Professoren gegen EU-Budget

150 Wirtschaftsprofessoren kritisieren zwei die geplante Haftungs– und Transferunion der EU: Emanuel Macron fordert seit 26.9.2017 einen EU-Finanzminister zur Verwaltung eines EU-Haushalts. Jean-Claude Juncker fordert einen EU-Wirtschaftsfonds (EWF), für den anders als beim Rettungsfonds (ESM) supranationales EU-Recht gelten soll – das nationale Haushaltsrecht von Deutschland als EU-Mitgliedsland wird somit faktisch außer Kaft gesetzt. Merkels „Weiter so“-GroKo hat keinen eigenen Plan, kann also nur reagieren, d.h. wird all den Forderungen von Macron und Juncker zustimmen.
27.5.2018

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150 Wirtschaftsprofesoren kritisieren Haftungs- und Tranferunion

Eurokrise: In der aktuellen EU-Reformdiskussion melden sich besorgte europäische Professoren zu Wort.
Anläßlich des Reformtreffens der Eurogruppe haben etwa 150 Wirtschaftsprofessoren die Pläne des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker als falschen Schritt einer Vertiefung der Haftungs- und Transferunion abgelehnt. Stattdessen fordern sie eine Rückbesinnung auf die Grundpfeiler der Sozialen Marktwirtschaft für Europa, die EU-Grundfreiheiten des Binnenmarktwettbewerbs, die Subsidiarität und die Eigenverantwortung der Eurostaaten.
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Auch vor diesem Hintergrund ist die Initiative der vier Wirtschaftsprofessoren Thomas Mayer, Dirk Meyer, Gunther Schnabl und Roland Vaubel zu sehen, die sich mit einem Aufruf gegen die Vergemeinschaftung von Risiken und nicht mehr seriös bezifferbaren Umverteilungslasten an ihre Kollegen wenden. Konkret richtet sich der Aufruf gegen fünf Punkte:

(1) Eine Auffanglösung für den Bankensicherungsfonds wird abgelehnt, da er die Anreize für Banken und Aufsichtsbehörden senke, faule Kredite zu bereinigen.

(2) Bei dringlichen Entscheidungen des EWF wäre das Vetorecht aufgehoben, so daß einzelne Gläubigerländer überstimmt werden könnten. Der Deutsche Bundestag würde dann sein Kontrollrecht verlieren.

(3) Eine EU-weite Einlagensicherung von Bankguthaben würde die Kosten der Fehler von Banken und Regierungen vergemeinschaften.

(4) Die geplanten Fonds zur gesamtwirtschaftlichen Stabilisierung und zur Unterstützung struktureller Reformen würden zu weiteren, an keinerlei Bedingungen geknüpften Krediten und Transfers führen. Fehlverhalten würde belohnt.

(5) Ein Europäischer Finanzminister würde als Gesprächspartner der EZB dazu beitragen, daß die Geldpolitik noch stärker politisiert würde.

Die vorgetragenen Gegenvorschläge sind nicht neu, doch bislang ohne offizielles Gehör. So sei die Privilegierung der Staatsanleihen in der Risikovorsorge der Banken abzuschaffen. Das Target-System – so die Wissenschaftler – würde von den Krisenstaaten und deren Banken als Notkreditsystem mißbraucht. Derzeit hat Deutschland Target-Forderungen an das Eurosystem von 924 Milliarden Euro, was den Verbindlichkeiten Portugals, Spaniens und Italiens von zusammen etwa 907 Milliarden Euro entspricht. Diese müßten regelmäßig beglichen werden. Auch sollte die EZB ihre Ankäufe von Staatsanleihen schnell beenden. Schließlich wird für die Eurozone ein geordnetes Insolvenzverfahren für Staaten und ein geordnetes Euro-Austrittsverfahren gefordert.
…. Alles von Dietrich Vogt zu „150 Wirtschaftsprofessoren kritisieren Haftungs- und Tranferunion“ vom 25.5.2018 bitte lesen auf Junge Freiteit, Seite 10
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Professorenaufruf vom Mai 2018 zur drohenden EU-Reform:
https://www.hsu-hh.de/ordnung/aktuell-vorschlaege-zur-eu-reform-professorenaufruf-gegen-eine-vertiefung-der-haftungsunion
Wir – 154 Wirtschaftsprofessoren – warnen davor, die europäische Währungs- und Bankenunion
noch weiter zu einer Haftungsunion auszubauen. Die in der Berliner Koalitionsvereinbarung
erwähnten Vorschläge des französischen Präsidenten Macron und des EU-Kommissionschefs Juncker bergen hohe Risiken für die europäischen Bürger.
…. Das Haftungsprinzip ist ein Grundpfeiler der Sozialen Marktwirtschaft. Die Haftungsunion unterminiert das Wachstum und gefährdet den Wohlstand in ganz Europa. Dies zeigt sich bereits jetzt in einem sinkenden Lohnniveau für immer mehr, meist junge Menschen. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, sich auf die Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft zurückzubesinnen.
Es gilt, Strukturreformen voranzubringen, statt neue Kreditlinien und Anreize für wirtschaftliches Fehlverhalten zu schaffen. Die Privilegierung der Staatsanleihen in der Risikovorsorge der Banken ist abzuschaffen. Die Eurozone braucht ein geordnetes Insolvenzverfahren für Staaten und ein geordnetes Austrittsverfahren. Die Kapitalmarktunion sollte vollendet werden – auch weil internationale Kapitalbewegungen asymmetrische Schocks kompensieren. Bei der EZB sollten Haftung und Stimmrechte miteinander verbunden werden. Die TARGET-Salden sind regelmäßig zu begleichen. Die Ankäufe von Staatsanleihen sollten ein schnelles Ende finden. ….
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https://www.hsu-hh.de/ordnung/wp-content/uploads/sites/549/2018/05/Professorenaufruf-EU-Reformen-2018.final_.pdf

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Professornaufrufe zur EU
Immer wieder trugen deutsche Ökonomen ihren Ärger über die Euro-Wirtschaftspolitik durch Professorenaufrufe in die Öffentlichkeit.
Bereits kurz nach Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht veröffentlichten 62 Wirtschaftswissenschaftler im Juni 1992 das Manifest „Die EG-Währungsunion führt zur Zerreißprobe“, in dem sie vor einer überhasteten und fehlerhaften Einführung einer europäischen Gemeinschaftswährung warnten.
Im Februar 2011 sprachen sich 189 Professoren in einer „Stellungnahme zur europäischen Schuldenkrise“ gegen die geplante Ausdehnung des Euro-Rettungsschirms aus.
In der „Stellungnahme zur Europäischen Bankenunion“ beklagten 214 Unterstützer im Juli 2012 die fatalen Konstruktionsfehler der Währungsunion.
Das Memorandum „Die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank sind rechtswidrig und ökonomisch verfehlt“ vom September 2013 unterzeichneten 136 deutsche Professoren.
Der vorerst letzte Aufruf – „Der Euro darf nicht in die Haftungsunion führen“ – wurde im Mai 2018 von 154 Wirtschaftswissenschaftlern unterstützt.
Die Haftungsunion kommt
Einheitswährung: Merkel wird auf Macrons und Junckers Kurs einschwenken
von Joachim Starbatty

Über die Zukunft der Europäischen Währungsunion kann nur urteilen, wer die Gründe für deren Entstehung kennt. Der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl ließ uns glauben, die Europäische Währungsunion und die Aufgabe der D-Mark seien ein Friedensprojekt. In Wirklichkeit sollten die D-Mark abgeschafft und die Deutsche Bundesbank entmachtet werden. Sie war schon lange im Visier der französischen Regierung. Die Zustimmung Frankreichs zur deutschen Wiedervereinigung kann als Schrittmacher gelten.

Die Stimmverteilung im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat die Entmachtung der Bundesbank festgeschrieben: Sie hat dort eine Stimme ebenso wie Malta, Zypern oder Luxemburg. Sie wird derzeit regelmäßig überstimmt. Aber die Entmachtung der Bundesbank war letztlich ein Pyrrhussieg für die französische Regierung und alle Mitgliedstaaten der Währungsunion. Sie haben zwar geldpolitische Souveränität gewonnen, weil sie auf die gemeinschaftliche Währung im nationalen Sinne Einfluß nehmen können, doch haben sie ihre Souveränität über internationale Konkurrenzfähigkeit und nationale Beschäftigung verloren.
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Jede Volkswirtschaft hat drei Aktionsparameter zur Sicherung internationaler Konkurrenzfähigkeit: Zinsen, Wechselkurse und Löhne. Bei einer Währungsunion werden Zinsen und Wechselkurse vergemeinschaftet. Verliert ein Mitgliedsland seine internationale Wettbewerbsfähigkeit, kann es nicht mehr abwerten, um durch Verbilligung seiner Exporte die interne Beschäftigung zu sichern und um Devisen zur Begleichung seiner Schulden zu erwirtschaften. Die verschuldeten Länder müssen durch Haushaltskürzungen und Lohnsenkungen den falschen Wechselkurs – ein für diese Länder überbewerteter Euro – kompensieren, die härteste Form der Anpassung.

Kanzlerin Merkel hat darauf bestanden, daß die notleidenden Schuldnerländer sich an Regeln halten, um von den Schulden herunterzukommen. Sie hätten auch strukturelle Reformen anpacken müssen, um finanzielle Notoperationen überflüssig zu machen. Die Koalition aus „Fünf Sterne“ und „Lega Nord“ in Italien zeigt uns allen nun, daß sie sich nicht um ihre europäische Verantwortung schert, obwohl die Nullzinspolitik von EZB-Präsident Draghi und sein Programm zum Ankauf von Staatsanleihen die Zinslast gerade des überschuldeten Italien stark gesenkt haben.

Sie haben auch dafür gesorgt, daß sich die Investitionsfähigkeit belebt hat und die Arbeitslosigkeit zurückgegangen ist. Doch sind bloß oft prekäre Arbeitsverhältnisse entstanden, und die Löhne verharren auf einem niedrigen Stand. Die Menschen arbeiten zwar mehr, aber für weniger Geld. Das ist kein Zustand, der über Jahre durchgehalten werden kann. Wenn Dra­ghis Nullzinspolitik ausläuft, der Ankauf von Staatsanleihen eingeschränkt wird und damit die Zinsen steigen, steht die Eurozone wieder vor dem Abgrund. Dra­ghi selbst nennt den Euro fragil. Jederzeit kann er auseinanderbrechen.

Am 15. Juli 2015 sind die Weichen endgültig in Richtung Transferunion gestellt worden. Wolfgang Schäuble, unser früherer Finanzminister, hatte 15 Mitglieder der Eurogruppe dafür gewonnen, Griechenland weitere Kreditspritzen zu versagen. Dann wäre es bankrott gewesen und hätte aus der Eurozone ausscheiden müssen. Daraufhin hat der damalige französische Staatspräsident, François Hollande, die Bundeskanzlerin überzeugt, Schäuble zurückzupfeifen, weil das Ausscheiden Griechenlands den Märkten signalisiere, daß die Währungsunion nicht unauflöslich sei und Spekulationen gegen Wackelkandidaten ausgelöst werden könnten. Hätte Schäuble ein Rückgrat gehabt, wäre er zurückgetreten.

Die Marschroute der Kanzlerin – die überschuldeten Mitgliedstaaten versuchen ihre finanziellen Verpflichtungen abzubauen und wir helfen ihnen dabei – lautet jetzt: Was auch passiert, wer Mitglied der Eurozone ist, bleibt es auf Ewigkeit. Es muß daher alles finanziell Mögliche getan werden, um das sicherzustellen. Insofern sind die Vorschläge von Jean-Claude Juncker und Emmanuel Macron, die natürlich aufeinander abgestimmt waren, konsequent. Wenn es der politische Wille ist, daß ein Land nicht mehr aus der Währungsunion ausscheiden soll, dann müssen die Schulden vergemeinschaftet werden.

Dann aber gilt: Kann sich ein Land darauf verlassen, daß andere für seine Schulden einstehen, dann muß es sich nicht länger disziplinieren. Wenn alle Verantwortung tragen, ist in Wirklichkeit niemand verantwortlich. Ein solches – sozialistisches – System hat in der Welt noch nie funktioniert. Natürlich wird sich unsere Kanzlerin zunächst sträuben, aber schließlich wird sie auf Macrons und Junckers Linie einschwenken, hat sie doch selbst den Euro für alternativlos erklärt.

Hiergegen wehrt sich der Aufruf der 154 Professoren: „Der Euro darf nicht in die Haftungsunion führen.“ Er ist Wort für Wort richtig. Seine politischen Empfehlungen sollen die Währungsunion auf festen Boden stellen, doch verstoßen sie gegen das Dogma der Unauflöslichkeit der Währungsunion. Daher predigen die Professoren tauben Ohren. Sie kommen mir vor wie der Chor in der griechischen Tragödie der Antike: Er kann jammern, warnen und raten, er hat aber keinen Einfluß auf den Gang des Geschehens.

Alles zu „Die Haftungsunion kommt“ von Joachim Starbatty vom 25.5.2018, Seite 2, bitte lesen auf www.jungefreiheit.de
Prof. Dr. Joachim Starbatty ist Ökonom und Mitglied des EU-Parlaments. 2015 trat er aus der AfD aus und schloß sich der neuen Allianz für Fortschritt und Aufbruch, nun Liberal-Konservative Reformer (LKR), an.

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