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Pflegehelfer aus dem Ausland
- im Schwarzwald und Breisgau

  

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Blick vom Wittnauer Rebhüsli nach Süden über den Bettlerpfad zum Staufener Burgberg im Nebel sowie Ölberg (rechts)   
Blick vom Wittnauer Rebhüsli nach Süden über den Bettlerpfad zum Staufener Burgberg im Nebel sowie Ölberg (rechts)

 

Haushaltshilfen aus Polen

Im Internet bieten viele Agenturen ihre Dienste an. Ausdrücklich wird darauf verwiesen, dass Haushaltshilfen vermittelt werden, nicht aber ausgebildete Pflegehilfen. Kost und Logie sind frei. Einmalige Bearbeitungsgebühr von z.B. 700 Euro an die Agentur. Gehalt von 1200 bis 1800 Euro direkt an das Personal. Reisekosten vor Ort in bar.

Marktführer ist nach eigenen Angaben die "Vermittlungs- und Beratungsagentur GKT-SERWIS Sp", die im Internet über Haushaltshilfe-Polen.de erreichbar ist:

"Wie ist die rechtliche Situation, ist es legal polnisches Pflegepersonal zu beschäftigen?
Ja, es ist legal. Der private Haushalt ist nicht der Arbeitgeber, sondern der Auftraggeber. Sie erteilen also einen Auftrag an eine unsere Partnerfirmen in Polen und die polnische Firma entsendet Personal nach Deutschland und verrichtet bei Ihnen die Dienstleistung (Dienstleistungsfreiheit nach dem EU Recht). Die Haushaltshilfe wird in Polen angestellt und versichert. Da dieses Modell sehr enge legale Begrenzungen hat, sehr vielen Einschränkungen unterliegt und kaum realisierbar ist, gibt es noch eine weitere Möglichkeit: einige polnische Einzelunternehmen begründen einen Gewerbesitz in Deutschland und führen auch in Deutschland ordnungsgemäß ihre Steuern ab (Niederlassungsfreiheit nach dem EU-Recht). Diese Personen unterliegen in Polen (anders als in Deutschland) der Sozialversicherungspflicht.
Wir favorisieren dieses Modell, weil es für die polnischen Betreuer/innen sowohl mehr Netto-Einkommen bietet und sie auch für die Zeiten ihres Aufenthaltes in Polen (wenn sie keinen Auftrag in Deutschland haben) umfassend sozialversichert sind. Die Krankenversicherungen gelten auch in Deutschland. Eine Arbeitserlaubnis ist nicht notwenig."
Quelle: www.haushaltshilfe-polen.de

 

Schwarzarbeit bei Oma - Illegale Altenbetreuung

Tausende von Osteuropäerinnen betreuen illegal Alte und Kranke in Deutschland. Ohne sie stünde das Pflegesystem vor dem Kollaps

Sie stupsen sich an, als wären sie alte Freundinnen. Sie lachen miteinander, schauen sich Fotos an. Elisabeth Farner, 86, hat sogar ein wenig Polnisch gelernt. Und die Polin Zuzanna, 56, lernt von ihr Deutsch. Beide wirken vertraut miteinander. Dabei kennen sie sich erst kurz. Zuzanna arbeitet schwarz in Elisabeth Farners Wohnung. Sie betreut und pflegt sie illegal. Am Anfang war der Unfall. Oma Elisabeth rutschte in der Dusche aus. Brach sich den Wirbel und musste operiert werden. Es sah nicht gut aus. "Wir glaubten, sie stirbt uns weg" , sagt die Schwiegertochter Franziska Farner. Oma Elisabeth kam in die Rehaklinik. Langsam ging es ihr besser. Doch die Beine wollten nicht mehr, Treppensteigen wurde zur Tortur. "Sie darf nicht allein sein" , so die Ärzte. Franziska Farner und ihr Mann nahmen die Oma zu sich nach Hause. Das klappte zwei Monate, dann fing sie an zu jammern. "Ich will zurück in meine Wohnung." Ein Fachwerkhaus zentral in einem Ort bei Bad Krozingen. "Ich will zurück, ich gehöre doch zum Stadtbild" , sagte Oma Elisabeth immer wieder. Die Farners müssen beide hart arbeiten und können die Großmutter selbst nicht dauernd beaufsichtigen. Drei Pflegekräfte hätten sich am Tag abwechseln müssen — für sie zu teuer. Erst war die Schwiegertochter noch sicher: "Wir machen das alles ganz legal — mit einer Polin." Aber dann sah sie die Formulare der Arbeitsagentur: "Das hätte Monate gedauert, bis jemand gekommen wäre." Die Familie tauchte ein in die illegale Polenpflegewelt. Mundpropaganda. Jemand kennt jemanden, der wieder jemanden kennt. Ein paar Telefonanrufe. Jedenfalls, sagt Franziska Farner, "stand rucki zucki jemand da" . Zuzanna hat jetzt ein kleines Zimmer bei Oma Elisabeth. Sie hilft ihr im Alltag. Abends schauen sie zusammen fern. Elisabeth hat extra eine andere Satellitenschüssel kaufen lassen, damit Zuzanna auch zwei polnische Programme sehen kann. Sie hätten es getan, weil sie der alten Frau ein eigenständiges Leben ermöglichen wollten. "Das haben doch die alten Leute verdient, dass wir ihnen die letzten Wünsche erfüllen" , sagt die Schwiegertochter. Doch ganz wohl ist ihr nicht dabei. "Wir sind schon irgendwie Straftäter." Deswegen will sie unerkannt bleiben, deswegen sind ihre Namen nicht die echten Namen. "Wir sind einfach froh, wenn das ruhig läuft und uns niemand anzeigt."

Das ist kein Einzelfall. Viele Familien mit einem Pflegebedürftigen sehen in ihrer Hilflosigkeit nur noch diesen Weg. Deutschland leistet sich neben dem etablierten Pflegesystem auch ein illegales. Schätzungsweise zwischen 80 000 und 100 000 solcher Hilfskräfte arbeiten in diesem Land, genaue Zahlen hat niemand. Die Bundesregierung weiß, dass ohne diese Kräfte die Finanzlage der Pflegeversicherung und die Situation in den Familien düster aussähe. Die illegalen Kräfte kommen meistens aus Polen, zunehmend aus Ungarn, Tschechien und Rumänien. Sie besitzen ein Touristenvisum und haben damit eine dreimonatige Aufenthaltsgenehmigung. Es ist ein Rotationsmodell: Auch Zuzanna wird nach drei Monaten Oma Elisabeth verlassen, eine Bekannte oder Verwandte nimmt dann ihren Platz ein. Regelmäßig bringen Busse die neuen Helferschichten nach Südbaden. Alles ist perfekt organisiert, die Familien müssen sich um nichts kümmern. Der Preis: 800 bis 1300 Euro für eine Rundumbetreuung. Kost und Logis sind frei, Fahrtkosten nach Hause gibt’s dazu. Würde Familie Farner diese Arbeit von deutschen Kräften bei Stundenlöhnen von 40 bis 50 Euro machen lassen, müsste sie das Vier- bis Sechsfache bezahlen. Wer kann sich das leisten?

Für Suzanna aber sind 1000 Euro sehr viel Geld. Sie ist eigentlich Tierärztin, findet in Polen aber keine Arbeit. Und mit Oma Elisabeth hat sie noch Glück. Viele ihrer osteuropäischen Kolleginnen kümmern sich um schwerstkranke, bettlägerige oder demenzkranke Menschen. Die Frauen kochen, waschen, bringen die Kranken ins Bett, geben Medikamente. Manche machen die Arbeit schlecht, setzen Familien sogar unter Druck. Viele arbeiten gut und aufopferungsvoll. Sie sind immer da, haben fast nie frei. Diese Fremden werden von den Alten manchmal besser akzeptiert als die eigenen Kinder, vor denen sie sich genieren. Die Arbeit der Illegalen geschieht oft unter den Augen der deutschen ambulanten Pflegedienste. "Wir wissen von rund 20 Haushalten in Rheinfelden, in denen mit größter Wahrscheinlichkeit illegal beschäftigte Pflegekräfte ihre Arbeit tun , sagt Peter Schwander von der kirchlichen Sozialstation in Rheinfelden. Immer wieder komme es vor, dass eine Familie seine Kolleginnen erst ruft, wenn Pflegefehler zu Folgeerkrankungen führen, die professionell behandelt werden müssen, sagt er. Wenn die ambulanten Helfer dann zu den Familien kommen, kommt es schon mal vor, dass die Schwarzarbeiterinnen in die Hinterzimmer huschen und warten, bis die wunde Stelle behandelt ist. Schwander sieht die illegale Beschäftigung mit gemischten Gefühlen. "Natürlich sehen wir auch den Willen der Leute, für ihre Angehörigen das Beste zu wollen." Aber er wundert sich, wie sehr diese illegalen Beschäftigungen inzwischen als normal betrachtet werden. Ob Ärzte, Bankdirektoren, Finanzbeamte: "Die Leute sehen das als Kavaliersdelikt, da gibt es kein Unrechtsbewusstsein." Er findet es bedrückend, was den Osteuropäerinnen zugemutet werde. Und die Frauen ließen zu Hause ihre eigenen Familien zurück, in manchen Dörfern fehle die Hälfte der Mütter, weil sie hier arbeiteten. "Wir haben es hier in Deutschland mit modernen Dienstmädchen zu tun."

Bernd Tews vom Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste vergleicht die illegalen Pflegekräfte mit der Schwarzarbeit auf dem Bau. "Eine Gesellschaft muss sich doch fragen: Gelten die Spielregeln oder gelten sie nicht?" Nur zaghaft befasse sich die Politik mit dem Thema. Dieses illegale Pflegesystem schade den legalen Pflegediensten und entziehe der Sozialversicherung Geld. Die Frauen hätten keinen Urlaub, keine Versicherung, keinen angemessenen Lohn: "Das ist moderner Sklavenhandel." Die Frauen aus dem Osten müssen sich dennoch wenig Sorgen machen, dass ihnen der Zoll zu nahe kommt. Denn der Zollfahndung sind die Hände gebunden, weil sie in Privatwohnungen arbeiten. "Wenn wir aber konkrete Hinweise haben, dann holen wir uns einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss" , sagt Klaus Salzsieder vom Zoll in Köln. Und Hinweise kommen oft: von Nachbarn, Sozialstationen, Verwandten oder geschiedenen Ehemännern. Die möglichen Strafen: bis zu fünf Jahre Gefängnis. Meistens Bußgeld in der doppelten Schadenshöhe. In einem Fall bei Freiburg, in dem jemand 15 Monate lang die demente Oma hat pflegen lassen, waren das 57 000 Euro. Doch gehe man sensibel vor, sagt Salzsieder — "da sind schließlich menschliche Schicksale dahinter" . Auch Richter urteilten mehrmals milde, weil sie wissen, dass manche Familien ohne diese billigen Pfleger nicht wüssten, was sie tun sollen. "Wir bringen es nicht fertig, unsere Alten angemessen zu pflegen" , so die Worte einer Darmstädter Richterin, die die Schwarzarbeit als Folge der schlimmen Missstände im Pflegesystem kritisierte.
Die Osteuropäerinnen nehmen freilich auf dem heiß umkämpften Pflegemarkt den etablierten Diensten einen großen Teil des Kuchens weg. Franz Fink vom Deutschen Caritasverband warnt aber davor, im Konkurrenzdenken zu verharren. "Wir müssen vielmehr überlegen, wie wir den Familien helfen können." Die neue Berufsgruppe des "Alltagsbegleiters" könnte einen Ausweg sein. Leute ohne spezielle Pflegeausbildung können in den Sozialstationen der Caritas eine Bezahlung zwar nach Tarif, aber unter der unteren Lohngruppe bekommen. Sie böten dann zwar keine 24-Stunden-Betreuung an, aber doch eine 40-Stunden-Woche. Zu ihren Aufgaben könnten einfache Tätigkeiten wie die Begleitung bei Arztbesuchen oder Vorlesen gehören. Kosten für die Familien: 1500 bis 2000 Euro. "So könnten wir manchen Familien helfen, aus der Illegalität herauszukommen. Wir als Caritas müssen selbst dafür sorgen, dass unsere Sozialstationen so etwas anbieten können." Auch Langzeitarbeitslose könnten solche Hilfsjobs übernehmen, findet Fink. Er weiß: Seine Kollegen zögern noch bei dem Modell des Alltagsbegleiters. Aber um den Familien zu helfen und den Frauen aus Osteuropa Sicherheit zu bieten, müsse eine Kooperation mit den bisher Illegalen angedacht werden. "Wir müssen einen Hilfemix für die Familien arrangieren, der solche Kräfte einbindet." Zukunftsmusik, gewiss. Aber: "Die Zeiten für die Sozialstationen stehen auf Veränderung."

Badische Zeitung Freiburg
Michael Neubauer, 19.7.
2007, www.badische-zeitung.de

 

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