Grundrechte im Wandel?

Von Geburt an gehören jedem Bürger die vollen Grundrechte. Man nennt sie auch Freiheitsrechte. Als Abwehrrechte gegen etwaige Übergriffe des Staates dienen sie dem Schutz seiner Privatautonomie. Aus diesem Grunde haben weder Regierung noch Bundestag das Recht, dem Bürger ein Grundrecht „wegzunehmen“ bzw. „zurückzugeben“. Grundrechte können allenfalls temporär ausgesetzt werden (z.B. Corona), aber auch dies ist juristisch umstritten.
Die Grundrechte sind im Grundgesetz festgeschrieben und als solche nicht veränderbar. Nun wird vermehrt auf die Tendenz hingewiesen, die Grundrechte nicht dem Text nach zu verändern, sondern umzuinterpretieren – und zwar über die Rechtsprechung (A) bzw. über deren Auslegung als Tugendkatalog (B).

(A) „Grundrechte nur so weit vertretbar“-Rechtsprechung
Nicht der Text des Grundgesetzes wird geändert, sondern das Bundesverfassungsgericht deutet den bestehenden Verfassungstext um.
1) Früher konnte aus der Menschenwürdegarantie (Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz) kein Recht auf Abtreibung abgeleitet werden. Heute besteht über die Kombination von Fristen- und Indikationslösung und Beratungspflicht aber de fakto dieses Recht.
2) Früher galten die Grundrechte als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat an oberster Stelle. Nach dem Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (erster Senat) vom Frühjahr 2021 stehen Grundrechte unter dem Vorbehalt der Klimaverträglichkeit: Zum (fiktiven!) Schutz der Grundrechte zukünftiger Generationen können diese Rechte für die heute lebende Bürger eingeschränkt werden. Zum Beispiel Fahrverbote, um CO2 einzusparen.
Siehe dazu die Ausführungen von Ulrich Vosgerau zu „Der Wandel der Grundrechte hin zum postdemokratischen Erziehungsstaat“, Abschnitt (A), hier.
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(B) Grundrechte: Früher Abwehrrechte des Bürgers, heute Tugendkatalog
Die Grundrechte gehören dem Bürger von Geburt an. Als Abwehrrechte gegen den übergriffigen Staat dienen sie dem Schutz seiner Privatautonomie. Nun wird auch über NGOs wie das „Deutsche Institut für Menschenrechte“ versucht, diese Abwehrrechte des Bürgers in einen Tugendkatalog umzudeuten, über dessen Einhaltung dann staatliche Institutionen wachen. So kann z.B. das Recht auf freie Meinungsäußerung beschnitten werden, wenn es nicht in Einklang steht zu irgendwelchen neuen Konstrukten wie dem der „Delegitimierung des Staates“ .
Siehe dazu die Ausführungen von Ulrich Vosgerau zu „Der Wandel der Grundrechte hin zum postdemokratischen Erziehungsstaat“, Abschnitt (B), hier.
27.1.2023

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