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Demenz - Selbsthilfe - Wohngruppen
Selbsthilfegruppen im Schwarzwald

  

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Demenz, Alzheimer, Selbsthilfegruppen, ... 

Blick vom Zwerisberg zwischen St.Peter und St.Märgen nach Norden über Oberibental am 18.8.2008
Blick vom Zwerisberg zwischen St.Peter und St.Märgen nach Norden über Oberibental am 18.8.2008

 

Verein Labyrinth unterhält zwei WGs – Ohrwürmer mit Benefizkonzert

Sie bilden den Vorstand des Freiburger Vereins „Labyrinth – Wohn- und Lebenshilfe für Menschen mit Demenz e.V.“: Evelyn Jacobs (Angehörigensprecherin), Birgit Grammelspacher (Vorsitzende), Thomas Speier (Vorstandsmitglied), Elisabeth Holzer (Angehörigensprecherin), Claudia Riede (Kasse), Norbert Gehlen (Vorsitzender), Lisa Bodsworth (Öffentlichkeitsarbeit) und Hubert Mayer (Vorstandsmitglied) (v.l.). Foto: Privat

Von den rund 400 Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz, die es insgesamt in Deutschland gibt, unterhält der Freiburger Verein „Labyrinth – Wohn- und Lebenshilfe für Menschen mit Demenz e.V.“ zwei: eine im „Hirschen“ in Ebnet und eine im „Birkenhof“ in Kirchzarten-Burg. Anfang 2003 hatte sich der Verein aus einer Selbsthilfeinitiative von Angehörigen von dementen Menschen und Pflegekräften gegründet. Gemeinsam hatten sie nach alternativen Wohn- und Betreuungsformen gesucht und sich dabei in verschiedenen Einrichtungen bundesweit orientiert. Als Willi Sutter, im Dreisamtal als der „Retter“ erhaltenswerter alter Bausubstanz bekannt, in Ebnet das ehemalige Gasthaus „Hirschen“ restaurierte, ergab sich für den Verein Labyrinth dort ab März 2004 die Chance, eine erste Wohngemeinschaft (WG) einzurichten. Und im Juni 2007 konnte dann – auch wieder mit Willi Sutters Engagement – in der denkmalgeschützten „Birkenhofscheune“ eine zweite WG, ebenfalls für acht Menschen mit Demenz, ihr Leben beginnen.

Mieter der jeweiligen WGs sind die Angehörigen. Die „Rund-um-die-Uhr-Pflege“ garantieren zwei Pflegedienste – in Ebnet ist das „Pflege aktiv“ und im Birkenhof „Pflege mobil“ aus Stegen. Vormittags sind in der Regel drei Pflegekräfte in den WGs, nachmittags zwei oder drei und nachts eine. Und in beiden WGs werden zusätzlich Altenpflegeschüler ausgebildet. „Dieser Personalschlüssel ermöglicht eine Pflege“, freut sich Labyrinth-Vorsitzender Norbert Gehlen, „bei der nicht immer gleich auf die Uhr geschaut werden muss.“ Und Lisa Bodsworth, Pflegekraft im Birkenhof und PR-Frau im Verein, ergänzt: „Wir führen neben der Pflege auch den Haushalt und leben mit den Bewohnern den Alltag. Die Bewohner entscheiden selbst, wann sie aufstehen und ins Bett gehen. Wohnen, Essen, Schlafen und der gesamte Alltag einschließlich der Alltagsbegleitung und pflegerischen Versorgung richten sich nach dem Rhythmus und den Gewohnheiten der Bewohner.“ Dabei werde eine Balance zwischen Alltagsabläufen und freier Alltagsgestaltung, zwischen Selbstverantwortung, Eigeninitiative und Gemeinschaftsinteressen gesucht. Zur eigenständigen Tagesgestaltung hätten die Bewohner die Wahl zwischen Rückzug ins eigene Zimmer oder Teilhabe am Leben in den großzügigen Gemeinschaftsräumen. Ganz wichtig für den gelingenden Alltag ist die Mithilfe der Angehörigen. Hinzu käme der Einsatz von Ehrenamtlichen. Sie könnten sich einmal wöchentlich für drei Stunden beim Spazierengehen, Spielen, Einkaufen, Vorlesen, Singen oder Erzählen engagieren.

Der Verein „Labyrinth“ sieht neben der Trägerschaft der zwei WGs gerade in der öffentlichen Vertretung der Interessen von Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen eine wichtige Aufgabe. Das geht dann auch in den politischen Bereich. „Wir fordern“, so Norbert Gehlen, „dass die Pflege in Wohngemeinschaften der stationären Pflege in Heimen gleichgestellt wird.“ Der Verein pflegt auch die regionale und überregionale Vernetzung mit regem Praxisaustausch. Er arbeitet mit dem „Freiburger Modell“, einem Netzwerk von Wohngruppen für Menschen mit Demenz und der „Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg“ zusammen. Der Vorstand trifft sich monatlich und ist dankbar für vielerlei Unterstützung, so wie sie beispielsweise zu Weihnachten vom Dr. Gremmelsbacher-Hilfswerk in Kirchzarten kam.
Besonders dankbar sind die Verantwortlichen vom „Labyrinth e.V.“ für die Zusage der A-capella-Gruppe „Ohrwürmer“ aus Oberried, die am 3. März 2012 um 20 Uhr in der Rainhofscheune in Kirchzarten-Burg ein Benefizkonzert für die Arbeit mit Demenzkranken veranstalten. Der Vorverkauf läuft an – in Ebnet bei Pflege aktiv, in Kirchzarten in der Tourist-Info, bei Bohny-Bürobedarf und im Buchladen Rainhof-Scheune, in Littenweiler im Café Ambrosia, in Oberried in der Bäckerei Ruf und in Stegen bei Pflege mobil. Der Erlös des Konzertes soll für mobile Liegesessel eingesetzt werden. Damit können bettlägerige Bewohner leichter aus dem Bett geholt und in die Gemeinschaftsräume oder auf die Terrasse gefahren werden. Für 20 Euro kann übrigens jeder Interessierte Mitglied im „Verein Labyrinth“ werden. Und jede Menge weitere Informationen sind unter www.labyrinth-freiburg.de  nachzulesen.
16.5.2011, Gerhard Lück, www.dreisamtaeler.de

 

Eine Freiburgerin schreibt einen Zukunftsroman über Demenz

Im Jahr 2023 gibt es dafür – so Pläckings Fiktion – eine Lösung in Form eines neuen Rentengesetzes: Allen, die auf Krankenversicherung und jede staatliche Unterstützung verzichten, wird zum 75. Geburtstag eine großzügige Abfindung gewährt. Und wenn die aufgebraucht ist, gibt es freien Zugang zu einem Pulver mit garantiert tödlicher Wirkung.
Alles vom 21.12.2011 bitte lesen auf
http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/kultur/reichtum-im-verwirrten-leben--53743034.html Kathrin Pläcking: Erste Wahl. Ein Zukunftsroman. Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main 2011.
184 Seiten, 16,90 Euro

 

Demenz-WG Ebnet wartet auf Ehrenamtliche – Zwei Wohnplätze frei

Freiburg-Ebnet (glü.) Im Jahre 2003 gründeten Angehörige von Menschen, die an einer Demenz erkrankt waren, zusammen mit Fachkräften aus der Altenpflege eine Initiative, die zum Ziel hatte, beim Wohnen und Begleiten Demenzkranker neue Wege zu gehen. Sie nutzten die Erfahrung, dass Demenzkranke Ansprüche an Begleitung, Wohnung und Pflege haben, die sich von denen anderer alter Menschen unterscheiden. Denn eine fortschreitende Demenzerkrankung schränkt den Betroffenen die Orientierung auf mehreren Ebenen ein oder raubt sie ihnen gar. Zum einen geht dann die Fähigkeit zur räumlichen Orientierung im Verlauf der Erkrankung mehr und mehr verloren. Zum anderen wird auch die emotionale und soziale Orientierung je nach Verlauf der Erkrankung stark in Mitleidenschaft gezogen. Die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des erkrankten Menschen verändern sich in derart kurzen Zeiträumen, wie sie ansonsten nur in der frühen Kindheit zu beobachten sind. Um ihren demenzkranken Angehörigen einen Wohnraum zu schaffen, in dem sie so leben können, „wie sie sind“, gründeten Angehörige den „Verein Labyrinth“, der dann im März 2003 im ehemaligen „Gasthaus Hirschen“ in Ebnet eine Wohngemeinschaft eröffnete. In einer 300 Quadratmeter großen, umgebauten Wohnung leben seitdem acht an Demenz erkrankte Menschen. Sie werden durch Mitarbeiter(innen) des ambulanten Pflegedienstes „Pflege aktiv“ rund um die Uhr betreut. Neben deren intensiven Betreuung helfen die Angehörigen mit, soweit sie vor Ort sind. Mit fortschreitender Krankheitsentwicklung bei einzelnen Bewohnern hat sich im Vergleich zum Beginn des Lebens in der Wohngemeinschaft „Zum Hirschen“ einiges geändert. Der zeitliche Aufwand bei Pflege und alltäglichen Dingen erhöhte sich deutlich – und damit auch die Anforderungen an die Mitarbeiter(innen). Erschwerend kommt öfter hinzu, dass immer mehr Menschen, die keine Angehörigen haben, in der WG leben. Dadurch fehlt eine große Stütze im Bereich der psychosozialen Betreuung. Um diese Lücke zu schließen und die wertvolle Arbeit in ihrer bestehenden Qualität zu erhalten, haben sich Angehörige und Pflegedienst entschieden, Frauen und Männer zur ehrenamtlichen Mitarbeit zu gewinnen. „Wichtig ist“, erklärt „Pflege-aktiv-Chef“ Marcus Weiland, „dass unsere Ehrenamtlichen keine Berührungsängste im Umgang mit Menschen, die manchmal etwas anders sind, haben. Sie müssen offen und teamfähig sein.“ Gesucht werden Menschen, die mit den Bewohnern in einer gewissen Regelmäßigkeit beispielsweise Spaziergänge machen, Gespräche führen, Spielen, Vorlesen, Fotos anschauen, Singen oder einfach bei einem Fußballspiel mit vorm Fernseher sitzen. Selbstverständlich ist für Weiland: „Die Ehrenamtlichen werden eingearbeitet und begleitet. Sie sind nie allein in der WG. Zwei Pflegekräfte stehen immer bereit.“ Gerne weist der engagierte Pflegedienstinhaber darauf hin, dass seine Firma den „Demenzpflegepreis 2010“ erhalten hat.
Bei Interesse oder Fragen können sich Interessenten an „Pflege aktiv“, Marcus Weiland, Telefon 0761 283024 wenden oder unter info@pflegeaktiv.com  ihre Fragen loswerden. Über ihn gibt es auch Infos zu den derzeit zwei freien Bewohnerplätzen für Demenzkranke.
16.5.2011, Gerhard Lück, www.dreisamtaeler.de

 

Der Abschied von zu Hause - ein Schritt hin zu etwas Neuem -

Zu: "Täglich ein kleiner Abschied", Alles von Susanne Stiefel vom 14.5.2011 bitte lesen auf
http://www.badische-zeitung.de/deutschland-1/alzheimer-taeglich-ein-kleiner-abschied--45276205.html 

Ihr Artikel hat mich sehr berührt, bin ich doch selbst Ehemann einer an Demenz erkrankten Frau. Auch ich habe meine Frau etwa drei Jahre alleine zu Hause gepflegt. Da der Zustand für mich immer belastender wurde, kam meine Frau im Mai 2009 in das Zentrum für Psychiatrie in Emmendingen zur medikamentösen Einstellung. Gleichzeitig fand ich für sie einen Platz in einer Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz in Kirchzarten-Burg. Auch ich habe lange mit mir gerungen, ob ich sie wirklich dorthin bringen sollte, aber die Umgebung und die Bedingungen schienen mir sehr gut zu sein.

Jetzt lebt meine Frau fast zwei Jahre in der WG und heute sehe ich den "Abschied" auch als Beginn einer neuen Lebensphase! Zwar tut es immer noch weh, dass das Bett neben mir leer ist, aber ich bin deutlich entlastet und besuche meine Frau jeden Nachmittag. Bei schönem Wetter gehen wir gemeinsam mit dem Rollstuhl spazieren und genießen das Zusammensein in der Natur. Sie hat wieder angefangen zu sprechen und erzählt lustige Erinnerungen von früher. Wir sind beide viel entspannter, haben wieder mehr zueinander gefunden und lachen sogar viel. Ich selbst finde in der WG, die von den Angehörigen verwaltet wird, sinnvolle Betätigungen in Arbeitskreisen, bei der Betreuung der Mitbewohner meiner Frau durch Spaziergänge oder Essenreichen. Ich möchte diese Schilderung Ihrem sehr einfühlsamen Artikel hinzufügen, sozusagen als Hoffnungssignal, dass es gut tut, sich Hilfe zu suchen, wenn der Partner an Demenz erkrankt ist, und dass der Abschied von zu Hause und eine gute Unterbringung auch ein Schritt sein kann zu etwas Neuem.  
25.5.2011, Hubert Mayer, Kirchzarten

 

Demenz-Report: Verdopplung Demenzkranker bis 2025 wird erwartet

"Nach dem 65. Lebensjahr steigt die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer oder einer anderen Form von Demenz zu erkranken. Die Alterung der Gesellschaft bringt es deshalb mit sich, dass der Anteil der Menschen mit Demenz an der Gesamtbevölkerung steigt. In Deutschland liegt er heute bei etwas über 1.600 je 100.000 Einwohner. Er dürfte sich binnen der nächsten dreißig Jahre verdoppeln."
Hier einige Zahlen aus Südbaden:

                         Demenzkranke je 100000 Einw.  Veränderung in %
                             2008         2025            2008-2025

Breisgau-Hochschwarzwald:    1485         2168               60% Emmendingen                  1438         2159               59%
Lörrach                      1473         2110               46%
Freiburg                     1252         1796               54%
Heidelberg                   1290         1769               43%

Also auf nach Heidelberg!

Demenz-Report
Wie sich die Regionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf die Alterung der Gesellschaft vorbereiten können, Berlin-Institut 2011
Download als PDF-Datei

Abstract: http://www.berlin-institut.org/studien/demenz-report.html

22.2.2011

 

Horror Demenz
 

Behalten die Demografen recht, wird sich die Zahl der Alzheimer-Kranken bis 2050 verdreifachen. Gleichzeitig bietet die Medizin bisher nur wenig Hoffnung. Wir müssen lernen, mit dieser Krankheit zu leben – als möglicherweise einmal selbst Betroffene und als Angehörige. Deutschlands Gesundheitspolitiker haben bei der Versorgung lange auf die Angehörigen gebaut: 720 000 Demenzkranke werden derzeit zu Hause gepflegt. Viele haben aber auch keine Alternative. Ihnen fehlt das Geld für eine gute Heimunterbringung, häufig betreiben sie Selbstausbeutung bis zum Burn-Out. ....
Der Schriftsteller Arno Geiger begleitet seit mittlerweile über zehn Jahren seinen dementiellen Vater – seine Beobachtungen veröffentlicht er nun in seinem neuen Roman. „Die dementiellen Menschen entwickeln sich nicht zurück, sie entwickeln sich anders“, ist das Fazit des Österreichers. Mit dieser Einstellung schafft er es, trotz Fortschreitens der Krankheit, mit seinem Vater wertvolle Dialoge zu führen.
SWR-Sendung Nachtcafe vom 4.2.2011, mehr auf
www.swr.de/nachtcafe/-/id=200198/nid=200198/did=7403774/1wp0irz/index.html

Arno Geiger: "Der alte König in seinem Exil"
www.faz.net/geiger

 

Demenz-WG Birkenhof: Neue Lebensqualität für Christa Mayer

Von elf Medikamenten sind nur noch zwei notwendig
 

In der Demenz-Wohngemeinschaft Birkenhof besucht Hubert Mayer seine Ehefrau Christa täglich. Lisa Bodsworth (rechts) kümmert sich mit vielen anderen rührend.

Bild: Gerhard Lück

Das war nicht einfach für Hubert Mayer (67), als er vor fünf Jahren merkte, dass bei seiner Ehefrau Christa (71) manches nicht mehr so selbstverständlich war wie in all den gemeinsamen Jahrzehnten zuvor. Sie ließ bei der Bearbeitung von finanziellen Angelegenheiten nach, bei Verhandlungen mit Versicherungen war alles plötzlich nicht mehr so selbstverständlich. Im Haushalt ging ihr manches nicht wie gewohnt von der Hand, sie vergaß immer mehr. Immer öfter begleitete Hubert Mayer seine Frau bei Einkäufen, musste vieles kontrollieren. Na ja, sie war halt nicht mehr die Jüngste, tröstete sich der Braumeister eines Mineralwasserherstellers in Bad Peterstal. Als ihm immer deutlicher wurde, dass es gut sei, möglichst viel an der Seite seiner Frau zu sein, ging er mit 63 frühzeitig in Rente. 2006 zogen beide aus dem Nordschwarzwald nach Stegen in die Nähe ihrer beiden Töchter und mieteten sich eine Wohnung in der „Pater-Middendorf-Senioren-Wohnanlage“.

Ein Hausarzt stellte Christa Mayer medikamentös gut ein – und gemeinsam schafften sie den Alltag. „Hier in Stegen hörte ich erstmals das Wort Demenz im Zusammenhang mit dem Zustand meiner Frau“, erinnert sich Hubert Mayer. Ihm sei es am Anfang damit sehr schlecht gegangen: „Ich brauchte ein dreiviertel Jahr, bis ich alles akzeptieren konnte.“ Im Januar 2009 sei seine Frau plötzlich in „ein tiefes Loch gefallen“. Mindestens zehnmal wäre sie jede Nacht aufgestanden, tagsüber immer öfter ins Bett gegangen, hätte aber keine Ruhe gefunden, sei inkontinent geworden und habe Weglauftendenzen entwickelt. Das habe ihn bei der Betreuung an den Rand seiner Kräfte gebracht. Zur neuen medikamentösen Einstellung wäre sie stationär nach Emmendingen gekommen. Dort habe sich ihr Zustand rapide verschlechtert: „Sie ist noch mit dem Rollator selbst ins Krankenhaus. Doch dann wurde sie immer weniger zugänglich und lag nur noch im Bett.“ Das sei das Alarmzeichen für ihn gewesen, in der Demenz-Wohngemeinschaft Birkenhof nach einem Platz zu fragen.
Den bekam sie bald. „Mit elf unterschiedlichen Medikamenten kam sie im Juni 2009 zu uns ins Haus“, erinnert sich Altenpflegerin Lisa Bodsworth, „jetzt sind es nur noch zwei, die notwendig sind.“ Sie habe am Anfang nichts gegessen und getrunken. „Ich muss dem Pflegepersonal der WG ein riesiges Kompliment machen“, ist Hubert Mayer dankbar, „es ist rührend, wie die sich hier um die Pflege meiner Frau kümmern.“ Und er ist fast immer mit dabei, verbringt die Tage mit seiner Frau in der WG. Es sei ein wichtiges Prinzip des Trägervereins „Labyrinth“, erklärt Lisa Bodsworth, dass die Angehörigen sich mit uns um die Demenzkranken kümmern. „Wir sind uns hier wieder näher gekommen“, freut sich Hubert Mayer, „es war zuvor nicht immer einfach, da lagen die Nerven blank.“ Das Leben in der WG täte ihnen jetzt beiden gut: „Das hätte ich nie allein geschafft. Hier nimmt Christa wieder am Leben teil und machen sogar mit mir Spaziergänge oder Ausflüge mit dem Auto oder Zug.“

Für Lisa Bodsworth und ihre Kolleginnen ist wichtig, dass die Patienten ihre Individualität behalten: „Wir lassen ihnen ihren Willen.“ Jeder Demenzkranke sei anders und brächte seine ureigene Geschichte mit. Die Angehörigen wären mit ihren Diensten wie Einkaufen oder Kochen gemeinsam mit acht Ehrenamtlichen eine wertvolle Unterstützung. Und auch Hubert Mayer geht es jetzt mit dem Gedanken, seine Frau in einer Einrichtung untergebracht zu haben, gut: „Ich sehe, dass es meiner Frau gut geht.“ Auch die Töchter besuchten ihre Mutter regelmäßig. Sorgen macht ihm allerdings die finanzielle Situation: „Wenn das Ersparte weg ist, muss ich die Zusage vom Sozialamt annehmen.“ Er selbst zöge jetzt auch bald in eine kleinere kostengünstigere Wohnung. Ehegatten, die mit ihrem Partner in einer ähnlichen Situation sind, kann er nur raten, es so wie er zu machen: „Es bringt nichts, den kranken Partner krampfhaft daheim zu lassen. Hier geht es beiden besser.“

Die „Labyrinth, Wohn- und Lebenshilfe für Menschen mit Demenz e.V.“ hat neben der Birkenhof-WG in Ebnet im ehemaligen Gasthaus Hirschen eine weitere Demenz-WG mit acht Betten und dem gleichen Betreuungsanspruch. Durch Todesfälle sind dort zurzeit zwei Plätze frei. Wenn Interesse daran besteht, können unter der Telefonnummer 0151-59093579 (es wird zurück gerufen!) weitere Infos eingeholt werden.

Gerhard Lück, 15.12.2010, www.dreisamtaeler.de

 

Pflegereport 2010 Barmer-GEK: 2/3 werden pflegebedürftig oder dement

Im Pflegereport 2010 von Deutschlands größter Krankenkasse Barmer-GEK steht auf 256 Seiten: Zwei von drei Bundesbürgern werden dement oder pflegebedürftig. Grund dafür ist die demografische Entwicklung – der Anteil der älteren Bevölkerung steigt, die Babyboomer-Jahrgänge kommen ins Rentenalter. Auch die Lebenserwartung steigt und so die Wahrscheinlichkeit, dass mehr Menschen gebrechlich und altersverwirrt werden. Die Barmer-GEK spricht von einer "neuen Pflegedimension".

Laut Barmer GEK Pflegereport 2010 müssen fast jede zweite Frau und jeder dritte Mann damit rechnen, dement zu werden. 29 Prozent der männlichen und 47 Prozent der weiblichen Versicherten, die 2009 im Alter von über 60 Jahren verstarben, hatten eine Demenzdiagnose.

https://www.barmer-gek.de/barmer/web/Portale/Versicherte/Wissen-Dialog/Startseite/Startseite.html?w-cm=CenterColumn_tdocid

3.12.2010, www.barmer-gek.de

Wir brauchen eine Debatte darüber, was zu tun ist
So realistisch Ihr Bericht die Demenzkrankheit und die zukünftige demografische Entwicklung auch darstellen mag, so sehr ist er geeignet, Angst zu verbreiten. Es stimmt ja: Demenz ist eine Krankheit, deren Verlauf unumkehrbar ist. Aber statt Etiketten zu benutzen, kann man auch von "Menschen mit Demenz" sprechen, genauso, wie man das bei "Menschen mit Handicap" oder "Menschen mit Migrationshintergrund" tut – und schon klingt es weniger bedrohlich. Wer Menschen mit Demenz kennt, weiß: Es gibt im frühen und mittleren Stadium noch eine Menge Dinge, die sie gut können: Hausarbeit erledigen, herzlich lachen, Zeitung lesen! Es stimmt, die Zunahme der Zahl der Menschen mit Demenz ist ein enormer Kostenfaktor, aber nicht nur das: Sie kann auch eine bereichernde Debatte darüber anstoßen, wie wir ihnen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen können . Es stimmt auch: Die Nachfrage nach Heimplätzen wird zunehmen. Aber hier gilt es, zu differenzieren: Wir brauchen Pflegemodelle für unterschiedliche Bedürfnisse. Die 68er und ihre Nachfolger haben längst Wohnformen fürs Alter entwickelt, die ihnen mehr entsprechen, etwa Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz. Mehr Berichte über solche positiven Beispiele, die junge Leute motivieren, sich für eine Tätigkeit in der Altenpflege zu entscheiden, wären ein wertvoller Beitrag zur Überwindung des "Pflegenotstands".  
Leserbrief vom 16.12.2010 von Norbert Gehlen, Kirchzarten

 

Austauschbörse für Ehrenamtliche von Demenzgruppen in Umkirch

Im Landkreis bestehen rund 20 lokale Treffs für Menschen mit Demenz. Am Freitag, 17. September, präsentieren ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Gruppen aus den Bereichen Kaiserstuhl/Tuniberg, Nördlicher Breisgau und Dreisamtal in Umkirch zum dritten Mal Ideen und Konzepte, wie sie die Begegnungen gestalten. Im Gespräch mit BZ-Mitarbeiterin Silvia Faller erläutert Renate Brender vom Fachdienst ambulante Altenhilfe des Kreiscaritasverbandes Breisgau-Hochschwarzwald, was die Besucher erwartet.

BZ: Frau Brender, was gibt es am Freitag in Umkirch zu sehen oder zu erleben?
Brender: Vieles, was die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den vergangenen Jahren im Umgang mit Demenzkranken entwickelt und erprobt haben.
BZ: Können Sie das etwas konkreter beschreiben?
Brender: Ja klar, eine Mitarbeiterin aus March beispielsweise hat sich selbst ein Holzkegelspiel ausgedacht und die Bestandteile des Spiels mit den Gästen aus ihrer Gruppe zusammen angefertigt. Gezeigt wird auch, wie sehr sich Menschen mit Düften erreichen lassen, wobei sich mit Kräutern gefüllte Duftsäckchen eignen. Weiter werden Bewegungs- und Tanzsequenzen vorgestellt.

BZ: Was ist das Besondere daran?
Brender: Grundsätzlich geht es um Ideen und Vorschläge, die Begegnungen mit Demenzkranken zu gestalten, aber nicht nur so, dass die Zeit umgeht, sondern in einer Weise, dass die Menschen ins Gespräch kommen, sich öffnen. Der Schlüssel ist die Biografiearbeit.
BZ: Was ist damit gemeint?
Brender: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen auf das Leben ihrer Gäste ein, auf den Beruf, auf die familiäre Situation, auf die Lebensweise, auch auf die Kindheit und Jugend. Denn dann eröffnen sich regelrecht ein Fenster in der Erinnerung und es entsteht eine Gesprächsbeziehung. Ich will das Beispiel eines früheren Frisörs nennen. Fragen nach seinem Beruf würde er nicht beantworten, weil er die Bedeutung der Worte aufgrund der Demenz nicht verstünde. Aber wenn Sie ihm eine Schere zeigen oder den Duft des Haarschampoos riechen lassen, dass er meist verwendet hat, öffnet er sich und kommt ins Erzählen. Andere Menschen, ältere Bäuerinnen etwa, lassen sich durch den Duft von gekochter Marmelade anregen. In Vogtsburg, wo sehr viele Menschen in die Gruppe kommen, die früher in der Landwirtschaft gearbeitet haben, wird regelmäßig Butter mit einem Butterfass hergestellt. Die erste Betreuungsgruppe für Demenzkranke hat sich vor 14 Jahren in Breisach gebildet, heute bestehen unter der Trägerschaft des Kreisverbandes und der Sozialstation Nördlicher Breisgau zehn Gruppen und im ganzen Kreisgebiet rund 20. In diesen Gruppen hat sich ein regelrechter Wissens- und Erfahrungsschatz angesammelt.
BZ: Den es auszutauschen gilt?
Brender: Den wir aber auch öffentlich machen wollen. Damit die Angehörigen für zu Hause ebenfalls Anregungen mitnehmen können, die Zeit mit dem Demenzkranken sinnvoll zu gestalten. Wir wollen aber auch, dass die Gesellschaft davon erfährt. Es hat sich zwar vieles getan in den letzten Jahren, aber noch immer ist das Thema Demenz tabuisiert.
BZ: Es gibt doch allerorten diese Gruppen sowie Informations- und Hilfsangebote?
Brender: Sicher, aber dennoch kommen immer wieder Menschen in Beratungsstellen, die das Thema lange Zeit verdrängt haben. Wenn aber Angehörige die Anzeichen früh erkennen und richtig einordnen und frühzeitig Hilfen in Anspruch nehmen, bleibt viel Leid erspart. Wir machen die Austauschbörse nicht zuletzt deshalb öffentlich, um auch aufzuzeigen, dass man eine Demenz nicht als Bedrohung ansehen muss, weder für die Familie, noch für die Gesellschaft insgesamt. Wir meinen, dass das sehr wichtig ist im Blick auf die Bevölkerungsentwicklung.
BZ: Aber entstehen denn nicht sehr schwierige und belastende Situationen?
Brender: Schon, aber es gibt Wege, das Leben auch mit Demenz zu gestalten. Dabei sind die lokalen Gruppen von großer Bedeutung. Die alten Menschen erfahren, dass sie einen Platz in der Gesellschaft haben, einen Treffpunkt, wo sie sich wohlfühlen, und zwar vor Ort. Die Familien werden entlastet und letztlich erfahren die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Tätigkeit als sehr bereichernd für ihre eigene Lebensgestaltung.
BZ: Wie kommt man denn zu einer Mitarbeit?
Brender: Der Einstieg ist ein Qualifizierungskurs, den die kirchlichen Sozialstationen anbieten. Dann folgen jährliche Fortbildungsveranstaltungen, die der Kreiscaritasverband gemeinsam mit den Sozialstationen ausrichtet. Dem Erfahrungs- und Ideenaustausch und damit ebenfalls der Weiterbildung dienen letztlich auch die Tauschbörsen.

Silvia Faller, 16.9.2010

Austauschbörse:
Treffen der Betreuungsgruppen für Menschen mit Demenz
Freitag, 17.9.2010, 15 bis 18 Uhr, Bürgersaal im Gutshof, Hauptstraße 3, in Umkirch  Ansprechpartnerin: Renate Brender, Caritasverband für den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald e.V., Tel 0761-8965-433, renate.brender@caritas-bh.de
Regina Schultis, Kirchliche Sozialstation Nördlicher Breisgau e.V., Tel 07663/4077,  sozialstation.boetzingen@gmx.de

 

Augenblick mal: Demenz - Künstler - Finissage im Seniorenzentrum Bürkle-Bleiche

ACHTUNG: große FINISSAGE der Werke aus der Ausstellung "AUGENBLICK MAL!"
am Samstag, den 16.10.2010 um 15h im Foyer des Seniorenzentrums Bürkle Bleiche!
Wir laden Sie am diesem Tag herzlich zu einer Fachführung mit Vortrag ein! Die Bilder und Objekte der Künstler und Künstlerinnen sind innerhalb unserer 5-jährigen Zusammenarbeit mit den Bewohnern des Seniorenzentrums Bürkle-Bleiche entstanden und sind dort im Foyer zu sehen. Wir freuen uns darauf, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen und wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Anschauen! Weitere Informationen unter
www.caritas-emmendingen.de

Betreuung und kunsttherapeutische Begleitung des/der demenzerkrankten Menschen zu Hause oder in der Einrichtung/dem betreuten Wohnen
http://www.team-kunstwerk.de/demenzberatung.html

Unbewältigte Lebensthemen in Bilder umgesetzt
Die Ausstellung "Augenblick Mal!" im Foyer des Pflegeheims der Caritas zeigt 100 Werke von demenzerkrankten Bewohnern.. Sie erschließen sich dem Betrachter nicht auf den ersten Blick, die kleinen bunten Kunstwerke, die im Foyer des Seniorenzentrums Bürkle-Bleiche ausgestellt sind. Denn die ausstellenden "Lebenskünstler" sind hochbetagt und überwiegend demenzerkrankt. Und doch zeigt die Ausstellung mit Werkstattcharakter überraschende Ergebnisse der über fünfjährigen kunsttherapeutischen Arbeit des Pflegeheimes der Caritas.
Alles von Gerhard Walser vom 11.9.2010 bitte lesen auf
http://www.badische-zeitung.de/emmendingen/unbewaeltigte-lebensthemen-in-bilder-umgesetzt

 

Pflege aktiv erhält Demenz-Pflegepreis 2010

Auf den Demenzpflegepreis ist Marcus Weiland stolz – seine Mitarbeitenden sind auf ihren Chef stolz

Auf den Demenzpflegepreis ist Marcus Weiland stolz – seine Mitarbeitenden sind auf ihren Chef stolz. Foto: Gerhard Lück

Beim zum zweiten Mal verliehenen Demenz-Pflegepreis der Fachzeitschrift „pflegen: Demenz“ errangen die Mitarbeiter(innen) der Demenz-Wohngemeinschaft „Zum Hirschen“ in Ebnet den mit 2.000 Euro dotierten 2. Platz. Im Rahmen des „Dementia Fair Congresses“ wurde der Preis jetzt in Nürnberg vor 800 internationalen Gästen an den Leiter des Pflegedienstes „Pflege aktiv“ Marcus Weiland und drei seiner Mitarbeiterinnen überreicht. Der 1. Platz ging an das Gerontopsychiatrische Team des Klinikums Chemnitz. Das Thema der diesjährigen Preisausschreibung war „Pflege für die Pflegenden“. Forschungen hätten ergeben, dass Pflegende von Demenzerkrankten oft chronisch überlastet, unzufrieden und dem Burnout nahe seien. Deshalb bräuchten sie in besonderer Weise die Unterstützung ihres Arbeitgebers. Und genau die bekommen die 20 Mitarbeitenden in der „Hirschen-WG“ in Ebnet von ihrem Chef Marcus Weiland. „Ja, ich pflege meine Mitarbeiter“, bekennt er gegenüber dem „Dreisamtäler“, „denn sie sind mein höchstes Gut.“ Er habe sich deshalb gefreut, dass sie sich für den Preis beworben hätten – für ihn ein Signal, dass seine Bemühungen zum Wohlfühlen bei der schweren Alltagsarbeit wahrgenommen würden. Zu den „freiwilligen“ Leistungen von Marcus Weiland für seine Mitarbeitenden gehören Fortbildungskurse in Kinästhetik als entscheidender Beitrag für rückenschonendes Arbeiten, das regelmäßige Angebot von Massagen und Fangopackungen, monatliche Supervision, regelmäßige Teambesprechungen und Fortbildungen, Fachzeitschriften und Fachbücher, Reflektionen nach Schichtende sowie die Förderung der Zusammenarbeit mit Angehörigen. Ein besonderes Highlight sind die zweimal jährlich stattfindenden Hüttenaufenthalte im Schwarzwald, bei denen sich die Kolleginnen und Kollegen auch persönlich näher kommen. Und all diese Angebote macht Marcus Weiland sowohl den Mitarbeitern der Demenz-WG als auch seinen 20 Mitarbeitern im ambulanten Pflegedienst kostenlos. „Wir können unsere Patienten nur dann gut pflegen“, so Weilands Erkenntnis, „wenn es uns gut geht.“ Und qualifiziert gute Arbeit zum Wohle der Patienten hat für ihn oberste Priorität. „Natürlich schmälert dieser Einsatz für die Mitarbeiter meinen Gewinn. Doch ich will auch nicht unbedingt mit einem Porsche durch die Gegend fahren.“ Weiland ist übrigens der Meinung, dass die Fachkräfte in der Pflege zu wenig verdienten. Er träume deshalb davon, dass er mit dem Geld reicher Menschen einen Fonds gründen könne, aus dem er dann die Gehälter aufstocken könnte, was ihm derzeit leider nicht möglich wäre. Sollte übrigens jetzt eine examinierte Fachkraft Lust bekommen haben, im ambulanten Pflegeteam von „Pflege aktiv“ zu arbeiten, ist die Bewerbung auf eine freie Fünfzig-Prozent-Stelle noch möglich.
9.5.2010, Gerhard Lück, www.dreisamtaeler.de

 

Familiäre Wohngemeinschaften bei Demenz - Verein Labyrinth

Wie wird der eigene Lebensabend aussehen? Dies ist eine Frage, die oft verdrängt wird. Jeder wünscht sich Gesundheit und eine selbstständige Lebensführung bis ins hohe Alter. Für viele Senioren ist das auch möglich. Aber nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts sind heute etwa eine Million Menschen in Deutschland von Demenz betroffen, deshalb nicht mehr zur selbstständigen Lebensführung in der Lage und dauerhaft auf Pflege angewiesen.

Demenz ist eine schwerwiegende Erkrankung. Neben dem Nachlassen der geistigen Fähigkeiten können im fortgeschrittenen Stadium auch Persönlichkeitsveränderungen, aggressive Verhaltensweisen, Angst- und Wahnvorstellungen hinzukommen. Damit umzugehen erfordert von den Pflegenden besondere Kompetenzen. Konventionelle Pflegeeinrichtungen werden Demenzerkrankten oft nicht gerecht. Es fehlt an entsprechender Schulung und manchmal werden die Betroffenen in der Not medikamentös beruhigt. Für einen anderen Umgang wirbt der Verein „Labyrinth“, der kürzlich im Ökumenischen Zentrum Stegen sein Modell der Wohngemeinschaften vorstellte. Gegründet wurde „Labyrinth – Wohn- und Lebenshilfe für Menschen mit Demenz e.V.“ mit dem Ziel, für Menschen mit Demenz eine liebevolle Betreuung in familiärer Wohnumgebung zu ermöglichen. Initiatoren waren Angehörige, die mit ansehen mussten, wie ihre Partner oder Eltern in Pflegeheimen nicht adäquat betreut wurden; es waren aber auch Pflegekräfte, die darunter litten, dass sie aufgrund der Rahmenbedingungen den Betroffenen nicht die Zuwendung geben konnten, die nötig wäre.

„Labyrinth“ betreibt im Dreisamtal inzwischen zwei Wohngemeinschaften: seit sechs Jahren die „Hirschen-WG“ in Ebnet und seit zweieinhalb Jahren die „Birkenhof-WG“ in Kirchzarten-Burg. Die jeweils acht Bewohner leben in einer Art Großfamilie zusammen und es ist ganz normal, dass Angehörige in das „Familienleben“ mit integriert sind, beim Kochen mithelfen oder am Essen teilnehmen. Ein von den Angehörigen beauftragter ambulanter Pflegedienst ist rund um die Uhr für sie da. Der Alltag in der WG richtet sich nach den Wünschen und Bedürfnissen ihrer Bewohner. Niemand muss um 7 Uhr aufstehen und um 8 Uhr am Frühstückstisch sitzen. Das Pflegeteam akzeptiert die Gewohnheiten der Bewohner und stellt sich darauf ein. Die Wertschätzung der Bewohner steht im Vordergrund. Auch körperliche Berührung ist kein Tabu. „Sie werden dort richtig verwöhnt und das tut ihnen sichtlich gut! Die ständige Zuwendung und Anregung fördert alle gesunden Kräfte, die sie haben.“ So bewertet Norbert Gehlen, Angehöriger in der Birkenhof-WG und einer der Sprecher des Vereins, die engagierte Arbeit der Mitarbeiterinnen. Das Pflegeteam ist speziell für den Umgang mit Demenzkranken ausgebildet: Alles, was sie noch selbst tun können, sollen sie auch tun. So wird gemeinsam gekocht und die Wäsche versorgt, aber auch gemeinsam gesungen und gefeiert. Und es wird dafür gesorgt, dass die Bewohner täglich an die frische Luft kommen. Man kennt sie rund um den Burger Platz und sie sind Teil des Dorflebens. Dazu tragen auch ehrenamtliche Begleiterinnen bei, die die Bewohner regelmäßig besuchen, ihnen vorlesen, mit ihnen spielen oder spazieren gehen. Der Verein „Labyrinth“ möchte die Idee solcher Wohngemeinschaften weiterverbreiten, zur ehrenamtlichen Mitarbeit motivieren und weitere Gründungen anregen. „In unseren Augen ist dieses Modell eine zukunftsweisende Alternative zu konventionellen Pflegeheimen und es findet in Fachkreisen zunehmend Resonanz. Allein in Berlin gibt es bereits mehr als 400 solcher Wohngemeinschaften“, sagt Gehlen. Deshalb will „Labyrinth“ verstärkt an die Öffentlichkeit treten. Der Informationsabend in Stegen hinterließ mit anschaulichen Berichten und vielen authentischen Fotos einen nachhaltigen Eindruck bei den rund fünfzig interessierten Besuchern.
27.3.2010, Dagmar Engesser, www.dreisamtaeler.de

 

 

Ehrenamtliche für Dementenbetreuung Kirchzarten gesucht

Betreuungsgruppe für Menschen mit Demenz ist von Stegen nach Kirchzarten umgezogen

Kirchzarten (glü.) Die Betreuungsgruppe für Menschen mit Demenz, die jetzt regelmäßig jeden Dienstag von 9 bis 13 Uhr in der Regie des Kreis-Caritasverbandes in Kirchzarten im Pfarrzentrum St. Gallus stattfindet, braucht Unterstützung bei der Vorbereitung des Frühstücks für zehn bis fünfzehn Gäste und Mitarbeitende. „Welche Frau oder welcher Mann könnte uns jeden Dienstag von 8:30 bis 10 Uhr ehrenamtlich für eine kleine Aufwandsentschädigung unterstützen?“, fragt die Caritas. Interessenten melden sich bei der Gruppenleiterin Amina Feder (Fon 07661 982311) oder bei Renate Brender vom Caritasverband Breisgau-Hochschwarzwald (Fon 0761 8965-433). Selbstverständlich ist, dass der Caritasverband ehrenamtliche Mitarbeiter(innen) im Umgang mit Demenzkranken begleitet und schult. Die Betreuungsgruppe fand bisher in Stegen in der Seniorenwohnanlage statt, musste dort aber wegen Eigenbedarfs Platz machen.
Gerhard Lück, 11.9.2009, www.dreisamtaeler.de

 

Aktion Demenz - eine Initiative der Robert Bosch Stiftung

Auftaktveranstaltung:
- am 15. Mai 2009, 17:00 Uhr, Katholische Akademie Freiburg, Wintererstraße 1
- Eingeladen sind Bürgerinnen und Bürger der Region Freiburg sowie Institutionen.


- Eröffnungsvortrag: Prof. em. Dr. Dr. Reimer Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender der Aktion Demenz e.V., Soziologie, Justus-Liebig-Universität Gießen.
- Professionelle Interviews zu verschiedenen Aspekten alltäglicher wie beruflicher Begegnung mit Demenz. Gesprächspartner sind Angehörige, Bäcker, Landfrauen, Banker, Polizisten, Taxifahrer u. a.
- Abschluss der Auftaktveranstaltung: Präsentation "Kunst von Menschen mit Demenz" aus der Neurologischen Klinik Elzach mit Prof. Karl-Heinz Menzen, Gestalttherapeut und Lehrbeauftragter Dankwart Andres und Studierenden des Studiengangs Heilpädagogik der Katholischen Fachhochschule Freiburg.
Weitere Aktionen wie Qualifizierungsangebote im Umgang mit Demenz für alltagsbezogene Dienstleister wie Friseur, Finanzinstitute, Polizei, Einzelhandel, eine Tagung über eine "neue Kultur" der Demenz, Fortbildungsangebote zur Palliativpflege bei Demenz, eine Aktion "Verlaufen in der Stadt" und weitere Veranstaltungen sind im Rahmen der bis Mitte 2010 geplanten Aktion "Initiative für ein besseres Leben mit Demenz" in Vorbereitung.

"Aktion Demenz e.V." ist eine deutschlandweite Initiative der Robert Bosch Stiftung, die sich als Netzwerk versteht. Durch diese Initiative sollen Bürger gewonnen werden, die das Wohlbefinden von Menschen mit Demenz fördern wollen und sich für mehr gesellschaftliche Teilhabe der Betroffenen
engagieren. Die Region Freiburg startet am 15. Mai 2009 mit einer Auftaktveranstaltung ihre Aktion (s.u.). Veranstaltungen sind bis Mitte 2010  geplant. Im Pressegespräch informieren Akteure der Freiburger Initiative über die geplanten Schritte. Als Gesprächspartner stehen Ihnen zur Verfügung:
Herr Prof. Dr. Karl-Heinz Menzen, Heilpädagogik, Katholische Fachhochschule Freiburg
Herr Prof. Dr. jur. Thomas Klie; Öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaft, Evangelische Hochschule Freiburg
Frau Maren Berg, Fachbereich Besondere Sozialhilfe, Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald
Frau Christiane Hartmann, Leiterin Seniorenbüro, Landratsamt Emmendingen
Frau Elisabeth Schauer, Leiterin Nachbarschaftshilfe, Caritasverband Freiburg-Stadt e.V.
Frau Dr. Verena Wetzstein, Studienleiterin, Katholische Akademie der Erzdiözese Freiburg

Demenz geht alle an, denn jeder kann an Demenz erkranken. Und das Risiko, an Demenz zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter. Heute leiden rund 1,2 Millionen Menschen in Deutschland an Demenz, im Jahr 2030 soll sich diese Zahl verdoppelt haben. Daher unterstützt die Robert Bosch Stiftung im Rahmen einer Projektförderung lokale Initiativen für ein besseres Leben mit Demenz.
In der Region Freiburg hat sich im Rahmen der Antragstellung an die Robert Bosch Stiftung ("Menschen mit Demenz in der Kommune") ein Initiativkreis zusammengefunden, um Bürgerinnen und Bürger für das Leben mit Demenz im Alltäglichen zu sensibilisieren.
In diesem Kreis arbeiten die Stadt Freiburg, die Landkreise und die Kreisseniorenräte Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen, der Stadtseniorenrat Freiburg, die Evangelische Hochschule, die Katholische Fachhochschule, die Stiftungsverwaltung Freiburg, das Zentrum für Geriatrie und Gerontologie, die Katholische Akademie, der Caritasverband Freiburg-Stadt, der Geriatrische Schwerpunkt Müllheim und das Freiburger Modell e.V. u. a. zusammen.

Katholische Fachhochschule Freiburg
Catholic University of Applied Sciences Freiburg
Karlstraße 63, 79104 Freiburg,
c/o Barbara Hirth, presse@kfh-freiburg.de




 

Diese Krankheit nicht nur mit Horrorszenarien beschreiben

Es geht um einen Menschen und da fallen Bemerkungen wie: "Er vegetiert", "Er ist nicht mehr mein Mann", "ein Zustand, den man nicht mehr als menschliches Leben bezeichnen kann". Bemerkungen, die erschrecken und bei denen es uns friert, denn sie schrammen nur knapp daran vorbei, einem Menschen mit Demenz, der nichts mehr "leisten" kann, und der nicht mehr unseren Erwartungen entspricht, Würde, Lebensqualität und Daseinsberechtigung abzusprechen. Es geht nicht nur um einen prominenten Menschen, es geht nicht nur um Einzelschicksale. Es geht genauso um die inzwischen über eine Million Menschen mit Demenz in unserem Land und viele andere, die auf die Sorge anderer angewiesen sind. Es geht um ihre Angehörigen und alle, die sich um eine menschenwürdige Betreuung und Pflege kümmern – möglichst in entspannten Lebensumständen, die sich auf Unberechenbarkeiten und Bewegungsdrang einstellen. Und die dabei nicht nur lange schmerzliche Abschiede erleben, sondern auch, wie Menschen mit Demenz sehr wohl ihre Individualität bewahren und auf ihre Weise Lebensfreude ausstrahlen, Eigensinn entwickeln, Kontakt aufnehmen und Beziehungen gestalten.
Es täte uns gut, diese Krankheit – eigentlich ist sie eher eine "Behinderung" – nicht nur mit Horrorszenarien zu beschreiben, sondern als einen Aspekt des Älterwerdens zu sehen, der nicht nur dramatische Facetten hat.
BZ-Leserbrief vom 24.3.2009 von Regina und Bernhard Kraus, Freiburg, Angehörige und Mitinitiatoren von WOGE, Wohngruppe für Menschen mit Demenz in Freiburg-Vauban

 

Kranke sind eher unter- als überfordert

Max Gander sprach zum Welt-Alzheimer-Tag über Demenz, ihre Folgen und Therapieansätze

Bereits das dritte Jahr in Folge lud das Alten- und Pflegeheim St. Nikolai in Waldkirch aus Anlass des Welt-Alzheimer-Tages zu einer Veranstaltung ein. Diesmal allerdings nicht so gut besucht wie in der Vorjahren, was bedauerlich war, denn Max Gander — vielen bekannt aus der ehrenamtlichen Arbeit in St. Nikolai und aus der Selbsthilfegruppe für Aphasie und Schlaganfall — präsentierte eine Fülle von Informationen über das Thema Demenz in übersichtlicher Art und Weise. Etwa drei Prozent der über 60-Jährigen seien von Demenzsymptomen betroffen, ab 80 steige die Zahl der Erkrankten rapide — mit schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen und ihre Angehörigen. Was genau die Krankheit auslöst, sei noch immer unklar, was die Entwicklung von Therapien erheblich erschwere. In 60 Prozent der Fälle werde Demenz ausgelöst durch die Alzheimer-Krankheit, in 15 Prozent durch Durchblutungsstörungen im Gehirn, in weiteren 15 Prozent durch Mischformen und der Rest werde zum Beispiel verursacht durch Gehirntumore, Stoffwechselstörungen oder Flüssigkeitsmangel. Wann wirklich eine Demenz vorliegt, ergeben standardisierte Tests beim Arzt, unter anderem in der Gedächtnisambulanz der Uniklinik Freiburg. Der Verlauf ziehe sich über 20 bis 25 Jahre — zunächst oft bagatellisiert, dann aber kontinuierlich gravierender werdend: Am Beginn steht das Vergessen von Daten oder Telefonnummern, Wortfindungsstörungen, Probleme in der zeitlichen und räumlichen Orientierung, Verständnisprobleme — oft verbunden mit Wut, Aggressionen, Niedergeschlagenheit. Im dritten Stadium sind die Kranken völlig abhängig von Hilfe, denn ihre geistigen Leistungen sowie auch körperlichen Fähigkeiten sind hochgradig gestört. Neben medikamentöser Therapie seien weitere Ansätze wichtig, wie Hirnleistungstraining (solange es den Kranken Spaß macht — sonst Gefahr der Frustration), Bewegung, ausgewogene Ernährung (wenig Fett), Beschäftigung mit Musik, Malerei oder Tieren. Wichtig sei es, den Kranken so zu nehmen wie er ist und nicht etwa Minderwertigkeitsgefühle auszulösen. Geschehen könne dies durch Nähe und Zuwendung, einen klar strukturierten Alltag, das Erhalten von Kontakten oder Erinnerungspflege. Sehr bedeutsam sei auch die Beschäftigung und Einbeziehung in Tätigkeiten. Anknüpfungspunkte böten hier Tätigkeiten, die die Kranken früher oft und gern ausgeübt haben. Die Gefahr der Unterforderung sei bedeutend größer als die der Überforderung, so Max Gander. Bei den Angehörigen ist es wohl eher umgekehrt, weshalb Max Gander auch Tipps zur "Selbsterhaltungstherapie" für die Pflegenden gab.
sti, 27.9.2008, BZ

 


Trotz Alzheimererkrankung: Gefühle malerisch in Bildern ausdrücken - Ausstellung

Sie trotzt ihrer Alzheimererkrankung immer neue Bilder ab: Wie die Künstlerin Irene Rosenhagen ihre Gefühle malerisch ausdrückt

Beim Einkauf im Supermarkt lächelt Irene Rosenhagen sanft, steht immer dicht neben ihrem Mann Lüder. Es ist ein sehr harmonisches Bild eines älteren Paares. Erst beim näheren und längeren Beobachten bemerkt man: Die Frau wirkt etwas scheu und leicht irritiert. Es sind die Menschenaufläufe, die Irene Rosenhagen nicht mag, sie unsicher werden lassen. Wie viel noch in ihre Welt dringt, bleibt offen. Sie ist jetzt 70 Jahre alt und seit einigen Jahren demenzkrank. In der Region am Hochrhein ist Irene Rosenhagen für ihre wunderschönen Töpferarbeiten und ihre Kurse mit Kindern bekannt, als Künstlerin hat sie sich durch einige Ausstellungen über die Grenzen hinaus einen Namen gemacht. Dies alles ist ein Teil ihrer Vergangenheit. Doch über die Kunst hat die Frau einen Weg gefunden, trotz der Krankheit doch noch etwas von sich, ihren Stimmungen und vielleicht auch einen Teil ihrer Gedanken weiterzugeben. Irene Rosenhagen malt Aquarelle, die aus Tausenden von kleinen Pinselstrichen bestehen. Sie wirken wie klassische Suchbilder. Mit jedem Hinsehen tauchen neue winzige Details auf: Tiere, Blumen, meist ist auch eine lachende Sonne zu sehen. Während einer Reha-Kur in Bad Aibling vor vier Jahren besucht Irene Rosenhagen eine Kunsttherapie. Zurück in ihrer Heimat fördert Anne Haas die Begabung zum Malen in der Künstlerin. Sie ist die Leiterin der Tagespflege im St. Josefshaus, einer der Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt. "Frau Rosenhagen kommt seit vier Jahren zu uns, mittlerweile täglich. Wir versuchen, alle unsere Gäste anzuregen, künstlerisch kreativ zu sein. In diesem Bereich hat eigentlich niemand wirklich viele Erfahrungen, wir bieten das einfach an." Aus anfänglich zufälligen Zeichnungen wurde schnell mehr. Schon früh am Morgen greift Irene Rosenhagen zu ihren Aquarellfarben, erst wenn unter dem Bild die Initialen stehen, kann sie eine Pause machen. "Fast täglich entstehen neue Bilder von ihr" , erzählt Anne Haas. "Ich bin keine Kunstkennerin, aber in den Zeichnungen wird eine große Dynamik deutlich, Alltagsstimmungen und vor allem die ungebremste Freude am Leben." Irene Rosenhagen nimmt ihre Umwelt sehr wohl wahr, sie beobachtet sehr viel, redet aber kaum noch. Über das Malen kann sie Gedanken und Empfindungen ausdrücken, die sie mit Worten nicht mehr kommunizieren kann. Wenn sich der Patient immer mehr zurückzieht, bleibt die Familie oft ratlos. Diese Erfahrung machte auch Lüder Rosenhagen, der Ehemann der Künstlerin. "Meine Frau merkte ja, dass mit ihr etwas nicht stimmte, mir hat die Diagnose damals den Boden unter den Füßen weggezogen. Das war für mich ein Schock, eine Tragik. Für mich ist es heute phänomenal, meine Frau zu beobachten. Irene kann sich nicht mehr immer sprachlich äußern, aber in den Bildern sehen wir: Sie beschäftigt sich mit vielen Themen, zeigt uns so ihre Seele."

Eine Ausstellung ihrer Arbeiten ist zurzeit in der Tagespflege der Arbeiterwohlfahrt zu sehen, auf drei Etagen des Hauses verteilt. Entstanden sind sie alle vor dem akuten Ausbruch der Demenzerkrankung. Ein harter Kontrast in der Sammlung sind Keramikarbeiten aus der der Zeit, als Irene Rosenhagen noch ganz gesund war. Durch die chronologische Anordnung der Ausstellung wird deutlich erkennbar, so wie die Krankheit die Künstlerin schleichend veränderte, so haben sich auch ihre Arbeiten verändert: die weißen Flecken auf den Bildern häufen sich, die zunächst beeindruckend fein gesetzten Striche scheinen weniger differenziert, die Motive subtiler zu werden. Seit einigen Monaten kommt eine Maltherapeutin in die Tagespflege, die die Familie privat bezahlt. Renate van den Eijkel und Irene Rosenhagen kennen sich schon lange aus der Zeit vor der Erkrankung. Zusammen gehen sie die neuen Wege. "Ich bringe oft Blumen mit zu unseren Terminen und wir reden etwas über ein Thema. Das ist nicht einfach, aber mit dem Malen kommen die Gefühle, sogar mit Worten." Die Hochs und Tiefs, die Folgen der Alzheimererkrankung, der Alltag werden nachvollziehbar. Jetzt, so erzählt die Maltherapeutin, gehe es vor allem darum, Stimmungen zu erfassen, weniger die Motive, "Form hat mit Denken zu tun, Farbe mit der Seele." Auch deshalb wechselte Irene Rosenhagen in der jüngsten Zeit von Aquarellfarben zu Pastellkreiden. Aufgeben will Lüder Rosenhagen nicht, er weiß, was seine Frau anspricht. Die Kunst bleibt ein Teil des Paares. Er plant die Wochenenden gut durch, sonst ergreife Irene eine Unruhe, erzählt der Ehemann. Ausstellungen, Museen, Lesungen gehören dazu, auch weil sie ablenken. Allein, ohne die Hilfe durch die Betreuung in der Tagespflege unter der Woche, könne der 70-jährige den Alltag nicht bewältigen, gibt er gern zu. Dass es irgendwann nicht mehr so funktionieren könnte, ist Lüder Rosenhagen sehr bewusst. "Wenn Irene mich heute morgens anstrahlt, dann weiß ich schon, dies wird ein guter Tag. Aber mit jedem Tag wird mir auch bewusst: Das ist nicht mehr die Frau, die ich kennengelernt habe. Das tut weh, aber unsere Ehe war deswegen nie in Gefahr." Das Paar hat drei gemeinsame Kinder, von denen aber keines in der Nähe wohnt. Lüder Rosenhagen ist seit 47 Jahren mit Irene verheiratet, jeder Blick auf seine Frau gibt seine Liebe wider. Doch der Ehemann sagt von sich selbst, er sei ein Realist: "Jetzt plane ich die Zukunft nicht mehr, wir können keine Erinnerungen mehr teilen und irgendwann wird meine Frau mich auch nicht mehr erkennen. Ich erlebe jeden Tag sehr intensiv mit Irene, es ist ein ständiges Abschied nehmen."
Susan Bersem , 25.8.2008, BZ

Ausstellung: "Malen als Wegbegleiter" von Irene Rosenhagen, AWO-Seniorenzentrum Josefshaus in Bad Säckingen; Geöffnet Mo-Fr, 9-16 Uhr, bis Ende September (Von Oktober an in der AWO in Singen).

Die Künstlerin Irene Rosenhagen wurde 1937 in Breslau geboren, 1945 flieht sie mit ihrer Familie nach Oldenburg. Die ausgebildete Friseurin und Erzieherin entdeckt Mitte der 60er Jahre die Liebe zur Malerei, später im belgischen Antwerpen die Leidenschaft fürs künstlerische Töpfern. Von 1980 an lebt Irene Rosengarten mit ihrem Mann in Bad Säckingen, gibt viele Töpfer- und Keramikkurse im In- und Ausland. Im Schlosspavillon hat sie 1983 und 1987 Ausstellungen mit eigenen Werken. Mit der Demenzerkrankung 2001 gibt Irene Rosenhagen ihre Kurse auf. Seit vier Jahren besucht sie die Tagespflege der Arbeiterwohlfahrt, findet hier mit dem Malen wieder eine Form der Kommunikation

© by freiburg-schwarzwald.de, Kontakt, Update 22.02.12