Kissinger-Professur Offener Brief

In einem offenen Brief wenden sich über 100 Wissenschaftler gegen die geplante Einrichtung einer „Henry-Kissinger -Professur“ an der Uni Bonn. Die Unterzeichner kritisieren neben der Namensgebung der Stiftungsprofessur auch die Finanzierung durch das Bundesverteidigungsministerium. Henry Kissinger wird vorgeworfen, in seiner Zeit als Außenminister und Nationaler Sicherheitsberater der USA Menschenrechtsverletzungen begünstigt zu haben.

Mit dem offenen Brief setzen die insgesamt 109 Unterzeichner ein Signal gegen die geplante „Henry-Kissinger-Professur“ an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und unterstützen die Proteste der Bonner Studierendenschaft. Damit steigt der Druck auf die Initiatoren der Stiftungsprofessur, von einer Besetzung des Lehrstuhls ab dem Wintersemester 2014/15 abzusehen. Unter den Unterzeichnern des offenen Briefes sind prominente Wissenschaftler wie die Politikwissenschaftler Prof. Dr. Elmar Altvater, Prof. Dr. Christoph Butterwegge, Prof. Dr. Birgit Mahnkopf, Prof. Dr. Wolfgang Merkel und Prof. Dr. Rolf Wernstedt sowie der Soziologe Prof. Dr. Stephan Lessenich. Zudem gehören 50 der Unterzeichner dem wissenschaftlichen Beirat des globalisierungskritischen Netzwerks Attac an. „Die Ehrung für einen Politiker, der an der Vorbereitung des Putsches in Chile 1973 beteiligt und deshalb auch für die Zerstörung des akademischen Lebens während der Pinochet-Diktatur mitverantwortlich war, wäre ein Bruch mit den Überzeugungen, von denen sich die bundesdeutschen Universitäten in der Nachkriegszeit leiten ließen. Auch die solidarische Aufnahme von Verfolgten des Pinochet-Regimes durch viele deutsche Hochschulen würde so nachträglich entwertet werden“, begründet der Initiator des offenen Briefes, Prof i.R. Dr. Klaus Meschkat, die Brisanz der geplanten Stiftungsprofessur.
    .

Offener Brief zur Henry-Kissinger-Professur
Im vergangenen Jahr verkündeten das Bundesministerium der Verteidigung und das Auswärtige Amt die Einrichtung einer „Henry-Kissinger-Professur“ an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Die
Stiftungsprofessur für „Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung unter besonderer Berücksichtigung
sicherheitspolitischer Aspekte“ soll von den beiden Ministerien für fünf Jahre finanziert werden und den früheren US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger Kissinger ehren. Es ist geplant, sie ab dem Wintersemester 2014/2015 für mindestens ein Jahr zu besetzen.
Das Studierendenparlament und der AStA der Universität Bonn haben gegen dieses Vorhaben protestiert, insbesondere gegen die Namensgebung und die Tatsache, dass eine Professur an einer zivilen Hochschule hauptsächlich aus Mitteln des Bundesverteidigungsministeriums bezahlt werden soll. Es gibt darüber hinaus seit Längerem eine fundierte Kritik von Zeithistorikern und Politikwissenschaftlern am Wirken des Namengebers in Asien und Lateinamerika während seiner Zeit als offizieller Regierungsvertreter der USA, die eindeutig gegen die Einrichtung einer solchen Professur spricht.
Henry Kissinger wird vorgeworfen, als Nationaler Sicherheitsberater (1969-1973) und US-Außenminister (1973-1977) Kriegsverbrechen verantwortet und schwere Menschenrechtsverletzungen geduldet oder begünstigt zu haben. Dies bezieht sich unter anderem auf Kissingers Rolle bei der Verlängerung und Intensivierung des Vietnamkriegs, auf die von ihm betriebene Ausweitung der kriegerischen Intervention der USA auf Kambodscha und Laos sowie die Flächenbombardements gegen zivile Ziele in Nordvietnam. Direkt beteiligt war Kissinger auch an der Planung des von den USA ausgehenden Wirtschaftskriegs gegen den gewählten Präsidenten Chiles, Salvador Allende, der dem Militärputsch vom 11. September 1973 vorausging. Dokumentiert ist ebenfalls Kissingers Befürwortung
repressiver Maßnahmen, die die argentinische Militärjunta nach dem Putsch 1976 ergriff. So begann in Argentinien eine Zeit staatlich organisierter Morde, zu deren Opfern auch deutsche Staatsangehörige zählten. Angesichts dieser schwerwiegenden Tatbestände, die sich durch zahlreiche Dokumente und Forschungserkenntnisse belegen lassen, ist eine Ehrung Kissingers durch eine nach ihm benannte Professur schlichtweg inakzeptabel. Dies gilt unabhängig von den möglichen Verdiensten Kissingers, etwa in Bezug auf die deutsch-amerikanischen Beziehungen
oder das Verhältnis der USA zu China.
Die Unterzeichenden fordern daher die Bundesregierung und die Leitung der Universität Bonn dazu auf, die Kritik aus der Bonner Studierendenschaft ernst zu nehmen und auf die Benennung der geplanten Professur nach Henry Kissinger zu verzichten.  
31.3.2014, Wissenschaftlicher Beirat von Attac Deutschland
https://www.attac-netzwerk.de/das-netzwerk/wissenschaftlicher-beirat/kissinger-professur/
  
  
Mit der Unterzeichnung des offenen Briefes wird Ihr Vor- und Nachname sowie Ihr Wohnort in unserer Liste der Unterzeichner veröffentlicht.
 https://www.attac-netzwerk.de/das-netzwerk/wissenschaftlicher-beirat/kissinger-professur/unterzeichner  

 
  
Pressemitteilung zum offenen Brief des Wissenschaftlichen Beirats von Attac
<https://www.attac.de/presse/detailansicht/news/offener-brief-gegen-kissinger-professur-an-der-universitaet-bonn/?cHash=9b5df96be6c7af042a99266444cebb64>

Erklärung der Initiative Zivile Uni Bonn zur geplanten „Henry Kissinger Professur“ in Bonn
https://www.zivile-uni-bonn.de/

WDR5-Beitrag „Bonn – Protest gegen neue Professur: Kissinger ist kein Vorbild“ (Text und Audio)
https://www.wdr5.de/sendungen/politikum/protestgegenneueprofessur100.html

Dieser Beitrag wurde unter Bürgerinitiativen, Hochschulen, Stiftungen abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar