, vom möglichen Erfolg her beurteilt, ganz irrationalen Taten, die nur exemplarischen Wert haben können und sollen.“
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Die alte Bundesrepublik war im Sinne der Verantwortungsethik organisiert. Es war allgemein akzeptiert, daß ein Politiker die Verantwortung für aufkommende Mißstände übernahm, auch wenn er persönlich an ihnen völlig unschuldig war. Heutzutage ist dieser Gedanke Politikern von der Staatsspitze abwärts absolut fremd. Ihre Gesinnung ist rein, also brauchen sie für das Pech anderer Leute auch keine persönlichen Einbußen hinzunehmen. Wie in der Politik, so auch in den Niederungen der Justiz.
Früher interessierte es nicht, ob der einzelne psychisch verwirrt, traumatisiert, eine schlechte Kindheit hatte. War er ein Einbrecher, wurde er als Einbrecher gerichtet. Und zwar nur als das. Auch die RAF-Terroristen, gleichwohl sie die Gesellschaft herausfordern wollten, wurden als das verurteilt, was sie durch ihre Handlungen eben waren: Mörder, Bankräuber, Mittäter und so weiter. Ihre Gesinnung war für die Strafzumessung ohne Belang.
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Heute, im Zeichen von „Haßkriminalität“, ist das anders.
Wenn ein – weißer – Kellner sich weigert, einen schwarzen Gast zu bedienen und womöglich durchblicken läßt, daß ihn dessen Hautfarbe stört, so ist ihm die härteste Strafe sicher, die das Gesetz zuläßt. Sollte der Gast daraufhin das Messer zücken und ihn niederstrecken, so darf dieser wohlbegründet auf Milde hoffen, obwohl hier als Handlung eine Bagatelle gegen ein Tötungsdelikt steht. Tauschen wir die Hautfarbe der Protagonisten, so kommen wir zu einem gegenteiligen Ergebnis.
Das ist die Folge, wenn die unserem Recht hinterlegte Verantwortungsethik verdrängt und die Ideologie zum Faktor wird. Noch bleibt der Rechtsstaat als widerständige Hülle bestehen, doch die Schäden sind unübersehbar. Unzählige Beispiele, wo gleiche Handlungen vor Gericht und vor allem öffentlich völlig unterschiedlich bewertet werden, wie durch einfachen Austausch leicht zu erkennen.
Sogenannte „Rechte“, die ihre politische Macht nutzen, ihr Weltbild durchzusetzen und jede andere Sicht kriminalisieren; die sich mit öffentlichen Mitteln eine gewaltbereite Reservearmee aufbauen, die mißliebige Demonstrationen angreift; die einzelne als „Feinde“ markiert, die dann aus der Anonymität heraus verunglimpft, deren Haustür mit Kot, deren Auto angezündet wird, ohne daß das Empörung auslöst: Hier könnte zu Recht von einer Bedrohung unserer Freiheit durch „Rechte“ gesprochen werden.
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Paßt jedoch die Ideologie, schläft der Gesinnungsethiker vor sich hin. Nur manchmal zuckt er zusammen, wenn der antifaschistische Racheengel mit seinen Schergen es doch zu arg getrieben hat. Damit kommen wir zum wesentlichen Unterschied zwischen ihm und dem Verantwortungsethiker. Letzterer benötigt, da er von sich selbst abstrahieren, seine Wirkung auf andere abschätzen muß, Verstand. Der Gesinnungsethiker braucht dagegen Gefühle. Und die liegen lange vor dem Denken.
Um eine Ideologie mit echtem, ehrlichem Gefühl vertreten zu können, muß man ihre Widersprüche zur Wirklichkeit ausblenden. Das gelingt am besten, wenn man schlicht dumm ist.
Wahrscheinlich glauben Linksextremisten wie Lina E. (aus Leipzig) ernsthaft, den Faschismus zu bekämpfen. Und unser politisches Personal, klug zu sein. Wenn Verantwortungsethik potentiell Tragödie, so ist Gesinnungsethik potentiell Komödie. Leider ohne Vorhang und Trennung zum Publikum, und das ist wieder tragisch.
… Alles vom 17.9.2021 von Fabian Schmid-Ahmad zu „ein sanftes Ruhekissen“ bitte lesen in der JF 38/21, Seite 1
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Boris Palmer: für Eigenverantwortung, gegen Schulschließungen
Darum lasse ich meine Kinder nicht impfen
… Eigenverantwortung. Wenn jemand schon 60 ist und die Statistik sagt, es könnte richtig brenzlig werden und er das Risiko in Kauf nimmt, dann ist es auch nicht anders, als wenn jemand mit 30 Jahren sagt: ‚Ich mach Bungee-Jumping.‘ Impfpflicht nein, aber man kann dann nicht erwarten, dass der Staat einen vor der Infektion schützt.
…
Aber präventive Schulschließungen im nächsten Schuljahr sind nicht in Ordnung. Wir wissen sicher, dass es einen riesigen Schaden für die Bildungsbiografie der Kinder anrichtet und ob es nützt, ist fraglich. Es gibt sogar Virologen wie Professor Kremsner aus Tübingen, die sagen, dass man Kinder besser nicht impft, weil es besser ist, wenn sie sich infizieren. Gilt für Erwachsene nicht, aber für Kinder durchaus. Ich würde auch bei mir sagen, wahrscheinlich werden es meine Kinder gar nicht merken, wenn sie die Infektion bekommen. Und wenn ich geimpft bin, die Partnerin, die Großeltern alle geimpft sind, ist es nicht mehr schlimm, wenn sie sich mit Corona infizieren.
Sie selbst haben drei Kinder. Ihre älteste Tochter ist elf Jahre alt. Werden Sie Ihre Kinder impfen lassen?
Palmer: „Nein, ich bin mir ziemlich sicher, dass das Risiko für die Kinder bei der Impfung größer ist als bei der Infektion.
… Alles vom 6.8.2021 bitte lesen auf
https://www.bild.de/politik/inland/politik/gruenen-politiker-boris-palmer-ich-lasse-meine-kinder-nicht-impfen-77300484.bild.html
Jeder ist erst einmal für sein Leben selbst verantwortlich
Welt am Sonntag: Ärgern auch Sie sich manchmal über Sozial-Schmarotzer?
Buschkowsky: Wo immer Geld und Menschen zusammentreffen, entsteht die Versuchung, sich Vorteile zu verschaffen. Das gilt für Steuerflüchtlinge mit Konten im Ausland genauso wie für Hartz IV-Empfänger. Die Tricks unterscheiden sich nur in der Anzahl der Nullen vor dem Komma. Der Grundsatz, dass Jeder erst einmal für sein Leben selbst verantwortlich ist, ist in unserem Sozialstaat an der einen oder anderen Stelle verschütt‘ gegangen. Heute ist an allem, was nicht gelingt, die Gesellschaft schuld.
Ich habe zu wenig Geld, weil Hartz IV zu niedrig ist.
Ich habe keine Arbeit, weil das Jobcenter mir keine besorgt.
Wenn mein Kind nicht rechnen oder lesen kann, ist die Schule schuld.
Das betrifft sicher nur einen Teil der Bevölkerung. Aber er wächst. Wie ich beobachte, leider gerade bei jungen Leuten. Wir müssen die Menschen zur Not auch mit Druck motivieren, wieder selbst Verantwortung für sich zu übernehmen. Durch ein einfaches und in jeder Kultur verständliches „wenn, dann“.
Wenn Du Dein Auto falsch parkst, dann kassierst du ein Knöllchen.
Wenn du mit deinem Kind nicht zu den Vorsorgeuntersuchungen gehst, passiert hingegen gar nichts.
Wenn dein fast erwachsener Sohn im Knast sitzt, weil er einen anderen Menschen halb tot geprügelt hat, dann bekommst du weiter das Kindergeld.
Aber wenn du dich nicht um den Schulbesuch deines Kindes und die Elternversammlungen kümmerst, passiert häufig gar nichts. Mehrere Hundert Euro Elternbeitrag für die Kita gelten als normal und 80 Euro Studiengebühren sind ein Skandal. Das empfinde ich als völlig krank. Hinzu kommt, dass wir die Kinder in den bildungsfernen Milieus zum Einkommensfaktor gemacht haben und das auch noch ausbauen. …
Gesamtes Interview mit Heinz Buschkowsky, Bürgermeister von Berlin-Neukölln, vom 28.4.2013 in der Welt am Sonntag bitte lesen auf
https://www.welt.de/wirtschaft/article115663925/Bei-vielen-Eltern-ist-Hopfen-und-Malz-verloren.html
