Ihr Ruf ist nicht gerade der beste, vor allem nicht unter Naturschützern: Die Rede ist von der Robinie. Das ist eine Baumart, die vor rund 300 Jahren von Nordamerika nach Europa eingeführt wurde. Sie hat sich in ökologisch empfindlichen Lebensräumen ausgebreitet, etwa an Böschungen am Kaiserstuhl. Für Waldbesitzer und Förster könnte der Baum in Zukunft allerdings interessant werden. Die Professur für Waldbau an der Universität Freiburg untersucht in Kooperation mit dem Forstamt der Stadt Freiburg die forstwirtschaftliche Eignung der Robinie im Vergleich zu 13 anderen Baumarten im Mooswald auf Gemarkung Umkirch. Neben heimischen Arten wie beispielsweise Stieleiche, Spitzahorn, Esche und Sommerlinde stehen auch Laubbaumarten aus Süd- und Südosteuropa sowie Kiefern, Douglasien und die Robinie auf der Versuchsfläche. „Das Hauptziel ist es, Baumarten zu ermitteln, die die Sommertrockenheit gut überstehen“, erklärt Professor Jürgen Bauhus.
Für Waldbesitzer und Förster ist es von großer Bedeutung, herauszufinden, wie der Wald der Zukunft aussieht: damit Holz als nachwachsender Bau- und Brennstoff zur Verfügung steht – und der Wald als artenreiches Habitat für Pflanzen und Tiere bestehen bleibt. Für die Förster ist das eine Herausforderung, denn sie planen auf 150 Jahre hinaus. Wenn eintritt, was der Klimaprognosebericht der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg feststellt, wird es um 2055 im Jahresmittel je nach Region um bis zu anderthalb Grad wärmer sein und 40 Frosttage weniger geben, dafür aber doppelt so viele Hitzetage. Und es wird im Sommer erheblich weniger regnen. Einige Baumarten haben sich schon aus den unteren Lagen zurückgezogen. Untersucht wird aber auch, wie die Arten den Humusgehalt des Bodens, den Nährstoffkreislauf und die Bodenvegetation beeinflussen und wie sich im weiteren Verlauf die Insektenfauna entwickelt.
Schon im fünften Jahr nach der Pflanzung zeigt sich, dass die Robinie in Sachen Längenwachstum zu den Spitzenreitern zählt. Das wundert die Wissenschaftler nicht. Denn als Leguminose oder Schmetterlingsblütler – zu dieser Pflanzenfamilie zählen übrigens auch Erbsen und Bohnen – beherbergt die Robinie spezielle Bakterien an ihren Wurzeln, die Stickstoff aus der Luft binden. Dieser Nährstoff ist für Pflanzen unverzichtbar, um Blattgrün zu bilden. Sie nehmen es in Form von Nitrat auf, in erster Linie mit dem Bodenwasser über die Wurzeln. Wer zusätzlich Stickstoff nutzen kann, ist demnach im Vorteil.
In einem Wald besteht die Robinie auf Dauer nur an lichten Stellen, sie ist demnach auf Förderung durch den Förster angewiesen. Andererseits ist es ein Leichtes für die Robinie, sich an Stellen ohne Konkurrenz, etwa an Böschungen oder Waldrändern, zu vermehren. Denn sie produziert viele Samen, die jahrzehntelang im Boden überdauern, und breitet sich über Wurzelausläufer aus. Und dann passiert, was Reinhold Treiber, Geschäftsführer des Naturzentrums Kaiserstuhl und des Landschaftserhaltungsverbandes Breisgau-Hochschwarzwald so erklärt: „Die Robinie mindert die Biodiversität stark.“ Denn sie verdrängt nicht nur andere Gehölze, sondern verändert durch das Ansammeln von Stickstoff auch den Nährstoffhaushalt des Bodens, was andere Neophyten fördert, die Goldrute etwa, die auch aus Nordamerika stammt. Seltene, eigentlich standorttypische Pflanzen gingen zurück. Abgesehen davon schädigen die Robinien mit ihren dicken Wurzeln die Böschungen, die Bruchkanten von Hohlwegen oder sogar die Wege.
Ursprünglich wurde die Robinie ihrer auffälligen weißen Blüten wegen als Zierpflanze eingeführt. Dass der Baum heute besonders in Weinberglandschaften vorkommt, ist kein Zufall. Denn Anfang des 20. Jahrhunderts wurde er vielfach kultiviert, weil er ein sehr hartes und dennoch biegsames Holz liefert, das sich für Rebenpfähle eignet. So empfiehlt auch das Kompetenzzentrum Obstbau-Bodensee in Ravenburg-Bavendorf Robinienholz als natürlichen Werkstoff für Obstanlagen, die nach den Kriterien des ökologischen Landbaus bewirtschaftet werden. Auch der Landschaftserhaltungsverband hat die historische Nutzung wieder aufgegriffen, indem er im vergangenen Winter 3500 Robinienholzpfähle, die bei Pflegearbeiten angefallen waren, an Rinderhalter abgeben hat. Winzer brauchen das Holz hingegen nicht mehr, im Allgemeinen nutzen sie Pfähle aus Stahl.
Aufgrund seiner Langlebigkeit eignet sich Robinienholz auch für Gartenmöbel, Terrassendielen und Spielplatzgeräte. Allerdings kommt bislang nur wenig Stammholz aus den hiesigen Wäldern. Auch im Freiburger Mooswald gibt es kleine Bestände, nach Auskunft von Markus Müller, Leiter des städtischen Reviers Opfingen, vor allem im Bereich der Stadtteile Rieselfeld und St. Georgen. Denn nach den Nothieben am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde mit schnellwachsenden Bäumen aufgeforstet. Markus Müller stellt fest: „An trockenen Standorten hält sich die Robinie sehr gut. Und weil das Holz sehr gefragt ist, haben wir großen Wert darauf gelegt, den Baum in den Versuch aufzunehmen.“ Abgesehen von ihrem harten Holz hat die Robinie noch einen weiteren Nutzen: Weil ihre Blüten im Frühsommer eine Menge Nektar und Pollen liefern, wird sie von den Imkern geschätzt.
1.6.2013, Silvia Faller