Home >Gesellschaft >Soziales >Justiz >Arzt >Friedl Ihr Beitrag - Ihre Idee? Bewährungshelfer, Strafgefangenenhilfe, Gefängnisfürsorge, ...
Hoffentlich hat der Minister jetzt Mut, nicht wieder einzuknickenIch bin Vertreter mehrerer Betroffener und habe
mich der Strafanzeige von über 200 Rechtsanwälten angeschlossen. Mit Recht
attackiert der anwaltliche Vertreter von Professor Friedl Minister Frankenberg
und stellt fest, dass dieser "einknickt". Spät, hoffentlich nicht zu spät, hat
der Minister offensichtlich erkannt, dass das jahrelange Hinauszögern des
notwendigen Disziplinarverfahrens und der Abschluss des durch nichts zu
rechtfertigenden Vergleichs rechtswidrig war. Immerhin steht schon in dem
Strafurteil des Landgerichtes Freiburg, mit dem Friedl wegen vorsätzlicher und
fahrlässiger Körperverletzung verurteilt wurde, dass die Karriere an der
Universitätsklinik mit Sicherheit am Ende sei. Dies hat der Bundesgerichtshof
bestätigt.
Der Friedl-Vergleich ist rechtlich unwirksam Das Wissenschaftsministerium und das
Universitätsklinikum Freiburg haben durch den mit Hans-Peter Friedl
geschlossenen Abfindungsvergleich die Öffentlichkeit schockiert. Die Bürger
empfinden es als unerträglich, dass ein Chefarzt, der nach allem, was wir
wissen, auf ganzer Linie versagt hat, zum Abschied 1,98 Millionen Euro erhält.
Dass dies in einer Zeit geschieht, in der eine der schwersten Wirtschaftskrisen
der Geschichte die Menschen in Atem hält und nicht wenige um ihren Arbeitsplatz
fürchten oder ihn schon verloren haben, lässt die Wellen der Empörung umso höher
schlagen.
Die moralische Empörung der Öffentlichkeit hat uneingeschränkte Berechtigung.
Aber noch unerträglicher als die Verletzung unseres Gerechtigkeitsempfindens ist
der derzeit begründete Verdacht, dass die Verantwortlichen mit dem Abschluss des
Abfindungsvergleichs nicht nur den Boden der Moral, sondern auch den des Rechts
verlassen haben. Denn anders als im Arbeitsrecht ist ein Abfindungsvergleich im
Beamtenrecht schlichtweg nicht möglich. Lena Kühnbach ist Rechtsanwältin in Freiburg.
Auf ihre Expertise hin hat die SPD im Landtag verlangt, die Auszahlung der
Abfindung an Friedl zu stoppen Schlecht operiert, gut verdient Am Ende stand ein juristischer Vergleich. Und was für einer: Der frühere Chefarzt der Unfallchirurgie am Uniklinikum Freiburg, Hans Peter Friedl, bekommt 1,98 Millionen Euro Abfindung. Damit ist sein Beamtenverhältnis beendet. Baden-Württembergs Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) bedauerte als oberster Dienstherr, es sei disziplinarrechtlich nicht anders gegangen. Dabei war Friedl bereits im Februar 2003 wegen mehrfacher fahrlässiger und einer vorsätzlichen Körperverletzung zu 24.300 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Das Strafmaß bewegte sich am untersten Ende. Prozessbeobachter waren entsprechend empört. Die Staatsanwaltschaft hatte 100.000 Euro Geldstrafe, ein dreijähriges Berufsverbot und eine zur Bewährung ausgesetzte Strafe von zwei Jahren beantragt. Auf dieser Rechtsgrundlage hätte Friedl als Beamter ausscheiden müssen. Fall erledigt. Doch die Richter gingen davon aus, dass Friedl ohnehin nach einem Disziplinarverfahren entlassen wird - das sei Strafe genug. Wie sie sich täuschten. Das Ministerium unternahm nach dem Urteil keinen Versuch mehr, es kam zum Vergleich, der längst Verurteilte kann sich über fast zwei Millionen Euro freuen. Abgegolten wurden Gehaltsausfall, Pensionsansprüche als Beamter und entgangene Einkünfte aus der Behandlung von Privatpatienten. "Aus Rechtsgründen überhaupt nicht nachvollziehbar", findet die Freiburger Rechtsanwältin Lena Kühnbach. Sie kritisiert das Stuttgarter Ministerium massiv. Anders als der Wissenschaftsminister hätte Kühnbach eine Entlassung ohne Abfindung durchaus für möglich erachtet. Dafür aber hätte man noch einmal vors Verwaltungsgericht ziehen müssen. "Eine Entlassung setzt ein schweres Dienstvergehen voraus", sagt die Juristin und verweist auf Präzedenzurteile. "Alles spricht dafür, dass dies ein Entlassungsfall ist." Die Öffentlichkeit erregt sich über den, so Kühnbach, "goldenen Handschlag". War Friedl etwa nicht verurteilt worden? Zweimal verweigerte das Freiburger Verwaltungsgericht eine Kürzung der Bezüge, aber nur, weil die Entlassung Friedls noch nicht sicher schien. Das war 2002, ein Jahr vor dem Urteil. Nach dem Urteil wurde das Verwaltungsgericht "nicht mehr damit befasst", wie es in einer Pressemitteilung eigens betont. Denn das Ministerium hatte am Gericht vorbei einen "Untersuchungsführer" im Disziplinarverfahren eingesetzt. Am Ende stand der Vergleich. Nicht nur Rechtsanwälte fragen sich, was die Verhandlungsposition des straffälligen Arztes so stark machte, dass der Dienstherr ihn nicht "billiger" los wurde. Was gab es nach einer rechtskräftigen Verurteilung überhaupt noch zu prüfen? Warum scheuten die Verantwortlichen den Gang vor die Gerichte? "Man behandelt uns wie Blinde, denen man die schwärzeste Nacht als sonnigen Tag verkaufen will", urteilt Lena Kühnbach. Im Weblog der örtlichen Zeitung ist die Meinung ebenso deftig: "Mir scheint, dass das Land zu feige ist, diesen Prozess bis zum bitteren Ende durchzuführen", ist zu lesen. Und: "Der Steuerzahler ist mal wieder der Dumme dabei." 19.3.2009, Kompletter Beitrag auf www.fr-online.de Ärzte-Berufsstand: Holzgreve ist kein Zuschauer im Geschehen Bei Herrn Friedl handelt es sich, bei Würdigung aller bekannt gewordenen Fakten, um einen gewissenlosen Menschen und Arzt, der zuerst vielen Patienten, aber in der Folge auch unserer Berufsgruppe, schweren Schaden zugefügt hat. Wie es möglich ist, dass solch ein Mensch bis an die Spitze eines Universitätsklinikums gelangen kann und dort noch mehrere Jahre in seinem unärztlichen Handeln gedeckt wird, ist doch die zentrale Frage. In diesen Tagen sind die Zeitungen voller Berichte über Arztpraxen, deren Existenz unmittelbar bedroht ist, weil die zur Verfügung stehenden Gelder zur Behandlung kranker Menschen nicht in ausreichender Menge bei den Helfern vor Ort ankommen. Mit Holzgreves Beteuerung: "Wir werden nicht wegschauen" vermittelt er uns den Eindruck, er sei Zuschauer in diesem Geschehen. Nein, wenn er gegen das Bild des gewissenlosen Mediziners ein von anderen ethischen Grundsätzen geprägtes Verhalten demonstrieren will, dann fordere ich ihn auf, sich ernsthaft zu empören. Erheben sollte er sich und protestieren sowohl gegen die Zahlungen an den rechtskräftig verurteilten "Kollegen" Friedl als auch gegen das Ausbluten der Arztpraxen, die das Sprechen mit den Patienten noch als festen Bestandteil ihres medizinischen Handelns verstehen. Damit würde er wahrhaft hippokratisch handeln. BZ-Leserbrief vom 17.3.2009 von Dr. med. Werner Hassert-Caselli, Freiburg Toleriert der Berufsstand
der Ärzte solche Fälle? Die Finanzierung der Drittmittel stünde auf dem Spiel Warum schweigt die Stimme der Ärzteschaft der Uniklinik heute? Warum schwiegen sie Mitte der Neunziger, als der "Skandal Mertelsmann" um die Fälschungen in der Krebsforschung die Öffentlichkeit erregte, in dessen Konsequenz kein Wechsel in der onkologischen Direktion erfolgte? Warum schwiegen sie anlässlich der Doping-Kriminalitäten in der sportmedizinischen Abteilung vor zwei Jahren? Antwort: Wahrung der Reputation! Wehe, wer daran kratzt! Die Finanzierung der Drittmittel stünde bei einer rufgeschädigten Klinik auf dem Spiel, so dass die Machbarkeit von Forschung jeglicher Couleur gefährdet würde! Machbarkeit ist heute mehr denn je Primat im sogenannten medizinischen Fortschritt, der den Einsatz der Drittmittel für die Finanziers in den Stoffwechsel des Profits dirigieren soll! Das ist doch des Pudels Kern, den die Ärzteschaft in verhängnisvoller Weise schützt und stützt! Stattdessen wurden die Nebelkerzen der sogenannten Exzellenzinitiative gezündet! Wie Herr Busch leider nur andeutend schreibt, war das skandalöse Handeln des Herrn Friedl seinerzeit klinikintern bekannt. Vor den damals dringenden Personalkonsequenzen kuschte die gesamte direktoriale Klinikkaste und sah gelassen dem Exodus der hochqualifizierten Oberärzte der damaligen Unfallchirurgie zu. Es darf durchaus vermutet werden, dass Friedls mondäne Abfindung zugleich als sanftes Ruhekissen für all jene Klinikverantwortlichen zu verstehen ist, die sich mit dem Machbarkeitsethos in fragwürdiger Weise solidarisierten, und deren Nachfolger dieses Handlungsziel wider Hippokrates noch effektivieren zu Lasten von Kostendruck bei Pflege, Heilung und Gesundung! BZ-Leserbrief vom 17.3.2009 von Rolf Hansmann, Freiburg-Opfingen, ehem. Kliniklehrer an der Unfallchirurgie/Uniklinik Da gab es wohl einige Leichen in den Kellern Die Abwicklung des Falles Friedl durch die Verantwortlichen hat nichts mit der geltenden Rechtslage zu tun. Ich selbst bin regelmäßig als Ermittlungsführer in Disziplinarverfahren tätig. In einem Disziplinarverfahren ermittelt zunächst ein Ermittlungsführer gemäß der Vorschriftenlage den Geschehensablauf. Das muss zügig geschehen und führt zu einem Ermittlungsergebnis. Hier ist das einfach, da durch das Strafurteil die Tatsachen und Umstände des Falles – für das Disziplinarverfahren bindend – festgestellt wurden. Folge: Straftatbestände verwirklicht, Entscheidung des Dienstvorgesetzten: Das Vertrauensverhältnis ist aufgrund der Art und Schwere der Delikte zerstört, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, gegebenenfalls Nachversicherung in der Rentenkasse. Beim beamteten Briefträger, der zwei Postkarten klaut, um für seine privaten Interessen die schönen Auslandsmarken abzulösen, geht das so – durch alle Instanzen. Auch bei Prof. Friedl wäre das so gegangen – nix mit jahrelang Gehalt kassieren und nachher noch eine dicke Abfindung abzocken. Aber – wie in jedem rechtsstaatlichen Verfahren – hätte er sich natürlich verteidigen können. Dann hätte er zu seiner Entlastung wohl einige Leichen aus anderen Kellern geholt, dann wäre wohl unter anderem rausgekommen, dass er seit Jahren sein Unwesen getrieben hat und alle Verantwortlichen davon gewusst und nichts unternommen haben – Motto: "Ihr wusstet doch Bescheid und habt mich gewähren lassen, dann könnt ihr auch nachher nicht behaupten, ihr hättet kein Vertrauen mehr zu mir." Außerdem wären dann wohl Umstände bekannt geworden, die auch in Bezug auf Dritte zu Disziplinar-, Straf- und Schadensersatzverfahren geführt hätten. Dann wäre wohl auch die eine oder andere Granate in der Klinikleitung und im politischen Bereich eingeschlagen und das möchte man in der Uni Freiburg und in Stuttgart doch wohl möglichst vermeiden. Deshalb diese Verhöhnung der Opfer und dieses unsägliche Schauspiel auf Kosten der Allgemeinheit. Aber bald sind ja Wahlen, da muss der Empörte entweder endlich mal handeln oder schweigen und Friedl, Zumwinkel, Hypo Real Estate, und so weiter, und so weiter gewähren lassen und alles hinnehmen.BZ-Leserbrief vom 17.3.2009 von Michael Görlitz, Glottertal Volksvertreter müssten sich darum kümmern BZ-Leserbrief vom 17.3.2009 von Dr. rer. medic. Gerhard Naser, Freiburg Eine neue Spezies zeigt ihr wahres Gesicht Danke an Stefan Hupka für den (wieder einmal) so ausgezeichneten "Tagesspiegel". Treffender kann man den Missstand von Beamtenrecht und Disziplinarordnung nicht auf den Punkt bringen. Patientenschädigung im umfassenden Maße und Betrug erscheinen als Kavaliersdelikt. Die Empörung ist groß, doch was hilft sie wirklich? Wie ohnmächtig erscheint da der Steuerzahler nach den Ereignissen der jüngsten Zeit im Bankenwesen wie auch im Fall Friedl. So reiht sich Friedl ein in die Reihe derer, die das Wohl anderer massiv missachten und daraus für sich finanzielle Ansprüche geltend machen. Moralisch ruiniert, finanziell saniert auf vermeintlich rechtlicher Grundlage: Eine neue Spezies der Gesellschaft zeigt ungeniert ihr wahres Gesicht. Ebenfalls interessant wäre im Fall Friedl die Beantwortung der Frage, was in den vergangenen Jahren die Bezirksärztekammer Freiburg aufgrund der Berufsordnung standesrechtlich gegen ihr Mitglied Friedl unternommen hat. Hans Peter Friedl ist noch in den besten Jahren und sicherlich wird er sich beruflich neu orientieren. Besteht für ihn dann eine Schadenminderungspflicht gegenüber dem Land Baden-Württemberg oder sind unsere Steuergelder einfach "perdu"? BZ-Leserbrief vom 17.3.2009 von Brigitte Coenen, Sölden
Betroffene von Hans Peter Friedl erinnern sich ... Dr. Ruprecht Zwirner wahrt Haltung. Wie er
sie jahrzehntelang als stolzer Chirurg am OP-Tisch gewahrt hat. Und wie er sie
nun heute im feinen grauen Zwirn, weißem Tuch in der Brusttasche und Rotarierrad
am Revers auch dem Journalisten demonstriert. Und wie er sie in der Affäre
Friedl bewiesen hat. Noch heute lässt den schwerkranken Mann die Geschichte um
den der Körperverletzung überführten Kollegen nicht los. Man hat fast das
Gefühl, der etwa 15 Zentimeter dicke Aktenordner auf dem Wohnzimmertisch in
Kirchzarten stellt für den 79-Jährigen eine Art Vermächtnis dar. "Hier ist das
ganze Material drin", sagt Zwirner. Und weil es so kostbar ist, soll es, auch
dafür ist gesorgt, nach Zwirners Tod einmal den Archiven der Uniklinik übergeben
werden. "Vielleicht schreibt ja mal jemand ein Buch darüber." Die ersten Seiten
der Sammlung stammen aus dem Januar 1999: Damals standen drei junge Ärzte hilfesuchend vor dem stellvertretenden Präsidenten der regionalen Ärztekammer.
"Herr Zwirner, wir stecken in einem Gewissenskonflikt." Irgendwann rückten sie
mit der Sprache raus. Berichteten von stümperhaft ausgeführten Operationen,
gefälschten Unterlagen und Mobbingversuchen, die sich unter der Leitung ihres
Chefs Friedl auf der Unfallchirurgie der Uniklinik Freiburg häufen würden. ... Strukturen müssen demokratischer und transparenter werden Viele Beschäftigte der Uniklinik sind schockiert und fassungslos: Nach
unglaublichen Vorgängen hat dieser Herr neun Jahre lang volles Gehalt
eingefahren. Nun bekommt er noch 1,98 Millionen Euro Abfindung obendrauf. Es ist
absurd, wenn der zuständige Minister Frankenberg als Grund dafür anführt, das
Klinikum hätte es abgelehnt, Friedl in Forschung und Lehre weiterzubeschäftigen.
Es war und ist für Patientinnen und Patienten, Beschäftigte und die Bevölkerung
völlig unvorstellbar, dass ein Friedl tagtäglich in die Uniklinik ein- und
ausspazieren würde. Allein schon dieser Vorwurf zeigt das desolate
Krisenmanagement und die Realitätsferne im Ministerium.
Das eigentliche Grundproblem dieses Falles aber liegt in den ausgeprägten
hierarchischen Strukturen und dem Führungssystem vieler Krankenhäuser. Die
Stellung der Chefärzte lässt eine wirksame Kontrolle und eine wirkliche
Transparenz nicht zu. Über Jahrzehnte geförderte und zementierte Strukturen sind
wesentliche Ursachen für die Situation. Bei gravierenden Fällen wie bei Friedl
endet das Ganze dann in der Katastrophe. Die Lehren aus dem Fall heißen:
Chefärzte müssen Macht abgeben und teilen. Die Strukturen müssen wesentlich
demokratischer und transparenter werden. Hierarchien müssen abgeflacht, mehr
Berufsgruppen müssen in Entscheidungen eingebunden werden. Führungsqualitäten,
soziale Kompetenz und persönliche Integrität müssen zentrale und wichtige
Auswahlkriterien bei der Besetzung von Chefarztposten werden. Und natürlich muss
die rechtliche Situation umgehend verändert werden.
Für rund 700 Beschäftigte in Hauswirtschaft, Speiseversorgung und Wäscherei des
Klinikums sind in den letzten Jahren die Einkommen gekürzt und eingefroren
worden. Die Einsparungen, die das Klinikum dadurch erzielt hat, dürften weit
geringer sein als die Abfindungssumme, die jetzt für eine einzelne Person
gezahlt wird. Eine Mitarbeiterin eines Supermarktes deren Kasse um 1,30 Euro nicht stimmte, verliert ihren Job, ist wahrscheinlich jetzt eine Hartz-IV-Empfängerin, und auf der anderen Seite wird ein Beamter im Staatsdienst für seine Kunstfehler und auch den Griff in die Kassen noch mit fast zwei Millionen Euro dafür belohnt, dass er die Patienten gesundheitlich und finanziell betrog und auch die Krankenkassen schädigte. Verstehe ich die Welt wirklich nicht mehr? Müssen wir stillschweigend mit ansehen wie wir vom Staat verschaukelt werden? Das Szenarium um Friedl betrifft die Bürger in Baden-Württemberg nicht nur emotional, sondern auch politisch. Aber was rege ich mich eigentlich auf? Es gibt doch täglich Meldungen über Millionäre, die von unseren Steuern leben und ihre Steuern durch Konten im Ausland einsparen. Wie heißt’s so schön: Davon bekomme ich nur einen dicken Hals! BZ-Leserbrief vom 5.3.2009 von Ursula Pforte, Kirchzarten Es steht nicht gut um die Demokratie Das Vertrauen in die deutsche Rechtsprechung ist mir völlig abhanden gekommen. Ein Professor namens Friedel erhält an die zwei Millionen Abfindung, obwohl er nachweislich Pfusch zum gesundheitlichen Nachteil seiner Patienten erbracht hat, der mit der ärztlichen Kunst nicht in Einklang zu bringen ist. Einer Kassiererin der Kaiser-Lebensmittelmärkte, die 30 Jahre Ihren Dienst treu getan hat, wird fristlos gekündigt weil sie einen Leergutbon im Wert von sage und schreibe 1,30 Euro unterschlagen haben soll. Ein Herr Zumwinkel kauft sich nach einem Deal mit der Staatsanwaltschaft wegen Steuerhinterziehung ein Schloss im Süden, und entgeht per Zahlung einer sonst üblichen Gefängnisstrafe. Bankmanager, die durch ihre dilettantische Arbeit zahllose Existenzen zerstörten, erhalten noch Boni, wofür der Steuerzahler dann haften darf. Die Justiz hat offenbar jegliches Augenmaß zur Verhältnismäßigkeit verloren, wofür ich mich als deutscher Staatsbürger schäme. Die Herren Oskar Lafontaine, Gregor Gysi und Genossen werden sich höllisch freuen. BZ-Leserbrief vom 5.3.2009 von Martin Volz, Emmendingen Ergibt sich eine solche Summe aus Beamtenrecht? Angestellte in Wirtschaft und Staat stehen im Dienstleistungsverhältnis. Beamte hingegen stehen im Treueverhältnis, das der Staat ihnen mit weiterem Lebensunterhalt lohnt, wenn sie ihren Dienst unverschuldet nicht mehr erfüllen. Doch – abgesehen davon, dass Professor Friedl Pflichten schuldhaft verletzt hat – ergibt sich aus dem Beamtenrecht etwa, dass sein weiterer Lebensunterhalt Einkünfte von Spitzenbeamten (Chefarzt) einfordert? Das wäre eine Provokation für Polizeibeamte und Berufssoldaten, die bis zur regulären Pensionierung unter erhöhter Gefahr Dienst tun; für freie Ärzte im Existenzkampf; für Selbstständige und Angestellte der Wirtschaft, die durch unverschuldeten Misserfolg Almosenempfänger werden. Dann bedürfte das Beamtenrecht dringend einer Reform. BZ-Leserbrief vom 5.3.2009 von Peter Gremmelspacher, Doanueschingen Richter schauen durch die Brillengläser ihrer Klasse (Kurt Tucholsky) Ein Kunde verliert in einem Supermarkt einen Leergutbon über 1,30 Euro, eine Kassiererin soll ihn eingelöst haben und dabei erwischt worden sein. Hätte sie den Leergutbon ihrem Arbeitgeber überlassen, wäre dieser damit zum Fundbüro gegangen? Wohl kaum. Doch der Arbeitgeber war so unverfroren, die Kassiererin gleich fristlos zu entlassen. Offensichtlich nutzte man diese Gelegenheit, eine missliebige Arbeitnehmerin eiskalt aus dem Weg zu räumen. Und ein deutsches Arbeitsgericht ist sich nicht zu schade, dieses Vorgehen auch noch zu bestätigen. Zum Vergleich: Ein Professor Friedl wurde nach all seinen Verfehlungen, mit einer Abfindung von knapp zwei Millionen Euro in den Vorruhestand verabschiedet. Es ist wohl deutsche Tradition, zwischen Beamten und einfachen Arbeitnehmern zu unterscheiden. Schon in Kurt Tucholskys Weltbühne war 1927 zu lesen: "Der deutsche Richter schaut durch die Brillengläser seiner Klasse: Des mittleren und gehobenen Bürgertums." So betrachtet hat auch heute noch eine kleine Kassiererin keine Chance (trotz Namensgleichheit distanziert sich der Unterzeichner aufs Entschiedenste von der Supermarktkette). BZ-Leserbrief vom 5.3.2009 von Willi Kaiser, Badenweiler Meine Lösung: Weckt den Friedl in euch! Als Vater von zwei minderjährigen Kindern habe ich – gemeinsam mit meiner Frau – nebenbei die Aufgabe, die Kleinen auf die Zukunft in diesem Land vorzubereiten. Endlich haben wir hierfür die Lösung gefunden: Stress in der Schule? "Ihr müsst mehr Friedl sein! Zoff auf der Straße? Komm, hängt den Friedl raus! Probleme in der Ausbildung? Ihr müsst euch einfach besser durchfriedln. Konkurrenz im Job? Weckt den Friedl in euch! Geldverdienen? Am besten auf die friedl’iche Art. Glück auf – Deutschland. Mit besten Grüßen an die Kinder von Jan Ullrich und Klaus Zumwinkel. BZ-Leserbrief vom 5.3.2009 von Michael Sander, Freiburg
Freiburger Mediziner Friedl bekommt hohe Abfindung Freiburg – Der wegen
Körperverletzung verurteilte Freiburger Mediziner Hans Peter Friedl scheidet
im Rahmen eines Vergleichs aus dem Beamtenverhältnis aus. Wie das
Universitätsklinikum Freiburg am Dienstag mitteilte, werden das
Dienstverhältnis sowie alle anhängigen Verfahren gegen Zahlung einer Abfindung
in Höhe von 1,98 Millionen Euro beendet. Das baden-württembergische
Wissenschaftsministerium habe dem Vergleich zugestimmt. Friedl war an der
Uniklinik Freiburg Leiter der Abteilung Unfallchirurgie und zudem Professor
für Unfallchirurgie an der Universität Freiburg. Das Landgericht Freiburg
hatte Friedl im Februar 2003 wegen vorsätzlicher und fahrlässiger
Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 24.300 Euro verurteilt. Ihm waren
mehrere Kunstfehler angelastet worden. Unter anderem hatte er bei einer
Operation eine abgebrochene Bohrerspitze im Schulterblatt eines 18-jährigen
Patienten belassen und diese dann unter einem falschen Vorwand bei einer
zweiten Operation entfernt. Vom Bundesgerichtshof (BGH) wurde das Urteil
Anfang 2004 bestätigt. Ein Berufsverbot hatten die Richter nicht verhängt.
Friedl, einst jüngster C-4-Professor in Deutschland, war bereits seit dem Jahr
2000 vom Dienst suspendiert. Er hatte jedoch auf Grundlage des
baden-württembergischen Dienstrechts weiter sein volles Grundgehalt erhalten.
Der Vergleich wurde nun offenbar vor dem Hintergrund getroffen, dass es für
das Land keine rechtliche Handhabe gab, den auf Lebenszeit verbeamteten
Professor zu entlassen.
Das Universitätsklinikum verwies darauf, dass Friedl nach einer Entscheidung
des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) Baden-Württemberg die Dienstbezüge nicht
gekürzt werden durften. Ein im Disziplinarverfahren eingesetzter Richter habe
inzwischen in einem Bericht dargelegt, dass die gegen den Mediziner erhobenen
Vorwürfe „aller Voraussicht nach nicht zu einer Entfernung aus dem Dienst
führen werden“. Diese Erkenntnis und die Ungewissheit über den Ausgang
verschiedener gerichtlicher Verfahren hätten die Beteiligten zu dem Vergleich
bewogen. Über welches Kapital kann
Dr. Friedl nach seiner Pfuscherei als Rentner verfügen?
Schwer zu beurteilen, welche Zeugenaussagen im Prozess gegen Hans Peter Friedl erschütternder sind: jene der Patienten, die von Schmerzen, Komplikationen und bleibenden Schäden berichteten? Oder die Bekenntnisse von Friedls früheren Mitarbeitern, die in einer Mischung aus Angst, vorauseilendem Gehorsam und fehlender Zivilcourage mit ansahen, wie notwendige Eingriffe nicht oder falsch erfolgten und Komplikationen vertuscht wurden? Die Vorwürfe, die vor dem Freiburger Landgericht zur Sprache kommen, lesen sich jedenfalls wie ein Musterkatalog der Kunstfehler: Einmal wurde ein Bauchtuch zur Blutstillung in der Operationswunde vergessen, ein andermal brach bei einer Schulteroperation die Bohrerspitze ab und wurde unter falschem Vorwand bei einem erneuten Eingriff geborgen, Schienen zur Beinverlängerung wurden falsch montiert, lebensbedrohliche Infektionen nicht erkannt oder nicht ausreichend behandelt. Der „Fall Friedl“ wird damit in mehrfacher Hinsicht ein Lehrstück darüber, wie Skrupellosigkeit, mangelnde Selbstkritik und nicht vorhandene Selbstreinigungskräfte des ärztlichen Standes die Medizin in Verruf bringen. So missglückte dem Unfallchirurgen Friedl bei einer inzwischen 29-jährigen Patientin nach einem schweren Verkehrsunfall eine operative Beinverlängerung. Es kam immer wieder zu Infektionen und Komplikationen – heute leidet sie an einer chronischen Knochenentzündung. „Ich habe Herrn Friedl täglich darauf hingewiesen, dass wir handeln müssen, als bei der jungen Frau das Bein anschwoll und eine lebensgefährliche Blutvergiftung drohte“, sagt eine Oberärztin vor Gericht. „Er meinte, er sehe das anders. Er war der Chef. Ich wusste nicht, was ich machen sollte.“ Kann es sein, wundern sich die Freiburger Richter, dass es von der Hierarchie in der Medizin abhängt, ob ein Mensch überlebt oder nicht? Dabei galt Hans Peter Friedl
anfangs als Hoffnungsträger. Der 37-Jährige wird 1997 zum Ärztlichen Direktor
der Freiburger Unfallchirurgie berufen – seinerzeit der jüngste chirurgische
Ordinarius Deutschlands. Und der dynamische, redegewandte Chefarzt kommt am
Uniklinikum Freiburg gut an. Patienten wie Mitarbeiter sind von dem stets
korrekt gescheitelten Mediziner angetan, der sieben Tage die Woche in der
Klinik ist und abends nochmals bei Patienten zur Visite vorbeischaut, wenn er
nicht Tagungen und Kongresse besucht. Die Klinikleitung sieht ihre Hoffnung
bestätigt, dass mit dem neuen Chefarzt die Fallzahlen erhöht und Impulse für
die Forschung gesetzt werden. Doch der Einser-Abiturient Friedl,
der auch das medizinische Staatsexamen mit Eins abschloss und sich als
„kometenhaftes Sternchen“ sieht, bleibt nur für kurze Zeit ein Vorbild für
seine Mitarbeiter. „Schon bald häuften sich die Vorfälle, die ich nicht
verstanden habe“, sagt eine ehemalige Oberärztin. Patienten werden über den
wahren Verlauf einer Operation im Unklaren gelassen, über misslungene
Eingriffe oder Fehler soll in der Abteilung kaum gesprochen werden. „Das Wort
Eiter durften wir nicht benutzen“, erinnert sich ein junger Assistenzarzt,
„das war ein ausdrücklicher Befehl.“ Mehrere Oberärzte beschweren sich
bei der Klinikleitung über die Zustände in der Abteilung Friedl – über
geschönte Arztbriefe, OP-Fehler, nicht behandelte Infektionen und
Falschaussagen gegenüber Patienten. Reaktionen gibt es keine. „Nicht nur mit
Herrn Friedl konnten wir nicht über Komplikationen reden, auch eine Etage
höher verhallten unsere Anfragen ohne Konsequenzen“, gibt einer der Oberärzte
später vor Gericht zu Protokoll. Und eine Assistenzärztin schildert, wie sie
die „verbalen Balanceakte“ in der Abteilung für sich verarbeitet hat: „Wir
haben schlechte Witze gemacht. Dabei hätten wir gehen sollen.“.... Ihre Gruppe/Verein/Initiative/Idee
|