Der Dreisamtäler im Gespräch mit Todtnaus Bürgermeister Andreas Wießner: Es war ein bewegendes, aber auch ein gutes Jahr, davon geprägt, dass alle bei wichtigen Entscheidungen an einem Strang gezogen haben. So haben sich beispielsweise die Gewerbetreibenden neu organisiert und Verein „Treffpunkt Todtnau“ gegründet. Dieser bildet mit über 80 Mitgliedern ein gemeinsames Sprachrohr, tritt als Entwickler und Veranstalter auf und bereichert Todtnau sehr mit seinem Engagement.
Ein ganz einschneidender Moment war in 2014 auch die Gemeinderatswahl. Gut die Hälfte der Gemeinderäte ist nach langen Amtsjahren hauptsächlich aus Altersgründen ausgeschieden. Im Gemeinderat sitzen nun zehn neue Räte, das war ein richtiger Umbruch. In einer zweitägigen Klausurtagung wurden die in 2014 abgewickelten und für 2015 anstehenden Projekte vorgestellt, besprochen und diskutiert.
Dreisamtäler: Können Sie die Projekte konkretisieren?
Wießner: Ganz vorne steht für 2015 der Neubau des Bauhofs für zwei Millionen Euro, um den fünfzehn Mitarbeitern zeitgemäße Arbeitsplätze zu bieten und die über fünfzehn Jahre alten Baracken zu einer modernen Material- und Lagerhalle umzubauen. Dann ist nach wie vor das Schwimmbad ein wichtiges und sehr emotional besetztes Thema.
Dreisamtäler: Zur Diskussion stand, zusammen mit Schönau ein neues Bad zu bauen.
Wießner: Davon hat der Gemeinderat Abstand genommen, vor allem auch, weil sich nicht alle Schönauer Verbandsgemeinden am Bad-Projekt beteiligen wollten. Todtnau hatte bis 2013 ein Bad, das allerdings veraltetet war und zwischenzeitlich defekt ist. Wir gingen nun die Sache anders herum an als bisher. Wir fragten nicht: was kostet ein neues Bad? Wir stellten unserem Planer die Frage: Was bekommen wir für 1,75 Millionen Euro.
Dreisamtäler: Und was bekommt man für 1,75 Millionen Euro?
Wießner: Ganz grob gesagt wären wohl ein neues, den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes Becken mit einer Länge von 25 Metern und der neusten Bädertechnik dafür erhältlich. Die Gebäudlichkeiten würden bei dieser Variante bleiben, wie sie sind. Gleichzeitig wurde ein Förderverein gegründet. Mit ihm sind wir im Gespräch, was er an Arbeitsleistungen bei der Sanierung einbringen, was er an Sponsorengeldern eintreiben und wie er künftig im laufenden Betrieb die Gemeinde unterstützen kann und will. Ende Januar 2015 soll ein Grundsatzbeschluss im Gemeinderat gefasst werden, ob Todtnau 1,75 Millionen für ein Bad ausgibt. Da aber noch viele andere Projekte auf der To-do-Liste stehen, muss der Gemeinderat Prioritäten setzen, denn wir sind leider auch ein der am höchsten verschuldeten Gemeinden in Baden-Württemberg.
Dreisamtäler: Wenn es um Prioritätensetzung geht: womit konkurriert das Schwimmbad-Projekt?
Wießner: Zum Beispiel mit dem Umbau der Schule. Seit zwei Jahren gibt es ja die Gemeinschaftsschule zusammen mit Schönau – eine der wenigen Gemeinschaftsschulen im Schwarzwald, die genehmigt wurden. Das Gebäude der Schule stammt aus den 80er Jahren und ist in seiner Substanz noch in Ordnung. Um den Bedürfnissen einer Gemeinschaftsschule gerecht zu werden, sind jedoch Umbauten nötig; Räume müssen umstrukturiert, eine Mensa eingerichtet, in einen Aufzug und in Barrierefreiheit investiert werden. Gleichzeitig wollen wir für die Jugend ein Freizeit- und Soccerfeld einrichten und für unsere Senioren stehen Investitionen im städtischen Alters- und Pflegeheim an. Da wir ab 2018 aufgrund der Gesetzeslage unsere neun Doppelzimmer nur noch als Einzelzimmer nutzen dürfen und eine lange Warteliste existiert, sind wir auf der Suche nach Erweiterungsmöglichkeiten, denn wir wollen der älter werdenden Bevölkerung ein würdiges Altern in Todtnau ermöglichen.
Dreisamtäler: Ein Großprojekt ist nach wie vor die Stadtsanierung.
Wießner: Ja, die dritte Phase der Stadtsanierung läuft jetzt seit zwei Jahren. Um die Ziele der auf zehn Jahre verteilten Erneuerungsmaßnahmen zu erreichen, benötigen wir voraussichtlich ein Budget in Höhe von 4,8 Millionen Euro. Ziele der Sanierung sind unter anderem, das Wohnumfeld des Familienwohngebiets Schöne zu verbessern und die Industriebrachen zu sanieren. Begonnen wurde mit drei Brückensanierungen. Aktuell sind wir in der Diskussion über ein Parkhaus, das im Sommer für die Hasenhorn-Rodelbahn und im Winter für das Skigebiet genutzt werden kann. Angedacht ist auch die Verlagerung des Feuerwehrhauses von der Ortsmitte in Richtung Bushahnhof. Da wir aufgrund gestiegener Einwohnerzahlen wieder vermehrt Bedarf an Bauplätzen und Wohnraum haben, ist auch die Ausweisung eines Neubaugebietes vorgesehen.
Dreisamtäler: Wie erklären Sie sich eine Bevölkerungszunahme. Der Trend für den ländlichen Raum ist ja ein anderer.
Wießner: Wir hatten von 2013 bis 2014 einen Zuwachs von hundert Einwohnern. Wie das kommt? Da kann ich nur Vermutungen anstellen: es gibt Firmen in Todtnau, die investieren, expandieren und neue Arbeitsplätze schaffen. Dann sind die Mieten und die Schul- und Betreuungsangebote in Todtnau durchaus attraktiv für Familien, was ein Grund sein könnte, nach Todtnau zu ziehen.
Dreisamtäler: Seit dem ersten Januar hat sich Todtnau der Hochschwarzwald Tourismus GmbH (HTG) angeschlossen.
Wießner: Ja, da haben wir uns zu einem sehr großen, zukunftsweisenden Schritt entschieden. Für’s erste ist es eine Kooperation. Auf Dauer streben wir die Mitgliedschaft im Zweckverband an. Bisher bildeten wir zusammen mit dem Gemeindeverwaltungsverband Schönau die touristische Marke „Bergwelt Südschwarzwald“.
Dreisamtäler: Was ändert sich für Todtnau?
Wießner: Die touristische Vermarktung läuft nun komplett über die HTG, die dafür hervorragend aufgestellt ist. Personell hat sich für uns nichts verändert, da das Personal der Tourist-Infos vom neuen Partner übernommen wurde.
Dreisamtäler: Ich vermute, dass das für beide Seiten eine Win-Win-Situation ist.
Wießner: Natürlich! Die HTG übernimmt die Vermarktung für uns und wir bereichern die HTG hoffentlich mit ganz besonderen Infrastruktureinrichtungen oder touristischen Attraktionen – dem Nordic Center am Notschrei, der Hasenhornbahn oder unseren Wasserfällen. Und wir sind dabei, die Angebote ständig zu erweitern und zu verbessern: am Notschrei soll eine weitere landschaftlich sehr reizvolle blaue Loipe in Richtung Schauinsland entstehen, am Wasserfall ein neuer Kiosk als Wasserfallportal gebaut, die Parkplatzsituation an der Hasenhornbahn verbessert werden – um nur einige Beispiele zu nennen. Mit Todtnau als Kooperationspartner bekommt die HTG noch weitere Argumente, um für den Hochschwarzwald zu werben! Außerdem können wir auf 360.000 Übernachtungen verweisen.
Dreisamtäler: Das Thema Biosphärengebiet wurde in Todtnau auch diskutiert – haben Sie sich denn schon entschieden?
Wießner: Nach intensiver Diskussion hat der Gemeinderat sich zu einem möglichen Beitritt entschieden. Wir haben jedoch bestimmte Vorstellungen, nämlich dass für die über dreißig dem Biospährengebiet angehörenden Gemeinden eine Entwicklungsagentur für den ländlichen Raum eingerichtet wird, die gemeindeübergreifend Projekte erarbeitet, die den ländlichen Raum wirtschaftlich und strukturell zukunftsfähig machen. Diese Agentur sollte nach unserer Vorstellung mit fünf Personen besetzt sein und ihr sollten Vertreter aus der Landwirtschaft, dem Naturschutz, dem Forst angehören, außerdem ein Touristiker und Wirtschaftsförderer.
Dreisamtäler: Was gibt es sonst noch Wichtiges für Todtnau in 2015?
Wießner: Im Juni stehen Gemeinderatswahlen an und ich werde mich wieder zur Wahl stellen! Es stehen für Todtnau noch viele interessante Projekte an, die ich gerne noch begleiten würde.
Dreisamtäler: Vielen Dank für das Gespräch!
29.1.2015, Mit Bürgermeister Andreas Wießner unterhielt sich Dagmar Engesser, www.dreisamtaeler.de