Von 9.-11.1.2015 ist wieder Vogelzählen angesagt: Dann findet zum fünften Mal die Aktion „Stunde der Wintervögel“ statt, die der Naturschutzbund (Nabu) seit 2011 deutschlandweit veranstaltet. Die dabei ermittelten Daten sollen Wissenschaftlern helfen, Verschiebungen im Artenspektrum und andere Entwicklungen in der Vogelwelt zu erkennen. Auch im Stadtkreis von Freiburg, wo vor einem Jahr 182 Naturfreunde insgesamt 4043 Vögel zählten, sind erneut spannende Ergebnisse zu erwarten.
Das Auffälligste an Freiburgs Vogelwelt ist derzeit, dass nicht gerade viel los ist: Denn trotz des Wintereinbruchs nach Weihnachten, der bei etlichen Leuten die Hoffnung auf einen regen Besuch von Amseln, Meisen und Finken aufkommen ließ, herrscht selbst an gut bestückten Futterhäuschen nicht gerade Hochkonjunktur. Grund zur Sorge besteht aber nicht: „Es handelt sich nicht etwa um ein Vogelsterben, sondern vielmehr um ein witterungsbedingtes, normales Geschehen“, erklärt Felix Bergmann vom Nabu-Bezirksverband Südbaden. Beispielsweise seien bis Ende Dezember noch keine Meisen aus Nordosteuropa zu uns gekommen – mangels Kältewelle dort. Und die bei Schnee aus höheren Schwarzwaldlagen ins Rheintal abwandernden Zuzügler – zum Beispiel manche Finken – könnten, so der Biologe, Freiburg und die Rheinebene beim Wintereinbruch kurz nach Weihnachten gleich überflogen und weiter in schneefreie Gebiete gezogen sein, etwa in Richtung Burgund.
Ein weiterer Grund für die Flaute an vielen Vogelhäuschen dürfte neben dem Fehlen an Wintergästen aber auch darin zu sehen sein, dass das natürliche Nahrungsangebot infolge des milden Herbstes draußen nach wie vor recht gut ist. Im Stadtkreis spielen diesbezüglich unter anderem die Früchte von Park- und Straßenbäumen eine wichtige Rolle: Zum Beispiel Zieräpfel, die von Amseln gerne gefressen werden und die es etwa neben dem Radweg entlang des B-31-Tunnels im Freiburger Osten noch reichlich gibt.
Und da die Bäche noch nicht zugefroren sind, kann man derezit mit etwas Glück sogar Eisvögel im Stadtgebiet fliegen und fischen sehen: „Etwa im Rieselfeld, am Hölderlebach oder an der Dreisam“, erläutert Felix Bergmann. Vermutlich dürfte es sich dabei um Tiere handeln, die im Sommer im Umland brüten – vor allem an Baggerseen mit Steilufern – und im Winter mitunter auch in die Stadt kommen.
Wie es im Detail um die Wintervogelwelt bestellt ist und welche Arten diesmal die Nase vorne haben werden, soll am Wochenende 9. bis 11. Januar ermittelt werden. Möglich erscheint, dass die Kohlmeise (im Vorjahr Platz zwei hinter dem Haussperling) mangels „Verstärkung“ durch Artgenossen aus Osteuropa in Freiburg diesmal von der Amsel überholt wird. Ein besonderes Augenmerk gilt außerdem dem Grünfink, dessen Bestände aufgrund einer Krankheit zuletzt rückläufig waren.
Amsel an den Zieräpfeln FR-Waldsee
Spannend ist auch die Frage, welche Zugvögel infolge der Klimaerwärmung in zunehmendem Maß bei uns bleiben: Außer dem Star, von dem vor einem Jahr bereits 21 Exemplare (Platz 22) im Stadtkreis gezählt wurden, könnten mittlerweile auch Hausrotschwanz und Girlitz ein wenig „reisefaul“ geworden sein.
Bei so viel Wissenschaft soll aber auch der Spaß nicht zu kurz kommen: „Vogelzählen macht nämlich Freude, gerade auch Kindern“, sagt Freiburgs Nabu-Vorsitzender Dirk Niethammer. Die „Stunde der Wintervögel“ könne daher zu einem besonderen Ereignis für die ganze Familie werden, selbst bei schlechtem Wetter: „Man kann nämlich auch vom Wohnzimmerfenster oder Balkon aus zählen“, betont Niethammer.
Wichtig sei indes, dass möglichst viele Leute mitmachen würden: „Mit zunehmender Beteiligung steigt die Aussagekraft der Ergebnisse“, erklärt Felix Bergmann.
So funktioniert die Teilnahme
Bei der „Stunde der Wintervögel“ darf jeder mitmachen, der will. Es geht darum, irgendwann zwischen dem 9. und 11. Januar (Freitag bis Sonntag) eine Stunde lang Vögel zu zählen, wobei Tag, Uhrzeit und die genaue Stelle selbst gewählt werden können. Letztere sollte sich allerdings innerhalb des Siedlungsraums (Stadt oder Dorf) befinden – zum Beispiel in einem Garten oder Park. Um Doppelzählungen zu vermeiden, wird von jeder Art nicht die Gesamtzahl, sondern lediglich die höchste Zahl an Exemplaren notiert, die während der Beobachtungsstunde gleichzeitig zu sehen sind. Anschließend werden die Daten dem Naturschutzbund (Nabu) gemeldet (per Post oder Internet), der unter allen Teilnehmern Preise verlost.
Kostenlose Zählbögen mit Tipps zur Bestimmung und weitere Infos sind sowohl im Internet unterhttps://www.stundederwintervoegel.de als auch bei der Geschäftsstelle des Nabu Freiburg (Münsterplatz 28/Ecke Buttergasse, Tel 0761/2921711) erhältlich.
4.1.2015, Andreas Braun