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Sonnenuntergang am 21.12.2024 am Mittelmeer bei Hyeres/Toulon

 

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  • Zum Buch von Rutger Bregman: „Im Grunde gut“ (20.1.2023)

 

Zum Buch von Rutger Bregman: „Im Grunde gut“
Leben wir auf Planet A, auf dem die Menschen einander hilfsbereit begegnen? Oder auf Planet B mit isoliert nur an sich selbst denkenden Bewohnern? Laut Umfragen auf Planet B. Bregman hingegen meint, wir leben auf Planet A. Warum aber werden diese guten Menschen mitunter doch böse? Erziehung (Hans-Joachim Maaz), soziale Ungerechtigkeit und das anonyme Töten im modernen Krieg (Drohnen) machen den Menschen böse.

Der Mensch als soziales Wesen lebt besser, gesünder und glücklicher, wenn er freundlich, hilfsbereit, verständnisvoll und mitfühlend ist. Weil in der Regel dieses soziale Verhalten dann auch von seinen Mitmenschen auf ihn selbst übertragen (gespiegelt) wird . Diese Art und Weise zu leben, gelingt am ehesten, wenn jedem Gruppenmitglied die zum Leben unbedingt notwendigen Ressourcen, wie z.B. Nahrung, Wohnung, Kleidung, zumindest ausreichend zur Verfügung stehen. Ist dies nicht der Fall, gelingt es erfahrungsgemäß seltener.

Die Geschichte der Kinder auf „Ata“, bestätigt diese These: Sie hatten genügend Platz, konnten sich also bei Bedarf auch mal aus dem Weg gehen. Es gab für alle genügend Nahrung (Gemüsegarten, Fische aus dem Meer, Wasser aus den ausgehöhlten Baumstämmen) . Ein ganz wichtiger Punkt: Man hatte die gleichen Probleme, die gleichen Ziele (überleben), man wußte, daß man aufeinander angewiesen war. Es war also eine ganz homogene Gruppe.

Was ist es also, das den Menschen böse macht, oder böse machen kann? Bregman bleibt die Antwort darauf in seinem Buch leider schuldig. Zumindest wird sie nicht deutlich genug herausgearbeitet. Er bringt zwar sehr schöne, ermutigende Beispiele (Südafrika und Nelson Mandela, die gezähmten Kämpfer aus dem südamerikanischen Regenwald). Solche positiven Beispiele gibt es in der Menschheitsgeschichte jedoch ziemlich häufig. Weshalb dann trotzdem immer und immer wieder Krieg und Zerstörung ? Was ist es also, das den Menschen trotz besserem Wissen immer noch böse macht? Wenn wir den Krieg als das absolut Böse betrachten, dann muß es – seinen genannten Beispielen zu urteilen – die heutige Anonymität des Tötens sein. Solche von ihm geschilderten Szenen wie die aus dem 1. Weltkrieg (Feinde feiern zusammen Weihnachten) sind heute nur noch schwer vorstellbar. Wir töten inzwischen vorwiegend ohne Feindkontakt aus weiter Entfernung mittels Knopfdruck. Drohnen, welche im Irak auch tausende Zivilisten, d.h. auch Frauen und Kinder töteten, wurden in Ramstein (US-Militärstützpunkt mit Lagerung von Atomwaffen) in der Pfalz gestartet und gesteuert. Waren wir deshalb schockiert? Hatten wir schlaflose Nächte? Doch eher nicht. Das Töten und Sterben gelang uns (von deutschem Boden aus!)eben völlig geräuschlos und unbemerkt.

Als Madeleine Albright gefragt wurde, ob ihr die 500.000 Irakischen Kinder, die durch die Sanktions- und Blockadepolitik der USA gestorben sind, kein schlechtes Gewissen machen, sagte sie ohne zu zögern: NEIN.

Was uns einerseits liebenswürdig und hilfsbereit werden läßt, nämlich unser großes Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit, läßt uns andererseits auch zur Bestie werden, sobald wir einer manipulierenden Propaganda ausgesetzt sind, die von den meisten unserer Mitmenschen geduldet, bejaht und nachgebetet wird. Wir wollen keine andersdenkenden Außenseiter sein, wir wollen dazugehören. Der Analytiker Hans-Joachim Maaz beschreibt in seinem Buch „Das gespaltene Land“ das Mitläufersyndrom recht einleuchtend. Er meint, „das Mitläufersyndrom kann sehr unterschiedliche Inhalte und Gesichter haben. Aber das normopatische System selbst- kollektiver Anpassungsdruck und Ausgrenzung bis zur Verfolgung von Mitmachverweigerern und Kritikern- ist immer dasselbe. Seit 2015 ist eine Mitläuferhoffnung entstanden, die sich nährt von der Hoffnung , sich mit einer humanitären Illusion beruhigen zu können.“

Nur wenige Wochen des Ukrainekrieges haben Jahrzehnte der deutschen Entspannungspolitik durch Willy Brandt weggebombt. Die von uns gelieferten Panzer und Bomben töten selbstverständlich „nur“ die bösen brutalen Russen, während von den Russen die lieben, guten, armen, heroisch kämpfenden und bedauernswerten Ukrainer getötet werden.

George Orwell (sein Roman: „1984“, müsste Pflichtlektüre an allen Schulen werden!), hat einmal sinngemäß geschrieben: Kriegspropaganda sei so dumm, daß man als denkender Mensch gar nicht umhinkönne, mit dem Feind zu sympathisieren.

Weshalb wurde im Buch von Bregman die Entspannungspolitik von Willy Brandt nirgendwo erwähnt? ( Während der Holocaust von ihm so überdeutlich oft und mehrmals ohne Zusammenhang mit dem übrigen Text genannt wurde). Dieses Aufeinander-Zugehen der Entspannungspolitik wäre doch ein wunderbares Beispiel gewesen. Sie hat uns die friedliche (!) Wiedervereinigung ermöglicht. Eine weltweit einmalige Erfolgsgeschichte.

Und nun? Schon wieder Kriegspropaganda und Hassgeschrei. Anna-Lena Baerbock: „Wir müssen Rußland ruinieren.“ Na, sowas, das haben doch schon mehrfach andere versucht und gewollt. Hat diese Frau im Geschichtsunterricht gefehlt? Die Maßlosigkeit, die verlogene Selbstgerechtigkeit und der blindwütige Haß gegen Rußland, die sich in der westlichen Propaganda austoben, schreien jedenfalls nach Hinterfragung- und dies nicht erst wegen ihrer Gefährlichkeit, sondern bereits wegen ihrer Dummheit.

„Der Mensch ist weder Engel noch Bestie, und sein Unglück ist, daß er um so bestialischer wird, Je mehr er ein Engel sein will.“ Blaise Pascal. 1623- 1662.

„Im Grunde gut“ – der Titel des Buches läßt hoffen. Man hätte sich aber vom Autor eine differenziertere Analyse erhofft.

20.1.2023, Anita Kaier