Johannes Reiner Friedensdienst

Johannes Reiners Vater Jochen war Soldat im Zweiten Weltkrieg. Sein Sohn hat bis 2003 in der Bundeswehr gedient und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der deutsch-israelischen Verständigung. Johannes Reiner, 1948 geboren, hat seinen Vater nur als Zivilisten erlebt. Der Krieg war nie groß Thema in der Familie, auch wenn der Sohn in der Jugend anfing, Fragen zu stellen. Etwa über das mit den Juden, worüber der katholische Pfadfinder gerne mehr erfahren hätte. Als er später zum Bund ging, blieb er dabei und wurde Berufssoldat. Einschneidend für ihn wurde ein Einsatz mitten im Frieden, 1972 bei den Olympischen Spielen. In einer Fernmeldeeinheit der Bundeswehr tat Johannes Reiner im Münchner Olympiastadion Dienst, als das Attentat auf die israelische Delegation geschah. „Da ist mein Interesse an Israel, am Schicksal der Juden wieder wach geworden“, erinnert sich Johannes Reiner. Der junge Offizier, der nun selbst Familienvater wird, bleibt am Thema dran, auch wenn er zunehmend gefordert wird: Den Tag der Deutschen Einheit erlebt er in Leipzig, gilt es doch, die frühere Nationale Volksarmee, den vormaligen potentiellen Feind, in die neue Bundeswehr einzugliedern. Es folgen später Bosnien, der Kosovo, Afghanistan – fast überall, wo die Bundeswehr international eingreift, ist der Fernmeldespezialist mit dabei. „Bub, du gehst ja in den Krieg“, holen die betagte Mutter noch einmal die Ängste der frühen Jahre ein. „Das ist kein Krieg“, beruhigt der Sohn, und weiß dabei selbst, dass von Gefahrlosigkeit keine Rede sein: Beim Einsatz in Afghanistan werden Kameraden getötet.
2003 nimmt Oberstleutnant Johannes Reiner Abschied von der Truppe. Jetzt kann er sich ganz der Beschäftigung mit Israel widmen. Das Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft übersiedelt eigens in den Breisgau, um den Vorsitz der Freiburger Gruppe zu übernehmen. Diese Tätigkeit füllt ihn aus. Auch, wie er sagt, weil er weiß, welch verheerende Folgen der Krieg der Wehrmacht für Europa Juden zeitigte. Gerade anfangs des Russlandfeldzuges waren systematisch Juden zusammengetrieben und erschossen worden, gleich hinter der vorrückenden Front, also dort, wo auch die Trosseinheiten operierten, in denen sein Vater Dienst tat. Dieser hatte stets verneint, von diesen Gräuel direkt etwas mitbekommen zu haben, so wenig wie er auch je von Partisanen angegriffen worden sei. Er hatte eben Glück, der Jochen Reiner. Seinem Sohn ist dies Ansporn, etwas zurückzugeben, für Frieden und Versöhnung.
1.6.2013, Manfred Frietsch

Johannes Reiners Vater Jochen: Mit „Kamerad Spitz“ Glück im Krieg
https://www.badische-zeitung.de/freiburg/jochen-reiner-mit-kamerad-spitz-glueck-im-krieg

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