Weihnachtsgeschichte

Home >Religion >Kirchen >Abendland >Weihnachten >Weihnachtsgeschichte

Gemeinsam unterwegs für Frieden, Freiheit und Demokratie auf der Demo in Freiburg am 11.11.2023

  • Listenauswahl eines Beitrags: Bitte anklicken oder runterscrollen
  • Wieso das Weihnachtsfest nicht kleinzukriegen ist – Ins Offene schauen (20.12.2024)
  • Die Weihnachtsgeschichte – aus dem Evangelium nach Lukas 2,1-20 (24.12.2018)

 

Wieso das Weihnachtsfest nicht kleinzukriegen ist – Ins Offene schauen
Felix Dirsch

Friedrich Hölderlin, einer der großen Freunde speziell des griechischen Mythos, den er für die Uroffenbarung der Wahrheit hielt, schrieb in der Elegie „Brod und Wein“: „Göttliches Feuer auch treibet, bei Tag und bei Nacht, / Aufzubrechen. So kommt! daß wir das Offene schauen.“ „Göttliches Feuer“ – dieser geheimnisvollen Kraft wollte er sich nähern; sie war eine seiner wichtigen Antriebsquellen.

Hölderlins schwäbischer Landsmann Martin Heidegger war von der Schau ins Offene, die der verehrte Dichter herausstellte, so sehr angetan, daß sie ihm sogar geholfen hatte, dem Bann der nationalsozialistischen Ideologie zu entrinnen. Für den Autor von „Sein und Zeit“ stellte sich die Frage nach dem Offenen vor allem im Kontext der Offenbarkeit des Seins. Im Gegensatz zu diesem „Unverborgenen“ bei den Vorsokratikern konstatierte er im Kontinuum der abendländischen Philosophiegeschichte seit Platon einen „Entzug des Seins“. Gerade im Umgang mit der neuzeitlichen Technik war ihm das „Geheimnis des Seyns“ ein Anliegen. Auf diese Weise kehrte Heidegger den Wert von Spiritualität jenseits des christlichen Dogmas hervor.

Zu keiner Zeit ist die Menschheit so aufgeschlossen gegenüber einem zukünftigen Ereignis wie im Advent. Die seelischen Antennen sind oftmals auf Empfang geschaltet. Es kommt etwas, dessen Inhalt man weder kennt noch kennen kann, obwohl man gern vom Gegenteil überzeugt ist. Diese Erwartungshaltung findet sich über den übriggebliebenen Teil des praktizierenden christlichen Bevölkerungsanteils hinaus – und sei es auch nur, weil man sich über Geschenke freut.

Die fortdauernde Relevanz des Weihnachtsfestes läßt verschiedene Gründe erkennen. Einer davon ist die Umformung des christlichen Festes, die bis ins 18. Jahrhundert, partiell bis zur Reformation zurückreicht: Die in der Aufklärung Konturen annehmenden Formen der „bürgerlichen Welt- und Lebensanschauung“ (Bernhard Groethuysen) wollten die alten Rituale gern in die Gemütlichkeit eines Familien- und Geschenkfestes übertragen. Die herkömmlichen christlichen Inhalte mutierten dabei häufig zu Nebensächlichkeiten.

Die Sinnentleerung der christlichen Inhalte ließ und läßt sich nicht aufhalten. Diese Umwertung ist vielmehr sogar die Voraussetzung für die ungebrochene Verbreitung. Mit der Aktion „Weihnachtsmannfreie Zone“ macht das katholische Bonifatiuswerk seit 2002 auf den heiligen Nikolaus aufmerksam. Die Bedeutung des Weihnachtsfestes samt umrankendem Brauchtum im frühen 21. Jahrhundert reicht jedoch weiter. Die geweihte Nacht offenbart archetypische Gestalten. Gemeint sind Grundstrukturen menschlicher Vorstellungs- und Handlungsmuster, die sich durch diverse geschichtliche Stationen ziehen. Die sogenannte „Ur-Weihnacht“ hat mit den heute praktizierten Formen wenig zu tun.

Man kann diesen Komplex mit den Worten der Historikerin Renate Reuther zuspitzen: Weihnachten funktioniert auch ohne Krippe und ohne idyllische Familienharmonie. Vor dem 18. Jahrhundert war die Art und Weise, wie man jene Bräuche beging, die mitunter verblaßt im weihnachtlichen Festkreis aufscheinen, vielfach anders als der heutige Usus.

Von den vielen Gepflogenheiten aus einer versunkenen Ära ragen besonders solche heraus, die der Winterzeit geschuldet sind: Vermummte Geistergestalten ziehen um die Häuser unter Obhut von Frau Holle und Frau Percht. Man denkt angesichts der Verkleidungen eher an Karneval. Je nach Region finden sich unzählige Varianten. Die Vielfalt solcher Spielarten ist begrifflich nur schwer auf einen Nenner zu bringen. Man spricht unter anderem von Wintersonnenwendfeier, Mittwinterfest und Julfest. Die Symbolik, die mit solchen Praktiken verbunden war, reicht in unvordenkliche Epochen zurück. Über viele Generationen hinweg waren Schellenklang, Kettengeklirr und hintergründiges Gelächter von Geistern vertraut, auf deren Austreibung man hoffte. „Elemente der wilden Ur-Weihnacht“ (Reuther) muten heute fremd an. Sie wurden indessen länger gepflegt als die gewohnte Lametta- und Plätzchen-Idylle.

Man hat viel über den tieferen Sinn der zahllosen Holle- und Percht-Metamorphosen gerätselt. Wahrscheinlich verbirgt sich dahinter die Verehrung von Fruchtbarkeit und Weiblichkeit, die nicht auf die Winterzeit beschränkt ist.

Im Alltag vermischten sich nicht selten christliche Absicht und (oftmals örtliche) heidnische Überlieferung. Ebenso erkennt man öfter bizarren Aberglauben, Ausschmückung sowie Abänderungen des Tradierten. Die Brauchtumsforscherin Reuther verweist exemplarisch auf folgenden Zusammenhang: Das Christkind, das die Augen ausbläst, der Weihnachtsmann, der durch den Kamin kommt und die Rute des Nikolaus wie auch die Figur des Knecht Ruprecht gehören zu den Erzählsträngen rund um Holle/Percht.

Eine lange Liste von Üblichkeiten läßt sich auf ihre Wurzeln hin untersuchen. Dazu zählen die Christbaum-Routinen. Gemessen an der langen Zeit seit Christi Geburt handelt es sich dabei um relative Neuheiten. Der gedankliche Zusammenhang von Leben und Baum, der zu den „Ursymbolen“ (Ludwig Klages) der Menschheit gehört, ist weithin bekannt. Auch in diesem Kontext durchdringen sich Zeichen des biblischen Glaubens mit uralten Vorstellungen, nach denen etwa Götter in den Kronen von Bäumen wohnen.

Manche Aspekte jener Riten, die man dem Holle-Percht-Komplex zurechnet, sind in (auch jüngere) christliche Praktiken eingegangen. Zu nennen sind nur die Sternsinger-, aber auch die Martinsumzüge. Ihre Popularität zeigt sich nicht zuletzt darin, daß manche öffentliche Stimmen fordern, sie christlicher Exklusivität zu entkleiden, um keinen Teilnehmer auszugrenzen. Ob Sonne-Mond-und-Sterne-Feiern aber den Jüngsten die gleiche Botschaft vermitteln, bleibt fraglich. Der Brauch am Dreikönigstag, Segenssprüche gegen Gaben einzutauschen, ist gleichfalls uralt.

Die Unterschiede bei der Ausgestaltung des Weihnachtsfests verwundern auf den ersten Blick. Man darf aber nicht vergessen, daß die Geburt des Erlösers in der Alten Kirche, anders als Ostern, lange Zeit keinen Ort im Geschichtsgedächtnis besessen hatte. Der Auseinandersetzung mit konkurrierenden Kulten dürfte es geschuldet gewesen sein, daß die Gläubigen die Niederkunft des Gottessohnes zum Ereignis stilisieren mußten – daher die mythische Einkleidung, die sich auch bei anderen Gottessöhnen (wie dem Kaiser Augustus) findet. Vergil kündet in der berühmten vierten Ekloge die Geburt eines göttlichen Knaben an, mit dem die Herrschaft des Saturn wiederkehre. Heute stoßen derartige mythologische Symbole, etwa die Jungfrauengeburt, meist auf Ablehnung. Diese Erzählungen, auf die man auch in anderen Kulturen (wie der altägyptischen) trifft, sollten den besonderen Stellenwert der entsprechenden Vorgänge zum Ausdruck bringen. Christliche Deutung formte insbesondere griechische Mythen um, wie die einschlägige Studie des Altkirchenhistorikers Hugo Rahner herausarbeitet. Ungeachtet aller Forderungen nach Entmythologisierung besteht eine gelehrte Phalanx von Karl Jaspers über Karl Kerényi bis Eugen Drewermann auf der „Wahrheit des Mythos“ (Kurt Hübner).

Daß sich der antike „Kampf der Kulturen“ auch im Disput um die Geburt des Herrn niedergeschlagen hatte – darauf deutet nicht zuletzt der gewählte Termin im Westen des Römischen Reiches hin. Am 25. Dezember wurde des Gottes Sol Invictus gedacht. Auch Kaiser Konstantin, eine Gestalt des Übergangs, verehrte ihn. Christus, die neue Sonne, erblickte kalendarisch anstelle der alten Sonnengottheit das Licht der Welt. Allerdings zerstritt sich die Christenheit über dieses Datum. Der Osten entschied sich für das bis heute gültige Fest Epiphanie.

Vertreter der großen kirchenfeindlichen Strömungen des letzten Jahrhunderts wußten um die Kraft kalendarischer Konvention. Ihre Repräsentanten schreckten jenseits marginaler Korrekturen davor zurück, die christliche Zeitrechnung zu eliminieren. Das Ziel fanatischer Nationalsozialisten, alte germanische Julfeste, die durch das Christentum verdrängt wurden, wiederzubeleben, kam über einen kleinen Kreis von Hitler-Gläubigen nicht hinaus. Der Führer hielt vom eigenen ideologischen Überbau wenig, diente er ihm doch ausschließlich zur Legitimierung seiner Gewaltherrschaft. Er spottete darüber, daß seine Gauleiter nicht als Heilige taugten und überging die Anhänger von Alfred Rosenbergs „Mythus des 20. Jahrhunderts“.

Den Nationalsozialisten blieb nur die Instrumentalisierung des Fests, das nicht aus der Welt zu schaffen war. Den Kommunisten gelang ebenfalls keine Tabula-rasa-Lösung. KPD-Propagandisten thematisierten den Widerspruch zwischen den „Oh du fröhliche“-Liedern der gesättigten Bürgerlichen und der sichtbaren Armut des Proletariats. Erich Kästner brachte es auf den Punkt: „Morgen Kinder, wird’s nichts geben! Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.“ 1929 fand im säkularisierten Berlin ein Weihnachtsfest der Gottlosen statt. Man vermutete wohl, daß eine etwaige Leere noch unerträglicher wäre als die fremdgewordenen Bezüge.

Den gestern wie heute politisierten und ökonomisierten Ersatzritualen gelingt keine vollständige Auslöschung von Herkunft und identitärer Prägung, wie sie sich im Weihnachtsfest pointiert manifestieren. Auch bei ihnen macht sich, wie im überlieferten Christentum, die Vorstellung bemerkbar, daß der unvermeidbare Weg des Menschen ins Zukünftig-Offene nicht unabhängig von geschichtlich-relativen Mythen, Narrationen und Gebräuchen aller Art geschehen kann. Die nachchristlich-pluralistische Gesellschaft des frühen 21. Jahrhunderts kommt nicht darum herum, derartige Einbrüche in den pragmatisch-mechanischen Alltag als unverzichtbar anzuerkennen.

… Alles vom 20.12.2024 von Felix Diersch bitte lesen in der JF 52/24, Seite 22
https://www.junge-freiheit.de
.
Prof. Dr. Felix Dirsch, Jahrgang 1967, lehrt Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Politische Theorie in Armenien. Sein Buch „Logiken des Wandels“ (Schlosser-Verlag) erschien 2023. Auf dem Forum schrieb er zuletzt über Kant („Der logische Widerspruch“, JF 17/24).

 

Die Weihnachtsgeschichte – aus dem Evangelium nach Lukas 2,1-20
In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum ersten Mal; damals war Quirinus Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazareth in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids.

Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Als sie dort ankamen, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.

In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat ein Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: „Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.“

Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: „Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.“

Als die Engel die Hirten verlassen hatten und in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: „Kommt, wir gehen nach Betlehem, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr verkünden ließ!“ So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in einer Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über die Worte der Hirten. Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach. Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten; denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war.
Aus dem Evangelium nach Lukas 2,1-20