Schwarzwald für Ehrenamtliche, Geschäftige und Erholungssuchende - Volunteering, Business and Holidays in the Black Forest


Hinterzarten 1944-1948
Das Ende des II. Weltkriegs im Hochschwarzwald
 

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Das Ende des II. Weltkriegs
im Hochschwarzwald
in Berichten von Zeitzeugen

"Wir wussten doch nicht was kommt"




Ravennabrücke im Höllental
nach der Sprengung am 22. April 1945

 

Berichte von 18 Zeitzeugen 

Die 18 Berichte sind Bestandteil der folgenden Dokumentation:

Gemeinde Hinterzarten, Arbeitskreis Ortschronik (Hrsg.):
Das Ende des II. Weltkriegs im Hochschwarzwald in Berichten von Zeitzeugen
Redaktion:
Helmut Heitzmann, Dr. Hartmut Zoche
November 2006
ISBN-10: 3-00-019192-5, ISBN-13: 978-3-00-019192-3
2.50 Euro

Die Publikation wurde finanziert vom IBM Förderprojekt On Demand Community, Deutschland.

Vorrätig bei:

Rathaus Hinterzarten
Tourist Information Hinterzarten-Breitnau
Buchhandlung Baeuchle in Hinterzarten
Kirchzartener Bücherstube
Buchladen im Roten Haus in Neustadt
Herder, Freiburg, Kaiser-Joseph-Strasse
Rombach, Freiburg, Bertoldstrasse
Vogel, Freiburg-Littenweiler, PH
Walthari, Freiburg



Erhältlich über den Buchhandel (bitte ISBN angeben)



 

Geleitwort von Bürgermeister Hansjörg Eckert

Die Zukunft hat viele Namen.
Für die Schwachen ist sie das Unerreichbare,
für die Furchtsamen ist sie das Unbekannte,
für die Tapferen ist sie die Chance.
Victor Marie Hugo

Die Aufarbeitung der Geschehnisse im Hochschwarzwald während des 2. Weltkrieges machte sich der Arbeitskreis Ortschronik der Gemeinde Hinterzarten zum Thema. 60 Jahre nach dem Kriegsende reifte die Idee, den Zeitraum des nahenden Kriegsendes von 1944 bis zur Währungsreform 1948 im Bereich des engeren Hochschwarzwaldes zwischen dem Dreisamtal und dem Titisee aufzuarbeiten. Zeitzeugen wurden gebeten, ihre Erinnerungen sowie Dokumente und Fotos zur Verfügung zu stellen. Ein Redaktionsteam recherchierte, sammelte Berichte und befragte einige Gewährspersonen.

Zu einem „Abend des Erinnerns“ lud man Ende 2005 Frauen und Männer ein, die über ihre Erlebnisse berichteten. Das Interesse der Bevölkerung war groß.

Nunmehr liegt die Dokumentation vor.

Ein besonderer Dank gilt allen, die daran mitgearbeitet haben, insbesondere Herrn Helmut Heitzmann, Freiburg-Kappel, und Herrn Dr. Hartmut Zoche, Waldkirch. Finanziert wird die Veröffentlichung vom IBM Förderprojekt On Demand Community, Deutschland, womit die Firma IBM ehrenamtliches Engagement ihrer Mitarbeiter und Pensionäre unterstützt. Diese Anerkennung wurde Helmut Heitzmann als ehemaligem Angehörigen des Unternehmens zuteil.

Die vorliegende Publikation zeigt, dass der Arbeitskreis Ortschronik auch weiterhin Hervorragendes in der Aufarbeitung unserer Geschichte leistet. Wir sind dankbar, dass nunmehr auch dieser Teil unserer deutschen Geschichte, fokussiert auf den engeren Bereich des Hochschwarzwaldes, bei uns dokumentiert ist.

Hansjörg Eckert
Bürgermeister


 

Einleitung von Dr. Hartmut Zoche
 

Am 1. September 1939 begann die nationalsozialistische Führung des deutschen Reiches mit der Invasion Polens den 2. Weltkrieg. Er endete für Deutschland offiziell mit der bedin­gungslosen militärischen Kapitulation am 8. Mai 1945. Während das Schicksal des damaligen deutschen Ostens bei den Konferenzen von Teheran (28.11. – 01.12.1943) und Jalta
(04.–11.02.1944) entschieden wurde, forderte die provisorische französische Regierung unter De Gaulle im Oktober 1944 die Abtrennung des linken Rheinufers von Deutschland und zunächst eine französische Besatzungszone beiderseits des Rheins von Basel bis weit nach Hessen hinein. Nachdem französische Truppen große Teile Südwestdeutschlands eingenommen hatten, war Frankreich nicht nur an der programmatischen Erklärung der Siegermächte vom 5. Juni 1945 beteiligt, sondern auch an der Bildung des alliierten Kontrollrats, der die Regierungsgewalt in Deutschland übernahm. Das französische Oberkommando, zunächst unter General Lattre de Tassigny und dann unter General Koenig, nahm seinen Sitz in Baden-Baden.

Während der letzten Kriegsmonate bekam auch Südbaden die alliierte Luftherrschaft zu spüren. Nach der Vernichtung der Freiburger Innenstadt am 27. November 1944 blieb besonders die Bahnlinie von Freiburg über den Schwarzwald, und vor allem die Ravennabrücke, ständiges Angriffsziel. Auch die ländlichen Siedlungen waren immer wieder den Angriffen der Jagdbomber ausgesetzt. Schließlich besetzten französische Bodentruppen den Hochschwarzwald, nachdem sie durch die Täler von Rench, Kinzig einerseits und das Wiesental andererseits vorgedrungen waren. Am 26. oder 27. April 1945 war Hinterzarten in ihrer Hand. Die noch kurz zuvor erfolgte Sprengung der Ravennabrücke verdeutlichte den Irrwitz dieses Krieges.

Helmut Heitzmann hat Anfang 2005 eigene Erinnerungen aufgezeichnet und dann noch weitere Personen über ihre Erlebnisse in der Schlussphase der NS-Herrschaft, beim Ende des Krieges und bei der Besetzung durch das französische Militär befragt. Auf diese Weise kam der Grundstock zu einer lebendigen Sammlung authentischer Berichte über die Verhältnisse im Hinterzartener Raum während dieser schweren Zeit zustande. Beim „Abend des Erinnerns“ am 28. November 2005 trug u. a. Elisabeth Zepf noch interessante Einzelheiten vor, und im Anschluss daran ließ Oskar Ganter eine eindrucksvolle, lebendige Schilderung aufzeichnen. Albert Lang und Erich Weber steuerten spannende Berichte über ihre schwierige Heimkehr bzw. Flucht aus der Gefangenschaft bei. Mit Zustimmung der Autoren wurden zwei bereits an anderer Stelle veröffentlichte Texte hinzugefügt. Einen passenden Abschluss bildet der Aufsatz, den Theo Gremmelspacher schon früher für den Arbeitskreis Ortschronik verfasst hat. Die folgenden Zusammenfassungen stammen von Helmut Heitzmann.


 

Kriegsende - von Helmut Heitzmann

Zeitlicher Ablauf des 2. Weltkriegs (Kurzform)

01.09.1939    Kriegsbeginn: Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen
09.04.1940    Kampflose Besetzung Dänemarks
10.05.1940    Angriff der deutschen Wehrmacht im Westen
15.05.1940    Kapitulation
Hollands nach Zerstörung der Altstadt Rotterdams durch die Luftwaffe
28.05.1940    Kapitulation Belgiens
10.06.1940    Kapitulation Norwegens
22.06.1940    Waffenstillstand mit Frankreich
07.09.1940    Unbeschränkter Luftkrieg gegen Großbritannien (London, Coventry)
18.04.1941    Kapitulation Jugoslawiens
22.06.1941    Deutscher Angriff auf die Sowjetunion
28.03.1942    Erstes britisches Flächenbombardement auf deutsche Großstadt (Lübeck)
02.02.1943    Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad
13.05.1943    Kapitulation des deutschen Afrikakorps bei Tunis
10.07.1943    Landung der alliierten Truppen auf Sizilien
06.06.1944    Landung der alliierten Truppen in der Normandie
27.11.1944    Schwerer Fliegerangriff auf Freiburg
08.05.1945    Kapitulation der deutschen Wehrmacht
 

Mit Verordnung vom 26.01.1943 wurden 15–17-Jährige als Flakhelfer einberufen, um Flaksoldaten an der Front einsetzen zu können. Im Laufe des Jahres 1944 wurden die Jahrgänge 1926/27 zum Reichsarbeitsdienst (RAD) und zum Wehrdienst eingezogen. Am 25.09.1944 unterschrieb Adolf Hitler den Erlass zur Bildung des Volkssturms: „Es ist in den Gauen des Großdeutschen Reiches aus allen waffenfähigen Männern im Alter von
16 bis 60 Jahren der Deutsche Volkssturm zu bilden.“ Es handelte sich um etwa 6 Millionen noch nicht zum Wehrdienst Einberufene. Der Volkssturm wurde für Schanzarbeiten, Evakuierungen, Objektschutz, Gefangenenbewachung und Abwehrkämpfe eingesetzt. Am 05.03.1945 wurde die Einberufung des Jahrgangs 1929 angeordnet. Ende 1944 arbeite­ten über 7,5 Millionen Gefangene, Fremd- und Zwangsarbeiter, davon etwa ein Drittel Frauen, im Reichsgebiet. Seit September 1944 war das Elsass zum größten Teil von den alliierten Truppen besetzt. Der Kampflärm aus dem Elsass war täglich zu hören, und die alliierten Flugzeuge beherrschten den Luftraum auch in Südbaden. Wenn das Wetter es ermöglichte, kamen bereits morgens zwei Aufklärungsflugzeuge, im Volksmund „Max und Moritz“ genannt.


 


Die Bombardierungen im Hochschwarzwald am 24. Februar 1945

Die 320. Bomb Group der amerikanischen Air Force war von November 1944 bis April 1945 in Dijon/Frankreich stationiert, ausgerüstet mit Bombern des Typs „Martin B-26 Marauder". Dieser Bomber mittlerer Größe flog mit einer Besatzung von sieben Mann. Am 24. Februar 1945 starteten in Dijon zwischen 12.50 Uhr und 13.17 Uhr 51 Marauder zum Zielpunkt Immendingen, einem Eisenbahnknotenpunkt. Jede Maschine war mit 8 Bomben à 226 kg bestückt. Der Verband erhielt Begleitschutz durch 12 Thunderbolts. Über dem Zielgebiet war witterungsbedingt keine Sicht. Als Ersatzziele waren die Ravennabrücke in Höllsteig, das Bahngelände in Titisee und das Sägewerk Himmelsbach in Neustadt-Hölzlebruck definiert.

30 Flugzeuge unterstanden Commander Carraher und 21 Commander Mueller. Jeweils drei Flugzeuge kehrten vorzeitig nach Dijon zurück, sodass über dem Ersatzzielgebiet 45 Maschinen zum Einsatz kamen. Diese Zahl stimmt mit der Beobachtung von Helmut Tritschler aus Hinterzarten-Bruderhalde überein, der von der Bankhansenhöhe aus die Angriffe verfolgte. Um 15.00 Uhr gab die Rathaussirene in Titisee Fliegeralarm. Um 15.05 Uhr erfolgte der erste Angriff auf Titisee mit 9 Maschinen, um 15.16 Uhr der zweite mit ebenfalls 9 Maschinen und auch der dritte um 15.21 Uhr mit 9 Maschinen. Bei einem Flugzeug funktionierte die Bombenauslösung nicht. Auf Titisee wurden insgesamt 204 Sprengbomben abgeworfen, davon 26 mit sechs- bzw. zwölfstündigem Zeitzünder. 27 Menschen, darunter 3 Kinder, verloren ihr Leben.

Um 15.16 Uhr warfen 9 Maschinen 72 Bomben in Richtung Ravennabrücke, davon 9 Zeitzünder, verfehlten aber das Ziel, und die Bomben rauschten als sogenannter Bombenteppich in den Wald beim Schrofenhäusle im Ortsteil Bisten, das schwer beschädigt wurde. Der Angriff auf Hölzlebruck erfolgte wiederum mit 9 Maschinen um 15.20 Uhr, wobei das Sägewerk nur am Rande getroffen wurde und der Großteil der 72 Bomben, davon 9 mit Zeitzünder, südlich des Bahnhofs Hölzlebruck in ein Waldgebiet einschlugen.

Diese Informationen sind im „Final Mission Report No. 490 (Captain Carraher) und No. 491 (Captain Mueller)" der 320. Bomb Group dokumentiert.

Abb. 1: Jagdbomber (Jabo)
Thunderbolt P-47
Abb. 2: Das zerstörte Unterwerk Titisee (links) und der „Völkerbund“ Abb. 3: Luftaufnahme der 320. Bomb Group nach der Bombardierung von Titisee Links unten ist der östliche Teil des Titisees zu erkennen.
Abb. 4: Gedränge beim Gasthof Sternen vor der Lkw-Fahrt zum Bahnhof Hinterzarten
Abb. 4: Gedränge beim Gasthof Sternen vor der Lkw-Fahrt zum Bahnhof Hinterzarten Abb. 7: Bahnunterführung Höllsteig
 
 
Abb. 5: Aufstieg vom Gasthof Sternen zum Bahnhof Höllsteig
 

 

Versorgungssituation in der Nachkriegszeit

Während die Lebensmittelversorgung im Krieg nicht zuletzt infolge der Lieferungen aus den von Deutschland besetzten Ländern ausreichend war, wurde sie nach Kriegsende katastrophal. Erst um 1950 kann man sie wieder als befriedigend bezeichnen.

Lebensmittelversorgung um 1946 im Kalorienvergleich:

3300  USA
2600  Schweiz
1800  Österreich
1330  Amerikanische Zone
1083  Sowjetische Zone
1050  Britische Zone
0900  Französische Zone

Die Zuteilung in der französischen Zone wurde oft nicht erreicht. Im Januar 1947 betrug die tatsächlich zugeteilte Lebensmittelration nur die Hälfte der geplanten Menge, magere 450 Kalorien/Tag.

Hamstern
Die Menschen, meist Frauen, waren gezwungen, zum „Hamstern" auf das Land zu fahren, um Lebensmittel zu erbetteln, damit sie sich und ihre Kinder am Leben erhalten konnten. Vorhandene Wertgegenstände wurden gegen Lebensmittel eingetauscht.

Schwarzmarkt
Beim Schwarzmarkt handelte es sich um einen verbotenen Handel. Französische Besatzung und Polizei versuchten, durch Razzien diesen Handel zu unterbinden, was aber bis zur Einführung der Währungsreform im Jahr 1948 nicht gelang.

Beispiele für offizielle und Schwarzmarkt-Preise 1946/47:

   Ware           Offizieller Preis     Schwarzmarkt-Preis
1 kg Fleisch          2,20 RM               60-80 RM
1 kg Brot             0,37 RM               20-30 RM
1 kg Kartoffeln       0,12 RM                   4 RM   
1 kg Butter           4,00 RM             350-550 RM
1 Stück Seife         0,35 RM               30-40 RM


Das durchschnittliche Monatseinkommen einer Familie lag bei 200 bis 300 RM. Landwirtschaftliche Betriebe mussten vorgeschriebene Lebensmittelmengen wie Milch, Butter, Eier und Vieh abliefern. Nicht-Selbstversorger erhielten mittels Lebensmittelkarten die vorgesehenen Lebensmittelzuteilungen, manchmal aber auch weniger. Kleidung, Schuhe und Fahrradschläuche wurden vom Landratsamt über die Gemeinden ebenfalls zugeteilt. Das Fahrrad war das wichtigste Verkehrsmittel. 1945 waren auch Requisitionen der Besatzungsmacht üblich. Beispiele für Mitteilungen des Landratsamts Neustadt:


02.06.1945
„Es werden auf Anweisung der französischen Militärbehörde alle Textilien in den Geschäften beschlagnahmt."
04.08.1945
„Auf Anweisung der französischen Militärbehörde müssen bis 10. August 185 Herrenfahrräder in tadellosem Zustand in Neustadt abgeliefert werden. Auf die Gemeinde Breitnau entfallen 7 Fahrräder."

 

Verkehrssituation auf der Höllentalbahn von 1944 bis 1947

Von 1944 bis zur Sprengung des Unteren Hirschsprungtunnels und der Ravennabrücke am 22. April 1945 war die Höllentalstrecke von Freiburg nach Donaueschingen durch alliierte Bombenangriffe bereits verschiedentlich außer Betrieb gesetzt. Ob sich Elektrolokomotiven in Neustadt befanden, ist nicht bekannt. Durch die Zerstörung des Unterwerks in Titisee am 24. Februar 1945, durch das die Stromeinspeisung für den Hochschwarzwald erfolgte, konnten für Jahre keine Elektrolokomotiven eingesetzt werden. In Neustadt befanden sich am Kriegsende zufällig vier Dampflokomotiven der Baureihe 75 und zwei der Baureihe 85. Da die Brücke über die Breg in Hüfingen nicht befahrbar war, wurde die Strecke bis Hausen vor Wald von Neustadt aus versorgt, ebenso die Strecke nach Hinterzarten und die Zweigstrecken nach Seebrugg und Bonndorf. Der Kohlenvorrat in Neustadt war jedoch bald aufgebraucht, und die Lokomotiven mussten mit Holz beheizt werden.

Von April 1945 bis zur Wiedereröffnung der Ravennabrücke am 23. Dezember 1947 gab es folgende Verbindungen auf der Höllentalbahn und ihren Nebenstrecken:

02.07.1945
Notdürftiger Betrieb von Neustadt nach Hausen vor Wald
Notdürftiger Betrieb von Neustadt nach Hinterzarten
Notdürftiger Betrieb von Neustadt nach Seebrugg
Notdürftiger Betrieb von Neustadt nach Bonndorf

01.08.1945
Wiederaufnahme des Betriebs von Freiburg nach Himmelreich

Anfang 1946
Wiederaufnahme des Betriebs von Neustadt nach Donaueschingen

Nachdem der Untere Hirschsprungtunnel, der am 22. April 1945 gesprengt wurde, wieder befahrbar war, verkehrten seit Sommer 1946 zwischen Freiburg und Höllsteig täglich drei Zugpaare. Die Fahrzeit betrug circa 70 Minuten, da u. a. in Posthalde die Lokomotive für die spätere Talfahrt an das hintere Ende des Zuges umgespannt werden musste. Dies war in Höllsteig wegen des Gefälles im Bahnhof nicht möglich. Der Zug wurde durch die Lokomotive von Posthalde nach Höllsteig geschoben. Damit war in etwa die Fahrzeit von 1910 erreicht, als von Hirschsprung bis Hinterzarten noch Zahnradbetrieb war. Die Züge mit Abfahrt Freiburg 05.10 Uhr und 07.55 Uhr hatten in Hinterzarten Anschluss nach Neustadt, etwa 90 Minuten nach ihrer Ankunft in Höllsteig. Für den dritten Zug, Abfahrt in Freiburg um 18.00 Uhr, gab es in Hinterzarten keinen Anschluss mehr. Große Verspätungen waren üblich.

Die Reisenden mussten vom Bahnhof Höllsteig zum Bahnhof Hinterzarten mit dem Gepäck zu Fuß durch das Löffeltal gehen, denn mit der am 22. April 1945 gesprengten Löffeltalbrücke Straßenbrücke) war auch die Straßenverbindung von Höllsteig nach Hinterzarten unterbrochen. Die einzige sichere Verbindung von Höllsteig nach Hinterzarten war der Fußweg durch das Löffeltal. Das Wiesengelände bei der Löffeltalbrücke war vermint. In diesem Minenfeld gab es Schwerverletzte und Tote. Nach Wiederherstellung der Löffeltalbrücke im Laufe des Jahres 1946 setzten zwei Fuhrunternehmer Lkws vom Gasthof „Sternen" in Höllsteig zum Bahnhof in Hinterzarten ein.

 
Abb. 4: Gedränge beim Gasthof "Sternen" vor der LKW-Fahrt zum Bahnhof HInterzarten Abb. 7: Bei der Bahnunterführung Höllsteig
 
 

 

 

Links und Adressen

Arbeitskreis Ortschronik der Gemeinde Hinterzarten
c/o Bürgermeister Hansjörg Eckert,
Tel 07652/919720, eckert@hinterzarten.de

Helmut Heitzmann, Freiburg-Kappel
Tel 0761/64276, heitzmannhelmut@gmx.de
Bücher und Veröffentlichungen >HeitzmannHelmut

Dr. Hartmut Zoche, Waldkirch,
Tel 07681/491351, info@archiv-und-historik.de

Theo Gremmelspacher, Hinterzarten
Verein Heimatpfad Hochschwarzwald in Hinterzarten >Heimatpfad


 

Vorstellung der Dokumentation im Rathaus Hinterzarten am 30.11.2006

Bei der Vorstellung der Dokumentation des AK Ortschronik Hinterzarten waren u.a. anwesend:
Hansjörg Eckert, Bürgermeister von Hinterzarten
Renate und Helmut Heitzmann, Freiburg-Kappel
Dr. Hartmut Zoche, Waldkirch
Theo Gremmelspacher, Verein Heimatpfad, Hinterzarten
Karl Harter, Rektor a.D, Schwarzwaldverein, Hinterzarten
Rudi Schlegel, Hinterzarten
Dr. Jörg Steinhardt, Touristik GmbH Hinterzarten
Siegfried Scharf, Bürgermeister a.D. Eisenbach
Inge Baeuchle, Buchhandlung, Hinterzarten
Dr. Ekkehard Kaier, Schwarzwaldverein, Freiburg

 

Frau Heitzmann, Bürgermeister Eckert,  Herr Heitzmann und Herr Dr. Zoche am 30.11.2006 in Hinterzarten Touristik-Geschäftsführer Dr. Jörg Steinhardt, Eisenbachs Ex-Bürgermeister Siegfried Scharf und Rektor i.R. Karl Harter (von links) am 30.11.2006  
Bürgermeister Hansjörg Eckert mit den Machern: Renate Heitzmann, Helmut Heitzmann und Dr. Hartmut Zoche am 30.11.2006 in Hinterzarten
 
Interessierte Besucher: Touristik-Geschäftsführer Dr. Jörg Steinhardt, Eisenbachs Ex-Bürgermeister Siegfried Scharf und Rektor i.R. Karl Harter (von links) am 30.11.2006  

 

Erinnerungen ans Kriegsende

18 Zeitzeugen aus der Region schildern in neuer Broschüre ihre Eindrücke von damals / Einen interessanten Einblick in die Zeit des Zweiten Weltkrieges im Hochschwarzwald gewährt die in Hinterzarten vorgestellte Dokumentation mit dem Titel „Wir wussten doch nicht was kommt". Auf 44 Seiten kann anhand von eindrücklichen Fotos, Informationen und Berichten von 18 Zeitzeugen nachgelesen werden, was sich zum Ende des Zweiten Weltkriegs in der Region abgespielt hat.

Bürgermeister Hansjörg Eckert stellte in Hinterzarten gemeinsam mit Helmut und Renate Heitzmann und Archivar Hartmut Zoche eine Broschüre mit Berichten von Zeitzeugen über das Kriegsende im Hochschwarzwald vor.
Bild: Kerdraon

Der Sache nachgegangen ist der Arbeitskreis Ortschronik der Gemeinde Hinterzarten unter der Leitung von Helmut Heitzmann und Archivar Hartmut Zoche aus Waldkirch. „Dabei ist mir aufgefallen, dass bei den Befragten besonders die Bombardierung aus der Luft eindrücklich in Erinnerung geblieben ist", betonte Zoche. Am 24. Februar 1945 starteten in Dijon zwischen 12.50 Uhr und 13.17 Uhr 51Bomber der amerikanischen Air Force zum Zielpunkt Immendingen, einem Eisbahnknotenpunkt. „Weil dort keine Sicht war, wurde das Ersatzziel Ravennabrücke in Höllsteig, das Bahngelände in Titisee und das Sägewerk Himmelsbach in Neustadt-Hölzlebruck definiert", erinnert sich Helmut Tritschler aus Hinterzarten, der die Angriffe aus der Bankhansenhöhe verfolgte. Um 15 Uhr gab in Titisee die Rathaussirene Fliegeralarm. Es folgte der erste Angriff auf Titisee und es wurden 204 Sprengbomben abgeworfen, dabei verloren 27 Menschen, darunter drei Kinder, ihr Leben. Nachdem 1944 der Untere Hirschsprungtunnel und im April 1945 die Ravennabrücke gesprengt wurden, war die Höllentalstrecke von Freiburg bis Donaueschingen durch alliierte Bombenangriffe bereits außer Betrieb gesetzt. Die Reisenden mussten vom Bahnhof Höllsteig zum Bahnhof Hinterzarten mit ihrem Gepäck zu Fuß durch das Löffeltal marschieren. Das Wiesengelände bei der Brücke war teilweise vermint und es gab Schwerverletzte und Tote. Später setzten zwei Fuhrunternehmer Lkws ein und transportierten die Fahrgäste vom Gasthaus „Sternen" in Höllsteig zum Bahnhof Hinterzarten.

„Täglich war der Schlachtlärm aus dem Elsass hörbar und je nach Wetterlage fanden Luftangriffe auf Freiburg und Kirchzarten statt", berichtet Helmut Heitzmann aus Freiburg Kappel, der als Hirtenbub auf dem Jockelshof in Buchenbach arbeitete. „Wenige Tage vor dem Einmarsch der französischen Truppen wurde in Hirschsprung und Posthalde ein Verpflegungszug für die Bevölkerung freigegeben, der zuvor in den Höllental-Tunnels versteckt war. „Die Menschen strömten aus allen Richtungen herbei, um die lang entbehrten Kostbarkeiten mitzunehmen und dabei wurden ganze Käseräder über die Straße gerollt", erinnerte er sich Heitzmann weiter. Auf der Toilette eines Gasthauses fand er einen Schokoriegel. „Es war die erste Schokolade in meinem Leben und ein Genuss", resümiert er weiter.

„Eine sehr große Hungersnot war 1947/48 und es war die Zeit der Hamsterer", erzählte Elisabeth Winterhalder aus Waldau ihrem Befrager. „Da hat keiner nach Geld gefragt und keiner was er verdient, wenn er mitgeholfen hat auf dem Hof", wusste sie. Es ist um das Überleben und immer nur um das Essen gegangen. „Wenn Du etwas bekommen hast oder organisieren hast können, dann ist es nur mit Speck, Butter oder Eiern gegangen", schaut sie zurück auf die schwierige Zeit.

Die Broschüre „Wir wussten doch nicht was kommt" ist in den Buchhandlungen Bäuchle in Hinterzarten und in Titisee-Neustadt im Roten Haus sowie bei der Hinterzarten-Breitnau Tourismus GmbH erhältlich und kostet 2,50 Euro. (ker) Informationen im Internet: www.freiburg-schwarzwald.de/hinterzarten1944-1948.htm.

Angèle Kerdraon, 7.12.2006, www.suedkurier.de


 

 
Die Kriegs- und Nachkriegsjahre in Hinterzarten und im Hochschwarzwald

Der Arbeitskreis Ortschronik Hinterzarten stellte sein neuestes Erzeugnis vor

Wie sind die Kriegs- und Nachkriegsjahre (1944-1948) in Hinterzarten und im Hochschwarzwald verlaufen? Aufschluss darüber gibt die 45 Seiten starke Schrift „Das Ende des Zweiten Weltkriegs im Hochschwarzwald in Berichten von Zeitzeugen“. Diese Schrift stellte vergangene Woche Bürgermeister Hansjörg Eckert, Hinterzarten, vor. Aus- und aufgearbeitet hatte sie der Arbeitskreis Ortschronik der Gemeinde Hinterzarten, allen voran Helmut Heitzmann, Freiburg-Kappel, und Dr. Hartmut Zoche, Waldkirch. Beide und weitere Mitglieder des Arbeitskreises unterstrichen, dass es insgesamt 18 Zeitzeugen waren, die befragt und interviewt worden waren. Bürgermeister Eckert erinnerte, dass der Arbeitskreis Ortschronik 1984 von Ehrenbürger Ekkehard Liehl ins Leben gerufen worden war. Inzwischen sind in der Reihe der „Hinterzartener Schriften“ von 1993 bis 2002 sieben Bücher erschienen.
Anerkennend erwähnte der Bürgermeister, dass das jüngste Werk ganz ohne Zuschuss der Gemeinde Hinterzarten geschaffen werden konnte. Finanziert wurde die Veröffentlichung von der Firma IBM als Förderprojekt „On Demand Community Deutschland“, in deren Rahmen das ehrenamtliche Engagement von Mitarbeitern und Pensionären unterstützt wird. Als ehemaliger IBM-Mitarbeiter hatte für die Förderung Helmut Heitzmann die Weichen gestellt.

Im Mittelpunkt der neuen Schrift stehen der zeitliche Ablauf des Zweiten Weltkrieges, die Bombardierungen im Hochschwarzwald am 24. Februar 1945 und die Verkehrssituation auf der Höllentalbahn von 1944 bis 1947. Diese schweren Zeiten riefen Dr. Hartmut Zoche und Helmut Heitzmann ins Gedächtnis. Helmut Heitzmann erlebte das Bombardement am 24. Februar 1945 vom Löffeltal aus. Er berichtete, dass es 45 Flugzeuge waren, die den Angriff auf die Ravennabrücke und den Hochschwarzwald geflogen sind. Neun Maschinen hätten 72 Bomben in Richtung Ravennabrücke abgeworfen, jedoch das Ziel verfehlt. Die spätere Sprengung der Ravennabrücke am 22. April 1945 mache den ganzen Irrwitz des Krieges deutlich.
Hinterzarten ist am 26. oder 27. April 1945 von französischer Bodentruppen eingenommen worden. Karl Harter, Theo Gremmelspacher und Rudi Schlegel sprachen von den Erschwernissen, die von der Besatzungsmacht ausgegangen sind. Darunter hätten gerade die Bauern zu leiden gehabt. Vieh, Kartoffeln und Butter hätten abgeben werden müssen. Rudi Schlegel ergänzte, dass es noch weitere Themen, beispielsweise das Thema Tourismus, aufzuarbeiten gilt und dass er dabei ist, dies zu tun. Verständlich, wenn Bürgermeister Hansjörg Eckert dankte und feststellte: „Der Arbeitskreis Ortschronik Hinterzarten lebt weiter.“ In der Tat vertiefte sich der Eindruck, dass der Fortbestand und die Zukunft des Arbeitskreises Ortschronik der Gemeinde Hinterzarten gesichert ist.

 Siegfried Scharf, 6.12.2006, Hochschwarzwald-Kurier

 



18 Zeugen erinnern sich - Arbeitskreis legt Broschüre über das Kriegsende vor 

Hinterzarten. Eine 44 Seiten starke Broschüre mit Berichten von 18 Zeitzeugen über das Ende des Zweiten Weltkriegs im Hochschwarzwald hat der Arbeitskreis Ortschronik vorgestellt. "Wir wussten doch nicht, was kommt" , heißt der Titel. Besonders in Erinnerung haben die Befragten die ständige Bombardierung aus der Luft und die Bereitstellung eines Verpflegungszugs zwei Tage vor Kriegsende.


Die Beiträge, meist Interviews, aber auch schriftliche Erinnerungen, sind grob gegliedert nach den Berichtszeiträumen und eingebettet in die Zerstörung der Ravennabrücke am 22. April 1944 und ihre Wiedereröffnung am 23. Dezember 1947. Themen sind die kriegsbedingten Veränderungen des Alltags, die Lebensmittelknappheit, die Evakuierungen sowie die Anwesenheit von Kriegsgefangenen und französischer Besatzung. "Ganz breiten Raum nehmen natürlich die Luftangriffe ein und ihre Folgen" , erklärt Historiker Hartmut Zoche, der zusammen mit Helmut Heitzmann von der Arbeitsgruppe für die Redaktion verantwortlich zeichnet. Eindrücklich dokumentiert werden die Folgen der Brückensprengung für die Bevölkerung nicht nur in den Berichten, sondern auch anhand mehrerer historischer Fotos. Solange der Zugverkehr und die Straßenverbindung zwischen Höllsteig und Hinterzarten unterbrochen war, mussten die Menschen zu Fuß durch das Löffeltal gehen, entlang einem Minenfeld bei der Löffeltalbrücke und schwer beladen mit Gepäck. Fotos von der Ravennabrücke nach der Zerstörung, beim Wiederaufbau und beim Belastungstest ergänzen das Bildmaterial, das den Neuanfang miteinschließt. "Auch sehr schreckliche und tragische Ereignisse" werden geschildert, so Zoche, etwa die Hinrichtung eines polnischen Zwangsarbeiters in Hinterzarten. Dass die Besatzer meist Marokkaner waren, habe besonders die Kinder nachhaltig beeindruckt, "aber auch Schrecken verbreitet". Teils drastisch geschildert werden die ersten Tage nach Kriegsende, als die französischen Truppen Lebensmittel, Vieh, Fahrräder und andere Gegenstände beschlagnahmten. Immer wieder ist die Rede von zu knappen Lebensmittelzuteilungen, vom Hamstern und von Diebstahl. Zeitzeugen erinnern sich an einen Versorgungszug der Wehrmacht, der in den Höllental-Tunnels versteckt gewesen war und vor dem Anrücken der Franzosen für die Bevölkerung freigegeben wurde: Dosenwurst und Schmalzkisten gab es in Hülle und Fülle, ganze Käseräder wurden nach Hause gerollt.

Helmut Heitzmann, geboren 1936 in Posthalde und Verfasser der Höfechroniken Titisee-Viertäler (1996) und Breitnau (2004), hat Kurzinformationen vorangestellt. Sie geben einen Überblick über den Krieg, die Bombardierungen im Hochschwarzwald, die Versorgungssituation der Bevölkerung und die Verkehrssituation auf der Höllentalbahn von 1944 bis 1947. Heitzmann hat die meisten der Interviews geführt und schriftlich zusammengefasst. Er ist selbst auch Zeitzeuge und mit eigenen Erinnerungen vertreten. Ausführlich und sehr eindrucksvoll, weil seine Sprechweise wiedergegeben wird, ist der Bericht von Oskar Ganter. Ganter meint, auch heute seien gewisse Kriegsschäden "fast noch spürbar" , etwa die Tatsache, dass mehrere Söhne von Nachbarhöfen gefallen sind. "Für mich erfreulich ist", so Zoche, "dass in einigen Berichten Versöhnung schon vorkommt." So sei das Redigieren des Textes ein eindrucksvolles Erlebnis gewesen. Auch das Lesen ist eins. Zwar werden heikle Bereiche wie die Verstrickung einzelner Personen in die Verbrechen der Nationalsozialisten oder die komplizierten zwischenmenschlichen Beziehungen bewusst ausgespart oder nur angedeutet. Doch die Berichte erhalten für die Nachwelt viele interessante Details und machen es den Lesern möglich, sich zumindest teils in die Situation der Bevölkerung und die Atmosphäre dieser Zeit hineinzuversetzen. Mehr kann und muss eine solche Broschüre auch nicht leisten.

Die Broschüre wurde innerhalb der letzten zwei Jahren erarbeitet und mit einer Auflage von 800 Exemplaren gedruckt. Sie ist für 2,50 Euro erhältlich in der Buchhandlung Baeuchle und bei der Hinterzarten Breitnau Tourismus GmbH.
Alexandra Wehrle , 4.12.2006, Badische Zeitung

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