Spielweg

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Stefan Harter: Hirtenbub 1943-1950 auf dem Schürlebuck in Münstertal
Hirtenbuben im Schwarzwald – eine Kindheit voll harter Arbeit und Entbehrungen
Vor knapp 80 Jahren stand Stefan Harter das erste Mal dort, wo er jetzt gerade steht. Vor ihm ein altes Bauernhaus, Stall und Weidefläche. Harter war zehn Jahre alt. Sein Vater hatte ihm damals gesagt, dass der Bauer auf dem Schürlebuck einen Hirtenbuben brauche, um das Vieh zu hüten. „Dann nahm er mich mit hoch. Er ging. Das war’s“, sagt der 89-Jährige. Harter – Schiebermütze, blaue Funktionsjacke – spricht langsam, auf jedes Wort bedacht. Zwischen den Sätzen schnappt er nach Luft. Ab diesem Zeitpunkt – einem Sonntag – lebte er die sechs Jahre auf dem Bauernhof im Münstertal. Ohne Unterbrechung. Seine Familie sah er kaum.
Kein Einzelschicksal im Hochschwarzwald: In den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs, aber vor allem in der Nachkriegszeit wurden acht- bis zehnjährige Jungen auf die Höfe von Verwandten, Bekannten oder Nachbarn geschickt. Lebensmittel waren knapp. Die Eltern der oft kinderreichen Familien waren froh, einen hungrigen Esser weniger am Tisch sitzen zu haben. Die Hofbesitzer freuten sich über die günstige Arbeitskraft, die Hirtenbuben hatten keine andere Wahl.
Der Tagesablauf von Harter war immergleich. Morgens nach dem Butterbrot zur Schule: Eine dreiviertel Stunde hin, mehr als eine Stunde zurück. Nach einem schnellen Mittagessen ging es auf die Weide zum Hüten. Von Mai an musste der Hirtenbub täglich die 15 Kühe und ein paar Ziegen und Schafe des Bauern zum Futter führen. Weidezäune gab es noch nicht. Die Hirtenbuben mussten darauf achten, dass die Tiere kein fremdes Gras fressen oder die anliegenden Äcker verwüsten.
Egal bei welchem Wetter. Besonders bei Gewitter galt es, die Herde zusammenzuhalten. „Wenn ein Blitz in einen Baum einschlägt, reißt das den ganzen Baum auf. Ich musste mich vom Wald fernhalten, obwohl die Kühe genau dort Schutz suchten“, sagt Harter.
Beim ersten Schnee kamen die Kühe zurück in den Stall. Im Winter war die Arbeit aber nicht vorbei: Sägen, Schneeschippen, Schindeln aus Holz herstellen. Und das gepresste Heu auseinanderziehen für das Futter der Tiere. „Heu schütteln war für mich der Horror. Der Heustaub setze sich überall fest, auch in den Ohren“, sagt Harter. Trotz der harten Arbeit denkt er gern und oft an die Zeit zurück. „Die guten Erinnerungen überwiegen. Es gab genug zu essen, und die Bauern haben mich gut behandelt“, sagt Harter. Die letzten Jahre hat er sich wohl gefühlt – anfangs war es schwer.
„Die ersten Jahre waren die schlimmsten. Abends im Bett habe ich viel geweint. Wir waren daheim neun Kinder und auf einmal stehst du ganz alleine da“, erzählt Stefan Harter. Auf dem Schürlebuck lebten damals außer ihm die Bauersleute mit zwei Kleinkindern und der Opa. Jeden Sonntag ging Harter mit der Bäuerin in die Frühmesse zum Kloster St. Trudpert ins Tal. Der Weg zurück zum Hof führte am Elternhaus vorbei. „Ich durfte meine Eltern und Geschwister nicht sehen, obwohl ich genau an ihnen vorbeigelaufen bin. Das war bitter.“ Für den Rückweg vom Kloster brauchte Harter als Kind eineinhalb Stunden zu Fuß.
Mit dem Auto schafft er es heute in einer Viertelstunde. Irgendwann werden die Serpentinen enger. Schließlich biegt er in einen Waldweg ein. Zwischendurch erklärt er die Umgebung. „Hier habe ich immer abgekürzt durch den Wald. Wege gab es ja noch keine“, sagt Harter. Und dort stand das Fahrrad der Bäuerin, zu dem er manchmal nach getaner Arbeit ins Tal lief, um mit den Kindern aus dem Dorf ein paar Runden auf dem Schulhof zu drehen.
Stefan Harter schaut auf das alte Bauernhaus. Schwere, mit Moos bedeckte Holzbalken rahmen die moderne Tür ein. Die Wände sind teils verputzt, zum Teil mit Holzschindeln gedeckt. Er zeigt auf zwei kleine Fenster. „Da war das Ehebett der Bauersleut. Ich musste immer durch das Elternzimmer in meine Kammer“, sagt Harter.
In der Kammer lag eine Strohmatratze, auf der er schlief. Auch im Winter. Dann waren die Fenster vereist. Beim Schlafen trug er dasselbe Hemd, das er auch bei den Kühen auf der Weide anhatte. „Die Bauern kannten mich nicht, deshalb schlief ich zuerst alleine in der Kammer. Als sie mich besser kennenlernten, durfte ich zum Opa ins Ehebett. Das war angenehm warm“, sagt Harter. Eines Winters starb der alte Mann. Es lag viel Schnee. Ein Transport des Leichnams war ausgeschlossen. Also blieb der Tote liegen. Stefan Harter schlief drei Tage lang neben ihm. Er schüttelt den Kopf. „Damals gab es“, seine Stimme versagt, „es gab nichts. Früher war das für mich völlig normal. Wenn ich mir das jetzt vorstelle. Unmöglich.“

Um dieselbe Zeit, im Jahr 1950, fing auch für Stefan Harter im Münstertal ein neuer Lebensabschnitt an. Der Bauer auf dem Schürlebuck wollte ihn am liebsten da behalten, doch seine Eltern hatten andere Pläne. Sie wollten, dass er eine Maurerlehre macht. Er war lange im Baugeschäft tätig, zuletzt arbeitete er bei einer Fertighaus-Firma.
Inzwischen hat Stefan Harter fünf Kinder, elf Enkel und sechs Urenkel. Alle sind in der Nähe. Vier haben sogar um sein Haus herum gebaut. Alle vier Wochen trifft sich die Familie – 28 Menschen – zu Kaffee und Kuchen im Münstertal. Seinen Enkelinnen und Enkeln erzählt er dann immer von seiner Zeit als Hirtenbub. Schließlich ist er einer der Letzten, der das noch kann.
… Alles vom 22.12.2023 von David Pister bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/hirtenbuben-im-schwarzwald-eine-kindheit-voll-harter-arbeit-und-entbehrungen.
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Schürlebuckhof im Bild:
https://freiburg-schwarzwald.de/obermuenstertal.htm#Sch%C3%BCrlebuck%20zwischen%20H%C3%B6rhalde%20und%20Melmiseck.

Hirtenbub Helmut Heitzmann – mehr hier

 

 

Lusthäusle zwischen Spielweg und Lochmatt

                  
(1)  Hinteres Elend im Süden           (2) Lusthäusle und Branden im Westen   (3) Spielweg im Osten
                                  
(4) Branden und Vorderelend                  (5) Vorderelend und Spielweg               (6) Brandenkopf im Westen
                                                    
(7) Hinteres Elend am 5.3.2013                (8) Hinteres Elend am Stampfebächle   (9) Dobelhof am Branden
                   
(10) Vorderes Elend am Stampfebächle   (11) Im Lusthäusle                              (12) Spielweg im Osten

(2) Blick nach Westen zum Lusthäusle und weiter über die tiefe Schluch des Stampfebächles zum schneebedeckten Steilhang des Brandenopfes am 5.3.2013

Fährt man auf der üblen Motorradrennstrecke vom Wiedener Eck runter nach Spielweg, dann kommt man nach 2/3 der Wegstrecke kurz hinter der Lochmatt am „Lusthäusle 720 m“ vorbei. Unbedingt anhalten und den Ausblick auf Spielweg und ins Vordere Elend genießen. Auch gut: Der von unten rauschende Bach übertönt etwas das Motorengeheul.

 

Spielweg

Der Ortsteil Spielweg liegt in Obermünstertal. Hier gehts nach Osten ab ins Vordere und Hintere Elend und nach Westen hoch zum Gipf und Gstiehl. Nach Osten hoch in Richtung Stohren sowie Wiedener Eck und nach Süden rrunter zu Obermünstertal und St.Trudpert.

                   
(1) Spielweg und Sonnhalde              (2) Nordwestwärts zu Gipf und Obergipf    (3) Südwärts zum Brandenkopf
                                  
(4) Südwärts zum Kichlein Spielweg    (5) Brandenberg am 16.3.2013              (6) Vorderes Elend am 16.3.2013

(7) Sonnhaldeberg am 16.3.2013

(1) Blick nach Norden über Vorderes Elend (unten links) auf Spielweg und weiter hoch zum Sonnhaldeberg am 5.3.2013
(6) Blick nach Westen über Vorderes Elend und den Brandenhof (links) hoch zu Gstihl ob Spielweg am 16.3.2013

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