Nostra Aetate durch den Islam

Es ist erst 50 Jahre her, dass Una Sancta (die katholische Kirche) im 2. Vatikanischen Konzil per Nostra Aetate (also eine In-unserer-Zeit-Erklärung) den Absolutheitsanspruch der christlichen Kirche begrub. Nun fordert der Philosoph Bernard-Henri Lévy auch vom Islam ein auf Arabisch verfaßtes Nostra Aetate. Dann endlich werden die drei Religionen Judentum (Mutter des Monotheismus), Christentum und Islam den gleichen, alleinigen Gott friedlich anbeten können. Schließlich sind Adonai, Allah und Gott bloß drei Namen für ‚den Einzigen‘.
Das 2. Konzil hat alle Voraussetzungen geschaffen: Rom verzichtet einerseits auf den antijüdischen wie exklusiven Absolutheitsanspruch und spricht andererseits den Muslimen die Hochachtung dafür aus, dass auch sie „den alleinigen Gott“ anbeten, dem sie sich wie einst Abraham unterworfen haben.
Doch wer könnte eine Nostra Aetate aussprechen? Zumal es DEN Islam nicht gibt. Lévy richtet seinen Appell an alle muslimischen „Geistliche, Gelehrte, Männer und Frauen guten Willens, im Angesicht des Dschihad, zu sagen: Dies ist nicht unser Islam, unser Islam ist so und so … Das würde die Welt verändern.“
2.1.2015

 

Josef Joffe: heißes Eisen,
https://www.zeit.de/2015/52/nostra-aetate-islam-judentum-katholizismus

 

Islamisches Primat?
Der Absolutheitsanspruch wohnt dem Monotheismus notwendig inne. Wenn der eine Gott sein Gesetz gibt, ist es für alle und in allen Ausprägungen zwingend. Andernfalls folgt man, wie auch bei der Idee der Religionsfreiheit, einem praktischen Polytheismus oder Agnostizismus. Zudem ist der Islam eine Gesetzesreligion, die unfehlbare Aussagen zur Basis hat, denen man sich entweder unterwirft oder sie verwirft. Das Problem in Joffes These ist die Idee von “unserem Islam“, den durchzusetzen dem Islam das zentrale Lehramt fehlt. Spaltungen sind in seiner Geschichte typisch (shia Ali) und eher zu erwarten für die Zukunft.
Der Katholizismus hat sich auch nicht freiwillig von seinem Anspruch getrennt, sondern wurde in die Defensive gedrängt, als er Pluralismus konzentrierte. Der Islam befindet sich in einer völlig anderen, in einer Expansionsphase. Die Welt unter einem islamischen Primat ist mir da eher vorstellbar, als ein islamisches Aggiornamento.
2.1.2016, M. Paulus

Kirchliche Obererklärer
Wenn’s endlich keine Institutionen mehr gäbe, die Glaubensvorgaben machen, sondern nur welche, die sich dafür einsetzen, dass die Gläubigen ihre jeweiligen (unblutigen!) Rituale ausüben können, wär Ruhe. Aber Ruhe will keiner. Es scheint hier für jeden selbstverständlich zu sein, dass man einen Obererklärer – Imam, Papst – braucht. Es geht also immer um MENSCHLICHE Macht über die Gläubigen. Und ob die Machthaber sich auf irgendwas einigen (nur darauf ausschließlich bezieht sich Joffes Einlassung) , wird – wie stets bei Machthabern – davon abhängen, ob sie sich davon irdische Vorteile versprechen.
2.1.2015, H.Gott

Die Grünen werden dagegen sein
Das ist alles Schall und Rauch! Was wir brauchen ist dass die Suren, und Verse die Gewalt und Diskriminierung legitimieren, teils sogar verherrlichen, auf den Tisch kommen, und Muslime, die unter uns Kuffar leben wollen, sich davon lossagen.
Das ist eigentlich total klar und simpel. Aber unter Lawinen von Geschwätz wird es teils vorsätzlich verschüttet.
Volker Beck und seine progressiven Mitstreiter unter der grünen Fahne werden das ohnehin zu verhindern wissen.
S. Hamed

Zoroastroanismus,
Was ist mit dem Zoroastroanismus, der alten Religion der Perser, das älter ist als das Judentum. Ich habe den Eindruck, da will jede Religion mit dem Altersnachweis ihrem Absolutsheitsanspruch bestätigt sehen.
Sind all diese Propheten im Grunde nichts anderes als moralisch hochstehende Persönlichkeiten, die der zeitgenössischen Gesellschaft die Leviten gelesen haben. Genau so wie es auch der jetzige Inhaber des Stuhls im Vatikan mit der westlichen Welt tut.
31.12.2015, Nico

Buch- bzw. Wüstenreligionen – wozu?
Ich warte auf den Tag, wo die Trilogie der ‚Buchreligionen‘ oder monotheistischen Religionen oder, wie ich es nenne, der Wuestenreligionen, den Weg der heidnischen Religionen gehen. In unserem technisch und wissenschaftlich fortgeschrittenem Zeitalter brauchen wir diese Religionen nicht mehr.
Wir sollten uns lieber um unsere Umwelt, naemlich unsere Erde und das Wohlergehen all derer, die dort leben, kuemmern. Das schliesst alle Spezies ein, nicht nur den verhaeltnismaessig unwichtigen Menschen. Was mir Hoffnung macht ist, dass sich immer mehr Menschen zu keiner Religion bekennen.
31.12.2015, Margit Alm

„Der große Nahostkonflikt hat den hat den kleinen längst überwältigt“. Josef Joffe rückt den jüdisch-islamischen Konflikt expressis verbis aus dem Zentrum und benennt den sunnitisch-schiitischen als den derweil viel relevanteren.

 

Neudeutung religiösen halbwissens – wann endlich?
Man geht davon aus, das das Universum aus ca. 100 Millarden Galaxien besteht. Eine typische Galaxie wiederum besteht aus ca. 100 Millarden Sternen. Bei unserer Milchstraße geht man aktuell von ca. 100 – 300 Milliarden Sternen aus.
Angesichts dieser Ausmaße scheint es absolut notwendig, dass wir uns um die Renovierung bzw. Neudeutung jahrhunderte- bis jahrtausendealten Sektenwissens, das aus allerlei ägyptischem und griechischem Mythologien notdürftig zusammengeklaubt wurde, ergehen.
Wieviel Zeit wollen wir noch mit dem Humbug verschwenden? Es geht um Bildung, Verteilung und gesellschaftliche Teilhabe und nicht darum ob man sich nun regelmäßig auf dem Gebetsteppich richtung Mekka verbeugt, wem jetzt gerade der Tempelberg gehört oder wie wir unsere Seele möglichst schnell aus dem „Fegefeuer“ bekommen. Wenn die Menschheit diesen Humbug endlich hinter sich bringt, könnte man tatsächlich an gemeinsamen Lösungen und Fragen arbeiten. Es ist unfassbar wieviel Energie wir in Interpretationen von (religiösen) Gruselgeschichten verwenden…
31.12.2015, Emil S.

Islam – Anpassung an die Moderne?
Was unterscheidet die Weltreligionen? Grundsätzlich gesehen, ihre unterschiedliche Textbasis und ihre jeweilige Geschichte.
Die jüdische Religion hat prinzipiell keinen Missionierungsanspruch. Sie ist der Glaube eines „auserwählten Volkes“.
Der Buddhismus strebt nach Erleuchtung und Erlösung des Individuums. Zwar haben auch buddhistische Herrscher Kriege geführt. Doch die Grundlagentexte des Buddhismus sind pazifistisch.
Ähnliches gilt für das Christentum. Man denke an die Bergpredigt und das Gebot der Nächstenliebe. Auch waren geistliche und weltliche Macht stets getrennt. Jesus sprach: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“
Allerdings machte das Christentum einen Anspruch auf absolute Wahrheit geltend. Dadurch kam es zu Eroberungen und Zwangsmissionierung.
Jedoch in ihren Grundlagentexten befürworten Christentum und Buddhismus die Gewaltfreiheit.
Ganz anders der Islam. Laut Max Weber war dieser in seiner Frühzeit „eine ständisch orientierte Kriegerreligion“. Die Grundlagentexte sind daher kriegerisch geprägt. Auch hat der Islam eine theokratische Ausrichtung. Die Kalifen der Frühzeit waren sowohl geistliche wie weltliche Herrscher. Ebenso wie das Christentum hatte der Islam einen Absolutheitsanspruch. Zwar wurde häufig versucht, die Aussagen des Korans symbolisch zu deuten. Der „Dschihad“ ist dann der Kampf des Gläubigen um sein Seelenheil. Salafisten legen den Koran wieder wörtlich aus. Auf dieser Basis ist eine Anpassung an die Moderne kaum möglich.
31.12.2015, Sophro

Der Mensch, die Menschlichkeit liefert die Werte
An was die Menschen glauben bleibt ihre Sache. Anhand von Werten aus den Religionen versuchen, Brücken zu bauen, wird jedoch nicht funktionieren. Man sollte sich einfach auf Menschlichkeit besinnen. Empathie, gesunder, nicht überzogener Altriusmus, Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit etc..
Gemeinsames Zusammenleben der Religionen könnte funktionieren, jedoch nicht, wenn man im Namen der Religion dafür plädiert. Dann nämlich werden Menschen aufgrund von bestimmten Handlungen, die angeblich nicht den Werten der Religion entsprechen, ausgegrenzt und irgendwann entwickelt sich das zu Hass.
Die Antwort für friedliches Zusammenleben findet sich im Menschen.
Die Menschen müssen das Menschsein wieder entdecken. Man achtet oder man liebt einen Menschen seiner selbst willen und nicht weil er Angehöriger einer bestimmten Religionsgemeinschaft ist. Alles andere wäre unmenschlich.
31.12.2015

Aufklärung
Das zentrale Problem im Orient scheint mir, dass dort wo Staat und Religion eins sind es zwangsläufig zu Konflikten mit anderen Glaubensbekenntnissen kommt. Sowohl mit Andersgläubigen Staatsbürgern als auch mit andersgläubigen der Nachbarländer bzw. anderen Religionsstaaten. Unterdrückung der Minderheiten.
Einseitig vom Islam zu verlangen, er solle die anderen Reiligionen anerkennen, klingt wie „Du musst unsere Werte übernehmen“. Das wird so nicht funktionieren.
Bei uns in Europa kam der Frieden durch die Aufklärung und Säkularisierung. Der Trennung der Bindungen von Staat und Religion. Von innen heraus.
Wenn das Christentum, das Judentum und der Islam sich gleichzeitig anerkennen, gemeinsam im Schulterschluss, mag das einen Schritt in den Frieden bringen. Von Außen aufgesetzt und erzwungen ist das unfrei und führt wie wir sehen zu Krieg und Terror.

Islam hat keine zentralistische Struktur
Das Judentum ist keine missionierende Religion. Salopp gesagt ist es ihnen egal, was andere glauben. Das Christentum (Katholizismus) hat den Missionsanspruch, aus dem auch viele Gewalttaten und Kriege gründeten, aber es hat durch das Papsttum eine zentralistisch Oeganisationsstruktur. Nur diese ermöglichte m. E. das 2. vatikanische Konzil. Denn es reichte mit Johannes XXIII eine einzige Person, um die Sache anzustossen und ihr Autorität zu verleihen.
Der Islam kennt diesen Zentralismus nicht und dürfte sich schwer tuen hier zu tragfähigen und breit anerkannten Beschlüssen zu kommen. Gegenströmungen zum Konzil gab und gibt es zwar auch im Katholizismus, aber auch diese erkennen, wenn manchmal auch zähneknirschend, die Autorität und das Amt des Papstes an. Das ist im Islam nicht denkbar.
31.12.2015, Well

Säkularismus und Islam
Dem Menschen steht die Vernunft als Zugang zur Realität zur Verfügung. Vernunft spricht eine im Grundsatz allgemein verständliche und anerkannte Sprache.
Religion ist aber nicht Vernunftssache, sondern Sache des Glaubens – und der kann bekanntlich sehr unterschiedlich ausfallen. Religion spricht also keine allgemein verständliche, d.h. keine allgemein anerkannte Sprache.
Schwingt sich nun Religion auf, auch die Angelegenheiten der Nicht-/Anders-Gläubigen regeln zu wollen, so greift sie in deren Leben ein, ohne ihnen dafür allgemein verständliche, d.h. allgemein nachvollziehbare Argumente und damit Legitimation vorweisen zu können (dies im Unterschied zur „Vernunft“). Eine klare Kompetenzüberschreitung. Also eignet sich Religion nicht zur Ordnung des öffentlichen Raumes. Soweit zur Begründung des Säkularismus.

Im Islam ist die Ordnung des öffentlichen Raumes ein wesentlicher(!) Bestandteil des Auftrags. Kurz und knapp: der Islam duldet, wenn es darauf ankommt, keinen säkularen Bereich neben sich.
In der Praxis haben vermutlich die meisten Muslime kein Problem mit einem säkularen Raum. Nichtsdestotrotz erhebt “die Schrift” Anspruch auf dessen Vereinnahmung. Damit öffnet sie allfälligen Übergriffen Tür und Tor, Konflikte sind vorprogrammiert. Hier ist eine Erneuerung des islamischen Selbstverständnisses überfällig.
1.1.2016, H.Heinrich

 

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