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Begegnungen mit Israelis

  • Gedi Hampe – Touristik-Dienstleister aus Jerusalem
  • David Witzthum – Journalist aus Tel Aviv
  • Nurith – Mitgründerin des Kibbutz Shaar Hagolan am See Genezareth
  • Drusen-Familie in Daliyat El Karmel bei Haifa
  • Schülerinnen einer jüdisch-orthodoxen Internatsschule
  • Eli Preminger – Bandleader von „Eli and the Chocolate Factory“ aus Tel Aviv-Yafo
  • Mohammed – Taxifahrer am Parkplatz vor Yad Vashem
  • Jonathan Tannhauser – Reiseleiter aus Tel Aviv
  • Jüdische Großfamilie – Shabbat feiern im Hotel
Gedi Hampe – Touristik aus Jerusalem
„Die soziale Lage im Inland ist für Israel ein viel größeres Problem als die äußeren Feinde“. Dieses Fazit zieht der 42-jährige Gedi Hampe am Ende eines Vortrags am 26.10.2013 vor einer deutschen Reisegruppe. Seine Eltern haben sich im Kibbutz EnGedi am Toten Meer kennengelernt (Vater Kibbutzvolontär aus Heidelberg, Mutter israelische Soldatin) – deshalb der Vorname Gedi -, er ist in Berlin geboren und hat in Köln das Abitur gemacht. Mit 19 Jahren kehrt er zurück nach Israel und entschließt sich während des Golfkriegs 1989-90, im Land zu bleiben. Wie seine Eltern arbeitet auch er zunächst im Kibutz EnGedi, wo er seine Frau kennenlernt. Ab 1995 studiert er sechs Jahre Ethnologie in Köln und kehrt 2004 mitsamt Frau und Tochter zurück nach Israel, um im Kibbutz EnGedi zu arbeiten. Dort kommt sein Sohn zur Welt. Die meisten der heute 270 Kibbutze haben vom Einheitslohn (jede Tätigkeit gleich bezahlt, wie z.B. beim Kibbutz Shaar Hagolan am See Genezareth) zum Differentiallohn gewechselt und ihre Aktivität von der Landwirtschaft auf Industrie und Tourismus ausgeweitet. Dennoch sieht Hampe das Kibbutz als Auslaufmodell – im Gegensatz zum Moshav, das mehr einer Genossenschaft ähnelt und vererbbaren privaten Zugewinn zuläßt.
Den Kibbutz hat Gedi inzwischen verlassen, heute lebt er mit seiner Familie in Jerusalem und besitzt wie seine 8- und 10-jährigen Kinder die deutsche und die israelische Staatsbürgerschaft. Er arbeitet als Tour-Operator beim Reiseunternehmen „SK-Tours in Nature“, das die Marktnische der Pilgerwanderreise entdeckt hat: „Wir erleben die Welt der Bibel durch die Erfahrung ihrer Landschaften, dazu verlassen wir häufiger die ausgetretenen Wege. Die Region Israel, Jordanien, Sinai und Ägypten ist eine historische und geographische Einheit.“ Gedi Hampe fühlt sich wohl im Land: Wirtschaftlich steht Israel Ende 2013 so gut da wie noch nie. Das Klima stimmt sonnig heiter. Das Land ist vielfältig: „Eine Strassenseite wie in Berlin, die andere Strassenseite wir im Orient“. Der Spagat zwischen jüdischer und deutscher Idendität belastet ihn zwar immer, aber „Israel ist das einzige Land, wo ich meine Kinder jüdisch erziehen kann, ohne mich ständig als Jude legitimieren zu müssen“. Mit seiner jungen Familie fühlt er sich hier geborgen, denn „Judentum ist keine Religion, sondern Schicksalsgemeinschaft.“ Nur als Kölner („Niemols jeht man su janz“) ärgert ihn, dass der 1.FC Köln derzeit nur Mittelmaß in der 2.Bundesliga spielt. Und die Zukunft Israels? Die bedrückt Gedi – vor allem die sozialen Probleme im Inland, die die äußere Bedrohung Israels dominieren. Der arabisch-islamische Teil der Bevölkerung hat viel mehr Kinder. Die jüdische Orthodoxie gewinnt zunehmend an Einfluß. Die Landflucht nimmt zu. Die junge Generation zwischen 20 und 30 kann die Mieten und Lebenshaltungskosten in den Ballungsgebieten um Tel Aviv, Jerusalem und Haifa kaum noch bezahlen. Probleme, die auch wir in Deutschland haben bzw. haben werden?
4.11.013, Ekke
 israel2gedi31031   Bild JR

 

David Witzthum – Journalist aus Tel Aviv
Der Politologe, Journalist, Buchautor und Musiker (Cello, sein Sohn Bratsche) David Witzthum, Jahrgang 1948, veröffentlicht international – in Haaretz ebenso wie in der ZEIT. In einem zweistündigen Vortrag am 27.10.2013 beleuchtete er die Lage Israels. 1970 wanderten 1.4 Mio Juden nach Israel ein zu den 5.8 Mio Einwohnern: Russische, orientalische und streng orthodoxe Juden. Heute gibt es kaum mehr ideologische Parteien (Arbeiterpartei sozialistisch, Likud religiös-konservativ, …), sondern Identitätsparteien, die die jeweiligen Ethnien vertreten: Arabische „Partei“, Russische „Partei“ Ultra-orthodoxe (10 Kinder), Orientalische Juden, Nationalreligiöse Siedler und die mehr laizistischen „Israelis“, die 2011 protestiert hatten gegen unbezahlbare Mieten, hohe Soziallasten und Diskriminierung (2 bzw. 3 Jahre Militärdienst, um den Wohlstand der nicht-dienenden Religiösen zu sichern). Aus der Demokratie in Israel wird eine Ethnokratie („gib mir Geld, und ich gebe die meine Stimme“). Dies zeigt sich auch bei Regionalwahlen wie zuletzt der Bürgermeisterwahl in Jerusalem.
Im Jahr 2003 waren 90% der Israelis für die Errichtung der Grenzmauer zum Westjordanland. Frage an uns: Was würden Sie tun, wenn immer wieder Raketen in ihren Garten fliegen? Youth bulges führen zu Gewalt. Heute arbeiten die Polizei in Israel und Palästina eng zusammen.
Umfrage von 2013: 75% aller arabischen Israelis wollen Israelis bleiben.
Siedlungspolitik: Es werden keine neuen Siedlungen gebaut, allenfalls bestehende Siedlungen erweitert.
Die Zweistaatenlösung Israel + Palästina ist keine gute Lösung, da die in Jordanien lebenden Palästinenser ausgeklammert bleiben. 70% der Einwohner von Jordanien sind Palästinenser und nur 30% Haschemiten wie das Königshaus. Frieden gibt es nur mit einer Konföderation Israel+Jordanien, in der die Palästinenser die vollen bürgerlichen rechte und Freiheiten genießen.

„Friede wird erst sein, wenn es Israelis UND Palästinensern gleich gut geht, aber dies braucht noch viel Zeit.“

8.11. 2013, Ekke

Die Armee repräsentiert nicht mehr die Gesellschaft
„Witzthum: Die Armee war vor 20, 30 Jahren eine echte Repräsentation, ein echtes Bild für die israelische Gesellschaft. Nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 haben wir uns gefragt, was machen wir im Krieg, wie führen wir überhaupt Krieg als Juden, als Israelis und was müssen wir tun? Heute natürlich bleibt die Armee eine Armee, in die alle gehen müssen, aber mehr und mehr Sektoren in der Gesellschaft bleiben fern. Zum Beispiel, die Ultra-orthodoxen gehen nicht in die Armee, die Araber, die israelischen Araber gehen nicht in die Armee, die jungen Tel Aviver wollen nicht zur Armee gehen. Und so repräsentiert die Armee nicht mehr die ganze israelische, gesamtisraelische Gesellschaft, sondern nur Teile der Peripherie, der Nationalreligiösen und andere, die noch immer bereit sind, freiwillig zur Armee zu gehen und zu kämpfen. …“
Alles von David Witzthum vom 23.3.2009 bitte lesen auf
https://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/939330/

Das Kostbarste der Jeckes-Seele: die Kammermusik
„Die Musik ist das Herzstück der von den Jeckes ins Land gebrachten Kultur, und die Kammermusik ist der innerste Kern. … Die Jeckes haben, wie bekannt, auf ihren Spezialgebieten hoch qualifizierte Beiträge zum Aufbau des Landes geleistet; sie haben unsere Wirtschaft, Gesellschaft, die Universitäten und die Kultur zu dem gemacht, was sie heute sind. Ihr Einfluss ist unvergleichlich viel größer als ihr zahlenmäßiger Anteil an der Bevölkerung. Diejenigen unter ihnen allerdings, die als Amateure Kammermusik machten, taten das bewusst und voller Stolz. …. “

Alles von  David Witzthum vom Sept 2007
Jecke = deutschsprachiger jüdischer Einwanderer nach Palästina
„Was ist der Unterschied zwischen einem Jecke und einer Jungfrau? Jecke bleibt Jecke.“ (jüdischer Witz)
    
David Witzthum, Foreign Affairs Commentator, witzthum@gmail.com
 

Eli Preminger – Bandleader von “Eli and the Chocolate Factory” aus Tel Aviv-Yafo

Zwei junge Männer sitzen am 1.11.2013 gegen Mittag auf einer Bank im grünen Mittelstreifen des Rothschild-Boulevard – mit ihren vier Fahrspuren eine der Hauptverkehrsstrassen durch die City von Tel Aviv. Wir setzen uns dazu. Nach einer Weile packen sie plötzlich ihre auf der Wiese hinter der Bank abgelegten Instrumente aus, Trompete und Banjo. „Wollen Sie hier spielen, sollen wir Ihnen Platz machen?“, frage ich. Nein nein, bleiben Sie nur.  Ein Bassist und ein Posaunist kommen hinzu und die vier beginnen zu spielen – gepflegten traditionellen Dixieland. Als ich aus Jux meine Mundharmonika auspacke, unterbricht das Quartett seine Musik. Welche Tonart? Meine kleine Harmonika ist in C gestimmt, also D für den Blues. Sie disponieren kurz um, denn das Blues-Stück spielen sie normalerweise in F-Dur, und dann „OK, let’s go“. Wir blasen und zupfen unseren Blues, nach Trompete, Banjo, Posaune und Baß darf auch meine Mundharmonika mit einem Solo ran, drei Paare tanzen auf dem Gehweg, wunderbar ….

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Dixie mit Mundharmonika

Beim Weiterbummeln in Tel Aviv kommen die Gedanken: In der KaJo in Freiburg eine Bank mit vier jungen Leuten so ab 22 Jahre. Dixieland wird gespielt, improvisiert. Cool. Da kommt ein 70-jähriger Rentner hinzu und packt seine Wandersmannmusik-Mundharmonika aus. Mitspielen? Sorry, geht nicht, unmöglich schon alleine wegen der unpassenden Tonart. Zudem sind die Jungen hier und die Senioren irgendwo anders dort. Warum ist mir so ein spontan generationsübergreifendes Mit-Musizieren wie in Tel Aviv in Freiburg noch nie passiert? Liegt’s nur am sonnig-milden Klima von Israel, das easy stimmt – die Jungen wie die Alten? Oder vielleicht doch an etwas anderem?

Eli and the Chocolate Factory
eli.preminger@gmail.com, www.elipreminger.com

 

 

Mohammed – Taxifahrer am Parkplatz vor Yad Vashem

„Taxi, Taxi?“ ruft Mohammed (seinen richtigen Namen soll ich nicht nennen) vor Yad Vashem und wir kommen ins Gespräch. Er ist Palästinenser, ca 40 Jahre alt und wohnt seit fünf Generationen in der Altstadt von Jerusalem. Ja, seiner Familie mit allen fünf Kindern geht es wirtschaftlich gut und viel viel besser als den Palästinensern im Westjordanland, Gaza, Jordanien, Ägypten oder sonstwo. Aber: Sein Sohn muß an der Jerusalemer Universität die dreifachen Studiengebühren bezahlen als Israelis, nur weil er einen jordanischen Pass hat. Und sehen Sie die beiden Taxi-Warteschlangen hier am großen Parkplatz? Die kurze Schlange mit nur 2 Pkws vorne am Eingang zu Yad Vashem ist israelischen Taxifahrern vorbehalten. Die lange Schlange ganz weit hinten ist für die ausländischen Fahrer und wird kaum frequentiert. Deswegen ist er ausgestiegen und spricht die Besucher mit „Taxi, Taxi?“ am Eingang direkt an, was eigentlich verboten ist. Sein kleines Haus im muslimischen Viertel von Jerusalem wird er nie verkaufen, obwohl ihm mehrfach viel Geld geboten wurde. „I am inhabitant of Jerusalem, it is my home town“. Und hier wird Mohammed plötzlich heftig: Ihr gebt Israel euer Geld, damit sie unsere Häuser und unser Land kaufen. Er spricht immer wieder von „Money tricks“, aber wir werden unser Wunder erleben, denn: „You in Germany and Europe have the money, but we have the children“.
5.11.2013, Ekke

Israelische Soldaten im oberen Jordan-Tal Ende Oktober 2013

Israelische Soldaten im oberen Jordan-Tal Ende Oktober 2013

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