In ihrem Plädoyer „Keine neue Staatsschulden“ wenden sich führende libertär orientierte Wirtschaftswissenschaftler gegen die von CDU und SPD avisierte Aufnahme von ca einer Billion Euro neuer Staatsschulden (siehe Anlage (1) unten): Die Schulden jedes einzelnen Steuerzahlers würde von 58.500 auf 77.700 Euro ansteigen. Und bezogen auf die gesamte Volkswirtschaft: „Die anvisierte Kreditausweitung katapultiert die gesamte Schuldenlast damit auf 421 Prozent. Das ist mit vernünftigem Menschenverstand zweifelsohne bereits heute als unbezahlbar zu bezeichnen“.
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Anfang der 1950-er Jahre setzte sich die CDU/Adenauer mit der freien Marktwirtschaft knapp gegen die SPD mit ihrer Zentralverwaltungswirtschaft durch und ermöglichte das Nachkriegs-Wirtschaftswunder.
Eine ebenso richtungsweisende Entscheidung steht im März 2025 an: Soll Deutschland die stabilitätsorientierte Wirtschaftspolitik aufgeben und Probleme nicht jetzt lösen, sondern durch bequeme Verschuldung via Inflation an die nachfolgenden Generationen weitergeben? Dazu die Experten: „Und am Ende ist der Schuldenberg – ob für Infrastruktur oder Kriegsmaterial – untragbar, wird von der Europäischen Zentralbank (EZB) aufgekauft und mit neu gedrucktem Geld bezahlt. Die Folge: Inflation, sehr wahrscheinlich Hochinflation.“
Makaber ist, daß diese zukunftsweisende Entscheidung auf Betreiben von Friedrich Merz vom alten, nur noch drei Wochen amtierenden Bundestag getroffen werden soll, in dem 147 Abgeordnete sitzen, die im neuen Bundestag gar nicht mehr vertreten sein werden – eine „Verachtung des Wählerwillens“ (Staatsrechtler Prof Murswiek).
9.3.2025
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Ende von Beitrag „Keine neuen Staatsschulden“
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Beginn von Anlagen (1) – (2)
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(1) Plädoyer gegen neue Staatsschulden
Die von der voraussichtlich künftigen Bundesregierung geplanten gigantischen Ausgaben für Bundeswehr und Infrastruktur sollen möglicherweise über neue kreditfinanzierte Schuldentöpfe (die als „Sondervermögen“ bezeichnet werden) bezahlt werden. Wird raten dringend davon ab und machen alternative Vorschläge.
Der Ökonom Milton Friedman (1912 – 2006) sagte einst: „Achten Sie auf eines, und nur auf eines: Wie hoch die Staatsausgaben sind. Denn das ist die wirkliche Steuer. Jeder Haushalt ist ausgeglichen. Es gibt keinen unausgeglichenen Bundeshaushalt. Sie zahlen dafür! Wenn Sie nicht direkt in Form von Steuern dafür bezahlen, dann zahlen Sie indirekt in Form von Inflation oder Kreditaufnahme.” https://x.com/SHomburg/status/1896819570813600071
Die Führungsspitzen von Union, SPD und wahrscheinlich auch Grünen wollen dem Staat mehr Geld beschaffen. Im Gespräch ist, entweder die 2009 eingeführte Schuldenbremse im Grundgesetz (Artikel 109, 115) auszusetzen oder sie zu umgehen, indem neue „Sondervermögen“ aufgemacht werden, die außerhalb des Bundeshaushaltes stehen, beziehungsweise Ausnahmetatbestände für Rüstungsausgaben zu schaffen (Stichwort „Über-1-Prozent-Regelung“).
Die Politiker wollen im Prinzip Artikel 87a GG nachahmen, der im Zuge der Ukraine-„Zeitenwende” 2022 um den Absatz 1a ergänzt wurde: „Zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit kann der Bund ein Sondervermögen für die Bundeswehr mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von einmalig bis zu 100 Milliarden Euro errichten. Auf die Kreditermächtigung sind Artikel 109 Absatz 3 und Artikel 115 Absatz 2 nicht anzuwenden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“
Nach nur drei Jahren ist dieser neue Schuldentopf jedoch weitgehend aufgebraucht. Nun soll es um noch gewaltigere Summen gehen: Im Gespräch waren bis zu 400 Milliarden Euro für die Bundeswehr, wohl über mehrere Jahre verteilt, und 500 Milliarden Euro für Infrastruktur für die Dauer von zehn Jahren, die noch im März mit alten Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat abgesegnet werden sollen.
Die damit einhergehende zusätzliche Verschuldung in den kommenden Jahren in Höhe von bis zu 900 Mrd. Euro ist geradezu ruinös für die Staatsfinanzen und setzt negative Effekte für die deutsche Volkswirtschaft in Gang.
Dazu muss man wissen, dass Ende vergangenen Jahres sich der in sieben Jahrzehnten aufgebaute Schuldenstand der vier Staatsbereiche (Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherung) auf etwa 2.750 Milliarden Euro belief – das entspricht fast sechs Bundeshaushalten. Pro Kopf gerechnet entspricht das damit einer Verschuldung in Höhe von etwa 32.900 Euro – Staatsschulden, die von Bürgern und Firmen zu tragen sind, zusätzlich zu ihrer individuellen Verschuldung.
Viel aussagekräftiger ist es, die Staatsschulden ins Verhältnis zu den tatsächlichen Lohn- und Einkommensteuerzahlern zu setzen. Die Schulden pro Steuerzahler betragen dann bereits heute 58.500 Euro. Würde die Kreditfinanzierung der „Sondervermögen“ beziehungsweise „Ausnahmetatbestände“ hinzugerechnet, stiege die Pro-Kopf-Verschuldung der Steuerzahler auf 77.700 Euro.
Häufig wird die öffentliche Schuldenlast im Verhältnis zur jährlichen Wirtschaftsleistung, also zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) ausgewiesen. Danach lag sie 2024 bei schätzungsweise 63,9 Prozent des BIP gegenüber noch 62,9 Prozent in 2023. Die Kreditlast, die die neue Schuldenwelle mit sich bringt, ließe die Schuldenquote auf knapp 85 Prozent anschwellen – klar über der Maastricht-Grenze von 60 Prozent und ein seit 1948 unerreichtes Ausmaß.
Und doch ist das alles nur die Spitze des Eisberges. Denn neben dem sichtbaren Schuldenberg gibt es auch noch die unsichtbaren Schulden, und zwar die staatlichen Leistungsversprechen, die aus zum Beispiel der Renten- und Pflegeversicherung herrühren, von den Pensionszusagen oder von den finanziellen Verpflichtungen gegenüber Beamten.
Experten schätzen, dass bei gegebener Ausgaben- und Einnahmesituation die implizite Verschuldung schätzungsweise bei gut 17.000 Milliarden Euro liegt – also dem sechsfachen der sichtbaren Verschuldung und damit bei etwa 400 Prozent des BIP. Die anvisierte Kreditausweitung katapultiert die gesamte Schuldenlast damit auf 421 Prozent. Das ist mit vernünftigem Menschenverstand zweifelsohne bereits heute als unbezahlbar zu bezeichnen.
Das Ausweiten der Verschuldung ist umso besorgniserregender angesichts der düsteren demographischen und ökonomischen Entwicklung in Deutschland: Die Bevölkerung ist überaltert, das Wirtschaftswachstum stagniert bereits heute schon, ist mitunter sogar rückläufig. Das lässt sich durch die unkontrollierte Immigration auch nicht aufhalten, und immer weniger Nettosteuerzahler werden dann immer höhere Lasten tragen müssen. Unter diesen Bedingungen werden absehbar die Talentierten verstärkt abwandern („Brain-Drain”), noch mehr Kapital das Land verlassen und Auslandskapital fernbleiben.
Die Befürworter der milliardenschweren Neuverschuldung beschwichtigen: Mit der Zusatzverschuldung lässt sich Nachfrage finanzieren, die die Wirtschaft antreibt, und so werden die Schuldenlasten tragbar. Allein: Weder mit solider Theorie noch mit Erfahrung lässt sich dieses (falsche) Versprechen begründen. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall: Steigende Staatsverschuldung lässt die Wirtschaft erlahmen. Vor allem die Rüstungsausgaben lenken knappe Ressourcen in unproduktive Verwendungen – Bomber, Drohnen, Panzer und Raketen kann man schließlich weder konsumieren noch zur Produktion und Wohlstandsmehrung nutzen.
Und so hat der Drang nach immer mehr Staatsschulden auch eine polit-ökonomische Ursache: In modernen Demokratien, in denen Regierungen ihre Mehrheiten „erkaufen”, finden sich stets Gründe, warum der Staat sich verschulden sollte: Mal geht es um „wichtige Infrastruktur“, mal um „Zukunftsinvestitionen“, mal darum, mit neuen Ausgaben eine Rezession abzuwenden. Der Ukrainekrieg und das Drohszenario eines Krieges mit Russland scheinen nun den Politikern eine Steilvorlage zu geben, um neue Kredite aufzunehmen. Doch Staatsschulden sind ein süßes Gift.
Die „Eskalation der Staatsfinanzierung“ beginnt mit offener Besteuerung. Doch der Steuerspielraum dafür ist bald ausgeschöpft: Die Bürger merken, wie ihnen der Staat immer tiefer in die Tasche greift, und begehren dagegen auf. Deshalb steigt der Staat auf die Verschuldung um. Sie ist der Weg des geringeren Widerstands. Die Verschuldung ist scheinbar für alle gut: Der Staat gibt Anleihen aus und gelangt so an die Ersparnisse der Bürger. Letztere leihen dem Staat ihr Geld freiwillig – weil sie einen Zins bekommen, und weil sie davon ausgehen, dass nicht in erster Linie sie, sondern vor allem andere den Schuldendienst leisten.
Die steigende Staatsverschuldung führt zu einer Lenkungs- und Kommandowirtschaft: Der Staat bestimmt, welche Wirtschaftssektoren das Geld bekommen und welche nicht. Produktion und Beschäftigung werden zusehends vom Staat quasi diktiert.
Und am Ende ist der Schuldenberg – ob für Infrastruktur oder Kriegsmaterial – untragbar, wird von der Europäischen Zentralbank (EZB) aufgekauft und mit neu gedrucktem Geld bezahlt. Die Folge: Inflation, sehr wahrscheinlich Hochinflation. Dass die Kaufkraft des Euro dann den Bach runtergeht, ist keine Frage des ob, sondern des „wie schnell”. Zudem wird durch die Notenpresse die Demokratie unterhöhlt und zerstört. Denn die Bürger haben praktisch keine Möglichkeit, auf die Entscheidungen der nicht-gewählten Zentralbankdirektoren einzuwirken, und diese Entscheidungen werden auch in den jährlichen Haushaltsdebatten des Bundestages nicht thematisiert.
Deutschland ist dabei, das Gift der Staatsverschuldung in einer Dosis einzunehmen, die es nicht mehr verkraften kann. Der herausragende Ökonom der Österreichischen Schule der Nationalökonomie Ludwig von Mises (1881 – 1973) brachte es wie folgt auf den Punkt: „Was die Regierung mehr ausgibt, geben die Bürger weniger aus. Staatliche Projekte werden nicht durch die wundertätige Kraft eines Zauberstabes bewerkstelligt. Sie werden aus Mitteln bezahlt, die den Bürgern genommen wurden. (Human Action, p. 655)”
Und explizit im Hinblick auf die Verschuldung, um „Kriegstüchtigkeit” herzustellen, merkte Mises an: „Kann irgendjemand ernsthaft bezweifeln, dass die bellizistischen Völker Europas nicht bereits viel früher kriegsmüde geworden wären, wenn ihre Regierungen ihnen offen, ehrlich und umgehend die Rechnung für die Militärausgaben präsentiert hätten? (On the Manipulation of Money and Credit, p. 38)”
Zwar erhalten auch die Transferempfänger weniger Leistungen, wenn mehr für Rüstung ausgegeben wird, aber am Ende des Tages sind die Nettosteuerzahler die Leidtragenden, die alles finanzieren müssen. Wer von diesen einen Ort findet, an dem er besser behandelt wird als in Deutschland, für den wird der Anreiz zunehmen, auszuwandern. Hierbei ist die Besonderheit zu beachten, dass dieser Anreiz für die Deutschen aufgrund der Tatsache, dass sich in unmittelbarer Nähe mit der Schweiz und Österreich Länder befinden, in denen die kulturelle Integration minimale bis keine Anpassungskosten erfordert, tendenziell höher ist.
Die Nettosteuerkonsumenten hingegen tragen per saldo nichts zum Staatshaushalt bei, produzieren per saldo keine verteilbaren finanziellen Überschüsse und können daher auch nichts zum Schuldendienst beitragen. Mit Letzteren alleine „lässt sich kein Staat machen”.
Unsere Empfehlungen
Als libertär ausgerichtete Ökonomen erblicken wir im Staat die Ursache vieler wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Probleme. Im Folgenden geben wir daher Empfehlungen, mit denen das Kernproblem, das die Politik zu einer gewaltigen Neuverschuldung einzuladen scheint, ohne neue Kredite gelöst werden kann.
Um das deutsche Wirtschaftswachstum zu beleben, sind
(1) die Staatsausgaben zu senken (zu denken ist in einem ersten Schritt eine Kürzung von 20 bis 30 Prozent über alle Ausgaben) und
(2) die Staatseinnahmen (Einkommens- und Unternehmenssteuern) zu kürzen. Zudem muss
(3) die Regulierungsdichte massiv abgebaut werden (z. B. Nachweis- und Dokumentationspflichten, insbesondere Lieferkettengesetz, langwierige Verwaltungsverfahren, Datenschutzvorgaben usw.) und
(4) ein Ausstieg aus der „Klimapolitik”‘ (z. B. Verbrennerverbot, Heizungsgesetz, Atomausstieg, Subventionen für Wind- und Solarparks usw.) ist notwendig. Um den eigenen Handlungsspielraum wiederherzustellen, empfehlen wir
(5) freien Währungswettbewerb, also dass die Menschen ihr Zahlungsmittel frei wählen können.
Wir sind im Übrigen der Auffassung, dass die Kriegsgefahren für Deutschland selbst, die angesichts des Russland-Ukraine-Krieges an die Wand gemalt werden, in den Standardmedien völlig überzogen dargestellt werden. Doch wie auch immer die tatsächliche Kriegsgefahr eingeschätzt wird, muss der Verteidigungsetat aus dem laufenden Steuereinkommen bewältigt werden. Die tatsächliche Rechnung für die Kriegsvorbereitungen muss den Bürgern klipp und klar im Rahmen der jährlichen Haushaltsdebatten vorgelegt werden. Alles andere führt über kurz oder lang zum totalen Staat.
… Alles vom 5.3.2025 von Philipp Bagus, Jörg Guido Hülsmann, Antony P. Mueller, Thorsten Polleit und Andreas Tiedtke bitte lesen auf
https://www.misesde.org/2025/03/plaedoyer-gegen-neue-staatsschulden/
oder
https://www.dersandwirt.de/aufruf-keine-neuen-staatsschulden/
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https://www.misesde.org/2011/09/bagus-philipp/
https://www.misesde.org/2011/09/hulsmann-guido/
https://www.misesde.org/2011/04/mueller-antony-p/
https://www.misesde.org/2011/09/polleit-thorsten/
https://www.misesde.org/2011/09/tiedtke-andreas/
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(2) Top-Ökonomin Veronika Grimm warnt vor Sondierungsplänen von Union und SPD: „Führt EU in Schuldenkrise“
… Die Schulden sollen in großen Teilen nicht zusätzlich für zukunftsorientierte Ausgaben verwendet werden, sondern dafür, Spielräume im Kernhaushalt zu schaffen, um weitere Sozialausgaben und Vergünstigungen zu verankern oder sie aufrecht zu erhalten.
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Eine offene Flanke für die Sicherheit ist es, dass die gigantischen Schulden absehbar in eine Schuldenkrise in der Europäischen Union führen dürften. Die Zinsen auf Staatsanleihen steigen. Das wird insbesondere den hochverschuldeten Staaten der Eurozone die Finanzierung zusätzlicher Verteidigungsausgaben erschweren.
Zudem werden wir Deutschen uns nicht an den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt halten können.
Das weckt natürlich Begehrlichkeiten bei anderen europäischen Staaten, deren Schuldentragfähigkeit schon jetzt infrage steht. Die Frage ist eigentlich nur, wie lange es dauert, bis es irgendwo schiefgeht. Alles wird umso unangenehmer, je weniger Wachstum ausgelöst wird. Und nachhaltiges Wachstum zeichnet sich nicht ab, eher ein vorübergehendes Strohfeuer durch die höheren Ausgaben.
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Ich halte es für eine naive Vorstellung, zuerst Kreditspielräume zu ermöglichen, um dann Reformen zu planen und umzusetzen. Wer will sich denn für Reformen unbeliebt machen, wenn andere anbieten, einfach Subventionen zu nutzen, um die Dinge zu lösen? Dafür gab es die Schuldenbremse, um den Reformeifer zu stärken. Sie ist jetzt Geschichte. Wenn diese Beschlüsse gefasst werden, haben wir keine wirksamen Fiskalregeln mehr in Deutschland. Und auch die europäischen Fiskalregeln werden unter Druck geraten.
… Alles vom 10.3.2025 bitte lesen auf
https://www.focus.de/politik/briefing/topoekonomin-haelt-sondierungspapier-von-union-und-spd-fuer-schweren-fehler-fuehrt-eu-in-schuldenkrise_id_260757094.html