Bargeld verschicken weltweit

Western Union (WU) hat 550.000 Filialen in fast 200 Ländern – 15 mal mehr als McDonalds. WU lockt Millionen mit der Zusage, Bargeld überall auf der Welt zu verschicken und empfangen, ohne eigenes Bankkonto. Bsp: Der syrische  Flüchtling Ahmed erhält von seinem Bruder Mustafa, der in Kairo als Ingenieur arbeitet, übers Handy eine SMS mit der Überweisungsnummer 627-991-1234. Damit geht er zur WU-Filiale im Budapester Bahnhof und legt diese 10stellige CodeNr vor. Prompt erhält er den Betrag von 400 Dollar bar ausbezahlt.
Zuvor hatte Mustafa an einer WU-Zweigstelle in Kairo in beliebigen Währungen Bargeld einbezahlt in einer Höhe, so dass abzüglich von vielleicht 8 Prozent Gebühr die 400 Dollar herauskommen. Mustafa mußte seinen Pass vorzeigen und die Kassiererin nannte ihm dann die CodeNr 627-991-1234.
Vorteile: Ahmed muß kein Geld mit sich rumschleppen (gefährlich auf der Flucht). Er muß lediglich ein Smartphone haben, die per SMS empfangene CodeNr kann er sich auswendig merken. Der gut verdienende Mustafa kann seinen armen Bruder jederzeit und überallhin mit Bargeld versorgen.
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Durchschnittlich verlangt WU nur 5,2% des Überweisungsbetrages als Gebühr. Gleichwohl sind die Gebühren in praxi meist viel höher: 7% von Belgrad nach Beirut. Da nur serbische Dinar entgegengenommen werden, sind in Beirut beim Umrechnen in Dollar saftige Kursumrechnungsmargen fällig.
150 Euro von Stuttgart nach Jordanien kosten 22,50 Euro, also 15% des Betrages. Nach Nigeria über 12%, nach Serbien 10%. Allein am Migrantengeld, also an den Überweisungen von „Gastarbeitern“ aus Deutschland in Entwicklungsländer , verdient WU 20 Milliarden Dollar im Jahr, Tendenz steigend.
Trotz des Slogans „Moving money for better“ gilt WU als das Schmuddelkind der Finanzbranche. WU hat kaum eigene Büros und nur 10000 feste Mitarbeiter. Stattdessen nistet sich der Bargeldverschicker bei fremden Firmen ein (Zeitungskiosk, Lebensmittelgeschäft, Handyladen, Postfiliale). Der Kioskbesitzer bewirbt sich bei WU und erhält nach Prüfung als Vertragspartner Schulung, Überweisungssoftware und die Zusage zur Provision je Transaktion. Alle sind happy: der Kioskbesitzer über seine neue Einnahmequelle und WU über den neuen Standort. Allein in der Türkei nahmen die WU-Filialen von 30 in 2010 auf über 700 in 2015 zu.
WU weist den Vorwurf von sich, es unterstütze den Transfer von Schleuser-, Drogen-, Menschenhandelgeld.Denn natürlich verlangt WU die Vorlage eines gültigen Ausweises. Aber dieses Kontrollsystem läßt ich leicht übergehen: Ahmed will in Budapest Geld abheben, hat aber keinen Pass und wird an der WU-Filiale abgewiesen. Kurz darauf kommt er mit einem Mann im Schlepptau wieder, der für ihn seinen (gefälschten) Pass vorzeigt; Ahmed diktiert ihm den Überweisungscode und er empfängt das Geld stellvertretend für ihn. Der Menschenschmuggler, der sich hinter einer fremden Identität verbirgt, kassiert dafür seine Prozente. Auf diese Weise hinterläßt das Geldgeschäft keine Spuren.
Die Konkurrenz zu WU ist klein: Moneygram etwa. Oder TransferWise mit seinem Partnersstem, bei dem der Kunde aber über ein eigenes Bankkonto verfügen muß. Mehrere Online-Petitionen gegen WU wie „Stop den exorbitanten Gebühren von Western Union“ des Netzwerks Avaaz sind gescheitert. Denn in vielen Ländern der Welt bietet WU die einzige Möglichkeit, Geld zu überweisen bzw. zu empfangen. Diese monopolähnliche Position erlaubt, dass WU so hohe Gebühren erhebt. In 2014 hat WU 255 Millionen Überweisungen von Bargeld abgewickelt und dabei 85 Milliarden Dollar verschickt. Heute gehört der größte teil von WU mit Sitz in Denver/USA den klassischen Investmenthäusern wie Blackrock, Fidelity und Vanguard.
13.11.2015

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