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- Helmut Roewer: Nicht mein Krieg. Deutschland und der Ukrainekonflikt (21.11.2024)
- Helmut Roewer: Nicht mein Krieg (20.9.2024)
- Prof. Mearsheimer über die dunkle Zukunft der Ukraine (2.8.2023)
- Ein jüdischer Held – Ukraine-Präsident Selenski (6.5.2022)
Helmut Roewer: Nicht mein Krieg
Rezension von Max Ludwig
Der Globkult-Autor Helmut Roewer hat dieser Tage eine originelle Kombination aus essayistischer Analyse und Tagebuch vorgelegt – zum seit nunmehr bereits über 900 Tage währenden Ukraine-Krieg. Das Buch besteht aus einem längeren Aufsatz zu den historischen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Ursachen des Krieges, seiner unmittelbaren Vorgeschichte, seinem Verlauf und seinen Konsequenzen auf knapp siebzig Seiten. Dann folgen 250 Seiten des öffentlichen, im Netz geführten Tagebuchs des Autors, der sich manchmal täglich, dann wieder sporadisch zu den Ereignissen im Osten Europas äußert.
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Um es gleich vorwegzunehmen: Roewer ist das, was meine Kinder einen ›Checker‹ nennen. Er durchschaut die Machtkonstellationen hinter den Propagandafassaden, die mit viel Mühe ständig gepflegt und umdirigiert werden müssen, wenn sich die bisherigen Botschaften nicht mehr verkaufen lassen, weil sie für jeden sichtbar von der Realität widerlegt werden. Roewer ist überzeugt davon, dass die Regierung in enger Abstimmung mit dem Capitol Hill, der Machtzentrale der US-Plutokraten (die Roewer Oligarchen nennt) ihr Land zerstört. Dabei spiele auch der offene Ukraine-Krieg eine Rolle.
Sprachlich teils polemisch, teils nonchalant, argumentiert der Autor in der Sache äußerst umsichtig und systematisch; der im strukturierten Denken geschulte staatstragende Jurist schimmert durch. Zunächst geht er auf die historisch-kulturellen Ursachen des Krieges ein, indem er die geopolitischen Zusammenhänge seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion schildert. Die Vereinigten Staaten wurden, so Roewer, damals zum Welthegemon und begannen damit, über von ihnen finanziell kontrollierte Oligarchen – dem Modell der Nachkriegszeit am Persischen Golf folgend – die Gewinne aus der Ausbeutung der riesigen Bodenschätze Russlands abzuschöpfen. Deswegen habe der nach dem Ende des kalten Krieges pausierte Konflikt mit Russland nach gut zehn Jahren neue Fahrt aufgenommen, nachdem Putin diese aus russischer Sicht unerträgliche ökonomische Blutung ab 1999 gestoppt hatte. Roewer weist darauf hin, dass die USA bereits 2002 mit Wirtschaftssanktionen gegen Russland reagierten, eine Tatsache, die oft vergessen wird.
Gleichzeitig sei das Land durch den Bruch der der russischen Führung bei den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen zum Status Deutschlands gegenüber gemachten Versprechungen, auf eine NATO-Erweiterung zu verzichten, militärisch wie durch ein Hufeisen umzingelt worden, ein Prozess, der nun mit dem NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens seine Vollendung gefunden habe.
Sodann blickt Roewer auf den eigentlichen Kriegsschauplatz, Ukraine. Dort führten die USA mit dem Ziel, die Ukraine langfristig in ihre Imperialsphäre einzugliedern, mit Hilfe von CIA, den NGOs des State Departments und einschlägigen Partnerinstitutionen des Vereinigten Königreichs zwei Farbrevolutionen durch: 2004 die orangene Revolution, die es den US-Plutokraten ermöglichte, die wesentlichen landwirtschaftlich nutzbaren Böden und Bodenschätze unter ihre Kontrolle zu bringen, 2014 die Farbrevolution zur Ablösung des pro-russischen Präsidenten Janukowytsch, der durch den westlich orientierten Poroschenko ersetzt wurde. Poroschenko kündigte den Pachtvertrag über den Schwarzmeerhafen Sewastopol, was den Russen den Zugang zum Meer versperrte. Daraufhin annektierte Russland – im Einverständnis mit der dortigen Bevölkerung, wie Roewer hervorhebt – die Krim. Die ukrainischen Truppen fielen von der Ukraine ab und schlossen sich Russland an; da Russland für diese Annexion kaum Truppen benötigte, war dies ein echter Abfall. Dies ist ein historisch oft zu beobachtendes Muster, das modernen Betrachtern der Nachkriegsordnung allerdings fremd geworden ist.
Sodann erläutert Roewer die Ereignisse im Donbass: die Unterdrückung der dortigen russischsprachigen Bevölkerung und deren Abspaltungsbewegung. Man muss sich klar machen, dass dort seit 2014 die Waffen sprechen und viele tausende Zivilisten getötet worden sind. Wie Roewer zeigt, waren die Minsk-I- und -II-Verträge, deren Garantiemächte Deutschland und Frankreich waren, lediglich Vorwände, um den USA Zeit zu geben, die Ukraine gegen Russland aufzurüsten, was Merkel im Herbst 2022 offen zum Ausdruck brachte. Der Autor zeigt auf, wie der Westen Russland immer weiter provozierte und auf immer intensivere Verhandlungsangebote nicht einging, bis Russland im Februar 2002 schließlich angriff: Ein klassischer Fall der Fortsetzung von Politik mit kriegerischen Mitteln (Clausewitz), der es dem Westen ermöglichte, eine intensive Propagandakampagne zu beginnen, um Russland die alleinige Schuld am Krieg zuzuweisen.
Es folgt bei Roewer eine Chronik der Kriegsereignisse inklusive einer Bewertung des Butscha-Massakers und der britischen Zerschlagung der von der Türkei vermittelten Friedensverhandlungen im Frühjahr 2022, deren Erfolg wohl eine Millionen Soldaten vor Tod oder Verstümmelung bewahrt sowie Millionen Menschen das Flüchtlingsdasein und der Ukraine eine Zerstörung ihrer Infrastruktur und den Verlust bedeutender Territorien erspart hätte. Zu den Stärken des Aufsatzes zählt die Beschreibung der bedeutenden Sabotagehandlungen des Westens, unter denen die von den USA angekündigte, geplante und durchgeführte Sprengung der Nordstream-Pipeline besonders hervorsticht.
… Alles vom 20.9.2024 von Max Ludwig bitte lesen auf
https://www.globkult.de/geschichte/rezensionen/2397-helmut-roewer-nicht-mein-krieg,-dresden-edition-buchhaus-loschwitz-2024,-344-seiten-max-ludwig
Helmut Roewer: Nicht mein Krieg
Dresden (edition buchhaus loschwitz) 2024, 344 Seiten ‚
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Ein jüdischer Held – Ukraine-Präsident Selenski
Von Ruth R. Wisse.
Ukrainer und Juden waren in der Geschichte meist wie Löwe und Lamm. Umso erstaunlicher, dass nun ein Jude den ukrainischen Freiheitskampf anführt.
Dieser Versuch, die Bedrohung der Ukraine mit dem versuchten Völkermord am jüdischen Volk zu parallelisieren, ist einer der wenigen politischen Fehltritte, die Selenski gemacht hat. Sein Fehler schmälert zwar in keiner Weise sein Recht, zur Unterstützung aller freiheitsliebenden Menschen aufzurufen – oder unsere Pflicht, sie zu leisten –, aber Israel ist nicht die Ukraine, und die Ukraine ist nicht Israel.
Russland und Israel an Syriens Himmel
Der jüdische Staat wird nach wie vor von einer größeren, anderen und vielfältigeren Gruppe von Feinden angegriffen als die Ukraine oder irgendein anderes Land. Israel hat eine schwierige Beziehung zu Russland, mit dem es ständig in stillem Kontakt bleiben musste, um zu verhindern, dass ein größerer Konflikt zwischen den beiden Ländern am Himmel über Syrien ausbricht. Wenn die jüdischen Verbindungen sowohl zur Ukraine als auch zu Russland die israelische Führung ermutigt haben, Israels Hilfe bei der Vermittlung anzubieten, so erinnern sie uns auch an die prekäre Rolle der Juden unter den Nationen – und daran, wie leicht die Nachbarn von gestern zu willigen Henkern werden können, wenn es ihnen in den Kram passt.
Als Selenski in seiner Rede vor der Knesset an das jüdische Gewissen appellierte, war es seine moralische Pflicht, sein Land zu retten. Punkt. Er wollte so viel wie möglich von Israel bekommen und nutzte alle verfügbaren Argumente, um den jüdischen Staat davon zu überzeugen, seinem Land zu Hilfe zu kommen. Das ergibt Sinn. Eine Regierung ist in erster Linie ihren eigenen Bürgern gegenüber verantwortlich. Der jüdische Präsident, der um sein Leben und das seiner Landsleute kämpft, setzt sich vielleicht für die universelle Sache der Freiheit ein, aber in diesem Moment tut er das nur, um die Ukraine zu schützen.
Das Gleiche gilt für Israel. Selenski kann jeden beliebigen Appell aussprechen und jede moralische Überzeugung nutzen, um sein Ziel zu erreichen, aber auch Israel ist in Gefahr – immer in Gefahr – und seine Bürger sind nicht nur Juden mit einer besonderen Verbindung zum jüdischen Präsidenten der Ukraine. Sie sind souveräne Israelis. Und so wie Selenski ein Bürgerpräsident mit Verantwortung gegenüber seinen Mitbürgern ist, so sind auch souveräne Israelis gegenüber ihren Mitbürgern verantwortlich, wenn es um ihre Sicherheit geht. Israel ist seit dem Tag seiner Gründung die kämpfende Frontlinie der Demokratie gewesen. Die Bürger Israels können, sollten und werden auch weiterhin Selenskis edlen Kampf unterstützen, wobei sie besonders stolz auf ihre jüdische Gemeinschaft mit ihm sind, ohne sich selbst und ihr hart erkämpftes Heimatland zu gefährden.
… Alles vom 6.5.2022 bitte lesen auf
https://www.achgut.com/artikel/ein_juedischer_held
Der Artikel erschien zuerst in Commentary:
https://www.commentary.org/articles/ruth-wisse/zelensky-jewish-hero/
Ruth R. Wisse (geb. 1936) ist eine ukrainisch-kanadische Wissenschaftlerin und emeritierte Martin-Peretz-Professorin für jiddische Literatur und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Harvard University.
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Einige Kommentare:
Eine ukrainisch-kanadische Wissenschaftlerin ist mit Sicherheit befangen. WEIẞ die Heiligsprechende nicht, dass sie von einer Ukraine spricht, die ein Naziregiment ihrem Innenministerium unterstellt hat, die Russen in der Ostukraine unterdrückt, die oppositionelle Parteien verbietet, die vorhatte, sich die Krim militärisch wieder zurückzuholen und an der Grenze zu Russland Atomwaffen installieren wollte? Ob Selenskiy Jude ist oder nicht, er erfüllt die Aufgabe, sein Land zum Spielball zweier Großmächte zu machen, und er verdient dabei sehr gut.
6.5.2022, B.D.
Wenn der ukrainische Präsident ein jüdischer Held ist, stellt sich die Frage, ob jeder, der nicht für ein komplettes Energie-Embargo und einen Kriegseintritt Deutschlands gegen Russland eintritt, automatisch ein Nazi ist. Ebenso müsste jeder ein Nazi sein, der auch nur eine Forderung des ukrainisch-jüdischen Helden-Präsidenten (Aufrüstung, Beitritt zu EU, Marshall-Plan zum Wiederaufbau) ablehnt.
6.5.2022, A.B.
Widerspruch: In diesem Krieg wird niemand gewinnen, sondern alle werden alles verlieren, falls die Regierungen der Europäer weiter nur die USA-Interessen verfolgen und ihre Länder dafür opfern wollen. Frau Wagenknecht übernehmen Sie!
6.5.2022, S.U.
Amüsiert hat mich an dieser Heiligsprechung folgender Satz: “Aber seine Wahl zum Präsidenten bedeutet, dass die Ukraine möglicherweise eine Form der Staatsbürgerschaft nach amerikanischem Vorbild entwickelt hat, in der alle Menschen unabhängig von ihrer Religion oder Rasse gleich sind.” Da die russische Mehrheit im Südosten des Landes offensichtlich nicht zu diesen gleichwertigen Staatsbürgern zählt – worauf die Aggression Kiews seit 2014 hindeutet – kann man doch diesen Landesteil getrost wieder Moskau überlassen, dann bleiben die edlen Ukrainer unter sich und können Selenskis segensreiche Herrschaft ungestört genießen.
6.5.2022, L.G.
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