Toleranz mit Obdachlosen

Obdachlose am KG II der Uni: Über das alltägliche Leben und Zusammenleben mit Obdachlosen liest man kaum weiterführende Vorschläge. Umso erfreulicher ist es, dass Carolin Buchheim im Gespräch mit dem juristischen Dekan dafür Wegweisendes gesagt hat: „Müssen die Studierenden vielleicht noch toleranter werden, wenn sie im Studienalltag mit anderen Lebenskonzepten konfrontiert werden“, fragte sie am Ende des Interviews. Aufrufe zu mehr Toleranz sind eigentlich immer richtig, so auch im vorliegenden Fall. Einen Schönheitsfehler hat der in Frageform vorgebrachte Vorschlag: Er verengt die notwendige Toleranz auf die Studierenden; warum aber nur sie? Warum sollen nur sie mit anderen Lebenskonzepten konfrontiert werden? Die Antwort ist einfach: In Freiburg gibt es einen unausgesprochenen Konsens aller gesellschaftlichen und politischen Kräfte, dass die Obdachlosen zur Universität gehören. Und noch wichtiger ist: Solange sie dort sind, sind sie es nicht an anderen Stelle; an diesem „Standortvorteil“ der Universität darf nicht gerüttelt werden. Da wird schon ein gehöriges Stück Heuchelei und praktiziertes St. Florians- Prinzip deutlich. Deshalb eine Anregung: Wie wäre es mit einem Rotationsprinzip etwa der Art: Die Obdachlosen halten sich ein Jahr lang vor dem Neuen Rathaus, ein Jahr vor einem großen Einzelhandelsgeschäft und ein Jahr vor dem BZ- Kartenservice auf und dann wieder an der Universität und anderswo. Dann können wir – informierter – über Toleranz reden. Toleranz ist notwendig, sie muss praktiziert werden, aber von allen.
27.12.2012, Rainer Wahl, Freiburg

„Das ist kein zuträglicher Zustand“ über den Standort von Obdachlosen vor dem KG II der Uni (BZ vom 13.12.2012).
https://www.badische-zeitung.de/freiburg/streit-um-obdachlose-uni-dekan-bruns-nimmt-stadt-in-die-pflicht–66983141.html

Wo bleibt die Würde der Reinigungskräfte?
Zum Interview mit Alexander Bruns, Dekan der juristischen Fakultät, über den Streit um die Wiese vor dem Kollegiengebäude II („Das ist kein zuträglicher Zustand“ vom 13. Dezember). Studierende fühlten sich von wohnungslosen Menschen gestört:
Ein solches Interview seitens des Fragestellers ist unerträglich: Es begann schon mit der Unterstellung, die Universität strebe die „Vertreibung“ der vor dem KG II lagernden Wohnungslosen an. Und nachdem Professor Bruns sachlich die Belästigung durch die Verschmutzungen und den Gestank infolge des öffentlichen Urinierens und Kotens sowie der Pöbeleien geschildert hat, gipfelt die letzte Frage des Interviewers darin, diesen menschenunwürdigen Zustand als „anderes Lebenskonzept“ zu bezeichnen. Welches Menschenbild zeigt das denn? Und wo bleibt die Würde der Reinigungskräfte, die innerhalb dieses Lebenskonzeptes wieder für menschwürdige Ordnung und Sauberkeit sorgen müssen?
14.1.2013, Elke Kesper, Staufen

Dieser Beitrag wurde unter Oeffentlicher Raum, Soziales, Wohnen abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar