Flucht 1945 – Flucht 2015 Gauck

Wenn Joachim Gauck zum ersten Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung am 20.6.2015 zu Offenheit und Hilfe auffordert, dann tut dies gut. Wenn Gauck aber die Flüchtlingswelle aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten nach 1945 mit der Flüchtlingswelle aus Afrika und Nahost ab 2014 vergleicht, dann ist dies historisch unstatthaft und unehrlich:    .
1) 1945 fand eine Binnenwanderung statt, Vertreibung von Deutschen im Osten nach Rest-Deutschland im Westen.
2) 1945 flüchtete man in das nächste sichere Land, nicht aber nach Schweden oder in die Schweiz, oder weit weg.
3) 1945 war eine Migration von einem armen in ein genauso armes Land, um dieses dann gemeinsam aufzubauen.
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Gaucks Appell vom 20.6.2015 erinnert an den Aufruf von Quäkern und Mormonen in den USA nach 1945, die armen und heimatlosen Flüchtlinge aus Schlesien, Sudetenland, Ostpreußen usw.doch in Colorado, Texas, Kanada, Chile, Australien und Brasilien aufzunehmen – weit weg von zuhause, aber sicher.
Der Verdacht drängt sich auf, Gauck wolle den Deutschen heute ein schlechtes Gewissen einreden. Dabei sind die durch 70 Jahre inneren Frieden geprägten Deutschen in 2015 genauso gute bzw. weniger gute Menschen wie unsere durch über 30 Jahre Krieg und Nachkrieg geprägten Vorfahren in 1945.
Ein junger Afrikaner, der nach der Arbeitslosigkeit seines Vaters (bedingt durch EU-Trawler, die die Küste von Ghana immer wieder komplett leer fischen) nach Freiburg geflohen ist, träumt von nichts mehr als von seinem wunderschön am Meeresstrand gelegenen Heimatdorf und einer Existenz als Fischer. Er will nicht – wie Joachim Gauck predigt – im kalten Europa leben, sondern – wie Joachim Gauck nicht predigt – dem Kolonialismus 2.0 der Industriestaaten und Schwellenländer, der das reiche Afrika zunehmend auslaugt und zerstört, entrinnen und in seinem Fischerdorf leben und arbeiten.
70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat Bundespräsident Joachim Gauck die Deutschen aufgefordert, aus der bitteren Erfahrung mit Flucht und Vertreibung von damals heraus GROSSHERZIGER gegenüber heutigen Flüchtlingen zu sein. „Ich wünschte, die Erinnerung an die geflüchteten und vertriebenen Menschen von damals könnte unser Verständnis für geflüchtete und vertriebene Menschen von heute vertiefen“, sagte Gauck am Samstag bei der zentralen Gedenkfeier im Historischen Museum in Berlin. Wäre es nicht noch GROSSHERZIGER, den von Joachim Gauck als Bundespräsident mit verantworteten Kolonialismus 2.0 (Afrika als Lieferant seiner Bodenschätze, als Deponie unseres Industriemülls und als Zwangsimporteur unserer Agrarüberschüsse) endlich zu begegnen. Aber dazu bedarf es mehr als Sonntagsreden – oder könnten Sonntagspredigten a la Gauck nicht doch einen ersten mutigen Anfang bilden?
20.6.2015
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Fluchtgründe lösen, Flüchtlingselend vermeiden
Gauck verweist darauf, das Heimatvertriebene lebenslange Wunden tragen. Gerade deshalb sollte sich deutsche Politik darauf konzentrieren, dass Menschen nicht aus ihrer Heimat vertrieben werden. Jeder Mensch hat in erster Linie Anrecht auf eine intakte Heimat. Das Recht auf Flucht heißt nur, Vertreibung zu legalisieren. Korrupte, kleptokratische Regime in Afrika müssen angeprangert und eine bessere Entwicklungshilfe geleistet werden. Der Krieg in Syrien läuft nur durch jahrelange aktive Unterstützung der USA für die islamistischen Rebellen, im Jemen kämpft Saudi-Arabien mit deutschen Waffen usw. Ohne Flucht kein Flüchtlingselend, und keine wohlfeilen Sonntagsreden.
20.6.2015, Horst

Die Flüchtlinge können sich selbst vor dem Tod im Mittelmeer schützen, indem sie keine tausende von Euro an irgendwelche Schleuser zahlen. Und wer die deutschen Flüchtlinge des zweiten Weltkrieges mit den Flüchtlingen von heute gleichsetzt, hat drei wichtige Unterschiede nicht begriffen:
1. Das waren Deutsche, die nach (Rest-)Deutschland gingen. Bei keinem davon mussten wir befürchten, dass er eine Parallelgesellschaft gründet oder Salafist wird oder zum Krieg spielen ins Ausland zieht. Diese Leute mussten nie integriert werden.
2. Als diese Leute flüchteten, lag Deutschland in Ruinen. Die sind nicht aus einem armen Land in ein reiches geflohen, weil sie keine Lust hatten ihr eigenes Land aufzubauen. Sondern hatten maßgeblichen Anteil daran, Deutschland wieder aufzubauen.
3. Diese Leute sind tatsächlich alle vor Krieg und Verfolgung geflohen und zwar in das nächste sichere Land. Auch das sieht man bei den Mittelmeer-Flüchtlingen nicht. Afrika ist voll von sicheren, stabilen und wirtschaftliche aufstrebenden Ländern. Aber das reicht den meisten ja nicht. Die wollen nicht in Ghana oder Namibia schlecht leben, sondern in Europa gut leben. Wenn die Deutschen nach dem zweiten Weltkrieg so gehandelt hätten, dann hätten sie nicht Deutschland wieder aufgebaut, sondern sich von den Schweden oder Schweizern aushalten lassen.
Ansonsten bin ich weiter dafür, das demokratisch zu regeln. Lassen wir jede Stadt, jede Gemeinde abstimmen ob sie jemanden aufnehmen will, und wenn ja wie viele Leute. Jede Privatperson darf sich ebenfalls anbieten, besonders die mit Geld und Medienpräsenz, die uns ein schlechtes Gewissen machen wollen.
20.6.2015, Crusader

Deplazierter Moralfinger des Bundespräsidenten
Man kann Gauck in vielem zustimmen, nur nicht in seiner Mahner-Attitüde, die Deutschen sollten „großherziger“ zu Flüchtlingen sein. Das All-Inclusive für schon in diesem Jahr 200.000 Flüchtlinge, darunter – leider – viele Asylbetrüger und nach eigenem Gutdünken Einreisende, kostet die Deutschen bei 20.000 Euro/Person im Jahr viel Geld. Es gibt allerorten großes privates Engagement für Flüchtlinge, das sich weißgott von Gauck nicht vorhalten lassen muß, großherziger zu sein. Man hat den Eindruck, daß die Politik, die vor einem überwiegend durch sie selber angezettelten Problem kapituliert, die Verantwortung dafür auf den einzelnen Bürger abwälzen will, an dessen mangelnder Großherzigkeit es liege, wenn die Dinge sich immer weiter zuspitzten. Schönrednerei und wohlfeile Feiertagsreden von Gauck oder linkem Zeitgeist helfen da nicht weiter. Die Wahrheit ist: Irgendwann sind auch die dt. Ressourcen so erschöpft, wie sie es in der übrigen EU-‚Wertegemeinschaft‘ schon jetzt zu sein scheinen.
20.6.2015, Gernot Radtke

Manipulation der Historie
Die Vertreibung der Deutschen nach WWII mit der gegenwärtigen Süd-Nord-Migration gleich zu setzen ist wirklich Manipulation des höchsten Grades und verkennt komplett Ursachen der beiden Situation. Nur ein einziger Punkt reicht das zu illustrieren: die Anzahl der Deutschen die sich nach WWII vertreiben ließ war endlich, die Anzahl der Menschen die nach Europa von Afrika/Mittlerer Osten kommen können ist nahezu unendlich und übersteigt bei weitem die Aufnahmefähigkeit Deutschlands und Europas. Abgesehen davon gehörten die damals Vertriebenen zu dem gleichen Kulturkreis wie die Aufnehmenden, bei den heutigen „Flüchtenden=Wirtschaftsmigranten“ kommen Menschen aus Kulturkreisen, die nur entfernt kompatibel mit den Bräuchen, Sitten, Rechten und Pflichten in Deutschland sind.
29.6.2015, Hans Page

Zynischer Vergleich
Erst den Vertriebenen bescheinigen, ihr Leid sei ignoriert worden, und ihnen dann vors Schienbein treten. Die Vertriebenen hatten einen moralischen Anspruch, aufgenommen zu werden. Sie wurden vertrieben, weil alle Deutschen gemeinsam den Krieg verloren haben, auch die Westdeutschen.
Diese in eine Reihe mit den Wirtschaftsflüchtlingen aus Afrika zu stellen, ist zynisch.
20.6.2015, Max Ultor

Der eigenen Bevölkerung ständig Fremdenfeindlichkeit unterstellen?
Und wenn Ihnen die Queen nicht gefällt: „Cameron fordert Engländer auf, Flüchtlinge zu integrieren“
oder „Napolitano fordert Italiener auf, Flüchtlinge zu integrieren“ oder „Duda fordert Polen auf, Flüchtlinge zu integrieren“ würde auch keinen wesentlichen Unterschied machen. Diese Vergleiche veranschaulichen, was deutsche Eliten (ob medial oder politisch) von der eigenen Bevölkerung halten, und wie das Verhältnis in anderen Ländern aussieht.
Das ist schon ein ziemlicher Tritt vors Schienbein, wenn die Obrigkeit der Bevölkerung indirekt ständig Empathielosigkeit bis Fremdenfeindlichkeit unterstellt und meint, herumerziehen und maßregeln zu dürfen. Man könnte ja auch mal die bisherigen Anstrengungen der Bevölkerung zur Aufnahme und Versorgung nicht weniger Asylbewerber und Flüchtlinge loben, wie Obama es vermutlich getan hätte. So kann man nämlich auch eine Bürgergesellschaft motivieren und an die Leistungsbereitschaft appellieren. Zumal ja absehbar ist, daß es den Moralisten nie, nie, nie „genug“ sein wird. Es wird immer, bis in alle Ewigkeit „viel zu wenig“ sein, was unser Land leistet. Selbst wenn die Opferbereitschaft bis zur Selbstaufgabe ginge – stets würde es heißen, wir können „noch mehr“ geben und leisten. Außerdem könnte ja mal näher ausgeführt werden, was das denn konkret bedeuten soll, „integrieren“, also für die Lebenspraxis im Alltag. Nett und offen sind die Menschen hierzulande wohl genau so wie in GB, Frankreich oder den USA.
20.6.2015, E. Wieder

 

Vergleiche mit Vertreibungsunrecht nach 1945 sind verletzend
Der Präsident des Bundes der Vertriebenen, Bernd Fabritius, sagte laut Deutschen Presse-Agentur, deutsche Heimatvertriebene fühlten tatsächlich besonders stark mit den Opfern heutiger Kriegsgeschehen. Er betonte aber, Vergleiche, «die Zuwanderung von heute mit dem ethnisch bedingten Vertreibungsdruck der Nachkriegszeit gleichsetzen, sind verletzend, weil sie das Vertreibungsunrecht relativieren». Deshalb stimme er seinem Parteikollegen Seehofer zu, der im Münchner Merkur sagte: „Ich weiß aus vielen Gesprächen mit Heimatvertriebenen, dass sie solche Vergleiche nicht gerne hören.“ Die Fluchtursachen seien jetzt andere. „Jetzt geht es auch um massenhaften Asylmissbrauch.“
26.6.2015

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