Emissionshandel

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Blick nach Osten im Dreisamtal zwischen Ebnet und Zarten am 10.6.2012

Klimaaktivisten verstehen den Emissionshandel nicht
Die Verstromung von Lützi-Kohle ist klimaneutral
Lüder Gerken zeigt, dass die Verstromung von Kohle klimaneutral ist; dafür sorgen unsere Klimaschutzvorschriften. Die Klimaaktivisten sind seiner Meinung nach nicht mehr für Sachargumente erreichbar.
Lützerath – von Aktivsten liebevoll Lützi genannt – ist trotz heftigster Proteste geräumt, damit der Energiekonzern RWE mit dem Abbau der dortigen Kohle zur Stromerzeugung beginnen kann. Unsere Politiker, zumal jene der Grünen, versuchen krampfhaft, die Räumung zu rechtfertigen: Gerichte hätten RWE den Abbau gestattet; da könne man nichts machen. Und: Man habe mit RWE doch einen tollen Kompromiss ausgehandelt; RWE werde nur eines von sechs Dörfern abreißen und aus der Kohleverstromung bereits 2030 statt 2038 aussteigen.

Den Meinungsführern der Klimaaktivisten ist das egal. Luisa Neubauer sagte: „Bei Lützerath geht es um Millionen Tonnen CO2, die im Boden bleiben müssen; das ist wichtig für die Einhaltung unserer Klimaziele.“ Und Greta Thunberg tönte: „RWE gefährdet die Leben von unzähligen Menschen auf der ganzen Welt.“ Mit Verlaub: Beides ist blanker Unsinn. Denn ob Lützi-Kohle verstromt wird oder nicht, verändert die Menge der CO2-Emissionen in Europa nicht um ein einziges Gramm, es ist klimaneutral. Warum?
Die Stromerzeugung aus Kohle führt zwar zu hohen CO2-Emissionen. Aber sie unterliegt dem Emissionsrechtehandel der Europäischen Union, dem EU-EHS (Emissionshandelssystem). Bei ihm ist die Gesamtmenge an CO2, die die Industrie emittieren darf, gedeckelt. Sie wird auf Emissionsrechte für je eine Tonne CO2 verteilt, die an der Börse versteigert werden. Wer CO2 emittieren will, muss mitbieten. Durch Angebot und Nachfrage bildet sich ein Marktpreis, bei dem alle Emissionsrechte verkauft werden. Die Unternehmen, die mindestens den Börsenpreis bieten, erhalten den Zuschlag. Die anderen gehen leer aus; sie dürfen kein CO2 emittieren.
All das gilt auch für RWE, wenn es mit Kohle Strom erzeugen will. Wenn nun RWE die Lützi-Kohle nicht verstromt, verringert das die Nachfrage nach Emissionsrechten an der Börse. Bei einem Nachfragerückgang sinkt, wie auf anderen Märkten auch, der Preis, so dass Unternehmen, die andernfalls wegen eines etwas zu niedrigen Preisgebots leer ausgehen würden, jetzt zum Zuge kommen. Wiederum werden alle Emissionsrechte verkauft. Die Gesamtemissionen in der EU bleiben also konstant auf dem EU-weit erlaubten Niveau. Die gleiche Menge, die RWE weniger emittiert, emittieren andere mehr. Effekt für das Klima, wenn die Lützi-Kohle im Boden bleibt: null.

Die Klimaschutzbewegung nimmt zunehmend pseudoreligiöse Ausmaße an; mit Sachargumenten sind viele Aktivisten nicht mehr zu erreichen. Haben auch ihre Meinungsführer das EU-EHS nicht verstanden? Oder agieren sie wider besseres Wissen? Das wäre perfide. Merkwürdig ist aber auch, dass kein Politiker klargestellt hat, dass die Verstromung von Lützi-Kohle klimaneutral ist. Haben selbst sie das EU-EHS nicht verstanden?

Damit wir uns nicht missverstehen: Wem der Klimaschutz in Europa nicht reicht, der hat das gute Recht, dagegen zu demonstrieren. Aber Adressat muss sein, wer die Klimaschutz-Vorschriften macht. Das sind das Europäische Parlament und der Ministerrat mit den nationalen Umweltministerien; sie legen die zulässige Emissionsmenge für das EU-EHS fest. Es ist nicht das Unternehmen RWE, das sich im Rahmen dieser Vorgaben bewegt. Auch als Symbol taugen die Proteste in Lützerath daher nicht. Man darf nicht den Sack schlagen, wenn man den Esel meint, der dann unbehelligt davonkommt. Im Verkehrsfunk war am Wochenende zudem zu hören, dass die vielen mit Autos anreisenden Aktivisten die Straßen im Großraum Lützerath verstopften. E-Autos dürften kaum darunter gewesen sein. Folglich waren die Proteste gegen den – klimaneutralen – Kohleabbau selbst nicht klimaneutral. Ein Verzicht auf die Anreise wäre deshalb ein Beitrag zum Klimaschutz gewesen.
Überdies hätten die Aktivisten sogar doppelt Gutes tun können: Eine Tonne CO2 kostet derzeit etwa 80 Euro, also weniger als eine Tankfüllung. Die Aktivisten hätten für die eingesparten Spritkosten Emissionsrechte kaufen und diese dann ungenutzt zerreißen können. Damit hätten sie den CO2-Ausstoß in Europa unter den zulässigen Deckel abgesenkt. Aber damit würden sie ihren angestauten Frust nicht los. Und ihre Meinungsführer kämen nicht in die Nachrichten und Talkshows.
… Alles vom 21.1.2023 von Lüder Gerken bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/klimaaktivisten-verstehen-den-emissionshandel-nicht–238317997.html
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Kommentar:
Dieser informative Artikel (Danke an die BZ fürs Veröffentlichen) zeigt, auf welch erbärmlich dummem Niveau FridaysForFuture derzeit argumentiert. Schade, dass die jungen Leute das Prinzip des Emissionshandels nicht kapieren bzw. kapieren wollen. Warum nur?
21.1.2023, E.K.

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Klimapolitik: Nur der Handel mit Emissionsrechten ist zielsicher
Lüder Gerken vergleicht vier Instrumente der Klimapolitik und erklärt, warum die meisten davon nicht wirken
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In Europa will man die Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas drastisch reduzieren, weil dabei das „Treibhausgas“ CO2 emittiert wird. Es gibt detaillierte Berechnungen von Klimaforschern, wie viel CO2 eingespart werden müsse, um die globale Erwärmung zu stoppen. Wer Klimaschutz zur Priorität erklärt, muss sicherstellen, dass die geforderte Senkung der CO2-Emissionen jedenfalls erreicht wird. Die Klimapolitik hat vier Instrumente: Gebote und Verbote, Subventionen, CO2-Steuer und Emissionsrechtehandel.
Paradebeispiel für Ge- und Verbote sind die EU-Vorschriften für Automobile. Die Autos eines Herstellers, etwa Mercedes, dürfen durchschnittlich 95 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren. Das ist wenig zielsicher: Ein Autofahrer, dessen Auto 200 Gramm emittiert und der 5000 Kilometer im Jahr fährt, verursacht viel weniger CO2 als einer, dessen Auto 80 Gramm emittiert, der aber 200 000 Kilometer fährt. Subventionen sollen zu CO2-sparendem Verhalten veranlassen. Beispiele sind die Zuschüsse für Altbausanierungen und die Privilegien, die das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) den Erzeugern emissionsneutraler Energien verschafft. Da man nicht weiß, in welchem Umfang die Subventionen genutzt werden, ist auch das nicht zielsicher.

Die CO2-Steuer ist ein Aufschlag auf den Preis von Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas. Sie soll den Verbrauch und damit die Emissionen im für nötig erachteten Umfang reduzieren. Doch auch das ist nicht zielsicher: Der Preisaufschlag wird gesetzlich festgelegt, aber offen bleibt, ob und wie stark der Verbrauch und damit die Emissionen sinken. Niemand weiß, wie die Nachfrager reagieren. Diese können sich rasch an höhere Preise gewöhnen und zum alten Verhalten zurückkehren. Auch schwankt die Nachfrage je nach Konjunkturlage. Der Steuersatz müsste also fortwährend nach Versuch und Irrtum angepasst werden, und selbst dann ist nicht sicher, ob die gewollte CO2-Reduktion erreicht wird.
Beim Emissionsrechtehandel – etwa dem europäischen EU-EHS – schließlich wird das maximal zulässige Volumen an CO2-Emissionen für die gesamte Volkswirtschaft festgelegt. Um zu bestimmen, wer diese Menge emittieren darf, wird es auf Emissionsrechte verteilt. Diese Rechte werden an einer Börse angeboten und gehandelt. Wer CO2 emittieren will, muss ein solches Recht ersteigern. Je höher die Nachfrage, desto höher der Preis. Es ist also genau anders herum als bei der CO2-Steuer: Die Menge wird gesetzlich festgelegt, die Preisreaktion bleibt offen.
Der Emissionsrechtehandel ist das einzige Instrument, das die für nötig erachtete Emissionsreduktion sicher erreichen kann. Der Emissionsrechtehandel minimiert außerdem volkswirtschaftsweit die Kosten des Klimaschutzes: Jeder Emittent entscheidet selbst, ob er Emissionsrechte ersteigert oder in CO2-Vermeidung investiert. Er wird tun, was für ihn billiger ist. Diejenigen, für die die Umrüstung auf CO2-arme Technologie am teuersten wäre, bieten den höchsten Preis. So wird CO2 dort eingespart, wo es zu den niedrigsten Kosten möglich ist.
Das deutsche EEG mit seiner Subventionierung macht die CO2-Einsparung horrend teuer: Das Institut der deutschen Wirtschaft errechnete 2018, dass die Vermeidung einer Tonne CO2 durch die Erzeugung von Strom aus Photovoltaikanlagen 475 Euro kostet. Der Emissionsrechtehandel EU-EHS schafft das für unter 30 Euro. Lobbyisten und Profiteure der deutschen EEG-Subventionen machen viel Stimmung gegen den Emissionsrechtehandel. Sie behaupten, er funktioniere nicht:
Erstens sei der Preis viel zu niedrig. Das ist Unsinn. Denn egal wie niedrig der Preis ist, die festgelegte CO2-Obergrenze wird eingehalten. Wer diese Obergrenze für zu hoch hält, darf nicht den Emissionsrechtehandel verantwortlich machen, sondern muss sich an die Politiker wenden, die die Grenze festgelegt haben.
Zweitens wird kritisiert, dass viele EU-Unternehmen Emissionsrechte gratis bekämen. Das ist nötig, solange es keine globale Klimapolitik gibt. Denn das EU-EHS gilt nur für Emittenten in der EU. Der Kauf von Emissionsrechten erhöht ihre Produktionskosten gegenüber Konkurrenten in Ländern mit geringerem Klimaschutz. Es besteht daher die Gefahr, dass Produktion aus der EU in diese Länder abwandert. Das vernichtet Arbeitsplätze in Europa. Und weil an den neuen Standorten der Klimaschutz laxer ist, wird dort sogar mehr zusätzlich emittiert, als in der EU eingespart. Die Gratiszuteilung verhindert beides.
… Alles vom 22.8.2020 von Lüdger Gerken bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/nur-der-handel-mit-emissionsrechten-ist-zielsicher–192497290.html

 

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Emissionshandel gescheitert
Wirtschaftswissenschaftler Lüder Gerken kritisiert die Klimapolitik von Berlin und Brüssel als Klimaschutz-Aktionismus. Wer den Beitrag gelesen hat, versteht, warum der Physikerin und Bundeskanzlerin Angela Merkel kaum eine Gruppe von Wissenschaftlern mitunter so auf die Nerven geht wie die Ökonomen. Bekanntlich hat die Zunft schon genug Probleme damit, essenzielle Fragestellungen ihres eigenen Fachgebietes zu lösen. Man erinnere sich an die Frage der Königin von England, warum keiner der Wirtschaftswissenschaftler die letzte Weltwirtschaftskrise voraussehen konnte?
Problematisch wird es vollends, wenn sich Ökonomen auf ein für Sie fremdes Wissensgebiet wagen. So „verheddert“ sich Gerken hoffnungslos in seiner Kritik an der „Klimaschutz- und Energiepolitik“, in dem er bereits bei der Problembeschreibung in den ersten beiden Absätzen Klimaschutzziele sinnfrei aus den politischen Kontext herauslöst, dann am eigentlichen Problem vorbeianalysiert und Ursache mit Wirkung verwechselt. Ein Problem bestehe darin, dass sich die Vorgabe zur Reduzierung von 22 Millionen Tonnen CO2-Emissionen im „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ der Bundesregierung mit dem EU-CO2– Emissionsrechtesystem EU-ETS „beißt“, dieses teilweise aushebelt und so der deutschen Volkswirtschaft Kosten entstehen, ohne dem Klima zu nützen. Das ist Unsinn, denn den von Gerken gepriesenen ökologisch wie ökonomisch effizienten Emissionshandhandel gibt es in der Praxis bekanntermaßen nicht, weil viel zu viel Emissionszertifikate bei der Einführung des Emissionshandels auf Druck der Industrie ausgegeben wurden und sich aufgrund der Wirtschaftskrise und des Zustroms an internationalen Emissionszuschriften ein großer Überschuss an Emissionszertifikationen angesammelt hat. Total ineffiziente deutsche Dinosaurier-Kohlekraftwerke (CO2-Dreckschleudern) erzeugen Rekord-Strommengen und klimaschädliche Emissionen, weil die Emissionspreise pro Tonne CO2 weit unter dem notwendigen Preis gehandelt werden, der für eine CO2-Reduzierung notwendig wäre (rund 13 Euro statt derzeit fünf Euro/Tonne).
Gerade weil das marktwirtschaftliche Instrument Emissionshandel versagt, müssen also die nationalen Klimaschutzziele auf anderem Wege erreicht werden. Beim „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ handelt es sich um ein „Notprogramm“, weil bereits heute klar ist, dass die nationalen Klimaschutzziele bis 2020 nicht auf dem herkömmlichen Weg zu erreichen sind. Insgesamt besteht bis 2020 eine Einsparlücke von 80 bis 100 Millionen Tonnen CO2, davon sollen die Stromversorger rund 22 Millionen Tonnen durch Abschaltung von Uralt-Kohlekraftwerken einsparen. Selbstverständlich nutzen die Einsparungen dem Klimaschutz, und der Volkswirtschaft entsteht ein dauerhafter Nutzen durch sinnvolle Investitionen in erneuerbare Energien.
Übrigens, Herr Gerken, Deutschland hat nicht höhere Klimaschutzziele als die EU, weil wir „Musterknaben“ sein wollen, sondern weil wir der achtgrößte CO2– Emittent weltweit sind und historisch an sechster Stelle gemeinsam mit Großbritannien mit je 0,03 Grad zum Klimawandel beitragen. Nach dem Lastenverteilungsprinzip sollen emissionsstärkere Nationen in der EU eine Vorreiterrolle übernehmen, weshalb es auch keinen Widerspruch zwischen national höheren und niedrigeren EU-Klimaschutzzielen bis 2020 gibt.
10.1.2015, Armin Bobsien, Freiburg

Am eigentlichen Problem analysiert er vorbei
Zu: „Deutschlands unnützer Klimaschutz-Aktionismus“, BZ-Gastbeitrag von Lüder Gerken (Politik, 20. Dezember):
https://www.badische-zeitung.de/kommentare-1/deutschlands-unnuetzer-klimaschutz-aktionismus–97422317.html

 

Zertifikate auch für Fluggesellschaften: Europa riskiert Handelskrieg
Zwar hat der Europäische Gerichtshof am Mittwoch der EU-Kommission den Rücken gestärkt und die Klage von US-Fluggesellschaften gegen den Emissionshandel abgewiesen. Das dürfte die Gemüter aber kaum beruhigen. Die USA und China haben angekündigt, das europäische Projekt zu torpedieren. Sie sehen die Souveränität ihres Luftraums verletzt. Denn das Gesetz gilt für alle Flüge, die in Europa starten oder dorthin gehen, für die gesamte Strecke – auch außerhalb Europas.
Alles vom 23.12.2011 auf https://www.badische-zeitung.de/wirtschaft-3/europa-riskiert-einen-handelskrieg–53878951.html

Das Dilemma der europäischen Umweltpolitik 
Klimaforscher sagen, die Erderwärmung könne nur noch mit drastischen Maßnahmen begrenzt werden. Daher hat die EU drastische Maßnahmen beschlossen. Als Hauptursache für die Erderwärmung wird der menschlich verursachte Ausstoß von CO angesehen. Daher soll er in der EU bis 2020 um zwanzig Prozent gesenkt werden. Im Zentrum der EU-Maßnahmen steht der Zertifikatehandel.

Die Idee ist einfach und ökonomisch sinnvoll: Die Gesamtmenge an CO, die die europäische Industrie freisetzen darf, wird beschränkt und stetig abgesenkt. Unternehmen, die CO ausstoßen wollen, müssen Berechtigungszertifikate ersteigern. Wer am meisten dafür bietet, erhält den Zuschlag. Da die Unternehmen ihre Kosten möglichst gering halten wollen, werden sie folgendes tun: Sobald die Zertifikate teurer sind als eine Umrüstung ihrer Produktion auf CO-arme Technologie, rüsten sie um. Denn das ist dann billiger. Umrüstung geht nicht überall gleich gut. Unternehmen, für die die Umrüstung sehr teuer wäre — die also am meisten auf die Emission von CO angewiesen sind — , sind daher bereit, höhere Preise für Zertifikate zu bezahlen. Die Versteigerung hat also einen großen Vorteil: Klimaschutz ist zwar teuer. Aber sie sorgt dafür, dass die Anpassung an eine CO-arme Produktion dort vorgenommen wird, wo sie relativ die geringsten Kosten verursacht. Was aber passiert, wenn in Europa eine rigorose CO-Beschränkung eingeführt wird und in der übrigen Welt nicht? Der Klimawandel ist ein weltweites Problem; eine auf das kleine Europa beschränkte CO-Senkung bringt — außer dass die EU mit gutem Beispiel vorangeht — kaum etwas. Das ist freilich nicht der heikle Punkt. Viel gravierender ist ein anderes Problem. Nehmen wir als Beispiel die Stahlindustrie. Erster Effekt: Da Zertifikate genauso wie die Umrüstung auf CO-arme Produktion Geld kosten, produzieren die europäischen Stahlunternehmen teurer als ihre ausländische Konkurrenz, die diese Kosten nicht hat. Dadurch sind sie weniger wettbewerbsfähig. Sie verlieren Marktanteile und stehen vor der Wahl, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern oder das Feld den ausländischen Konkurrenten zu überlassen. Beides vernichtet Arbeitsplätze in Europa. Zweiter Effekt: Wenn Stahl nicht mehr in Europa, sondern etwa in Indien produziert wird, verringern sich zwar in der EU die CO-Emissionen. Aber in Indien steigen die CO-Emissionen. Und der Anstieg dort ist sogar noch stärker als der Rückgang in der Europäischen Union, weil indische Stahlwerke meist weniger modern sind und daher pro Tonne Stahl mehr CO ausstoßen als europäische. Mit anderen Worten: Eine auf Europa beschränkte Klimapolitik vernichtet nicht nur Arbeitsplätze, sondern verschlimmert sogar noch die Erderwärmung. Zwei Nachteile auf einen Schlag ist ein bisschen viel. Aber immerhin: Die Umweltpolitiker, die die Folgen ihrer Politik am Arbeitsmarkt gerne übergehen, sitzen in einem Boot mit den Wirtschaftspolitikern, für die umgekehrt der Umweltschutz oft nachrangig ist. Und so plant man jetzt einen „flexiblen“ Zertifikatehandel: Die unter internationalem Wettbewerbsdruck stehenden Unternehmen sollen Zertifikate gratis erhalten. Dann steigen ihre Kosten nicht, so dass sie wettbewerbsfähig bleiben. Dummerweise führt das nun wiederum zu erheblichen Problemen in Europa. Erstens müssen dadurch einige Unternehmen bezahlen und andere nicht. Strukturelle Verwerfungen sind auch so die Folge — nun allerdings auf Kosten der Arbeitsplätze in den nicht privilegierten Branchen. Zweitens wird den begünstigten Branchen der Anreiz genommen, auf CO-arme Technologie umzustellen. Drittens steht nahezu jede Branche in einem weltweiten Wettbewerb. Wo zieht man die Grenze? Es droht der Zertifikatehandel insgesamt leerzulaufen. Dies zeigt das Dilemma der europäischen Umweltpolitik: Man will etwas als Vorreiter gegen die Erderwärmung tun — und dies auch mit dem prinzipiell richtigen Mittel. Nur klappt das nicht vernünftig, solange es kein weltweit gemeinsames Vorgehen zur Reduzierung von CO gibt. Ein altes Sprichwort sagt: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.“ Das geht bekanntlich nicht. Wenn Europa Vorreiter im Klimaschutz sein will, muss es sich zwischen zwei Übeln entscheiden. Dann aber wird der Pelz nass, so oder so.
Ludger Gerken, 25.10.2008, BZ

Der Autor ist Vorsitzender der Stiftung Ordnungspolitik und des Centrums für Europäische Politik

 

 

 

Manfred Vohrer aus dem Münstertal – Global Woods AG

 

Die Fotosynthese ist die Rendite Aufforstung in Übersee: Manfred Vohrer will mit der Global Woods AG vom Handel mit Emissionszertifikaten profitieren

MÜNSTERTAL. Holzstiche an der Wand, afrikanische Holzplastiken im Regal, die Decke mit massiven Balken abgestützt. Manfred Vohrer wohnt und arbeitet „in Holz“. Im Liesenhof im Ortsteil Stohren, einem Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert in luftiger Höhe von 1000 Metern, residiert auch die „Global Woods AG“, Deutschlands wohl innovativste Unternehmensgründung.

Blick nach Norden zu Stohrenschule, Seppelehof und Liesenhof (von links) am 9.6.2006

Blick nach Norden zu Stohrenschule, Seppelehof und Liesenhof (von links) am 9.6.2006

Ihr Handelsgut: schlechte Luft. Ihr Kapital: 17 000 Hektar Aufforstungsfläche in Uganda, Argentinien und Paraguay. Ihre Rendite: Fotosynthese. Ab nächstem Jahr bringt der Stoffwechsel von Pflanzen bares Geld ein. 2005 wird in der EU der Handel mit Rechten an CO-Emissionen anlaufen, 2008 soll er global möglich sein. Die EU muss bis 2012 ihren Ausstoß an Treibhausgasen gegenüber 1990 um 8 Prozent reduzieren. Deutschland allein um 21 Prozent, so wurde es im Kyoto-Protokoll beschlossen. Jedes Land hat dann eine bestimmte Quote an dem Klimakiller, die auf die Verursacher, vor allem Industriebetriebe, umgelegt wird. Kommt einer damit nicht aus, kann er Zertifikate von anderen Betrieben kaufen, die ihre Quote nicht ausschöpfen. Oder er kauft die von „Global Woods“, deren Wälder in Übersee sich das CO aus der Luft holen und es in Sauerstoff verwandeln.
17 000 Hektar Wald mal 800 Tonnen CO pro Hektar, mal einem Preis von 30 Euro pro Tonne, lautet Vohrers Kalkulation. Zusammen macht das 408 Millionen Euro. Multimillionär dank Waldplantagen in Übersee? Vohrer wehrt ab. „Es sind bislang nur 4000 Hektar bepflanzt, von den 800 Tonnen kann nur die Hälfte angerechnet werden und momentan kostet die Tonne noch fünf Euro“.

Aber zumindest ist klar, dass sein Unternehmen Platzhirsch ist auf einem Zukunftsmarkt. Als der frühere Bundestags- und Europaabgeordnete es 1998 gründete, war das keineswegs sicher. Selbst Ehefrau Monika und die fünf Kinder teilten nicht unbedingt die väterliche Zuversicht, dass es was werden muss. Heute geht es Schritt für Schritt in die Richtung, an die der 63-Jährige unbeirrbar geglaubt hat. Obwohl es, wie er einräumen muss, „lange nicht in trockenen Tüchern war“. Denn erst 2003 rangen sich deutsche Politiker zu der Grundsatzentscheidung durch, die CO-Reduzierung über das Instrument des Emissionshandels zu managen, anstatt über eine freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie.

Knapp 2500 deutsche Unternehmen könnten ab nächstem Jahr Vohrers Kunden werden, wenn die EU mit dem europaweiten Emissionshandel beginnt. CO-Zertifikate aus Waldprojekten sind in dieser Phase zwar keine zugelassen. Doch mit Blick auf 2008, wenn diese Ausnahme wahrscheinlich fallen wird, macht Global Woods den 2500 das Angebot: Wenn ihr euch heute schon auf den Kauf von unseren Zertifikaten festlegt, bekommt ihr sie in 4 Jahren für den heutigen Preis, also für 5 Euro pro Stück.

Ein echtes Schnäppchen, denn Vohrer rechnet für 2008 damit, dass die Tonne CO schon mit 10 Euro gehandelt wird. Wenn der Startschuss für den globalen Emissionshandel fällt, wird er laut Vohrer entweder über eine eigene Börse oder im direkten Handel zwischen Unternehmen laufen. Global Woods hat 17 000 Hektar gepachtet, davon 12 000 in Uganda. Für Uganda, Argentinien und Paraguay hat Vohrer nach seinem Ausscheiden aus dem Europaparlament 1994 als Berater gearbeitet. Vohrer beschäftigt dort inzwischen über 200 Leute.

Eine „Win-win-Situation“ nennt er sein Geschäft. Er selbst gewinnt, weil in den Ländern Aufforstung zu einem Bruchteil der Kosten hier zu Lande möglich ist und die Bäume dort dreimal so schnell wachsen. Die Anbauländer gewännen ebenso: nicht nur Jobs, auch ökologisch. Die Bodenerosion werde gestoppt und der Druck auf die Primärwälder nehme ab: weil seine Bäume als Nebenprodukt auch Holz zum Heizen und Kochen liefern. „Alle Benefits bleiben im Land“, sagt der Ex-FDP-Politiker. Es müsse sich betriebswirtschaftlich lohnen, umweltgerecht zu handeln. Der Autor des Buches „Ökologische Markwirtschaft“ hat 11 Jahre Bundes- und 12 Jahre Europapolitik hinter sich. Die Kontakte kann er jetzt nutzen. Unterhält man sich mit Vohrer, dauert es nicht lange und es klingelt das Telefon. Gerade war ein ugandischer Regierungsvertreter dran. „Die wollen mich als Vorzeige-Investor für ihre Delegation auf der Carbon-Expo in Köln“, sagt der Münstertäler mit einem Unterton Stolz in der Stimme

Hans Christoph Wagner am 10.9.2004 auf www.bzol.de 

 

Emissionshandel: CO-Verschmutzungsrechte handeln

 

Der Emissionshandel in der EU hat seinen Ursprung im 2005 in Kraft getretenen Kyoto-Protokoll. In dem internationalen Klimaschutzabkommen verpflichteten sich 39 Industriestaaten, bis 2012 den Ausstoß von Klimagasen um insgesamt fünf Prozent gegenüber 1990 zu senken. Deutschland kündigte an, in diesen Zeitraum 21 Prozent weniger Kohlendioxid auszustoßen. Die Europäische Union als Ganzes will den Ausstoß um acht Prozent verringern. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde innerhalb der EU am 1. Januar 2005 der Emissionshandel gestartet.

Die Idee ist einfach: Die beteiligten Unternehmen erhalten Verschmutzungsrechte, die sogenannten Zertifikate, die ihnen den Ausstoß bestimmter Mengen des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO) erlauben. Stößt ein Unternehmen weniger CO aus als ihm zusteht, kann es die übrigen Zertifikate an Firmen verkaufen, denen die eigenen Rechte nicht ausreichen.
Wer sich also umweltfreundlich verhält, verdient beim Emissionshandel Geld. In Deutschland beteiligten sich 2008 rund 1600 Anlagen wie Stromkraftwerke, Stahlwerke oder Raffinerien an dem System. Sinn ergibt das System aber nur, wenn die Zertifikate knapp sind. In der ersten Emissionshandelsphase von 2005 bis 2007 wurden aber so viele der Papiere kostenlos an die Unternehmen ausgegeben, dass die Rechnung nicht aufging. Das Verschmutzungsrecht für eine Tonne Kohlendioxid kostete fast nichts. Der Anreiz zum Sparen war gering.
Für die zweite Phase, die im Jahr 2012 endet, wurde das System daher umgestellt: Im Gegensatz zu ersten Phase wurde die jährliche Gesamtzuteilung von 2008 an um 57 Millionen Tonnen Kohlendioxid auf rund 450 Millionen Tonnen gekürzt. Zudem wurden zehn Prozent der Zertifikate nicht mehr verschenkt, sondern wurden zunächst verkauft oder versteigert. Seit Jahresbeginn ist ihre Versteigerung vorgeschrieben. In Deutschland passiert dies an der Leipziger Strombörse European Energy Exchange (EEX). Für die dritte Handelsphase von 2013 bis 2020 ist eine weitere Verringerung der Emissionsrechte geplant

 

 

PulsMinus – Emissionshandel

 

Brennholz aus dem eigenen Wald? Nichts ungewöhnliches für Manfred Vohrer, doch mit Holz aus dem Schwarzwald begnügt sich der 63-jährige nicht. Seit fünf Jahren pflanzt der Geschäftsmann Abertausende von Bäumen in Argentinien, Paraguay und Uganda – für den Klimaschutz und den Profit. Zusammen mit seinem Sohn hat er das Ziel, aus guter Luft Geld zu machen. Mit hohem finanziellen Risiko hat er sein ganzes Geld in solche Wald-Projekte gesteckt, die primär wegen der Auswirkung auf das Klima gepflanzt werden. In das klassische Sägeholz würde niemand investieren.

So ist Manfred Vohrer ein globaler Unternehmer zwischen Argentinien und Münstertal, der gute Nerven Atem braucht. Nicht ganz einfach war es für die Familie, als für die Projekte Haus und Hof verpfändet werden mussten. Manfred Vohrer hielt jedoch selbstsicher an der Idee fest. Auf den Gedanken, mit Emissionsrechten zu handeln, ist er in seiner Zeit als Europaabgeordneter der FDP gekommen. Nachdem die Liberalen bei der vergangenen Europawahl den Hut nehmen mussten, suchte sich der ehemalige Abgeordnete eine neue Beschäftigung.
Der politische Beschluss, mit Emissionen zu handeln, brachte ihn auf die Idee, mit Aufforstungen Geld zu verdienen. Vor zwei Jahren pachtete er nochmals 11.000 Hektar in Uganda dazu. Der Familienvater ist selbst unterwegs auf Verkaufstour in Deutschland und versucht, Firmen, die zu viel Schadstoffe ausstoßen, Emissionsrechte zu verkaufen. Währenddessen sieht Sohn Moritz in Uganda nach dem Rechten.

Einen Flug von zehn Stunden und eine lange Fahrt über Lehmpisten hat er hinter sich bringen müssen, bis er in Kikonda, dem Waldrevier der Firma, angekommen ist. Der 21-jährige Forststudent arbeitet eng mit dem Revierleiter zusammen. Die beiden besprechen, wo Biotope erhalten bleiben und wo Bäume gepflanzt werden sollen: Jeder gepflanzte Baum bindet das klimaschädigende Kohlendioxid und bringt Geld – denn dafür erhalten die Vohrers so genannte Emissions-Rechte, die sie an deutsche Firmen verkaufen können.
Die Auflagen für solche Projekte sind streng. Angerechnet werden nur Gebiete, in denen vor 1990 keine Wälder standen. Die ansässigen Menschen zerstören die vorhandene Buschlandschaft, indem sie Gestrüpp und Holz, das sie zum Kochen brauchen, verfeuern. Doch vor allem Köhler haben in der Vergangenheit Raubbau getrieben, um in ihren Erdöfen Holzkohle zu produzieren. Lange Zeit kämpften deutsche Umweltorganisationen gegen die Idee, Wald-Projekte für den Emissionshandel zuzulassen. Eine Art Ablasshandel auf dem Rücken der Entwicklungsländer hatte man befürchtet, bei dem sich deutsche Firmen billig hätten freikaufen können.
Doch die Kritik ist weitgehend verstummt, Umweltverbände sitzen in den Kontrollgremien und überwachen die Genehmigungsverfahren. Außerdem dürfen deutsche Umweltverschmutzer nur eine eng begrenzte Menge an Emissionsrechten von solchen Wald-Projekten erwerben.

Ziel des Emissionshandels ist, ab 2005 den weltweiten Ausstoß von Kohlendioxid zu verringern. Statt Gesetze und Verbote sollen dabei wirtschaftliche Anreize helfen. Im Sommer 2004 wird deshalb rund 3.000 Firmen in Deutschland ein Limit gesetzt. Wer die ihm zugestandene Schadstoffmenge überschreitet, muss Verschmutzungsrechte einkaufen. Die kann er von Firmen erhalten, die unter dem Limit liegen und damit Rechte freihaben.

Auch Waldprojekte wie die der Vohrers dürfen solche Rechte verkaufen, zu sehr günstigen Preisen. Der Klimahändler hat die Rechte für 100.000 Tonnen Kohlendioxid-Bindung pro Jahr im Angebot. Sein wichtigster Kunde ist der Verband der Elektrizitätswerke. Der ehemalige Politiker muss nicht lange auf Termine warten, seine alten Verbindungen funktionieren bestens und öffnen ihm viele Türen. Verbandschef Eberhard Meller zum Beispiel ist ein alter Bekannter. Seinen Käufern kann Manfred Vohrer die Tonne für 5,- Euro anbieten, ein echtes Schnäppchen, wie er meint. Die Preise für Emissionsrechte werden anziehen, auf 20,- bis 50,- Euro pro Tonne, so die Schätzungen der Industrie.
Für Verbandschef Eberhard Meller eine wichtige Information, denn es sind vor allem die Elektrizitätswerke, die unter Druck stehen. Ab 2005 beginnt der Handel, ab dann wird Manfred Vohrer richtig verdienen, bei einer Rendite von 14 Prozent. Aber er kann sich bereits jetzt die Hände reiben – bis andere begriffen haben, dass man damit Geld verdienen kann, ist er schon längst dabei

mehr: www.swr.de/plusminus/beitrag/04_01_06/beitrag7.html 
Links

 

Arbeitsgruppe Emissionshandel zur Bekämpfung des Treibhauseffektes (AGE)
www.bmu.de/de/1024/js/sachthemen/emission/emission_arbeiten

Emissionshandel Nord
Innovationsstiftung Schleswig-Holstein
Lorentzendamm 24, 24103 Kiel, T 0431.9805-856, F 0431.9805-888
moehring-hueser@i-sh.org, www.i-sh.org

Bioenergie Heidelberg GmbH
www.bioenergie-heidelberg.de

Sonnen-Pellets
www.bioenergie-sonnen-pellet.de

fesa GmbH Freiburg mit Angeboten
mehr  >freiburg-ost.de/pellets

 

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