Mobbing

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Schwimmbad am 16.8.2012

 

Mobbing: Auch der Täter muß personalisiert werden
Der Analyse des Mobbingalltags an der Schule ist aus meiner Sicht uneingeschränkt zuzustimmen. Unverständlich bleibt aber, warum bei der Aufarbeitung die Vorgabe „keine Namen, keine Schuld, keine Strafe“ gilt. Wo es ein konkretes Opfer gibt, existiert auch ein konkreter Täter, der – sonst wäre es nie zur Intervention gekommen – sehr wohl allen bekannt ist.
Während also das Opfer personalisiert ist, bleibt der allen bekannte Täter offiziell im Ungefähren. Warum? Es handelt sich nicht um ein irgendwie schicksalhaftes Geschehen, sondern um ganz klar zu benennendes Fehlverhalten, nämlich definitionsgemäß „systematisches Herabwürdigen anderer“, das konkretes Leid verursacht hat. Kam schon jemand in der Schule auf die Idee, vergessene Hausaufgaben und Zuspätkommen oder gar Diebstahl und Vandalismus ohne Namen, Schuldzuweisung und Strafe zu bearbeiten?
Es ist sicher nicht im Sinne der Mobbingintervention, aber nach meiner Erfahrung aus der Praxis dennoch traurige Realität: Am Ende des Prozesses steht nicht selten ein Klassen- oder Schulwechsel des Opfers, während der Täter in der Schulklasse verbleibt. Mobbingopfer erleben genau dies – oft aus Scham unausgesprochen – als erneute Traumatisierung.
Auch wenn die Auseinandersetzung mit dem Täter der weitaus unangenehmere Teil bei der Aufarbeitung ist – Eltern der Täter drohen durchaus mit juristischen Konsequenzen – gehört nach meiner festen Überzeugung zum umfassenden Gelingen eine klare Benennung des Täters, dessen persönliche Schuldeinsicht mit der Bitte um Entschuldigung beim Opfer und eine angemessene Wiedergutmachung.
19.2.2019, Bernhard Warmbrunn, Kinder- und Jugendarzt, Freiburg
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Zu: „Keine Namen, keine Schuld, keine Strafe“, Interview mit Franz Hilt von Frank Zimmermann, 5.2.2019
https://www.badische-zeitung.de/deutschland-1/sozialarbeiter-mobbing-kann-vom-opfer-alleine-nicht-beendet-werden–165749311.html

 

 

Mobbing-Telefon und Mobbing-Selbsthilfegruppe

Die Statistik weist für 2003 insgesamt 149 Gespräche am Mobbing-Telefon Freiburg aus. 112 der Ratsuchenden waren Frauen. Von den Anrufenden waren 36 Prozent 30 bis 39 Jahre, 44 Prozent 40 bis 49, 14 Prozent 50 bis 59 Jahre alt. Sie waren zu 30 Prozent in Dienstleistungsbetrieben beschäftigt, zu 33 Prozent im Öffentlichen Dienst, zu acht Prozent in der Industrie und zu 31 Prozent bei (auch kirchlichen) Wohlfahrtsverbänden.

Das seit dem Jahr 2000 angebotene Mobbing-Telefon (getragen vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt der ev. Landeskirche Baden, von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung und vom Deutschen Gewerkschaftsbund) ist dienstags und donnerstags jeweils von 17 bis 19 Uhr unter der Nummer 0761/292 800 99 zu erreichen. Es ist Teil des Mobbing-Netzwerks Region Freiburg, zu dem sich Einrichtungen zusammengetan haben, um Betroffene, Angehörige und Interessierte zum Thema Mobbing zu informieren und ihnen zu helfen. Dazu gehört auch eine Mobbing-Selbsthilfegruppe, erreichbar unter 0761/ 708 7515 oder 0761/852 16.
Caritas, 12.12.2007

Mobbing-Telefon Tel 0761/292 800 99, dienstags und donnerstags 17 bis 19 Uhr
www.mobbing-beratungstelefon.de
Mobbing-Selbsthilfegruppe Freiburg, c/o Rita Schlicht, Tel 0761/708875-15 oder 85216

Beratungstelefon für Mobbing am Arbeitsplatz in Freiburg: Große Nachfrage  >Mobing1 (23.2.12)

 

Mobbing-Hotline Baden-Württemberg – Sitz Glotterbad

Die Mobbing-Hotline Baden-Württemberg 0180-2-6622464 und die Mitglieder des Mobbing-Netzwerkes Baden-Württemberg bieten allen Rat- und Hilfesuchenden in Baden-Württemberg bei Konflikten am Arbeitsplatz täglich von Montag bis Sonntag 24 Stunden lang eine telefonische Erstberatung und Krisenintervention an. Dabei erhalten die Betroff enen eine erste Einschätzung der vorgetragenen Konfliktsituation, Hinweise für das weitere Vorgehen sowie auf Wunsch Adressen von regionalen Beraterinnen und Beratern, Therapeuten und Therapeutinnen. Für Interessierte werden auf der eigenen Homepage mobbing-hotline-bw.de aktuelle Informationen zum Thema zur Verfügung gestellt.

www.mobbing-hotline-bw.de
Mobbing-Hotline 0180-2-6622464 (sechs Cent pro Anruf)

 

Cybermobbing – Arten

„Mobbing + Internet + Smartphone = Cybermobbing“:  Im Vergleich zum traditionellen Mobbing wirkt verstärkend, dass Zeit (im Internet sofortiges Feedback bzw. Rückmeldung) und Ort (Smartphone macht mobil) keine Schranken mehr setzen: Cybermobbing findet ohne soziale Kontrolle statt, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. In der Schule, zuhause oder bei der Wanderung im Hochschwarzwald.
Während Mobbing früher an der Haustür ein Ende hatte, geht es heute erst richtig los, wenn die Schüler den Computer anschalten. Vor Cybermobbing kann man nicht fliehen. Die technischen Varianten des virtuellen Angriffs haben sich ausdifferenziert. Wissenschaftler unterscheiden zwischen folgenden Arten:

  • Flaming: Versenden von gemeinen oder vulgären Nachrichten über (öffentliche) Foren oder Chats, die, wenn sie zielgerichtet und regelmäßig sind, auch „Harassment“ (Belästigung) genannt werden
  • Denigration/Outing: Bloßstellen des Opfers durch das Onlinestellen oder Versenden von peinlichen Texten, Bildern oder Videos
  • Impersonation: Versenden von Beleidigungen mittels eines gefälschten Profils oder über einen gehackten Account
  • Exclusion: Ausgrenzen eines Einzelnen aus einem Chat, einer Gruppe in einem Sozialen Netzwerk oder einem Online-Spiel
  • Cyberstalking: Wiederholtes (sexuelles) Belästigen oder Bedrohen, im Falle von Gewaltandrohungen auch Cyberthreatening genannt
  • Happy Slapping: Aufzeichnen und Verbreiten von Gewaltvideos.

 

Cybermobbing – Unterstützerplattform juuuport.de von Jugendlichen für Jugendliche
Auf Juuuport beraten gut ausgebildete junge Leute als Medienscouts ehrenamtlich und kostenlos Kinder und Jugendliche online, die als Cybermobbing-Opfer Hilfe bei Online-Konflikten suchen.
https://www.juuuport.de

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Mobbing – Zusammenfassung

Schüler, die andere tyrannisieren, sind eine ganz spezielle Sorte. Sie haben die Absicht, ihre Opfer zu verletzen, zu erniedrigen und sozial zu isolieren. Es ist immer ein unfaires Spiel . Langzeitstudien, die es inzwischen dazu gibt, beweisen, dass die Opfer oft bis ins Erwachsenenalter zu leiden haben. Sie entwickeln Schuldgefühle und machen sich Selbstvorwürfe: „Weshalb gerade ich?“ Sie haben oft Angst auf andere Menschen zuzugehen, den „ersten Schritt“ zu wagen (Vermeidungshaltung). Und können, wenn das Gefühl der Hilflosigkeit und Verlassenheit länger andauert, ihr Selbstvertrauen verlieren.
Aber auch für die Täter, die oft selbst Opfer von Mobbing waren, z.B. durch Eltern und Geschwister, bleibt ihr Treiben nicht ohne Folgen. „Erfolgreiche“ Mobber benutzen diese zerstörerische Verhaltensstrategie auch gerne später im Erwachsenenalter gegenüber Kollegen oder ihren Partnern. Langzeitstudien beweisen, daß Mobber eine höhere Scheidungsrate aufweisen, beruflich gerne mal ein krummes Ding drehen und eher im kriminellen Milieu landen. Als Erwachsene haben sie es meistens „geschafft“, sehr subtil zu agieren. Erniedrigungen und Verletzungen werden dann als Witz oder Ironie getarnt an den Adressaten geschickt. Wohlwissend, dass ihnen das Opfer in dem Augenblick auf den Leim gegangen ist, sobald es sich ärgert. Diesen Typen lässt sich nur dadurch den Wind aus den Segeln nehmen, indem man ihnen freundlich und gelassen in die Augen schaut (Blickkontakt zu halten, ist in solchen Situationen wichtig!) und ohne Aufregung fragt: „Kannst du auch über dich selbst Witze machen oder gelingt dir ein Witz nur, wenn du damit jemanden lächerlich machen kannst?“ Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass ein Mobber diese Frage geflissentlich übergeht. Auch dies gehört zu seiner Strategie. In diesem Fall sollte ruhig aber bestimmt und deutlich dieselbe Frage wiederholt werden. Es ist wichtig, Mobbing-Tätern Grenzen zu setzen, um ihnen ihr Verhalten vor Augen zu führen. Denn problematisch wird es besonders dann, wenn sich Mobber ihres Verhaltens gar nicht mehr bewußt sind, weil diese Strategien schon sehr lange von ihnen „erfolgreich“ angewendet werden konnten, d.h. meistens ihren unterschwelligen Zweck erfüllt hat.

Nicht nur im Interesse des Opfers muss Mobbern entgegengetreten werden. Die Folgen von Mobbing richten einen grossen gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Schaden an.
Kinder aber auch Erwachsene, die Opfer von Mobbing geworden sind, reagieren sehr schnell mit körperlichen Symptomen. Sie schlafen schlecht, bis hin zur Schlaflosigkeit, klagen über Kopf- oder Bauchschmerzen usw. Manche Kinder oder Jugendliche weigern sich, in die Schule zu gehen, laufen Amok, begehen Selbstmord oder betäuben ihre Ängste, Wut, Haß, Verzweiflung, Trauer mit Drogen……..
Negative Gefühle wie Angst, Wut, Verzweiflung, als Folge von erniedrigenden, beschämenden Erfahrungen wie Mobbing es darstellt, schaffen für die Betroffenen ein großes Problem. Ein Teil des Gehirns, (wissenschaftliche Bezeichnung: “ Limbisches System“) speichert diese Gefühle im Zusammenhang mit den Entstehungssituationen ab und erinnert sich wieder daran, d.h. ruft diese Gefühle wieder hervor, sobald es sich vor eine nur annähernd ähnliche Situation gestellt sieht.
Mobbingopfer, die solchen gefühlsgeladenen und belastenden Erlebnissen ausgeliefert waren, können auch dann in Panik geraten, wenn objektiv gesehen, gar keine Gefahr besteht. Ihr Gehirn ist verständlicherweise immer in Alarmbereitschaft, denn es will jede Situation mit den ihm altbekannten schmerzlichen, negativen Gefühlen vermeiden. Die Folge dieser Vermeidungshaltung ist oft eine gefährliche Selbstisolation. Menschen, die sich so verhalten, sind immer irgendwann in ihrem Leben so verletzt worden, daß sie gar nicht anders handeln können. Es sei denn, es gelingt ihnen, ihre traumatischen Erlebnisse aufzulösen und die dazugehörigen Gefühle umzuwandeln. Die gute Nachricht: Dies ist möglich!

Nocheinmal zurück zu dem besonderen Teil unseres Gehirns, dem Limbischen System. Diesen Teil des Gehirns hat der Mensch mit allen Fluchttieren gemeinsam (wie z.B. Hirsch, Hase, Tiger, Affe usw) .Es ist der Sitz und Entstehungsort unserer Gefühle. Von hier aus werden aber auch bei Bedarf (z.B. Gefahr) die Signale an unseren Körper gesendet, die es diesem ermöglichen, blitzschnell zu reagieren. Für unsere vierbeinigen Vorfahren war und ist diese Gehirnfunktion überlebensnotwendig. Würde einem Fluchttier die Fähigkeit dieses Gehirnteiles abhanden kommen, es wäre auf freier Wildbahn verloren. Aber auch Menschen, die durch einen Unfall an diesem Teil ihres Gehirns verletzt worden sind, sind die ärmsten und erschreckendsten Kreaturen, die man sich vorstellen kann. Sie verlieren ihre gesamte Gefühlswelt. Sie wirken wie tote Roboter, die vielleicht äußerlich noch funktionieren, aber rein gar nichts mehr empfinden können.
Es stellt sich die Frage: Wie kann es geschehen, daß eine wichtige Gehirnfunktion, eine Fähigkeit(!), die uns die Natur zu unserem Vorteil und Erhalt mitgegeben hat, störend, ja sogar zerstörend  wirken kann?
Während Tiere – Wildtiere – die täglich wesentlich lebensbedrohlicheren Gefahren ausgesetzt sind als wir Menschen, diese Gehirnregion ausschließlich zu ihrem Vorteil nutzen. Was können wir von Tieren lernen?Wie können wir diesen wichtigen Rest unseres Reptiliengehirns so einsetzen, daß es zu unseren Gunsten als auch letzten Endes zu Gunsten unserer Mitmenschen geschieht? Es ist möglich! Um dies anschaulich zu erklären, folgende Szenen:

1. Szene:
Eine Antilope steht friedlich grasend in der Steppe, ist jedoch nach erworbenem Instinkt wachsam und nimmt ständig Witterung auf.
Da, ein Raubtier in unmittelbarer Nähe.
Sein erfahrenes Gehirn registriert: Gefahr
Augenblicklich sendet es folgende Signale an den Körper: Muskeln anspannen! Lossprinten! Dies alles läuft blitzschnell ab, instinktiv, ohne bewußtes Nachdenken. Die Gefahr ist jedoch noch nicht beseitigt. Der Lauf ums Überleben beginnt. Das Limbische System wird nun ganz ausgeschaltet, es hat seine Aufgabe erfüllt. Alle Kraft und Energie fließt ausschließlich in den Körper (Muskeln). Gefühle wie Angst, Verzweiflung, Wut, würden jetzt nur lebensbedrohlich lähmen. Hat das Tier diesen Kampf gewonnen, erholt es sich sehr schnell von seiner körperlichen Erschöpfung. Man kann bei Wildtieren unmittelbar nach einem solchen körperlichen Kraftakt beobachten, daß sie friedlich weitergrasen , als sei nichts geschehen.
Die Muskelanspannung wurde durch die Bewegung des Laufes gelöst
Negative Gefühle konnten nicht entstehen.
Der Mensch hat seine offene Wildbahn, wo er als Jäger und Sammler ähnliche Situationen bestehen mußte, verloren. Das Gehirnteil, das hierfür überlebensnotwendig war und ist, blieb uns jedoch erhalten.
2. Szene:
Ein Mensch wird ins Büro seines Vorgesetzten zitiert. Er weiß, das Gespräch könnte für ihn unangenehm werden. Auch beim gesunden Menschen tritt nun das Limbische System in Aktion. Gehirn sendet an Körper: Alarm! Muskeln anspannen! Fliehen! Es ist ihm, wenn er ehrlich ist, also zum Davonlaufen – er kann aber nicht. Flucht wäre in seinem Fall sozial nicht anerkannt. Folge: Die natürliche Anspannung der Körpermuskulatur bleibt bestehen, kann nicht unmittelbar abgebaut werden. Sein Limbisches System aber läuft weiter auf Hochtouren. Lauf doch endlich, Lauf! Jetzt ist die Anspannung seines Körpers so stark, daß sein Puls rast, sein Magen rebelliert, er wird rot im Gesicht, usw.  Jetzt empfindet er wirklich Angst, Wut, Verzweiflung, jenachdem.
Frage: Wie ist es möglich, diese unangenehmen Folgen der körperlichen Anspannung in solchen Situationen zu vermeiden? Antwort: Durch bewußte Zwerchfellatmung.
Satt durch Bewegung (Lauf und Atmung ) wie sie normalerweise notwendig sind, um Muskelspannungen abzubauen, kann bei Bedarf der Vorgang auch umgekehrt werden und zunächst allein durch und mit dem Atem Muskelentspannung und Beruhigung des Limbischen Systems erzielt werden. Der nützliche Lauf, die Bewegung, kann ja dann zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
Begründung: Wer bewußt tief in den Bauchraum (ins Zwerchfell) einatmet, den Atem dann vier Sekunden lang (auf vier zählen) anhält und danach wieder bewußt langsam ausatmet(1,2,3,4,) entspannt dabei nicht nur seinen Körper, sondern auch sein Gehirn. Es ist nämlich unmöglich, bewußt zu atmen und gleichzeitig trüben Gedanken oder Gefühlen nachzuhängen. Bewußt atmen heißt für eine begrenzte (kurze) Zeit seine Aufmerksamkeit und Konzentration auf den Atem zu lenken. Dies ist auch bei Sitzungen und Besprechungen möglich, ohne daß der Nachbar oder Kollege davon etwas mitbekommt.

Soweit die grobe Zusammenfassung aus dem Buch. Ich denke, wir sollten unnötigen negativen Gefühlsmüll gar nicht erst entsehen lassen. Zwerchfellatmung ist übrigens keine neue Erfindung. Sie ist in alten Kulturen (Buddhismus) entwickelt und praktiziert. Heute wird sie wiederentdeckt. Nicht nur in der Psychologie , auch von der Medizin. Es ist inzwischen bekannt und nachgewiesen, daß selbst schwere Krankheiten durch bewußte Zwerchfellatmung positiv beeinflußt werden.
AK, 2009

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