Ethnischer Volksbegriff

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), in den Medien auch als Geheimdienst bezeichnet, hat den ethnischen bzw. ethnisch-kulturellen Volksbegriff zum zentralen Argument bei der Auseinandersetzung mit der AfD als politischer Partei gemacht. Dieser Begriff ist unklar definiert und kann zu Mißverständnissen führen.
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Eine prägnante Beschreibung liefert der Staatsrechtler Prof Dietrich Murswiek in Anlage (1) unten sowie hier. Zahlreiche Verfassungsrechtler orientieren sich an Murswiek, der – wie auch die AfD – von zwei Begrifflichkeiten ausgeht: Vom deutschen Staatsvolk und vom ethnischen Volksbegriff.
Das BfV hat am 2.5.2025 die AfD als gesichert rechtextrem hochgestuft und diese am 8.5.2925 wieder zurückgenommen.

Das BfV als weisungsgebundene Behörde des Bundesinnenministeriums (vormals Nancy Faeser (SPD), nun Alexander Dobrindt (CSU)), ist vom Beobachten der AfD zum Bewerten übergegangen und vom Schützen zum Sanktionieren. Dies sowie das Statement „Nicht allein der Verfassungsschutz ist dafür zuständig, die Umfragewerte der AfD zu senken“ des BfV-Chefs Thomas Haldenwang (CDU) vom 20.6.2023 wird von Verfassungsexperten (2) vehement kritisiert. Denn es ist nicht Aufgabe einer von der jeweiligen Regierung abhängigen staatlichen Behörde, die Umfragewerte der Opposition zu beeinflussen. Auch aus diesem Grund fordert der ehemalige Minister Mathias Brodkorb (SPD) in seinem Buch „Gesinnungspolizei im Rechtsstaat? Der Verfassungsschutz als Erfüllungsgehilfe der Politik“ die Auflösung des BfV als Behörde in seiner jetzigen Form.

Fazit: Es geht überhaupt nicht um die AfD als einzelne Partei, sondern um den Erhalt der Opposition als Institut, ohne die unsere Demokratie als die beste Staatsform der Welt nicht funktionieren kann.
9.5.2025
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Beginn von Anlagen (1) – (3)
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(1) Dietrich Murswiek: Zum ethnisch-kulturellen Volksbegriff
„Das zentrale Argument, auf welches das BfV seine Bewertung der AfD als gesichert rechtsextremistisch stützt, ist der ethnisch-kulturelle Volksbegriff oder – wie es jetzt in der Pressemitteilung des BfV heißt – das „ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis“. Dieses ziele darauf ab, „bestimmte Bevölkerungsgruppen (…) einer nicht verfassungskonformen Ungleichbehandlung auszusetzen und ihnen damit einen rechtlich abgewerteten Status zuzuweisen“.

Richtig ist, daß die AfD davon ausgeht, daß es ein deutsches Volk im ethnisch-kulturellen Sinne gibt. Das ist aber nicht verfassungsfeindlich. Sondern es ist eine Tatsache. Auch das Grundgesetz geht hiervon aus, wenn es in Artikel 116 von deutschen „Volkszugehörigen“ im Unterschied zu Staatsangehörigen spricht.

Falsch ist hingegen, daß dieses Volksverständnis der AfD impliziere, daß diese Partei Staatsangehörige mit Migrationshintergrund in menschenwürdewidriger Weise benachteiligen und ihnen einen „rechtlich abgewerteten Status zuweisen“ wolle. Das ist eine meiner Kenntnis nach nicht bewiesene Unterstellung. Im Gegenteil hat die AfD sich ausdrücklich dazu bekannt, daß alle Staatsangehörigen die gleichen Rechte haben, unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit.“
… Alles vom 9.5.2025 von Dietrich Murswiek bitte lesen in der JF 20/25, Seite 1 oder hier
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Prof. Dr. Dietrich Murswiek leitete bis zu seiner Emeritierung 2016 das Institut für Öffentliches Recht der Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg.

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(2) Verfassungsschutz-Argumentation auf Basis des ethnischen Volksbegriffs ist „völliger Unsinn“ – Interview mit Rupert Scholz
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.Apollo News: Im Zentrum kritisiert der Verfassungsschutz einen „ethnisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff“ bei der AfD. Wie sehen Sie das?
Rupert Scholz: Der Nationenbegriff, der im Grunde ja vorverfassungsrechtlich ist, stützt sich auf zwei Dimensionen: zum einen auf den ethnischen Nationenbegriff, bei dem es um Abstammung geht, und zum anderen auf den Bereich der Kulturnation, bei dem es um Einbürgerungen geht. Der ethnische Nationsbegriff ist insofern selbstverständlich mit der Verfassung vereinbar. Problematisch wird es lediglich, wenn dieser ethnische Nationsbegriff als allein gültig dargestellt wird. Doch auch eine solche Auffassung ist nicht per se verfassungswidrig. Bei der AfD lässt sich meines Erachtens auch nicht erkennen, dass insgesamt in diese Richtung gedacht oder argumentiert wird. In ihrem Programm steht ausdrücklich, dass sie jeden, der die deutsche Staatsangehörigkeit hat, gleich behandelt – egal, ob ethnisch oder qua Einbürgerung.
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Apollo News: Wie ist dann die Einstufung „gesichert rechtsextremistisch“ anhand dieses Nationenbegriffs zu rechtfertigen?
Rupert Scholz: Eine solche Einschätzung ist dann völliger Unsinn.

Apollo News: Inwieweit kann die Unterscheidung zwischen „Deutschen“ und „Passdeutschen“ als Angriff auf die Menschenwürde gewertet werden?
Rupert Scholz: Es gibt nun mal eben Deutsche, die als solche geboren wurden, und Deutsche, die im Laufe ihres Lebens eingebürgert werden. Rechtlich sind beide absolut gleichgestellt. Ich sehe nicht, dass die AfD die Gleichheit vor dem Gesetz hier grundsätzlich in Frage stellen würde.

Apollo News: Wie schätzen Sie das Gutachten nach dem aktuellen Kenntnisstand in der Gesamtbetrachtung ein?
Rupert Scholz: Die Einstufung ist letztlich nicht schlüssig. Die Interpretation, die der Verfassungsschutz in die Zitate hineinlegt, ist oft nicht in Ordnung. Die AfD als Ganzes ist durch dieses Gutachten meines Erachtens nicht angreifbar und lässt sich auf dieser Grundlage auch nicht verbieten.
… Alles vom 9.5.2025 mit Rupert Scholz bitte lesen auf
https://apollo-news.net/kernargumentation-auf-basis-des-ethnischen-volksbegriffs-ist-voelliger-unsinn-interview-mit-rupert-scholz/
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(3) Verfassungsschutz enttarnt sich selbst
Ex-SPD-Minister warnt vor juristischem Staats-Selbstmord
Was tun mit einem Geheimdienst, der nicht mehr beobachtet, sondern bewertet? Der Meinungen nicht schützt, sondern sanktioniert? Und der die Verfassung nicht mehr verteidigt – sondern sich selbst über sie erhebt?

Die „Bild“-Zeitung veröffentlichte jetzt Auszüge aus dem geleakten über 1000-seitigen „Geheimgutachten“, mit dem der Verfassungsschutz die AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ einstuft. Die Begründungen lesen sich wie ein Protokoll der Selbstentlarvung: Denn was dort als Beleg für angeblichen Extremismus angeführt wird, ist in Wahrheit Ausdruck politischer Meinung – zugespitzt, polemisch, aber gedeckt von Artikel 5 Grundgesetz.

Drei Beispiele, exemplarisch für den Ton des Gutachtens:
„Die ohnehin in den vergangenen Jahren explodierten Einbürgerungen werden so künftig noch weiter ausufern […]. Man schafft sich in der Folge ein neues Volk, das auf dem Papier zwar deutsch ist […], mit dem alten jedoch nicht mehr allzu viel zu tun hat.“ (AfD Schleswig-Holstein, Facebook-Post vom 8. August 2024)
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„Als Mitglied des Deutschen Bundestages bin ich der Vertreter des ganzen Volkes. Gemeint ist damit des ganzen Deutschen Volkes. […] Reine Passdeutsche formal auch – leider.“ (Ex-MdB Thomas Seitz, Facebook 2021)
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„Drei Viertel der Festgenommenen bei schweren Verbrechen […] hatten einen deutschen Pass mit Migrationshintergrund. Die einfache Lösung: Eine solche Erfassung wird einfach nicht mehr durchgeführt.“ (AfD-MdB Christina Baum, Facebook 2022)

Man muss diese Sätze (die ungekürzten Fassungen finden Sie unten) nicht teilen. Man kann sie überzogen, pauschalisierend oder schlicht falsch finden – gerade in einer Demokratie. Aber sie bewegen sich eindeutig im Rahmen des demokratischen Diskurses. Sie kritisieren gesellschaftliche Entwicklungen, staatliches Verhalten und kulturelle Brüche – also exakt das, was Opposition tun soll. Und wofür sie auch zuspitzen darf. Und polemisch sein. Genau das wollten die Väter unseres Grundgesetzes schützen – nicht das Recht, der Regierung nach dem Mund zu reden.
Wenn eine Sicherheitsbehörde damit beginnt, nicht mehr zwischen abweichender und – was eben zulässig ist – radikaler Meinung und extremistischem Verhalten zu unterscheiden, wird sie selbst zum demokratischen Risiko.

PS: Die vollständigen Zitate – zur Einordnung und Transparenz

… Alles vom 10.5.2025 bitte lesen auf
https://reitschuster.de/post/verfassungsschutz-enttarnt-sich-selbst/

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