Das kritische Bewusstsein steigt in Europa. Immer mehr Menschen begreifen: Der Hunger ist kein Schicksal – er ist ein Werk von Menschen und kann von Menschen besiegt werden! Das macht mir Hoffnung. Der Wille der Bürger kann in Parlamenten und internationalen Institutionen für einen radikalen Wandel sorgen: Er wird die Regierenden zwingen, die Börsenspekulationsmacht und Schuldenknechtschaft zu brechen. Er kann die Vorrangigkeit des Rechts auf Nahrung festschreiben, die Produktion von Biotreibstoffen aus Nahrungspflanzen verbieten, das globale Kartell der Kraken des Agrarrohstoff- und Nahrungsmittelhandels zerschlagen, die Bauern gegen Landraub schützen. Bürger in Demokratien können all das bewirken. Es gibt für sie keine Entschuldigung, es zu unterlassen. Deutschland ist eine große Demokratie. Morgen früh könnt ihr vom Bundestag verlangen, dass das Börsengesetz revidiert wird, Spekulation auf Grundnahrungsmittel verboten wird! Es gibt keine Ohnmacht in der Demokratie. Der französische Schriftsteller Georges Bernanos schreibt: „Gott hat keine anderen Hände als die unseren.“ Also: Entweder wir ändern diese kannibalische Weltordnung oder sonst tut es niemand! …..
Komplettes Interview mit Jean Ziegler über den Hunger in der Welt, Nahrungsmittelspekulation und Wege aus dem Elend vom 10.11.2012 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/ausland-1/der-horror-muss-ein-ende-haben–65459302.html
Die Empörung ist nur echt, wenn wir aktiv handeln
Vielen Dank für das mutige Interview mit Jean Ziegler. In schonungsloser Offenheit beschreibt er den Grund für den Mord an der Bevölkerung Afrikas, Asiens und Südamerikas, nämlich die Raffgier der „Herrschaftsländer“. Der Hunger in der Welt ist das „Werk von Menschen und kann von Menschen besiegt werden!“ Außer den von Jean Ziegler geschilderten Lösungsvorschlägen gegen die strukturelle Gewalt der Börsen und dem Verbot der Nahrungsspekulation vergisst er zu erwähnen, was wir alle, wir „normalen“ Bürger und Bürgerinnen, tun können, um unseren Beitrag für ein Ende der Hungerkatastrophe zu leisten. Nehmen wir unsere Macht als Verbraucher wahr und kündigen unser Konto bei der Deutschen Bank und bei der Postbank. Kündigen wir die Versicherungen, zum Beispiel bei der Allianz, solange sie sich laut Oxfam an Spekulationen, die die Getreidepreise in die Höhe treiben, beteiligen. Die Empörung über das grausame Verhungern von 37 000 Menschen pro Tag ist nur echt, wenn sie uns zum Handeln animiert. Werden wir aktiv und überwinden unsere Trägheit.
16.11.2012, Lioba Schneyinck, Freiburg
Mit Spenden allein können wir uns nicht freikaufen
Viel zu wenig diskutieren wir in unserer Gesellschaft über den Zusammenhang von Armut im Süden und Wohlstand im Norden und die Rolle des globalen, neoliberalen Wirtschaftssystems dabei, welches Jean Ziegler zu Recht als „mörderisch“ und „kannibalisch“ bezeichnet. Bestenfalls schieben wir die Schuld den Großkonzernen und der Politik zu. Wir füllen vielleicht alljährlich zu Weihnachten einen beliebigen Überweisungsträger für eine Hilfsorganisation aus, können den Betrag ganz nebenbei von der Steuer absetzen und sind fein raus. Wir sind doch die Wohltäter, die die Dritte Welt „entwickeln“, oder etwa nicht? Wenn man recht überlegt, sind wir diejenigen, die dieses System der strukturellen Gewalt und der Ausbeutung Tag für Tag stützen. So brutal es klingen mag, mit jedem Schnäppchen bei H&M oder Kik, mit jedem I-Phone, jedem Nestlé-Schokoriegel machen wir uns zu Mittätern am Mord dieses Kindes, das „alle fünf Sekunden an den Folgen des Hungers stirbt“. Spenden sind gut und wichtig, und es gibt eine Reihe von Hilfsorganisationen, die eine exzellente Arbeit leisten. Doch die Verantwortung bleibt. Freikaufen können wir uns damit nicht. Wie Jean Ziegler feststellt, geht es nicht darum, den armen Ländern mehr zu geben, sondern ihnen „weniger zu stehlen“. Dafür braucht es keine Entwicklungsprogramme und keine Wohltätigkeitsveranstaltungen, sondern ein bewusstes und kritisches Konsumverhalten. Ein Anfang ist gemacht, wenn sich jeder von uns beim Einkaufen zwei Fragen stellt: „Brauche ich das wirklich und, wenn ja, unter welchen Bedingungen wurde es hergestellt?“ Weltläden und Fairtrade-Initiativen gibt es in jeder Kleinstadt und ja, wir können es uns leisten, einen Euro mehr für ein Pfund Kaffee zu bezahlen. Eine geringe Anstrengung, wie ich meine, verglichen mit dem Kampf ums nackte Überleben, den Millionen auf dieser Welt führen müssen. Die Macht und die Verantwortung liegen letztlich bei uns.
Benjamin Schwab, Ettenheim, 17.11.2012
Die Würde ist unantastbar: Das muss für alle gelten
Jeder Mensch, der an Hunger stirbt, wird ermordet. Und jeder von uns leistet Beihilfe, solange er tatenlos zusieht. Ihr Interview macht mehr als betroffen und sollte von Kollegen anderer Medien veröffentlicht werden. Öffentlicher Protest über alle Medien. Unterschriftenaktion. Druck ausüben auf Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft. Jean Ziegler hat Recht. Spekulationen auf Grundnahrungsmittel müssen verboten werden. Schluss mit dem Agrar-Dumping der EU aus Überschuss. Was unser Konsum und Überschuss in Entwicklungsländern anrichten, ist in „Die Essensvernichter“ ausgiebig beschrieben. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das darf nicht nur für uns gelten!
heisi Reiser, Staufen, 17.11.2012