Landwasser entstand in 60er-Jahren – Quartier aus der Retorte

Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges begann in Freiburg der zügige Aufbau und die Beseitigung der Schäden an der zerstörten Bausubstanz, die der verheerende Bombenangriff im Jahre 1944 hinterlassen hatte. Für die Schaffung des neuen Stadtteils Landwasser musste ein größeres Waldgebiet geopfert werden. Im Bestand die Einwohnerzahl Ende 1944 nur noch aus 64 000 Menschen, so wuchs sie bis 1960 auf mehr als 141 000 Bewohner. Dies war der Grund, dass die Stadtverwaltung sich mit dem Thema großer neuer Wohngebiete beschäftigte. So entstanden die 60er-Jahre-Stadtteile Landwasser und Weingarten.Von Anfang an war klar, dass die Ausweitung Freiburgs am ehesten in Richtung Westen erfolgen konnte. Unter der Prämisse, dass eine große Zahl von Bäumen gefällt werden musste, beschloss am 28. April 1964 der Freiburger Gemeinderat den Bau einer großen Trabantenstadt im Gewann „Landwassermatten“ am Rande des Mooswaldes. Im Frühjahr 1965 konnte der 1962 erstmals gewählte Oberbürgermeister Eugen Keidel den ersten Spatenstich vollziehen und bereits im Sommer des Folgejahres zogen die ersten Bewohner in den neuen Stadtteil ein. Bereits im Februar 1968 wurde die tausendste Wohnung bezogen. Die Bebauung bestand aus einer Mischung von Hochhäusern und großen Wohnblocks sowie von Bungalows und Einfamilienhäusern am westlichen Rand des Gebiets. Bewohner waren in erster Linie junge Familien, die hier noch einigermaßen preisgünstige Miet- und Kaufpreise vorfanden. Schnell entwickelte sich eine eigene Infrastruktur, sodass bereits am 21. Juli 1967 ein eigener Bürgerverein gegründet wurde. Im Jahr 1969 erfolgte die Weihe der vom Karlsruher Architekten Rainer Disse geplanten Kirche St. Petrus Canisius, mit deren künstlerischer Innengestaltung 1974 Florian Lechner beauftragt wurde. Zur katholischen Gemeinde, Teil der Seelsorgeeinheit Freiburg-Hochdorf-Landwasser, gehören heute rund 2900 Katholiken. 1972 eröffnete das „Haus der Begegnung“. Das benachbarte evangelische Gemeindezentrum mit dem Zachäus-Gottesdienstraum wurde von Architekt Lothar Dorgerloh (Architektengruppe „F 70“) geplant. Die Altarweihe folgte im Jahr 1979.

Der neue Stadtteil Landwasser in den 1960er Jahren - im Hintergrund Mooswald und Betzenhausen Foto Archiv Hans Sigmund

In diesem Stadtteil-Innenbereich findet man auch den kleinen, künstlich angelegten Teich, in dem zwischen Schilf und Büschen die von Hans-Günther van Look in Marmor gestalteten Steinplastiken (gespaltene Welten) und die von dem im Stadtteil wohnenden Künstler Günter Uhl aus einem Eichenstamm geschnitzte Figur eines „Mooswaldwiibli“ angesiedelt sind. Die gleichnamige Narrenzunft wurde im Oktober 1975 gegründet, wobei eine weibliche Zunftvögtin (Claire Genius) erstmals in der Breisgauer Narrenzunft an der Spitze stand.

Ende 1975 erreichte Landwasser mit 9423 Einwohnern die höchste Bevölkerungsdichte, inzwischen ist die Zahl unter 7000 gesunken. Ursprünglich waren drei Stadtteil-Sektionen geplant: Süd, Mitte und Nord. Verwirklicht wurden letztlich nur Nord und Mitte. Die hochgerechneten und später reduzierten Zahlen, bedingt durch den damaligen „Babyboom“ und den späteren „Pillenknick“, machten die Erschließung von Landwasser-Süd nicht mehr notwendig. In Landwasser-Nord schuf man neben weiteren Wohngebäuden (so 1972 die beiden Hochhäuser „Max und Moritz“) einen von gewerblichen und sozialen Einrichtungen bestimmten Bereich, in den als Erstes am 27. März 1981 das evangelische Diakoniekrankenhaus aus Herdern umzog. Ebenfalls 1981 wurde das „Haus Landwasser“, eine Einrichtung zur Rehabilitation psychisch erkrankter Menschen, eröffnet. Auch die Gewerbeakademie der Handwerkskammer fand an der Wirthstraße hier ihr neues Domizil. Im Juni 1985 wurde die Straßenbahnlinie 1 bis nach Landwasser in Betrieb genommen. Mit dem Moosweiher, einem ehemaligen Baggersee vom Bau der nahe gelegenen Autobahn, besitzt Landwasser auch ein schönes Naherholungsgebiet.
Hans Sigmund, Freiburgm 5. Oktober 2011

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https://www.badische-zeitung.de/freiburg/landwasser-ein-quartier-aus-der-retorte–49246227.html

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