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Alemannisch 5 -
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Teleblick von Brandeck am Kandelberg nach Osten zu Heitzmannsberghäusle und Unteren Steingrubenhäusle am 23.8.2006
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Weisch wie des isch?  -  von Gerhard A. Jung

Alles nonemol denke,
was scho hundertmol denkt häsch.
Alles nonemol sage,
was scho hundertmol gsait häsch.
Alles nonemol spüre,
was gspürt häsch,
alles nonemol lese,
was gschribe häsch

un däno merke, wie wenig dävo dewert gsi isch,
aß es denkt häsch
un gsait
un gschribe.

Gerhard A. Jung © 1995 Verlag Moritz Schauenburg GmbH Lahr

 

Infos zur Alemannisch-Seite ab 27.8.2006

 

 

Mit dem Dialekt bewaffnet - Ute Derndinger

Sprachgewaltig bekämpft die alemannische Autorin Ulrike Derndinger die Gefühlsarmut

In ihren Internet-Blog schrieb ein Leser, er sehe in ihr, „ein Juwel" der jungen alemannischen Mundart-Literatur. Dabei will Ulrike Derndinger von „Mundart" gar nichts hören. Sie schreibe lediglich in ihrem Dialekt, weil es ihre Sprache sei. Was sie schreibt, verändert sie selbst. Darin liegt die eigentümliche Wirkung der 31-jährigen Journalistin und Diplom-Theologin. Glockengeläut auf dem Land. Die Bewohner des Ortenau-Dörfchens Kürzell wissen jetzt, dass ein Mann gestorben sei, denn schließlich erschallt die große Totenglocke. Bei einer Frau hätte man die kleine geläutet . . . Das ist der Einstieg einer Kurzgeschichte, die Ulrike Derndinger zumindest in der Region bekannt gemacht hat. Sie gewann mit ihr 2005 den Mundart-Wettbewerb, den damals die „Badische Zeitung", der SWR und die Muttersproch-Gsellschaft veranstalteten. Seitdem hat die 31-jährige Autorin ein Publikum, das langsam aber stetig wächst. Wer einmal einen Text von ihr gelesen hat, wird neugierig und will mehr. Und erfährt, dass in diesen Kurzgeschichten und Gedichten etwas steckt, das mitreißt und verführt. Wohin? Nicht selten zu einer tröstenden Traurigkeit. Man muss aber wohl Süddeutscher sein, um das Alemannische zu verstehen, das Ulrike Derndinger zum Besten gibt. Als Kostprobe – der Anfang ihres preisgekrönten Textes:

„S’littet Scheidzeiche. S’isch d’groß Glock. Ä Mann isch gschdorwe. Fir d’Fraue littet d'klein Glock. . . Ich bin sitter längerem widder mol daheim, . . . middle uffem Hof vun minnere Eltere. Uffem schdillglegte Burehof. Jetzt schdehn noch drey Schdickli Vieh im Schdall. Zwei jungi Schdier, un ei Kueh, ä aldi Krugg. D’Omma. Kei Schindmärre.". . .

In Kürzell, nahe der lauten Autobahn A 5 und des noch mehr Lärm verursachenden Lahrer Nato-Flugplatzes ist Ulrike Derndinger aufgewachsen. Die Tochter eines Landwirtes war als Kind fast nie verreist, im Elternhaus gab es vieles – aber kaum ein Buch. In den Ferien musste sie auf dem Tabak-Feld mithelfen, die andere Seite der bäuerlichen Welt war die katholische Kirchengemeinde, in der die Schülerin Jahre lang als Ministrantin diente. Schon damals hat sie die Ahnung befallen, „dass ich eines Tages schreiben will". Seitdem hat Ulrike Derndinger ihr Abitur gemacht und in Freiburg Theologie studiert. Der Kirche ist sie aber nicht mehr näher gekommen als zu ihren Messdienerin-Zeiten. In Lahr arbeitet sie heute als Redakteurin der „Badischen Zeitung". Doch seit einigen Jahren schreibt Ulrike Derndinger: kurze Prosa, Episoden, Lyrik, manchmal wunderschöne Liebesgedichte. Ein Buch hat sie noch nicht veröffentlicht, vielleicht wird sie es nie tun. Sie liest am liebsten ihre Texte vor, eine CD würde sie gerne demnächst herausbringen. Eine Heimatdichterin ist sie aber so wenig, wie sie sich die Konservierung des Alemannischen auf die Fahne geschrieben hat. Man hat den Eindruck, dass Ulrike Derndinger das Alemannische als wirksame Waffe entdeckt hat, sich mit dem auseinanderzusetzen, was sie beschäftigt: die unmittelbare Umwelt, in der sie lebt. Und die Gefühlsarmut, die sie um sich vermutet. Besser noch: die Unfähigkeit, darüber zu sprechen. Vordergründig rupft sie Hühnchen mit ihren Eltern. Mit dem Vater, der sie als Kind mit seinen Sprüchen zur Weißglut getrieben hat und der Mutter, der sie als Studentin für zu lange Zeit vom Elternhaus wegblieb. Aber man kann sich des Schlusses nicht erwehren, dass Ulrike Derndinger sprachgewaltig gegen die Kargheit des Lebens anschreibend, selber auf Entdeckungsfahrt ist zum Reichtum, der sich dahinter offenbart. –Von Gefühlen heimgesucht – Ihre Absicht, radikal unsentimental zu sein, führt nur dazu, dass sie erst recht von Gefühlen heimgesucht wird. Ein kurzer Text, der der nörgelnden Mutter gewidmet ist, endet so:

„Wie viel mol isch mer awer au genau diä Frog vun dir uff de Senkel gange, un wird siemer noch gehen, wie viel mol hab i dann gsait: Wenn ich widder Luscht hab, un i kann jetzt wirklich nid sage, wenn des isch! Drno hugg ichmi ins Audo un fahr los, . . . zue der."

Eine Leserin aus Kanada entdeckte die Passage im Internet und schrieb prompt an die Autorin zurück: „Jetz weis ich eigentlich gar nit was i schriebe will. Ich hog do in Kanada vorm Computer un Treaene renne mr dr Backen under. Minni Mudder lebbd schon 19 Johr nimmi."

Ulrike Derndinger beim Festival Grenzenlos zusammen mit „Diese Wunderbare Band", Sonntag, 25. Januar, 20 Uhr. Jazzhaus Freiburg. Karten unter 01805/556656 (14 Cent pro Minute aus demFestnetz)

Toni Nachbar, 18.1.2009, www.der-sonntag.de

 

Mundartgruppe in St.Georgen: E Millionär muss her 

Die Freiburger Mundartgruppe eröffnet ihre 51. Spielsaison am Samstag, 18. Oktober, 20 Uhr, in der Festhalle in Freiburg- St. Georgen. Unter der Regie von Tina Tritschler haben die Laienschauspieler das Lustspiel "E Millionär muss her" von Uschi Schilling einstudiert. Die Handlung ist von der amerikanischen 50er-Jahre-Filmkomödie "Wie angelt man sich einen Millionär?" abgeleitet. Neu auf der Bühne ist die Freiburgerin Carla Sacksgen-Roth, Erfahrung hat sie schon bei den Breisacher Festspielen gesammelt. Am 25. Oktober wird das Stück im Pfarrsaal der Katholischen Gemeinde St. Petrus Canisius aufgeführt und vom 8. November insgesamt fünf Mal in der May-Bellinghausen-Halle in Haslach, wo die Mundartgruppe auch probt. Am 24. und am 25. Januar gibt es Aufführungen im Zähringer Bürgerhaus, weitere folgen in Eichstetten, im Bürgerhaus am Seepark und in der Gundelfinger Gaststätte "Kandelblick" . Der Eintritt kostet jeweils 10 Euro.
14.10.2008, Mundartgruppe

 

Gälfiäßler Wolfgang Miessmer - SWR-TV - Alles außer Hochdeutsch


Eigentlich ist Wolfgang Miessmer beim Thema "Alemannisch" in seinem Element. Doch auch den routinierten Bühnenprofi kann das Fernsehen noch ganz schön in Aufregung versetzen. Sonntagmorgens war das SWR-Fernsehen bei Miessmers in Wittelbach zu Gast, um den engagierten Mundartaktivisten und Ex-Gälfiassler für eine Vorabendsendung zu befragen.

Der Aufwand, den das Fernsehen treibt, ist erheblich. Zuerst kommt die Moderatorin Stefanie Anhalt, die sich gleich zusammen mit der Maskenbildnerin ins Bad zurückzieht. Dann die beiden Kameramänner, dazu noch ein Beleuchter und ein Mann für den Ton, und zuletzt der Redakteur und Regisseur Thomas Miller, der die beiden Sendungen der Reihe "Schau mal hin" zum Thema "Alles außer Hochdeutsch" betreut. Im Hause Miessmer herrscht Anspannung, wie das wohl gehen wird, wenn "s’ Fernseh kummt" . Getränke sind bereitgestellt, die badische Flagge weht vor dem Eingang "zur Begrüßung für die Schwobe" , witzelt Wolfgang Miessmer. Und natürlich will er den Besuch nutzen, um möglichst viel von seinem Anliegen loszuwerden: Wie wichtig der Dialekt ist, was sich in der Muettersproch-Gsellschaft alles tut, und natürlich, wie gut das Projekt "Mundart in der Schule" bislang angenommen worden ist. Aber geht es auch darum, wie es in seiner Zeit bei den Gälfiasslern war und wann die ganze Mundart-Begeisterung angefangen hat. Miessmer führt das Fernsehteam in den Keller, wo die alten und die neuen Plakate seiner Auftritte nebeneinander hängen, wo sogar die Tischdecken die badischen Farben tragen und wo die Liederbücher liegen, mit denen alles angefangen hat. Thomas Miller geht noch einmal seine Fragen durch, und Wolfgang Miessmer liest aufmerksam seine Notizen. "Aber jetzt ned auswendig lerne" , mahnt der Kameramann mit unverkennbar schwäbischem Einschlag. Bevor die Aufzeichnung beginnt, muss Miessmer die wichtigste Frage loswerden: "Schwätz’ ich alemannisch oder Honoratiorebadisch?" " "Reden Sie ruhig alemannisch, ich frage dann schon nach, wenn ich etwas nicht verstehe" , antwortet Moderatorin Stefanie Anhalt. Schließlich geht es in den beiden Sendungen darum, dass die aus Westfalen stammende Moderatorin eine Dialektreise durch Baden-Württemberg unternimmt. Für Wolfgang Miessmer wird es jetzt ernst. Die beiden Kameramänner haben sich am Eingang postiert. Dreimal wird die Begrüßung gefilmt, bevor Redakteur Miller zufrieden ist. Und dann kommt der schwierigste Teil: Miessmer und Anhalt sollen zusammen plaudernd den Gartenweg hinunter gehen. Vor lauter Konzentration verfällt Miessmer immer einmal wieder ins Hochdeutsche oder blickt aus Versehen in die Kamera, aber dann klappt es doch ganz gut. Wirklich locker und entspannt wird das Gespräch aber erst, als Wolfgang Miessmer und Stefanie Anhalt im Garten am Kaffeetisch sitzen und ins Plaudern kommen. Der Beleuchter will abwarten, bis eine kleine Wolke sich verzogen hat, aber dann kommt von Miller ein energisches "Bitte" , und Miessmer kann erzählen vom Alemannischen als "Brick iwwer die Grenzene" , unter anderem ins Elsass und in die Schweiz, über die Witze der Badener über die Schwaben, und über Johann Peter Hebel, den ersten alemannischen Mundartdichter. Als Krönung des Ganzen liest Miessmer in seiner unnachahmlichen Art Hebels Gedicht vom Mann im Mond vor — samt hochdeutscher Übersetzung, die er natürlich mit spitzem Mund ein wenig überzeichnet. Dann ist es endlich geschafft. Insgesamt zwei Stunden hat der Besuch des Fernsehens im Schuttertal gedauert — für geplante fünf Minuten Sendezeit.
Juliana Eiland-Jung, 8.9.2008, BZ


"Alles außer Hochdeutsch" wird gesendet im Rahmen der Reihe "Schau mal hin", im SWR-Fernsehprogramm am 11. und 18. September, jeweils von 18.15 bis 18.45 Uhr.  Das Interview mit Wolfgang Miessmer ist am 18. September dran.

 

 

Mundart in die Schule - LehrerInnen dringend gesucht

Arbeitskreis Alemannische Heimat tagte in St. Peter / Erich Birkle als Vorsitzender wiedergewählt

Der Arbeitskreis Alemannische Heimat Freiburg, der seine Mitgliederversammlung in St. Peter abhielt, konnte auf zahlreiche Aktivitäten zurückblicken und bestätigte seinen Vorsitzenden Erich Birkle im Amt. Auch die übrigen Vorstandsmitglieder wurden größtenteils wiedergewählt.

Den Mitgliedern lagen neue Broschüren und Veröffentlichungen vor, die auch dem Außenstehenden schnell deutlich machten, wie intensiv und gründlich der Arbeitskreis Heimatgeschichte aufarbeitet und sie den Mitgliedern und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich macht. Dabei, das wurde in der Aussprache hörbar, würde man sich noch etwas mehr Beachtung in den regionalen Medien wünschen. Eine besondere Aufmerksamkeit verdiene es, Mundart in die Schule zu bringen, zumal es die Heimatkunde in der früheren Art nicht mehr gebe, hieß es in der Versammlung. Darüber könne man verschiedener Meinung sein, Tatsache sei indes, dass die Schüler großes Interesse an ihrem direkten Lebensumfeld zeigen. Das lasse sich mit dem schönen Wort Heimat umschreiben. Kritisch wurde bemerkt, dass nicht nur das Unterrichtsfach Heimatkunde nicht mehr gebe, sondern das auch die Lehrer fehlten, die es unterrichten könnten. Die Lehrer wohnten meist nicht mehr im Ort, dadurch fehle ihnen natürlich auch die Bindung zum Schulort. Kritisch wurde bemerkt, dass man es oft mit "Fahrlehrern" zu tun habe. Doch da und auch in anderen Lebensbereichen müsse man sich wohl damit abfinden, dass sich die Welt verändert hat.

Erschreckende Vereinsmüdigkeit
Dem Engagement der Mitglieder des Arbeitskreises und der mit ihm verbundenen Vereinigungen stehe eine erschreckende Vereinsmüdigkeit gegenüber, hieß es weiter. Das sei nicht nur bei der Tracht so, wie die Geschäftsführerin des Bundes "Heimat und Volksleben" , Ursula Hülse, in ihrem Bericht bemerkte. Immer weniger Menschen wollten sich in die Verantwortung nehmen lassen und noch weniger seien bereit, sich in Vorstandsämter und andere führende Aufgaben wählen zu lassen. Das bringe all denen Anerkennung, die in diesen Dingen eine andere Einstellung haben. Seit 1977 wird in Südbaden der "Tag der Heimat" gestaltet. 1975 wurde der "Alemannische Gesprächskreis" gegründet. Er sollte Vereinen und Verbänden einen ständigen Gedanken- und Erfahrungsaustausch ermöglichen. In den siebziger Jahren wurden in Baden-Württemberg die Heimattage eingeführt. Später bildeten sich Arbeitskreise für die Heimatpflege. Die Politik gab ihnen einen hohen Stellenwert. In Südbaden war der damalige Regierungspräsident Norbert Nothhelfer der Erste Vorsitzende des Arbeitskreises. Der Arbeitskreis, der jetzt in St. Peter tagte, möchte die bisher erfolgreiche Arbeit fortsetzen. An guten Ideen und viel Arbeit, manchmal nur auf wenige Schultern verteilt, werde es nicht fehlen. Zum Abschluss ihrer Mitgliederversammlung besuchten die Mitglieder die Barockkirche St. Peter und das Geistliche Zentrum, wo sie an einer Führung teilnahmen.
Wolfgang Grosholz, 19.8.2008, BZ

 

Raus aus den dunklen Stuben

Das Alemannische wird nicht aussterben, es braucht aber frisches Blut –Wie sich der Dialekt verändert

Wie sich die Zeiten ändern: Noch in den 70er-Jahren, daran erinnert sich Eckart Frahm heute lachend, war der Dialekt der Feind des sozialen Aufstiegs. „Dialekt galt als größte Bildungsbarriere, und es herrschte weitgehend Einigkeit darüber, dass man ihn in der Schule abtrainieren müsse." Noch in den Achtzigern hörte man Aussagen wie „Wir sind hier am deutschen Gymnasium", sprach man mit zu viel Akzent. Und Mitte der Siebziger gab es Sprachwissenschaftler, für die der Tod des Dialekts nur noch eine Frage der Zeit war. Wie sich die Zeiten ändern: Von „Zeit" bis „Spiegel" wird der Vormarsch des Dialekts ausgerufen. Eckart Frahm ist heute Leiter einer der wichtigsten Dialektforschungsstellen, der Tübinger Arbeitsstelle Sprache im Südwesten. Das Kultusministerium verweist stolz auf das Programm „Mundart in der Schule"; Uli Führe (Oberried) vertont Mundartgedichte von Markus Manfred Jung (Wehr) und erhält dafür den „Deutschen Schallplattenpreis". Selten haben sich sich so viele um die Mundart bemüht – und zwar nicht nur die einschlägigen Brauchtums- und Heimatvereine in ihren dunklen Gaststuben. Was den Dialekt stark und schützenswert mache, erläutert Friedel Scheer-Nahor, die Geschäftsführerin der Muettersproch-Gesellschaft, sei seine Emotionalität. Er sei die Sprache unter Freunden und Bekannten, und lasse bei vielen ein Gefühl der Geborgenheit aufkommen. „Außerdem ist der Dialekt sprachlich vielfältiger", sagt Friedel Scheer-Nahor und denkt dabei an Begriffe wie „munkelebruun", der ein undefinierbares Braun umschreibt. Wohl keiner weiß das besser als Rolf Post. Er arbeitet an der Uni Freiburg am „Badischen Wörterbuch", das nach rund 100-jähriger Geschichte in zehn Jahren vielleicht fertig sein könnte. 1,8 Millionen Belege für Dialektausdrücke und -aussprache durchpflügt er, derzeit arbeitet er am Begriff „Schokolade". Für den Forscher ist der Verlust von Eigenheiten, Ausdrücken und Bezeichnungen ein kultureller. Noch wichtiger aber: Der Dialekt, sagt Post, ist für die Sprecher identitätsstiftend und verankere die Menschen in einem kulturellen Raum. Und Post macht die Beobachtung, dass der Rückgriff auf das Regionale umso größer wird, je weniger die globalisierte Welt dem Einzelnen Halt verspricht. Dialekt, das ist der Seele eingravierte Heimat.

Das Stigmata ist weg
Der Dialekt bei Kindern erhöhe zudem die Sprachsensibilität, sagt Mundartdichter Markus Manfred Jung, der am Theodor-Heuss-Gymnasium Schopfheim Deutsch unterrichtet. Studien hätten ergeben, dass Kinder, die von klein auf Dialekt und Hochsprache kennenlernen, Vorteile beim Lernen von Fremdsprachen haben. Jung begrüßt, dass die Zeiten, in denen Eltern untereinander Dialekt redeten, mit den Kindern aber Standarddeutsch, weitestgehend vorbei sind: „Es hat sich vieles entkrampft. Die Mundart wird nicht mehr so sehr stigmatisiert." Tatsächlich zeigen zumindest die Umfragen des Instituts Allensbach, dass sich immer mehr Menschen zum Dialekt bekennen. 1966 gaben noch 67 Prozent an, Mundart zu benutzen, heute sind es 73 Prozent. Das, so Post, müsse nicht zwingend bedeuten, dass es tatsächlich mehr Dialektsprecher gibt – zumal andere Untersuchungen einen Rückgang bei Jugendlichen  feststellen. Sicher zeige diese Zahl aber, dass sich das Prestige des Dialekts allgemein verbessert habe und man nun öffentlich stärker dazu stehe. Ohne Sorge zu haben, als bäuerlich oder hinterwäldlerisch zu gelten. Die Muettersproch-Gesellschaft geht aus diesem Grund an die Schulen. Für jeweils eineinhalb Stunden kommen alemannische Autoren, Dichter und Musiker in  die Klassen und machen den Kindern Mut zum Dialekt. „Die Kinder sind meistens sehr begeistert", betont Friedel Scheer-Nahor, die bei ihrem eigenen Sohn beobachtet, wie die Mundart beim Chatten und SMS-Schreiben zum Zuge kommt. „Dialektpflege darf aber nicht nur Brauchtumspflege sein", sagt Philipp Stoeckle, sonst drohe die Sprache museal zu werden und junge Leute nicht zu erreichen. Der Germanist hat mit Kollegen der Uni Freiburg Hunderte von Interviews zur Verwendung des Dialekts in Südbaden geführt. Gerade läuft die Auswertung. „Kindergarten und Schule", sagt Stoeckle, „dürfen Kindern nicht signalisieren, dass der Dialekt falsch sei." Immer wieder bekamen er und seine Kollegen solche Beobachtungen zu hören. Rudolf Post möchte durchaus Stolz vermitteln auf „diese alte Sprache mit ihrem großen Reichtum". Die nicht etwa „ungebändigter" oder „schludriger" sei als die Standardsprache, sondern selbst ein ausgefeiltes Regelwerk besitze. Die Dialekte werden in den Schulenmittlerweile in den Lehrplan eingebunden, berichtet Markus Manfred Jung. Dialekt und Hochsprache sollten gleichwertig behandelt werden, fordert er: „Eine Sprache schlecht zumachen traumatisiert die Kinder." Aus dem Kultusministerium heißt es gleichwohl: „Die Unterrichtssprache ist Hochdeutsch, das wissen unsere Lehrer." Dem Dialekt hilft auch das, was Jung und andere Mundartautoren seit Jahren tun: Mundartdichtung wegzubringen von Heimat und Gänseblümchen, ihre Eigenheiten zu nutzen und in zeitgenössische Gedichte und Geschichten einzuarbeiten.

Das weltläufige „Bächle"
So sehr sich der Dialekt entgegen vielen Prognosen behauptet hat, so sehr ist er zugleich dem Wandel unterzogen. „Durch eine völlig veränderte Mobilität verschleifen sich die kleinräumigen Eigenheiten mit der Zeit bis sie irgendwann ganz aussterben, zudem gleicht sich der Satzbaumehr dem Hochdeutschen an", beobachtet Friedel Scheer-Nahor. Mit dem Wegfall alter Lebenswelten verschwinden zudem manche Wörter. Philipp Stoeckles Untersuchungen bestätigen das. So werde in Freiburg und entlang dem Rhein das schriftsprachliche „ei" stärker. Nimmt man sich also eher Zeit statt Zit. Gerade in Städten wird auch die alemannische Verkleinerungsformli zugunsten der allgemeiner süddeutschen -le aufgegeben. Ein „Bächli" komme vielen hinterwäldlerischer vor als das weltläufigere „Bächle". Die Mundart sterbe deswegen zwar nicht, sie schleife sich aber ab und entwickle sich zu einer großräumigeren, einheitlicheren Variante. „Es sprechen doppelt so viele Menschen Alemannisch wie Norwegisch", sagt Markus Manfred Jung mit einem Schmunzeln. In der Alltagssprache jedoch habe die Mundart an Bedeutung verloren. Seine Tochter, erzählt Jung, spreche nur mit ihm und ihrer Mutter im Dialekt. Sonst nicht. Und auch Kinder, deren Eltern Dialektsprecher sind, reden mittlerweile häufig lieber hochdeutsch. Jung sieht zwei Gründe dafür: zum einen die Sozialisierung in den Kindergärten, zum anderen den Einfluss der Medien. Dabei sind die süddeutschen Dialektgebiete noch privilegiert. Offenbar hilft es der Mundart, dass es viele Abstufungen zwischen reinem Dialekt und reiner Hochsprache gibt. Mischformen, die je nach Grad an Formalität einer Situation mal dialektgefärbter, mal schriftdeutscher ausfallen. Im Norden dagegen habe der Sprecher nur die Wahl zwischen Standarddeutsch und Platt. Dazwischen gibt es wenig. Entsprechend stark ist Plattdeutsch lange verdrängt worden. In der Schweiz begegnet man übrigens demselben Phänomen. Doch nicht mit derselben Wirkung. Auffallend auch, dass anders als Freiburg Städte wie Bern, Zürich und Basel geradezu als Dialektzentren gelten. Die Basler haben ganz andere Sorgen. . Pisa hat sie aufgescheucht: Das Leseverständnis der Schweizer Schüler ist verbesserungswürdig. Also kündigte das Erziehungsdepartement an, dass die Erzieherinnen in den Kindergärten künftig Standarddeutsch sprechen sollen. Die „Basler Interessengemeinschaft Dialekt" kämpft dagegen an. Der Vorsitzende Jost Müller Vernier bezeichnet die Regierungsweisung als „Überreaktion", da die Deutsch-Schweizer Kinder bei Pisa immerhin im oberen Mittelfeld vertreten seien. Rudolf Suter, Mitglied und Autor zweier Bücher über das Baseldeutsche, beklagt, dass bereits in den Familien häufig kein Dialekt mehr gesprochen werde. Nur noch ein Drittel bis die Hälfte der Menschen in Basel sprächen den Dialekt der Stadt. Die Initiative fordert daher, den Dialekt als Grundsprache in den Kindergärten zu etablieren – und dem Hochdeutschen nur ein „Fenster" einzuräumen.

gtr, mey, raz, Sven Meyer, 13.7.2008, www.der-sonntag.de

 

Ausstellung 16.4.-15.5.2008 der Muettersproch-Gsellschaft in Sparkasse FR

Vier Wochen lang gibt es konzentrierte Mundart in der Sparkasse Freiburg. In der Ausstellung "Alemannisch dunkt üs guet" zeigt die Freiburger Regionalgruppe der "Muettersproch-Gsellschaft" alle Facetten des hiesigen Dialektes. Klaus Poppen (77) ist ehemaliger Präsident des Vereins und Initiator der Aktion. Mit ihm sprach BZ-Redakteurin Ulrike Derndinger.


BZ: Herr Poppen, wenn jemand sagt: Alemannisch ist dumm und bäurisch. Verletzt Sie das?
Poppen: Nein. Das verstehe ich. Weil die "Intelligenten" normalerweise nicht Alemannisch reden. Aber auf der Skihütte oder im Eugen-Keidel-Bad zum Beispiel — da sind sie entspannt und reden Mundart. Ohne den Dialekt wären die engagierten Studenten damals in Wyhl gar nicht bei den Kaiserstühlern angekommen.
BZ: Wen wollen Sie in die Ausstellung locken?
Poppen: Die Alemannen. Die ganz normalen Leute, die beim Einkaufen sind. Wir haben die Ausstellung nicht gemacht für Studenten oder Professoren.
BZ: Und sie soll auch nicht missionieren?
Poppen: (vehement) Doch! Wobei "missionieren" zu fanatisch klingt. Wir wollen die Leute in ihrer Mundart stärken. Sie sollen sehen, dass es sie weiterhin gibt und was sie einem geben kann. Sie sollen sagen: Henai, des hämmer gar nid gwisst, dass es Alemannisch eso verbreitet isch un uns eso viel git.
BZ: Wie verbreitet ist es denn?
Poppen: Wir haben auf 45 Tafeln alles zusammengekratzt, was Alemannisch ist. Das badische Wörterbuch der Uni, alemannische Wirtshausnamen, Sprachkarten, die Glosse Lueginsland der BZ, Autoren und Liedermacher, Kirche und Mundart, die Muettersprochgsellschaft und noch viel mehr.
BZ: Bieten Sie nur harmlose alemannische "Gschichtle" ?
Poppen: Nein. Wir sagen auch, dass zum Beispiel der Autor Burte umstritten ist oder wir thematisieren den Kampf um Wyhl. Nur: Eine Ausstellung, die Laufkundschaft ansprechen soll, darf nicht nur belehren, sie muss unterhaltsam sein.
BZ: Ausstellung klingt allerdings statisch — Sprache fließt.
Poppen: Mundart wird gesprochen. Jetzt nagle emol e gesproche Wort an d’Wand! Ein Glücksfall war, dass sich eine Klasse der Freiburger Grafikschule für die Ausstellung begeisterte. Die haben geschafft wie verrückt. Sie haben auch die Maskottchen "Luegi" und "Gugga" entworfen und ein tolles Konzept geschaffen. Für Besucher mit wenig Zeit ist alles auf den ersten Blick zu erfassen. Für Besucher mit viel Zeit bieten wir Hintergrundwissen.
BZ: Können die Besucher auch ihr Alemannisch testen?
Poppen: Ja. Es gibt ein Quiz am Computer. Wenn man die richtigen Kreuzle macht, kommt: "So isch’s recht" . Das Ergebnis drucken wir aus und die jungen Leute, an die wir uns vor allem damit wenden, können es daheim aufhängen. Und schon wieder haben wir in eine Familie Alemannisch reingebracht! Außerdem ist immer jemand von uns da, für Fragen oder Gespräche.
BZ: "Eltern, schwätzt mit Kindern Alemannisch" regen Mundartler an. Auch in der Ausstellung. Wäre es heutzutage nicht sinnvoller, ihnen Englisch beizubringen?
Poppen: Das lernen sie doch sowieso! Aber wenn die Kinder mitkriegen, dass es zwei Sprachen gibt — Hochdeutsch und Alemannisch — stellt sich das Gehirn darauf ein. Später ist es für sie dann erwiesenermaßen leichter, weitere Fremdsprachen zu lernen.
BZ: Vermutlich können Sie den Dialekt auch mit der Ausstellung nicht retten.
Poppen: Retten hört sich sehr pessimistisch an. Wir sehen das nicht so. Wir wollen auch nichts Verkrampftes. Aber die Sprache ist halt meine Identität. Mein Merkmal. Und für die setze ich mich ein. Ich war mal anderthalb Jahre in Südamerika. Wenn du in Ecuador jemanden triffst, der Alemannisch schwätzt, weißt du, dass er das Freiburger Münster kennt, den Kaiserstuhl, Basel und den Feldberg! Das schafft Gemeinsamkeit. In Köln habe ich drei Jahre gearbeitet. Wenn ich mit dem Zug nach Hause gefahren bin und Alemannisch gehört habe — da isch mir s’Herz ufgange! Das kann man nicht rational erklären.
12.4.2008, BZ

Alemannisch-Ausstellung der Freiburger Gruppe der Muettersproch-Gsellschaft, vom 16. April bis 15. Mai in der Meckel-Halle der Freiburger Stadtsparkasse, Kaiser-Joseph-Straße 186-190, dienstags, mittwochs, freitags 9 bis 16 Uhr, montags und donnerstags 9 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Nach Rücksprache Führungen: 07661/1236.

 

verfranselt diini flügel: Neuer Gedichtband von Markus-Manfred Jung

Lyrischer Sound statt Gesinnung / Neue Gedichte vom Mundart-Autor Markus-Manfred Jung

Es gab Zeiten und die liegen noch gar nicht weit zurück, da waren Mundart und Mundartliteratur reichlich mit Weltanschauung befrachtet. Von Protestbewegungen wie den Atomkraftgegnern am Kaiserstuhl in den 1970er und 80er Jahren als authentischer Code der Kritik identifiziert — "Nai hämmer gsait" — und politisch aufgeladen, war sie für andere Symbol und Schutzraum bedrohter Traditionen und Werte: Weltverbesserer versus unverbesserliche Nostalgiker, dazwischen tiefe Gräben bis zum Glaubenskrieg. Die weitere Entwicklung hat diese Lager schmelzen lassen, wie der Klimawandel die Gletscher; mittlerweile hat sich Mundart emanzipiert von jeder Vereinnahmung. Vor allem die Lyrik hat sich als eigenständige Kunstform etabliert als "lyrischer Sound von Heimat in einer globalen Welt" , wie Markus Manfred Jung vor einem Jahr im BZ-Interview befand.

Der 1954 in Zell geborene und mittlerweile in Wehr lebende Autor und Organisator der heute beginnenden Schopfheimer Mund-Art Literatur-Werkstatt reizt diesen "lyrischen Sound" immer konsequenter und weiter aus. "verfranslet diini flügel" sein neuester, dieser Tage im Gutacher Drey-Verlag in einer kleinen Auflage von 500 Exemplaren erschienener und von der Steinenerin Bettina Bohn illustrierter Lyrikband, belegt diese Entwicklung von der Gesinnung zur Ästhetik einmal mehr. Diese ist in dem Bändchen vorderhand geprägt von "chraihjigem gschrei" , von "schlagschatte" oder "flattre" : Mehr als die Hälfte der rund 50 Gedichte widmet sich den Krähen, die von der Mülldeponie Lachengraben, "d’schutti vom Kreis" ins Rhein-, ins Wehra- und ins Wiesental ausschwärmen: "quaag totechopf mit flügel du hocksch uf nocbers/dach & totegschädlete flügelwisch federgripp" — das haftet bei der Lektüre so fest, dass es der Assoziationsstrom beim Anblick einer Krähe unweigerlich an die Oberfläche spült. Doch das lyrische Ich, das in solchen Zeilen bildmächtig zu seinen Lesern spricht, beschränkt sich nicht auf pure Naturbeschreibung; vielmehr klingen in einem lakonischen Ton existenzielle Themen an. Das kann die Vergänglichkeit sein und das erbarmungslose Fressen und Gefressenwerden der biologischen Natur; das kann aber auch Hoffnung sein, ein Gutzureden, das den Vogel zur Folie sozialer Muster macht wie in "los d fägge nit/hängge/vertschüpplete vogel/ d sunnen isch/nummen am en andere/berg/wenn du si nit/sihsch/& " Andere geraten im augenzwinkernden Lob auf die Intelligenz (der Vögel) zum ironischen Spott auf die Gesellschaft wie "karfrittig" oder auch zum philosophischen Staunen vor der rätselhaften Weisheit der Natur "woher spürt s de quaag/ dass du/in de hand/kei stei häsch/wenn uf en ziilsch" . Im letzten Viertel setzt sich Jung, im Hauptberuf im übrigen Lehrer am Theodor-Heuss-Gymnasium in Schopfheim, dann noch "gallig" , "schliimig" oder "liichtblüetig" mit dem menschlichen Temperament auseinander. Immer aber spielt er die Sprache fast wie ein Instrument. Radikalisiert und verknappt die Form vom Telegrammstil bis hin zum Silbenhack, der jedem Laut seinen Raum lässt. Das hat mit heimattümelndem "Bi uns kammer au alemannisch schwätze" etwa so viel zu tun wie ein Rollmops mit dem Schluchsee. Nein! Jung pflegt in einzelnen Passagen sogar ein Mundart-Dada, das ganz neue lyrische Klangdimensionen eröffnet. Und auch inhaltlich stoßen die Gedichte in ihrer reduzierten, lapidaren, an Bestandsaufnahmen erinnernden Benennung fundamentaler Aspekte des Seins vor in elementare Räume; manche erinnern gar an die politische Naturlyrik eines Günter Eich oder Peter Huchel nach dem Zweiten Weltkrieg. Vermutlich ist es auch kein Zufall, dass eines der Gedichte Peter Huchel gewidmet ist.
Michael Baas, 11.4.2008, BZ


Markus-Manfred Jung: verfranselt diini flügel. Drey-Verlag, 2008. 80 Seiten, 20 Euro.
Mund-Art Literatur-Werkstatt Schopfheim, 11. bis 13. April; Auftakt, heute, 20 Uhr mit einer Lesung im Stapflehus Weil am Rhein; weitere Lesung Samstag, 20 Uhr, Museumskeller Schopfheim. Jeweils und unter anderem mit Liliane Bertolini aus Colmar, Ulrike Ebert aus Müllheim, dem schwäbischen Liedermacher Thomas Felder, Markus Manfred Jung und Helga Pankratz aus Wien.

 

Pflaum & Sesterhenn: Mit der Sprache spielen

Unter dem Stichwort "Besser goht s nit" mit "Pflaum & Sesterhenn" lud die Kleinkunstbühne Burg, "3Sam" zum Mundart-Abend in die Große Stube der Talvogtei in Kirchzarten ein.

"He, so e Bledsinn, worum duet mer so ebber iilade, wenn s it besser goht?" , hätte Anzeigenleser die ersten drei Worte hinterfragen können. Hat er aber nicht: Denn die, die die Große Stube füllten, wussten ganz offensichtlich um das so ungeschriebene wie positive Ausrufezeichen hinter dem Motto des Abends. Wenig Platz blieb Stefan Pflaum und Raimund Sesterhenn auf ihrer kleinen Bühne, zwischen Fluter, Stuhl, Notenständern, einem musikalischen Hocker, Mikrofonanlage und diversen Instrumenten.
No sin sie naghuckt, selli Zweii, nochemme artige Diener vor de Litt. No isch s losgange, sell Programm vu de Sprooch - un de Sprooch hinder de Sprooch. Denn das gehört zum Hobby der beiden sprachwissenschaftlich Tätigen, Raimund Sesterhenn, Direktor der Sprachschule für studierende Ausländer in Freiburg, und Stefan Pflaum, Fachleiter darin: Buchstaben und Worte als Sprache zum Klingen zu bringen, sie mit Sinn zu füllen. Laute Malerei war dabei nicht angesagt! Stefan Pflaum spitzte seinen Sprach- und phonetischen Zeichenstift für die Zwischentöne zu Gedichten, Geschichten, Glossen und Haikus, Dialekt und Hochsprache. Von "Herzbobbere" und "Heidegger" , vom "Ding her gsähne" und "Fast" und "beinahe" sind noch lange nicht "quasi" bis "Culinaria" bis "Wellness-Kurse" .

Mittels Stimme ließ er die Konturen — mit und ohne seine Handharmonika - vortreten oder verblassen. Raimund Sesterhenn füllte die Flächen dazwischen mit Saxophon, Gitarre und trommeln auf seinem Sitzmöbel. Von "do muesch mengis richtig hirne, wenn s eso schnell goht" bis "eifach genial" ließen sich die Kommentare in der Pause auffangen; ja, miteinander zu kommunizieren ist nicht das Einfachste! Das wissen die Akteure nur zu gut. Beide lieben sie Sprache(n) und schätzen sie. Ihre Leistung um des Menschen persönlichstes Ausdrucksmittel, seine Mund-"Art" , ist nicht hoch genug zu schätzen. Erst recht nicht die Kunst, wie sie es tun. Sie pflegen Sprachkultur und fördern Auseinandersetzung mit ihr, ohne plumpe Leutseligkeit, authentisch und identisch mit dem Leben. Zu sprechen heißt, mit Ansprache und Aussprache Ausdruck und Anklang finden — Kommunikation eben, vielschichtig, mit Respekt. Mit dem Charme dessen, was "Muttersprache" ausmacht und dazugehöriger Toleranz. Was 3Sam-Vorsitzende Petra Zentgraf dem Publikum angekündigt hatte, entpuppte sich zu Gehirnjogging vom Feinsten.
Monika Rombach, 4.1.2008, BZ

 

Alemannisch ist nicht automatisch Bauerntheater

Anspruchsvolles in Mundart / Die Alemannische Bühne Freiburg gastiert mit dem Krimi "D’Falle" im Neustädter Hof

Sonntagabend ist Krimizeit. Diese Verknüpfung ist in den Köpfen fest verankert. Doch es muss nicht immer der gewohnte allwöchentliche Fernsehkrimi sein. Der Kursaal des Neustädter Hofs war am Sonntag so voll wie nie, als die "Alemannische Bühne Freiburg e.V." dem Hochschwarzwälder Publikum "D´Falle" präsentierte. "Oh, noch jemand unter 40" , der Ausruf einer Zuschauerin beim Anblick einer Bekannten bewies: Das Publikum war nicht mehr ganz blutjung. Der Regisseur Armin Holzer weiß, warum: "Mit dem Wort ,alemannisch’ wird oft fälschlicherweise Bauerntheater verbunden, doch das ist eben gar nicht der Fall." Die Alemannische Bühne bringt spannende , moderne und anspruchsvolle Stücke in Mundart auf die Bühne. Die 1960 entstandene Kriminalkommödie des französischen Autors Robert Thomas "Die Falle" (org. "Piege pour homme seul" ) bearbeitete Regisseur Holzer selbst und übertrug es in die alemannische Mundart. Die Handlung ist so spannend wie amüsant: Daniels Frau verschwindet auf mysteriöse Weise. Der Ehemann sucht Rat beim Kommissar, doch plötzlich taucht eine Frau auf, die behauptet, die Vermisste zu sein. Der vermeintlich falsche Arzt bestätigt deren Identität. Verzweifelt versucht Daniel den Kommissar vom tatsächlichen Verschwinden seiner Frau zu überzeugen. Die Handlung, wie könnte es anders sein, spielt um Freiburg. Das Allemannisch ist breit doch meist glaubwürdig, die Schauspieler sind mit dem Dialekt aufgewachsen und verwurzelt. Die Figuren echt und teils genial besetzt, der Lebenskünstler Anton Wissler alias "Kuckuck" beispielsweise. "In und um Friburg, an de Dreisam hab i so e Residenz" . Dem ehemaligen Polizisten Fritz Meyer nimmt jeder den Obdachlosen Künstler mühelos ab. Die unheimliche Frau , die sich plötzlich in Daniels Leben drängt, wird von Anja Faller wunderbar als eiskaltes Kampfweib dargestellt, ihre schwarze Lederhose wirkt bereits alleine gefährlich. Bernd Geiger alias Daniel wird immer mehr in eine hoffnungslose Situation verwickelt, droht den Verstand zu verlieren & Ungewöhnliche zwei Pausen hatte der Krimi, die Stimmung der Zuschauer war gehoben, die Spannung stieg bis zum überraschenden Schluss. Die Theaterbesucher genossen nicht nur die eingängige Handlung, sondern auch den Dialekt. Die Alemannische Bühne versteht sich als "alte Freiburgerin" und ist in ihrer Art eben ganz besonders. Und das ganz sicher nicht nur für die reifere Generation, sondern tatsächlich für Jung und Alt.
Marion Pfordt, 29.11.2007, BZ

 

I hans wirglich drei Mol schdudiert

So lang wiene scho in däre scheane Gegnd läb, bene jedn Samschdig drauf gschbannt, was uire Mondartkenschtlr wohl wiedr zsammabaschdlt hent. Desmol hane guet gfonda, dassr die Audore au amol näer vorschdellet. Ond wone no ’s Fodo von uirer nuie Redagderin gsea han, hane denkt: Wenn se so nett lacht, no wurd se au ebbes Luschdigs schreibe. Abr saget amol: Hent ihr von dr Zeidong denn et zärscht gläse, was dui uich do ondrgjubelt hat? Ihr Kirzeller Dialäggt wurd ja scho echt sei, abr ihr Thema!? I hans wirglich drei Mol schdudiert ond han ämml no koi Ahnong, was dui guade Frau Derndenger hat sage welle mit ihre grischtliche Henne ond Iigl ond Grodde. I wisst au beim beschda Wille et, ob dees älles arg luschdig hätt sei solle. Also, ebbes Iibrmäßigs isch ihr Eischdand auf gar koin Fall gwäse. I mach uich en Vorschlag: Schigget die Frau doch end Lehr zom Harald Noth noch Obrrotweil, bevorer se nomol effentlich kadolisch odr evangelisch gaggere lasset.
BZ-Leserbrief vom 10.11.2007 von Hermann Metz, Breisach

 


Friedel Scheer-Nahor - fsn

Die Fünfzigjährige, die gemeinsam mit ihrer Familie in Breisach lebt, arbeitet schon seit etwa zwölf Jahren für die Lokalredaktion. Damals hatte sie auf gut Glück einen Artikel über das Kindergartenfest ihres Sohnes an die Badische Zeitung geschickt und prompt wurde sie von Redaktionsleiter Gerold Zink gefragt, ob sie als freie Mitarbeiterin für die Breisacher Lokalredaktion arbeiten möchte. Seither schreibt sie überwiegend über soziale und kulturelle Ereignisse. Oft besucht sie mit ihrem Mann, dem Fotografen Ari Nahor, der dann für die Fotos sorgt, Konzerte und Kunstausstellungen in unserer Region. Außerdem berichtet sie häufig über Veranstaltungen im Blauen Haus in Breisach. Hauptberuflich ist die Kunstliebhaberin allerdings in der Uni in Freiburg im Deutschen Seminar tätig. Dort arbeitet sie halbtags am "Badischen Wörterbuch" . Dieser Tätigkeit ging ein Studium der Germanistik und Volkskunde in Freiburg voraus. Zuvor hatte sie schon in Köln Sozialpädagogik studiert. Neben ihrem Engagement im Berufsleben und im Blauen Haus setzt sie sich außerdem für den Verein "Muettersproch-Gsellschaft" ein. Hier ist sie im Dachverband des 3500 Mitglieder starken Vereins für die Koordination des halbjährlich erscheinenden Vereinshefts zuständig
Saeah-Lena Stein, 2.11.2007, BZ


 

Lueginsland - mit Ulrike Derndinger künftig fünf Autoren

Das männliche Kleeblatt bekommt weibliche Verstärkung: Von heute an schreibt Ulrike Derndinger alle fünf Wochen eine Mundart-Glosse für die Lueginsland-Rubrik. Die Redaktion nutzt die Gelegenheit, alle fünf Autoren vorzustellen.

Ulrike Derndinger ist quasi eine Entdeckung der BZ-Redaktion. Im Januar 2005 gewann die heute 30-Jährige beim BZ-Mundartwettbewerb "Mir sueche die Beschde" den ersten Preis in der Kategorie Prosa. Im gleichen Jahr begann die studierte Diplom-Theologin eine journalistische Ausbildung (Volontariat) bei der BZ. Dem Alemannischen blieb sie dennoch treu und schrieb neben den hochdeutschen Zeitungstexten weiter Gedichte und Geschichten in Mundart, die sie schon bei zahlreichen Auftritten zum Besten gab. Seit kurzem arbeitet sie nun als BZ-Redakteurin in Lahr, und die neue Stelle hat die langjährige Wahl-Freiburgerin auch zurück zu ihren Wurzeln geführt. Denn "Uli" Derndinger stammt aus Kürzell. Dort hat sie auch die typische Dorfsprache aufgeschnappt, die so karg und so voll gepackt ist mit Skurrilem, dass die Autorin selbst sie am liebsten mit einem Wort umschreibt: sexy.

Martin Schley wurde 1950 in Freiburg geboren. Sein Werden beschreibt er so: "Vater: Kunstmaler, Grafiker, Heraldiker. Von ihm lernte ich, dass Gefühlsbewegung sichtbar werden kann. Mutter: Tochter eines Geschäftes, das die feine Freiburger Gesellschaft mit Porzellan und Tafelsilber belieferte. Beherrschte die guten Sitten und hüpfte beim Erzählen spielend von Rolle zu Rolle." Schley sollte Kaufmann werden — aber er vergnügte sich lieber als Discjockey und studierte Sozialpädagogik. Seit 1983 ist er freischaffender Künstler als Kabarettist, Autor, Schauspieler, Moderator in Radio und TV, Puppenspieler und Theater-Regisseur. Er lebt in Freiburg-Wiehre.

Am 5. Oktober 1954 wurde Markus Manfred Jung in Zell im Wiesental geboren, und er wuchs in Lörrach auf. Heute lebt er in Wehr. Studiert hat er Germanistik, Skandinavistik, Philosophie und Sport in Freiburg und in Oslo. Nach seinem Beruf befragt, nennt er zwei: Gymnasiallehrer und Schriftsteller.In der Lyrik geht es Jung vor allem darum, das eigene Sprachinstrument "Mund-Art" in einer zeitgemäßen Weise zum Klingen zu bringen. Er schreibt Gedichte, Geschichten, Theaterstücke und Hörspiele in Mundart und Hochdeutsch. Seit 2006 ist er Präsi des Internationalen Dialektinstitutes in Innsbruck. Jährlich organisiert er die Mund-Art Literatur-Werkstatt Schopfheim. Die Liste hochkarätiger Auszeichnungen ist lang.

Harald Harald Noth, Jahrgang 1949, wuchs am Kaiserstuhl auf und lebt dort auch mit seiner Frau und seinen zwei schulpflichtigen Kindern. Er arbeitet tagsüber in einem handwerklichen Beruf, nachts schreibt er für das alemannische Wikipedia und für die Spalte Lueginsland. Harald Noth hatte schon immer eine Schwäche für Sprachen — er hat zum Beispiel fließend türkisch gelernt. Den Mut, sich mit seiner eigenen Sprache zu befassen, fasste er in den 70er Jahren im Zusammenhang mit der Anti-Akw-Bewegung in Wyhl. Für ihn verlange die Frage "Warum im Dialekt?" keine Antwort, sondern die Gegenfrage "Warum geht man von seiner Muttersprache ab?"

Wendelinus Wurth ist 1953 in Renchen geboren und aufgewachsen im Markgräfler- und Hanauerland. Er studierte Englisch, Deutsch, Sport und Volkskunde in Freiburg, Iowa City und Detroit, er arbeitet als Lehrer, Übersetzer und Verleger und lebt mit Frau und Kind in Gutach. Zahlreiche Geschichten hat er geschrieben, seine Gedichte erhielten mehrere Auszeichnungen, zuletzt beim Haiku International Contest (Japan) 1994 und beim Wettbewerb der Deutschen Haiku-Gesellschaft 1995. Er ist Mitglied im Internationalen Dialektinstitut Innsbruck, dessen Präsident Markus Manfred Jung ist.

27.10.2007, www.badische-zeitung.de


 

Adje Conrad

De elsässisch Dichter Conrad Winter isch tot. Er hät zue däne ghört, wo in de Sibzgerjohr s Elsässischi als Dichterischi Sprooch für de Protescht gege Chemiifabrike un Atomkraftwerk bruucht hän. Bis dört ane hät er numme uf Franzeesch gschribe. Er hät mit Elsässisch agfange als reini Provokazion, wien er s selber zugä hät, gege d Sprooch vo de Macht. Aber dänoo hät er sich selber in sinre Muetterschprooch gfunde un isch blibe däbii. "Lieder vunn de Sunnebluem" , so poetisch hät er sini Proteschtgedichter sellemools gnennt, "Widerhakensprüche" hät er uf dütsch in s Gedächtnis pflanzt. Si Lyrik ghört zum Schönschte, was in de letschte fuffzig Johr uf elsässer-alemannisch gschribe worden isch. Trotz eme himmeltruurige Grundton in siine Text hät er allewiil d Chraft zum Lebe, zum Überlebe prise. "Ich will lewendi sinn" , hät si letschte Gedichtband ghiße. Er isch gschtorbe, aber siini Gedicht lebe wiiter, si nemme d Sunnen an s Leitseil:

nimm d’Sunn an’s Leitsel
pack ’s Johr bi de Hoor
rüehr ’s Ländel mit ’re Hau
pflanz din Läwe in de tiefschte Muedergrund
nimm d’Sunn an ’s Leitsel
de Brueder bi de Hand
un d’Welt in dini Ärm

Markus Manfred Jung, 20.10.2007, Lueginsland

 

Scheunenfest in der Halde mit Martin Wangler



Als wohltuende Ergänzung zur Alemannischen Woche - und das in immerhin in 1147 m.ü.M. - hat sich das Scheunenfest im Hotel Die Halde etabliert. Ein mehrgängiges Menü, untermalt durch gehobene Kleinkunst, das Konzept geht immer wieder auf. In diesem Jahr war es Martin Wangler, der die Zuschauer an zwei Abenden in der vollbesetzten Scheune unterhielt. Unter dem Motto „Komm mir singen noch eins, dann ist es nicht so schlimm“ gab er sein Programm „Breitnau Calling“ zum Besten. „Heimweh“ war denn auch sein Motto, das sich wie ein roter Faden durch den Abend zog. Virtuos untermalt durch Gitarre und Akkordeon gab der Breitnauer Mundartkünstler einen Einblick in die Bandbreite seines Repertoires. „S’Läbe isch nit jeden Dag ä Päärle Brotwürscht“, neben lustigen Anekdoten kam auch ein gewisser Tiefgang nicht zu kurz. Zwischen den Gängen und den Auftritten Wanglers, den man auch in der TV-Serie „Die Fallers“ erleben kann, unterhielt die „Hohwald-Musig“ aus St. Peter die Gäste. In der perfekten Konstellation Steirische Ziehharmonika, Kontrabass und Gitarre brachten sie auch jene Zuhörer in Verzückung, die mit Volksmusik sonst nicht all zu viel am Hut haben. Doch was wäre das Scheunenfest ohne den kulinarischen Teil. Hier tischte das Team um Küchenchef Martin Hegar ein 5-gängiges Menü der Spitzenklasse auf, was den Abend rundum gelungen abrundete.
4.10.2007, Hanspeter Schweizer, www.dreisamtaeler.de

 

Winterhalter neuer Präsi der Muettersproch-Gsellschaft

Die Muettersproch-Gsellschaft, Verein für alemannische Sprache , hat einen neuen Präsi gewählt. Zukünftig wird Franz-Josef Winterhalter, Bürgermeister in Oberried, an der Spitze des Vereins stehen, der mit mehr als 3000 Mitgliedern die Interessen der Mundartsprecher im südbadischen Raum vertritt. Zum Stellvertreter des Präsis wurde der bisherige Amtsinhaber Walter Möll aus Singen gewählt. Möll hat den Verein fünf Jahre geführt.
Franz-Josef Winterhalter hat sich bereits in den vergangenen Jahren für die kulturellen Werte der Heimat eingesetzt, denn seit zwölf Jahren findet in Oberried alljährlich eine "Alemannischen Woche" statt, die von der Gemeinde zusammen mit den ortsansässigen Vereinen organisiert wird. Besonders am Herzen liegt dem neuen Präsi auch die jüngere Generation von Mundartsprechern. So findet dieses Jahr schon zum zweiten Mal ein Wettbewerb für Schüler unter dem Motto "Jungi Mundart - schlaui Köpf!" statt. Außerdem wird im Rahmen der "Alemannischen Woche" die beste Mundart-Rockband aus dem gesamten alemannischen Sprachraum gekürt, eine Aktion, die unter dem Motto "Alemannerock grenzelos - Mir sueche die Beschte" von der Muettersproch-Gsellschaft organisiert wird.
5.5.2007, www.suedkurier.de


 

Alemannerock grenzelos - Mir sueche die Beschte

Unter dem Motto „Alemannerock grenzelos - Mir sueche die Beschte“ schreibt die Muettersproch-Gsellschaft e. V., Verein für alemannische Sprache, unterstützt vom REGIO-Magazin und der Gemeinde Oberried, einen Wettbewerb für Musikbands aus, die sich in ihren Texten in Alemannisch ausdrücken. Neben Bands aus Südbaden werden dabei auch Gruppen aus dem Elsass, der deutschsprachigen Schweiz, Liechtenstein sowie aus Vorarlberg angesprochen. Musikalisch sollen sich die Bands im Bereich Rock, Pop, HipHop oder ähnlichem bewegen. Nicht erwünscht sind Einzelinterpreten, A-cappella-Gruppen oder Liedermacher. Bewertungsgrundlage für die Jury ist der kreative Umgang mit der alemannischen Sprache, Originalität und musikalische Qualität der Darbietung. Die Band soll in der Lage sein, zur endgültigen Bewertung ein halbstündiges Programm, einschließlich der zum Wettbewerb eingereichten Stücke, live auf der Bühne zu präsentieren.

Die Endausscheidung findet am 5. Oktober 2007 um 19.30 Uhr in Oberried bei Freiburg statt. Als Preise sind 1500 € für den 1. Platz, 1000 € für den 2. Platz und 500 € für den 3. Platz ausgesetzt. Einsendeschluss ist der 15. Juli 2007. Genauere Wettbewerbsbedingungen sowie Bewerbungsunterlagen können angefordert werden bei der Muettersproch-Gsellschaft

Le rock alaman, un rock sans frontière : à la recherche des meilleurs
Sur le thème, « le rock alaman, un rock sans frontière »,  la « Muettersproch-Gesellschaft, association pour la langue alémanique » lance un concours musical. Soutenu par le Magazine Regio/ Regio-Magazin et par la commune Oberried , ce concours s’adresse aux groupes de rock qui s’expriment dans des textes en alémanique.  Il est ouvert non seulement aux groupes du Pays de Bade Sud, mais  aussi à ceux d’Alsace, de la Suisse alémanique, du Liechtenstein et du Vorarlberg .  Du point de vue musical, les groupes doivent se situer dans les domaines du rock, du Hip-Hop ou de musiques voisines. Par contre, les interprètes isolés, les groupes vocaux a-cappela ou les compositeurs de chansons (Liedermacher) ne sont pas concernés par le concours.
Pour le jury, les critères d’appréciation sont la créativité en langue alémanique, l’originalité et la qualité musicale de la prestation. Le groupe retenu pour la phase finale du concours doit être en mesure de présenter en direct un programme d’une demi-heure, composé uniquement des œuvres musicales soumises au concours. La phase finale du concours aura lieu le 5 octobre à 19h30 à Oberried, près de Freiburg en Brisgau.  Un prix de 1500 euros récompensera le 1er groupe classé premier,  le second prix est de 1000 euros et le 3ème de 500 euros.  Le dépôt des candidatures doit être effectué, au plus tard, le 15 juillet 2007.
Les conditions de participation et les documents de candidatures peuvent être  obtenus à l’adresse de la Muettersproch-Gsellschaft
Friedel Scheer-Nahor, 17.4.2007

 

Ikarus - alemannischer Zyklus von Markus Manfred Jung, vertont von Uli Führe

Eine Werkstatt, in der die Späne fliegen, darin ein Musiker und Erfinder am Werk: Das ist Uli Führe. Rohmaterial sind ihm die Verse Markus Manfred Jungs, auch Uhland und Hebel kommen zu Wort, eingebettet in Klänge, die inspiriert sind von Elementen der Minimal Music, von Jazz und Pop. Wer dabei auf leichte Muse hofft, wird allerdings enttäuscht. Dazu sind die Texte Jungs zu schnörkellos und ungefällig. Zuweilen bauen die exquisiten Jazzvocals dem Hörer aber eine Brücke oder schlagen Funken aus einem schmalen Gedicht. "chläpperschtumm" ist dafür ein gelungenes Beispiel. Ein Kopfwehtag, den man sich nicht entgehen lassen sollte:

chläpperschtumm de briefschlitz stumm kei poscht s isch still//luuschtere uf fremdi schritt/mi herzschlag isch s/wo do so goht dur s ohr//spalttablettediesig d sunne vor em fenschter efeu gsibtis liecht//d fingerbeeri an de schlööfe/druck/i druck s denke zruck/in s hirn//schwätz mer nit vo sottige täg un d nächt erscht d nächt.

"liebi"
Nach einem liedhaften Aufbau beginnen sich die Stimmen im Raum auszudehnen und ihre Spuren zu ziehen. A cappella gesungen erinnern sie an Madrigale der Renaissance und suggerieren einen Zustand körperlosen Schwebens:
de vogel/fliegt/froogt nit/wurum//si flügelhuuch/dä ghört im wind/un jede ruef/im tag//was chümmrets/de wind/de tag//de vogel/fliegt.

Süchtig werden könnte man nach "liebi" !
Führe verwebt Gedichte und Klänge zu Unikaten, die tontechnisch durch hohe Qualität bestechen (Endbearbeitung Michael Summ). Was ist noch Musik, was ist schon Geräusch? Allerdings kann auch passieren, dass ein Gedicht dieser Experimentierlust zum Opfer fällt. In"I find mi nümmi zrecht" wird ein beklemmender Monolog (Markus Jung) von einem launigen Bluesmotiv abgelöst. Dieses soll, laut Begleittext, Abhilfe schaffen. Abhilfe wovon? Mag man dem Hörer diese Angst und Verlorenheit nicht länger zumuten? Uli Führe und Markus Jung sind im selben Idiom aufgewachsen, dem Hochalemannischen des Wiesentals, und wurden beide für ihr mundartliches Schaffen schon mehrfach ausgezeichnet. Führe, in der Regio als geschliffener Vertreter des musikalischen Kabaretts bekannt, ist Gesangspädagoge und hat mit seinen Kompositionen für Chor ein weiteres Standbein gefunden. Vor allem die Jazzkanons sind fester Bestandteil von Sing- und Chorbüchern im In- und Ausland. Jung, von Beruf Gymnasiallehrer, ist nicht nur leidenschaftlicher Lyriker, er macht sich auch mit vielfältigen Engagements um die Mundart verdient: Der Drey-Verlag, zu dessen Gründern er gehört, wurde im Januar vom Land Baden-Württemberg dafür ausgezeichnet. Mit "Ikarus" hat Führe dem Freund einen Teppich ausgerollt. 22 Zugänge zur Jung’schen Lyrik hat er geschaffen. Man mag kleine Webfehler oder andere Unregelmäßigkeiten darin finden. Aber das haben echte Teppiche nun mal an sich. Schön sind sie ainewäg.
Carola Horstmann, 16.3.2007, BZ

"Ikarus" . Ein alemannischer Zyklus nach 22 Texten von Markus Manfred Jung, mit Uli Führe und anderen. 16 Euro. Lesung mit Markus Manfred Jung und Hörbeispiele aus der CD "Ikarus" : Sonntag, 18. März, 18 Uhr, Wasserschloss Entenstein, Schliengen

 

 

Jürgen Sutter schreibt Opfinger Wörterbuch

S isch emool e chlaai Maidli gsii, däm sin dr Vader ùn d Möeder gschdoorbe, ùn s isch esoo aarm gsii, as es ghe Chämerli me ghaa hed zùm din woone ùn ghe Bedli zùm din schloofe. So klingt das Märchen Sterntaler auf alemannisch. Wer jetzt kein Wort verstanden hat, dem sei dringend zur Anschaffung des Opfinger Dialekt Wörterbuches von Jürgen Sutter (36) geraten. Der engagierte Opfinger dokumentierte über mehrere Jahre hinweg den aussterbenden Dialekt seines Heimatdorfes.

Spannend ist das Opfinger Wörterbuch nicht nur für Einheimische, sondern auch für den ganzen Breisgau. Während Dörfer Opfingen, Tiengen, Schallstadt und Mengen zur Markgrafschaft Baden gehörten und evangelisch geprägt waren, lagen Munzingen, Waltershofen, Merdingen und Gottenheim — ebenso wie Freiburg — in Vorderösterreich und waren katholisch. Entlang dieser "Heiratsgrenze" verlief auch die Sprachgrenze zwischen dem Hoch- und Niederalemannischen. "Die Opfinger sprechen eigentlich ähnlich wie die Markgräfler" , beschreibt Sutter den Dialekt. Das größte Unterscheidungsmerkmal ist wohl die Verschiebung von K zu Ch. In Opfingen wird Kind hochalemannisch "Chind" ausgesprochen, in Munzingen bleibt das niederalemannische "K" in der Aussprache bestehen.

Wie kommt nun ein 36-jähriger Diplom-Biologe auf die Idee, in seiner Freizeit ein umfassendes Dialekt-Nachschlagewerk zu erstellen? Sutter ist in Opfingen aufgewachsen und lernte von seinen Eltern alemannisch. In der Schule gab es zwar auch eine Zeit, in der er den "uncoolen" Dialekt verdrängte, aber während seines Studiums entdeckte er seine Vorliebe für den Dialekt erneut. "Ich habe viel mittelhochdeutsche Literatur gelesen, später Vorlesungen von Professor Kunze besucht. Über die Mediävistik bin ich dann wieder zum Alemannischen gekommen." Sutter begann Tagebuch im Dialekt zu schreiben. Beim Schreiben wünschte er sich häufig ein Nachschlagewerk. Das Standardwerk, das "Große badische Wörterbuch" , erwies sich jedoch kaum als Hilfe, da der Opfinger Dialekt dort mühsam zu finden ist und es bisher auch noch nicht bis zum letzten Buchstaben veröffentlicht ist. 1996 begann Sutter mit der Arbeit an einem eigenen Opfinger Wörterbuch. Zunächst zeichnete er seinen eigenen Wortschatz auf und verglich seine Aufzeichnungen mit anderen badischen Wörterbüchern. Der "Südwestdeutsche Sprachatlas" stellte ihm Materialien aus einer systematischen Umfrage, die vor 30 Jahren in Opfingen stattfand, zur Verfügung. Da sich auch dadurch nicht alle offenen Fragen klärten, band Sutter schließlich zahlreiche ältere Opfinger in sein Projekt ein: Über eineinhalb Jahre lang schickte er einmal pro Monat einen Fragebogen an die Opfinger, den diese eifrig und gewissenhaft ausfüllten. 2002 erhielt Sutter zusätzlich ein Stipendium von der Gesellschaft für bedrohte Sprachen. Mit dem Geld führte er Tonbandinterviews unter anderem mit Karl-Heinz Fünfgelt und Herta Pfistner.
Der Opfinger Dialekt besteht zu einem Großteil aus landwirtschaftlichen Begriffen, die es heute durch die Modernisierung der Landwirtschaft gar nicht mehr gibt. Sutter stellt in dem Wörterbuch einzelne Themenbereiche wie zum Beispiel Viehhaltung oder Weinanbau in Extra-Kapiteln vor. Ältere Opfinger werden sich noch gut an die Begriffe erinnern, die jüngere Generation hingegen wird völliges Neuland betreten. "Durch die Eingemeindung wird auch in Opfingen immer mehr ein Freiburger Dialekt gesprochen, das Alemannische stirbt aus" , bedauert Sutter. Dabei ist er davon überzeugt, dass Kinder, die Dialekt und Hochdeutsch sprechen, später auch leichter eine Fremdsprache erlernen können. Sutter arbeitet mittlerweile in der Schweiz und freut sich, dass die meisten Schweizer ihn nicht als Deutschen erkennen, wenn er ihnen im Opfinger Dialekt antwortet. Der Autor plant derweil schon neue Projekte. Nun sitzt er an einer alemannischen Übersetzung von Grimms Märchen, außerdem schreibt er regelmäßig für die Dialektversion des Online-Wörterbuches Wikipedia.
Silke Bergerhoff , 28.2.2007, BZ

Das Opfinger Wörterbuch kann bei der Opfinger Ortsverwaltung (
07664/ 5040-0) bestellt werden. Es wird voraussichtlich zwischen 35 und 40 Euro kosten.

 

 

 

Bilder ussem alte Mülle 

D’ Muetterspröchler vo de Gruppe "Rebland" hen ihre Winterhock im Stadthuus z’ Mülle gha

MÜLLHEIM (eb). D’ Muetterspröchler vo de Gruppe "Rebland" hen letschti ihre Winterhock im Stadthuus z’ Mülle gha. Do demit hen sie au ihri diesjährigi Mitgliederversammlig verbunde. Noch de Begrüeßig het de Erste Vorsitzende Kurt Lammert de Rechenschaftsbericht vorglese un usserdem au vo de viele Aktivitäte brichtet, wo d’ Gruppe in deletschte zwei Johr unterno het. Noch de Todeehrig het er leider müeße de Rücktritt vom Rechner Heinz Rahm bekannt ge, der us gsundheitliche Gründ zrucktrete isch. Schad isch gsi, dass d’ Ehrig ohni ihn het müeße stattfinde. Dann het de Rudi Braun d’ Entlaschtig vorgno. De Vorstand het sich gfreut, dass d’ Irmlind Lammert, die nochem Rucktritt vom Rechner d’ Kasse scho kommissarisch gführt het, sich als Rechner zur Verfügig gstellt het. Un so isch gwählt worde: Kurt Lammert, Mülle, Vorsitzender; Werner Kübler, Badewiiler, Stellvertreter; Irmlind Lammert, Mülle, Rechnerin; Helga Dürr, Mülle, Schriftführerin; Gertrud Pfitzer, Badewiiler, Sächeliwart; Werner Hägele, Mülle, Beisitzer.

Im Anschluss an die Sitzig het d’ Werner Glaubrecht Lichtbilder vu Alt Mülle zeigt un d’ Zuschauer mitgno uf e Reis in d’ Vergangeheit. Siini Kommentare dezue sin recht ufschlussrich gsi und mer het au viel us dene frühere Zite erfahre. D’ Bilder hen nit nur d’ Müllemer Gschicht zeigt, wie zum Bispiel wu Mülle zur Stadt erhobe worden isch anno 1910, d’ Iiweihig vom Hebel-Denkmal im Hebelpark und e mengs mehr, au d’ Schäde, wo e Sturm 1940 hinterloh het, mit Hagelkörner so groß wie Hiehnereier.

Au vom Iisebahnunglück vo anno 1911, wo’s 17 Tode geh het, aber au vom alte Schwimmbad, wo d’ Famille Blankehorn gstiftet het, un wo d’ Männli un Wii bli no hen müeße trennt bade, het er brichtet. Au ’s alte Dampfbähnli un die letschti Abschiedsfahrt vom elektrische Bähnli het mer gseh. Mengi Erinnerig isch uffe chu bii de Müllemer Zuschauer, un e menge het gspürt, wie wichtig ihm siini Heimetstadt isch. Mit eme herzliche Biifall het mer im Werner Glaubrecht Dankeschön gsait.
27.2.2007, www.badische-zeitung.de

 

Herbert Burkhardt sammelte 7000 Mundartausdrücke

"Im Kongo bin ich gebore, im Kongo bini ufgwachse, fünfedrissig Johr lang hani im Konog gwohnt. Gschafft hani au im Kongo, nämlig 25 Johr in de Babiiri (= Papierfabrik Sonntag)." So fasste Herbert Burkhardt 1995 die erste Hälfte seines Lebens zusammen. Da erhielt der damals 60-Jährige den Kulturpreis der Stadt Emmendingen für sein ungewöhnliches Lebenswerk: Tief verwurzelt im Emmendinger Brauchtum, hat er sich der Erforschung der Emmendinger Mundart und der Heimat gewidmet. Denn sein "Kongo" befindet sich keineswegs in Afrika, sondern mitten in seinem "Niederemmedinge" . Seine Familie lässt sich mütterlicherseits bis Anfang des 17. Jahrhunderts nachweisen. 1970 zog er nach Windenreute, das ein Jahr später von Emmendingen  eingemeindet wurde, "nur üs dem Grund, dass i de Schdadt Emmedinge nit verlore gang..." , wie er scherzhaft bei der Kulturpreisverleihung anmerkte. Den Preis erhielt er für die Mundart- und Geschichtsforschung.

"Heimatkundler" nennt er sich bescheiden; beruflich freilich ging er nach einer Ausbildung zum Industriekaufmann und der Arbeit bei der Papierfabrik Sonntag vor zehn Jahren als Prokurist der Freiburger Herder KG in den Ruhestand. Aber schon seit 1965 hat er sich als Heimatschriftsteller betätigt, schrieb Gedichte und Prosa in Emmendinger Mundart. Angefangen hat er mit einem Mundartgedicht für den Emmendinger Heimatkalender. Es folgten viele Beiträge im Heimatkalender, in den Jahrbüchern des Landkreises, Veröffentlichungen zur Emmendinger Mundart, Einzelbeiträge in der Badischen Zeitung und verschiedene Theaterstücke. Von Burkhardt stammt das "Historische Stadtspiel Herbolzheim" 1989 und er ist Mitautor des Emmendinger Millenniumsspiels 1999/2000. Sein wohl bekanntestes Buch ist "D’alt Märktcheese vrzellt" (1978). Herbert Burkhardt hat die Windenreuter Chronik zur 900-Jahr-Feier des Ortsteils 1994 und die Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Kirche verfasst. Er arbeitet seit 17 Jahren im Windenreuter Heimatverein am Heimatkalender mit, engagiert sich bei der Hachberg-Bibliothek und im Arbeitskreis Heimatkunde und ist einer der Autoren des "Tennenbacher Klosterbesitzes". Bei seinen Recherchen stieß er unter anderem auf Leben und Werk der Schriftstellerin Harriet Straub, das er einem größeren Publikum zugänglich machte. Außerdem ist er ein fundierter Kenner der Botanik der Landschaft. Doch sein Haupt- und Lebenswerk ist die Mundartforschung. "Die Mundart zerfällt und ich habe gedacht, da muss ich einiges festhalten für die Nachwelt" , erklärte er einmal. 7000 Emmendinger Ausdrücke hat er in 50 Jahren gesammelt. Warum? "Als ’eingeborener’ Emmendinger fühlt man sich verantwortlich" , meinte er. "D Zyt änderet s Wort, d Lyt -au mir bliiwe nit. Drume wengili vum Alde de Noochwelt erhalde!" ist sein Motto. Und so sammelt er weiter. Mit dem Ergebnis hat er schon vielen Menschen Freude bereitet.
Sylvia-Karina Jahn, 12.2.2007, www.badische-zeitung.de

 

Muettersproch-Gsellschaft braucht Nachwuchs

Die "Muettersproch-Gsellschaft" Freiburg wählt erneut Klaus Poppen zu ihrem "Präsi"

Am Dienstagabend kamen knapp vier Dutzend von gegenwärtig 350 Mitgliedern der Freiburger Gruppe der "Muettersproch-Gsellschaft" im "Grüner Baum" in der Lorettostraße zur jährlichen "Mitgliederversammlig" zusammen. Die 1966 ins Leben gerufene "Muettersproch-Gsellschaft" setzt sich für den Erhalt und die Pflege der alemannischen Mundart ein. Insgesamt zählt die Gesellschaft im Dreieck zwischen Offenburg, Lörrach und Lindau rund 3500 Mitglieder, welche in 20 Ortsgruppen organisiert sind. Eine davon ist die Freiburger Gruppe. Sie existiert bereits seit den Anfangsjahren der "Muettersproch-Gsellschaft" .
"Mir sin’ so was wie e Mischung us PR-Agentur und Bürgerinitiativ" , fasste Klaus Poppen, der "Präsi" , also der Präsident der Freiburger Gruppe, bei der Zusammenkunft die Arbeitsweise der "Gsellschaft" zusammen. Poppen wurde gemeinsam mit Schatzmeister Helmut Knosp und Schriftführerin Lieselotte Bronner für weitere drei Jahre einstimmig im jeweiligen Vorstandsamt bestätigt. Neu im Vorstand ist Meier, der sich künftig vor allem um die Vorbereitungen von Veranstaltungen kümmern wird — als "Kumedi-Wart". Der 75-jährige Klaus Poppen leitete humorvoll lächelnd durch den Abend, und die Versammelten genossen sichtlich die gemütliche und familiäre Atmosphäre. "Numme nit huddle!" (hochdeutsch: Bloß nicht hetzen!), eine typisch alemannische Lebensmaxime, welche die "Muettersproch-Gsellschaft" auch als "Kleberli" (Aufkleber) vertreibt, beschreibt die Stimmung im "Grünen Baum". Mit Nachdruck wies Klaus Poppen allerdings darauf hin, dass in diesem Jahr Nachwuchs gewonnen werden müsse. Ein großer Teil der Anwesenden war in Poppens Alter, junge Erwachsene waren am Dienstagabend gar keine zu sehen. Ein Arbeitskreis soll sich nun überlegen, wie sich die "Muettersproch-Gsellschaft" in Freiburg verjüngen könnte. Daneben wird die Guppe ihre monatlichen Veranstaltungen rund ums Alemannische (etwa Lesungen, Besuche im Mundarttheater und Ausflüge) fortsetzen. Der Jahresbeitrag beträgt 13 Euro.
Holger Schindler, 125.1.2007, www.badische-zeitung.de

 

Alemannisches Institut in Freiburg besteht seit 75 Jahren

Vor fünf Jahren schien sein Fortbestand in der Wurzel bedroht. Doch nun, im 75. Jahr seines Bestehens, ist am Alemannischen Institut in Freiburg alles neu: der Vorsitzende, die Geschäftsführerin, die Räumlichkeiten. Die im Jahr 2001 vorgetragene Kritik des Landesrechnungshofs hat zudem bewirkt, dass das Institut, das seinerzeit ein Nischendasein an der Mozartstraße fristete, sich an seinem neuen Standort an der Bertoldstraße um bessere Außendarstellung bemüht.

Es war Heimatliebe, die den vormaligen Reichskanzler und damaligen Reichsinnenminister Joseph Wirth bewog, sich 1930 für die Gründung eines Alemannischen Instituts in Freiburg einzusetzen. Von Anfang ging es um eine Mischung aus landschaftlichen und landsmannschaftlichen Aspekten, die unter dem Begriff "Landeskunde" etwas altbacken zusammengefasst werden. Hans Ulrich Nuber, Professor für Provinzialrömische Archäologie an der Universität Freiburg und neuer Vorsitzender, versteht die Aufgabe des Alemannischen Instituts als wissenschaftliche Querschnittsaufgabe, die von der Geologie über die Politik bis zur Germanistik reicht.

Alle diese Fächer sind unter den Mitgliedern des Institutsvereins vertreten. Ein recht exklusiver Verein, denn man kann in diesen Kreis nur berufen werden. Und berufen wird man, wenn man sich durch einschlägige Forschungen zu alemannischen Themen ausgewiesen hat. Deshalb basiert die Aktivität des Instituts stark auf dem, was die gegenwärtig 207 Mitglieder an Projekten und Ideen einbringen. Es liegt danach am Vorstand und am Beirat, daraus ein Programm zusammenzustellen, das sich in Vorträgen, Tagungen, Ausstellungen oder Veröffentlichungen niederschlägt. Vermehrt wollen Nuber und sein Stellvertreter Hugo Ott, emeritierter Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, künftig auch junge Wissenschaftler einbeziehen, nicht zuletzt mit dem Ziel einer besseren Verankerung des Instituts und seiner Arbeit in der breiten Fachöffentlichkeit der gesamten Region. So gibt es derzeit eine Ausstellung zur Kirchenarchäologie in Lahr, im nächsten Jahr eine Tagung zur mittelalterlichen Königslandschaft auf der Baar. Die Mitglieder zahlen keine Beiträge. Das hatte dem Landesrechnungshof 2001 unter anderem missfallen. Deshalb wollte er den Landeszuschuss, derzeit rund 150 000 Euro, umstellen auf Projektförderung. Dahinter stand aber ein grobes Missverständnis der Arbeitsweise des Instituts. Dieses bietet nämlich — und war so auch seit der Gründung 1931 angelegt — nur die Infrastruktur der wissenschaftlichen Arbeit.

Will heißen: Es verwaltet eine umfassende Bibliothek zur alemannischen Landeskunde (die Schritt für Schritt in den digitalen Katalog der Universitätsbibliothek eingearbeitet wird), es hält ein Lektorat für die Publikationen vor und organisiert Veranstaltungen. Die eigentliche wissenschaftliche Forschung betreiben die Mitglieder gleichsam auf eigene Rechnung. Unwissenschaftlich ist deshalb das Institut nicht: Der langjährige Geschäftsführer Konrad Sonntag und jetzt Johanna Regnath, die in diesem Jahr die Geschäftsführung übernommen hat, sind durchaus wissenschaftlich qualifiziert. Nur fehlt ihnen der Stab, um jene von den Rechnungsprüfern vorgeschlagenen Forschungsprojekte voranzutreiben. Das Stuttgarter Wissenschaftsministerium hatte vor fünf Jahren unbeirrt am Alemannischen Institut festgehalten. Denn dessen Arbeit passte ihm bestens in die Zeit, ist sie doch grenzüberschreitend angelegt: Der alemannische Raum umfasst Baden und Württemberg (daher gibt es in Tübingen eine Arbeitsgruppe) ebenso wie die Nordschweiz, Vorarlberg und das Elsass. Folglich werden bei der Jubiläumsfeier ein elsässischer Regionalrat und ein Schweizer Nationalrat Grußworte sprechen — Ausdruck der lebendigen Kooperation über die Grenzen hinweg.

Die Geschichte des Alemannischen Instituts soll aus Anlass das Jubiläums aufgearbeitet werden, auch die Jahre im "Dritten Reich", die von der Indienstnahme durch die Nationalsozialisten, aber auch vom steten Streit um die Selbstständigkeit geprägt waren. 1945 war auch für das Institut, dessen Bestände im Jahr zuvor weitgehend verbrannt waren, erst einmal Schluss. Dem französischen Militär waren in der Folgezeit alle alemannische Bestrebungen mit Blick aufs Elsass äußerst suspekt. So trafen sich die Alemannienforscher in loser Runde, bis 1951 der Institutsverein neu gegründet werden konnte.

Die Feier zum 75-jährigen Bestehen des Instituts findet morgen, Samstag 9.12.2006, um 10 Uhr in der Aula der Universität Freiburg statt.
8.12.2006, Dr.Wulf Rüskamp,  www.badische-zeitung.de

 

Mundart als Gedankenspiel - Stephan Pflaum und Raimund Sesterhenn

Denzlingen. Mundart kommt vielfach heimattümelnd, glorifizierend auch oberflächlich daher. Nicht jedoch bei Stephan Pflaum und Raimund Sesterhenn. Das Duo ist vielmehr dafür bekannt, dem Volk genau aufs Maul zu schauen, statt ihm nach dem Mund zu reden. Am Samstag gastierten die beiden, die weit mehr als Sprachkünstler sind, auf Einladung des Schwarzwaldvereins in der Rocca.

Stefan Pflaum (links) und Raimund Sesterhenn  Foto: Markus Zimmermann-Dürkop

"Sproch, sprocher, am sprochste" , so der Titel des neuen Programms, das einer Reise durch die Welt der Sprachen — und dabei nicht nur des Alemannischen — gleichkommt. Dass sich beide in der Welt der Sprache zu Hause fühlen und sehr sicher bewegen, kommt nicht von ungefähr. Sind sie doch als Pädagogen tätig am Sprachenkolleg für studierende Ausländer und somit permanent befasst mit Muttersprache, Dialekt und Fremdsprachen der ganzen Welt. Die dabei als Grundvoraussetzung gefragte Weltoffenheit hilft dann auch, den Blick für die eigene Welt zu schärfen und diese, teils mit scharfer Zunge, nicht besserwisserisch, eher humoristisch und dennoch tiefsinnig, mit viel Gespür für den kleinen Mann zu beschreiben. "Glitzerwelt un Schwangerschafte", ist der Titel von Stephan Pflaums neuester Geschichtensammlung, aus der er unter anderem vorträgt. Gschichten, mitten aus dem Leben, wie schon die erste: "Wurscht, Kääs, Salat" — eine Einkaufsszene, wie sie wohl jeder der Zuhörer schon erlebt hat und daran fast verrückt geworden ist. Auf Alemannisch klingt das doch gleich viel weicher, sympathischer und lässt schmunzeln, ja lächeln. Leichtigkeit, Gelassenheit gegenüber dem Leben mit all seinen Widrigkeiten kennzeichnet die Texte von Pflaum, der so schön den Punkt trifft und den Nerv zieht, ohne dass es schmerzt. So, "Wenn´ s pressiert" — läuft alles dagegen, doch "warum´ s pressiert, wen intressiert´ s? Wenn´ s pressiert, pressiert´ s!" Und wenn Pflaum diesen Text vorträgt, pressiert´ s plötzlich gar nicht mehr und man fragt sich, warum man sich immer so aufregt, wenn´ s pressiert. Es bleibt der Eindruck, dass hier einer einem den Spiegel vorhält und das lässt sich leicht ertragen. Diese Leichtigkeit der Sprache findet ihr Pendant im Spiel der Instrumente: Stephan Pflaum mit dem Akkordeon und Raimund Sesterhenn mit dem Saxofon erzeugen eine Stimmung, die an Straßenmusik am Ufer der Seine denken lässt, an eine Atmosphäre, in der sich Lebenslust und Gedankentiefe nicht ausschließen.

So kommt den Instrumenten nicht die Rolle der lockeren Begleitung zu, sondern der stimmigen Ergänzung. Ein rundum gelungener sprachlich musikalischer Nachmittag voll genüsslicher Gedankenspiele.
Markus Zimmermann-Dürkop, 17.11.2006, www.badische-zeitung.de

 

 

Jungi Mundart- Schlaui Köpf: 1. Preis für Larissa Wehrle aus St.Märgen

Den Wettbewerb "Jungi Mundart- Schlaui Köpf" wird es bestimmt wieder geben. Dafür sprach der erfolgreiche "Testlauf" im Rahmen der elften Alemannischen Woche in Oberried. Veranstalter, Teilnehmer und Jury hatten gemeinsam viel Spaß. Lustig ging es bei der Preisverleihung im Refektorium des ehemaligen Klosters zu.

Preisträger von "Jungi Mundart - Schlaui Köpf" am 6.10.2006 in Oberried

Foto: Wolfgang Grosholz

Die Gemeinde Oberried, die Muttersproch-Gsellschaft und der SWR4 hatten einen Mundartwettbewerb für Nahwuchsdichter ausgeschrieben. Teilnahmeberechtigt waren Kinder und Jugendliche von sechs bis 18 Jahren. Sie waren eingeladen, Gedichte und Kurzgeschichten in alemannischer Mundart zu schreiben und diese einzusenden. Der jüngste Teilnehmer war sieben Jahre, die älteste Teilnehmerin 15 Jahre. Die Teilnahme hätte zwar noch etwas gefragter sein können, doch dafür war die Qualität der vorgetragenen Stücke hervorragend. Die Jugendlichen kamen aus Buchenbach, Lauterbach, Oberried, Stegen, St. Märgen und St. Peter.

Bewusst habe man auf eine Rangfolge der Preisträger verzichtet, da jede einzelne Arbeit ihren Preis verdiente, wie SWR-Redakteur Klaus Gülker feststellte, der die Preisverleihung moderierte. Mit viel Freude habe die Jury, zu der neben Klaus Gülker, Stefan Pflaum, Martin Schley, der Heimatdichter Wendelinus Wurtz aus dem Mittelschwarzwald und der Oberrieder Bürgermeister Franz-Josef Winterhalter gehörten, die einzelnen Stücke gelesen. Auf dem ersten Preis wollte man aber doch nicht ganz verzichten und mit ihm eine besondere Arbeit hervorheben. Er ging an die zehnjährige Larissa Wehrle aus St. Märgen für ihr Gedicht "Der Schwarzwälder Fuchs", ein Lob für die berühmte Schwarzwällder Pferderasse, aus dem auch die Zuneigung zu allen Tieren sprach die hier leben. "Doch nichts geht über die Ross, sie sin die schönschte Pferd uff dere Welt, des isch des, was mir im Schwarzwald gfällt" , reimte Larissa Wehrle. Auch alle anderen Teilnehmer durften ihre Gedichte vortragen und beeindruckten damit, wie vertraut sie mit ihren Texten waren. Da gab es keine "Sendepause" und das Publikum in Refektorium des Oberrieder Klosters sparte nicht mit dem verdienten Beifall. Für die Teilnehmer gab es kleine Geschenke.

Stefan Pflaum hält diesen Wettbewerb "für eine gute Sache, an der wir unbedingt festhalten sollten" . Für ihn ist Alemannisch ja Hochdeutsch und man verstehe es besser als manch anderen Dialekt. "Mundart ist Musik" , sagt Pflaum, "sie darf nicht verloren gehen und niemand könnte sie besser am Leben erhalten als junge Menschen die erstaunlich sensible dafür sind, wie dieser Wettbewerb gezeigt hat." In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Bundes für Heimat und Volksleben, überbrachte der St. Peterner Bürgermeister Gottfried Rohrer Glückwünsche für die gute Idee des Wettbewerbs. Das Echo sei erfreulich und stimme hoffnungsvoll. Schülerinnen und Schüler der Jugendmusikschule Dreisamtal begleiteten die Preisverleihung.
Wolfgang Grosholz, 11.10.2006, Badische Zeitung

De Schwarzwälderfuchs - Gedicht von Larissa Wehrle >Pferde1 (11.10.2006)

Die Preisträger beim Wettbewerb 2006:
Christina Benitz, Stegen
Salome Herwerth, 9 Jahre, Oberried
Lisette Herwerth, 11 Jahre, Oberried
Tobias King, 6 Jahre, 78730 Lauterbach
Bettina Kreutz, 9 Jahre, Oberried
Clemens Lauby, 7 Jahre, Oberried
Marina Löffler, 15 Jahre, St.Märgen
Katharina Otte, 10 Jahre, Oberried
David Wangler, 9 Jahre, Buchenbach
Larissa Wehrle, 10 Jahre, St.Märgen
Carina Schwer, 14 Jahre, St.Märgen

 

 

Schriffstellernachwuchs gesucht für Mundart-Wettbewerb 

"Jungi Mundart — schlaui Köpf!" ist ein alemannischer Mundartwettbewerb überschrieben, zu dem die Gemeinde Oberried den Schriftstellernachwuchs einlädt. Zusammen mit dem Südwestrundfunk und der Muettersproch-Gsellschaft sind echte Badenerinnen und Badener, die noch unsere Mundart sprechen und verstehen , zum Mundartwettbewerb aufgefordert. Dem Sieger winkt ein Preis in Höhe von 100 Euro. Zusätzlich gibt es kleinere Preise, gesponsert von Firmen aus der Region.

Gewünscht sind ein Gedicht oder eine Kurzgeschichte (maximal eine Seite) in heimischer Mundart. Teilnahmeberechtigt sind Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren aus der ganzen Region. Spätester Abgabetermin ist Freitag, 29. September 2006, 12 Uhr, im Rathaus in Oberried.

Die Preisverleihung erfolgt am Freitag, 6. Oktober, 18 Uhr, im Pfarrsaal in Oberried unter Anwesenheit der Mitglieder der Jury: Klaus Gülker vom SWR, Stefan Pflaum von der Muettersproch-Gsellschaft, dem Liedermacher Martin Schley, Wendelinus Wurth und Bürgermeister Franz-Josef Winterhalter.

 

Lob des Dialekts - Buch von Max Barth

Die liebe Mühe mit Hochdeutsch und anderen Fremdsprachen

Eltzal. Trotz Zeitungen, Fernsehen, Internet: Mit dem "Hochdeutschen" , dem Schriftdeutschen, hat so mancher, der nicht gerade aus Hannover und Umgebung stammt (und das sind in Deutschland die Wenigsten) oder in "schriftdeutschem" Umfeld aufgewachsen ist, auch heute noch seine liebe Mühe. Nicht mit dem Verstehen natürlich, aber mit dem Sprechen. Die Alemannen sind keine Ausnahme. Kein Wunder, dass da die Eidgenossen meist bei ihrem "Schwizer-Ditsch" bleiben und mancher Elsässer lieber gleich auf Französisch wechselt, als sich womöglich im Gespräch mit den "Schwobe" eine Blöße zu geben. Letztere Möglichkeit haben die badischen Alemannen nicht und so selbstbewusst wie die Basler (oder Bayern!), die den "Piefkes" einfach in ihrem Dialekt antworten, sind sie eben auch nicht. So entsteht als Kompromiss halt oft ein Mischmasch zwischen Alemannisch und Schriftsprache.

Max Barth (1896 bis 1970), der Waldkircher Journalist, Autor und Weltmann — als Nazigegner verschlug es ihn auf der Flucht in sieben Länder und um den halben Globus — sang unter anderem nach seiner Rückkehr in die Kandelstadt gerne ein "Lob des Dialekts" . Sein Buch dieses Titels ist 1986 im Waldkircher Verlag erschienen. Darin wettert Barth : "Sprecht richtig Dialekt — oder richtiges Hochdeutsch, aber kein Kauderdeutsch!" Und zitiert den Alemannendichter Johann Peter Hebel, der schon in seinem "Rheinländischen Hausfreund" (1808-11) schrieb: "Der Hausfreund kennt einen, der die ganze Woche spricht nach Landesart. Aber am Sonntag muss Hochdeutsch gesprochen werden. An hohen Festtagen tut er auch etwas Französisch dran, wie Knoblauch ans Saueressen." Max Barth dazu: "Derlei gitt´ s bi uns au gnue, wo meine, si mießte Hochditsch schwätze un nur Kuderditsch zwegbringe. Do maine si, ´ s sei besser Ditsch, wenn sie schtackse: ´ Ich war gestern nochmiddag aufm Kandel´ — statt: ´ I bin geschtern numiddag uffem Kandel gsi´ ."
Tja, und was früher Französisch war als "Zutat" zur Sprache, das ist heute Englisch. Wobei manche meinen, jeder Begriff aus der "Weltsprache" klingt besser als ein eigener. Da gibt´ s viel zu viele (auch in dieser Zeitung) "events" und "highlights" und zu wenige "Ereignisse" und "Höhepunkte" . Und warum die armen Kinder als "kids" besser dastehen sollen, hat auch noch keiner erklärt. Der gute Max Barth, ein Sprachästhet, wäre sicher "not amused" , vermutlich würde er sich im Grab umdrehen. Wobei er aber in seinem "Lob des Dialekts" , in dem er zahlreiche Elztäler Ausdrücke verewigt und erklärt, beim alemannischen "enneweg" (=trotzdem, immerhin) den Vergleich zum englischen "anyway" ("trotzdem" ) zieht. Und hat nicht in unserem ersten Jahr am Waldkircher Gymnasium der Englischlehrer Pfaff das englische "to do" anhand entsprechender Beispiele aus dem Alemannischen nahe gebracht: "Dien ´ er schaffe? " "Duesch krutte?"
Interessant wird´ s, wenn man auf Leute trifft, die ganz unerwarteter Weise den eigenen Dialekt sprechen. Max Barth nennt ein Beispiel: "Anfang der Zwanziger Jahre zogen drei junge Waldkircher in die Fremde, übers Meer: der Haberstroh Otto, der Ramer Hans und der Bayer Richard. Als die drei in Santos, Brasilien, aus dem Bahnhof stiegen, stürzten sich natürlich die Gepäckträger auf sie" . Einer von ihnen, ein Schwarzer, "besah sich den Koffer vom Bayer Richard und die Heimatadresse. ´ Sie sin vu Waldkirch?´ fragte er, ´ Kkenne Sie mi nit? I bin doch drei Johr Husknecht im Suggetal gsi.´ Sie kannten ihn nicht, aber man kann sich denken, daß die Begegnung — er konnte kein Hochdeutsch, aber Waldkircherdeutsch — für die drei ein wirklicher Gruß aus der Heimat war — und daß sie mit dem Mann einen heben gingen."
Ein Aha-Erlebnis hatten vor einigen Jahren auch Sänger vom Elzacher Männerchor. Nach der "Singstunde" kehrten sie im "Jägerhaus" ein, als mit dem Zug aus Freiburg zwei Händler vom Senegal ins Lokal kamen und ihr Sortiment vom Ledergürtel bis zum Elefant als Schmuckfigur feilboten. Man handelte, wie´ s so üblich ist. Schließlich nannte einer der Elzacher Sänger einen lächerlich geringen Preis. Die Antwort aus dem Senegal kam prompt: "Ha Jessis nai, im Lebe nit!" — der Chor war beeindruckt.
Bernd Fackler, 26.8.2006, www.badische-zeitung.de

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