Böckenförde: grosser Freiburger

Ein großer Freiburger ist am 24.2.2019 in Au im Hexental gestorben: Ernst-Wolfgang Böckenförde, 1977-1995 Staatsrecht-Professor an der Universität Freiburg und 1983-1996 Richter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Bekannt ist sein Diktum, dass unser demokratischer Staat von Voraussetzungen lebe, „die er selbst nicht garantieren kann“. Eine Aussage – heute aktueller denn je.
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Das Böckenförde-Diktum lautet:
„Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. … Als freiheitlicher Staat kann er einerseits nur bestehen, wenn sich die Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt, von innen her, aus der moralischen Substanz des einzelnen und der Homogenität der Gesellschaft, reguliert. Anderseits kann er diese inneren Regulierungskräfte nicht … mit den Mitteln des Rechtszwanges und autoritativen Gebots zu garantieren suchen, ohne seine Freiheitlichkeit aufzugeben und – auf säkularisierter Ebene – in jenen Totalitätsanspruch zurückzufallen, aus dem er in den konfessionellen Bürgerkriegen herausgeführt hat.“
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Auf gut Deutsch: Der Versuch, Freiheit zu erzwingen, zerstört diese automatisch, da Freiheit ja Zwanglosigkeit beinhaltet. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung des Staates existiert nur solange, wie sich die Mehrheit seiner Bürger dies aufgrund ihren Weltanschauungen und Wertevorstellungen wünscht. Zwingen kann der Staat seine Bürger dazu weder durch Gesetze noch Verordnungen. Die Gesellschaft muß also eine ein gewisses Maß an Homogenität aufweisen.
Hinter dem Böckenförder-Diktum steht folgende Logik:
Prämisse 1: Der freiheitliche, säkulare Staat soll dauerhaft existent bleiben.
Prämisse 2: Dieser Staat existiert nur dank Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.
Folgerung: Die Voraussetzungen für seinen Fortbestand müssen nichtstaatlich garantiert werden.
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Böckenförde läßt offen, wer diese „nichtstaatlichen Akteure“ nun sein sollen. Die Kirchen? Nein, die Trennung von Kirche und Staat verweist auf Weltlichkeit bzw. Laizismus. Garantie liefern u.a.: Ein hochqualitatives Bildungssystem, eine gut funktionierende Infrastruktur, eine unabhängige Justiz, ein System sozialer Gerechtigkeit, … Garantie zum Erhalt unserer freiheitlich-rechtlichen Grundordnung liefern wir als Bürger, jeder Einzelne. Als Garantiebringer bilden wir die von Böckenförder immer wieder genannte Homogenität. Mehr dazu hier.
8.3.2019
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Böckenförde-Diktum kein Argument gegen die Trennung von Kirche und Staat
Es zeigt sich …, daß der beliebte Verweis auf das Böckenförde-Theorem kein wirkungsvolles Argument gegen die Überwindung der „hinkenden Trennung“ zwischen Staat und religiösen Institutionen in unserem Land ist. Denn erstens sind kirchliche Organisationen bei weitem nicht die einzigen Elemente einer Gesellschaft die die Wertevorstelllungen derer Individuen prägen, sondern nur ein (ziemlich veralteter) Teil unter vielen. Zweitens ist ein freiheitlicher Staat sehr wohl über geeignete Mechanismen in der Lage seinen eigenen Fortbestand zu gewährleisten, indem er sich durch besondere Leistungen an seine Bürger individuell als vorteilhaft erweist und langfristig unabdingbar macht.
https://hpd.de/artikel/boeckenfoerde-fehlschluss-12849

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