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„Israels Sicherheit ist Staatsräson von Deutschland“
(Angela Merkel 2008 vor der Knesset und Olaf Scholz 2023 im Bundestag)
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Israel als deutsche Staatsräson
Der Nahe Osten kommt näher
von Thorsten Hinz
Im Nahen Osten werden die Kriegstrommeln gerührt, und in Deutschland wird die Frage aufgeworfen, ob man gegebenenfalls per „Staatsräson“ zum militärischen Engagement an der Seite Israels verpflichtet sei. Deutschland ist der nach den USA wichtigste und zuverlässigste Verbündete Israels – politisch, wirtschaftlich und auch militärisch. Die deutschen Rüstungsexporte nach Israel umfassen mehr als 300 Millionen Euro im Jahr. Von besonderer Bedeutung ist die Lieferung von Dolphin-U-Booten, die die vermutete nukleare Zweitschlag-Kapazität Israels sichern und die ganz oder zum großen Teil von Deutschland finanziert werden.
Begründet werden die Lieferungen nicht mit eigenen geostrategischen Interessen, sondern mit der historischen Schuld und Verpflichtung gegenüber dem jüdischen Volk. Kanzlerin Angela Merkel hob die Verpflichtung auf eine neue Stufe, als sie 2008 vor dem israelischen Parlament erklärte, die „historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar.“
Zu dieser Festlegung, die auch eine verfassungsrechtliche Dimension besitzt, war Merkel überhaupt nicht befugt. Willkürlich verknüpfte sie drei Elemente von unterschiedlicher Qualität. Die „historische Verantwortung“ ist eine Sache der Interpretation oder Zuschreibung und je nach Situation wandelbar. Die „Staatsräson“ hingegen ist verbindlich fixiert und transzendiert alle politischen Konjunkturen. Es geht um den Selbstbehauptungswillen des Staates und seine ultimative Entschlossenheit, den Bestand aus Staatsterritorium-Staatsmacht-Staatsvolk zu verteidigen. Die „Sicherheit Israels“ zu einem Teil der deutschen Staatsräson zu erklären bedeutet im Wortsinn, die eigene Staatsräson mit der eines anderen Staates organisch zu verknüpfen.
Im Ernstfall hieße das sogar, das essentielle deutsche Eigeninteresse der Staatsräson Israels unterzuordnen, denn was seine Sicherheitsinteressen sind, bestimmt der jüdische Staat allein. Es gibt in dem Punkt keine deutsch-israelische Reziprozität. Grundsätzlich müßte Deutschland bereit sein, für Israel in den Krieg zu ziehen, ohne effektiv Einfluß auf seine Politik nehmen zu können. Merkels Aussage ist geeignet, als Blankoscheck interpretiert zu werden und den Empfänger zu ermuntern, ins Risiko zu gehen und den Gläubiger gleichfalls in Gefahr zu bringen.
Bundespräsident Joachim Gauck nahm daher bei seinem Israel-Besuch 2012 eine Korrektur vor. Zwar sei die Sicherheit Israels für die deutsche Politik durchaus „bestimmend“, doch wolle er sich „nicht jedes Szenario ausdenken“, in das der Satz der Kanzlerin führen könne. Das hielt ihren Nachfolger Olaf Scholz nicht davon ab, im Oktober 2023 bei seinem Besuch in Israel kurz nach dem Hamas-Massaker zu wiederholen: „Die Sicherheit Israels und seiner Bürger ist Staatsräson.“
Die Kakophonie illustriert die Schwierigkeit deutscher Politiker, die Interessen und Prioritäten des eigenen Landes präzise zu definieren. Die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs wirkt nach. Aus objektiven wie subjektiven Gründen tat man sich nach 1945 schwer, eine Staatsräson zu formulieren. Das Land war geteilt; beide Nachkriegsstaaten konstituierten sich unter der Vormundschaft ihrer jeweiligen Vormächte. In der Verfassung der DDR von 1974 hieß es, sie sei „für immer und unwiderruflich“ mit der Sowjet-union verbunden, weil das „das weitere Voranschreiten auf dem Weg des Sozialismus und des Friedens“ garantiere. Der Satrap des Roten Imperiums verklärte sein Unterwerfungsverhältnis zum eigenständigen, aus geschichtsphilosophischer Einsicht gefaßten Entschluß.
Die Bundesrepublik war ebenfalls anhaltend verunsichert. In seiner ersten Regierungserklärung im Oktober 1982 sagte Helmut Kohl über die Nato: „Das Bündnis ist der Kernpunkt deutscher Staatsräson.“ Er wiederholte den Satz im Mai 1984 an der Universität Oxford und fügte hinzu: „Das Wort ‘Staatsräson’ drückt mehr und intensiver aus, als man in einer Nomenklatur, einer Verfassungsordnung formulieren kann.“ Er interpretierte sie gleichfalls als Subordination unter eine fremde Autorität. Wie aber konnte Israel eine derart herausragende Stellung in der Selbstinterpretation des deutschen Staates erlangen?
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Deutschland militärisch, politisch und moralisch vernichtet. Besonders schwer schlug der Massenmord an den europäischen Juden zu Buche. Der erste Bundeskanzler, Konrad Adenauer, betrachtete es daher als eine vordringliche Aufgabe, eine Wiedergutmachung in die Wege zu leiten. Am 10. September 1952 unterzeichneten er und der israelische Außenminister Moshe Scharet in Luxemburg ein Abkommen über Leistungen für einen Zeitraum von 12 bis 14 Jahren in einem Gesamtumfang von 3 Milliarden D-Mark. Für Adenauer gingen moralische mit realpolitischen Motiven – Reputationsgewinn! – Hand in Hand. Ab 1956 wurde Israel unter strikter Geheimhaltung auch militärisch unterstützt.
Die Bundesregierung mußte dabei Rücksicht nehmen auf die Befindlichkeit der arabischen Staaten, die die deutsch-israelischen Kontakte mit Argusaugen beobachteten. Die DDR versuchte ihrerseits, mit einer dezidiert israelfeindlichen Haltung in den arabischen Ländern Sympathien zu gewinnen, um sie zu veranlassen, die diplomatische Blockade, die Bonn über den SED-Staat verhängt hatte, zu durchbrechen. Erst 1965 wurden zwischen Bonn und Tel Aviv diplomatische Beziehungen aufgenommen, worauf mehrere arabische Länder ihre Botschafter zeitweilig abberiefen.
Im Sechstagekrieg 1967 – Israels Präventivkrieg gegen Ägypten, Syrien und Jordanien – erklärte sich die Bundesregierung für politisch neutral. Doch bekundeten Sprecher der Regierungsparteien CDU/CSU und SPD, daß die neutrale Haltung „keine Gleichgültigkeit der Herzen bedeute“. Das war eine indirekte, aber deutliche Stellungnahme gegen die Vernichtungsdrohungen, die in der arabischen Welt gegen Israel ausgestoßen wurden. Die DDR ergriff Partei für „die um ihre Befreiung kämpfenden arabischen Völker“ und bezeichnete Israel als die „Speerspitze des US-Imperialismus“. Darin traf sie sich mit der radikalen Linken und Teilen der Studentenbewegung im Westen.
1969 wurde der Sozialdemokrat Willy Brandt zum Kanzler gewählt. Als erster Bundeskanzler reiste Brandt 1973 nach Israel. Zu einem proisraelischen Paradigmenwechsel aber kam es nicht. Dazu waren die politischen und wirtschaftlichen Kontakte zur arabischen Welt – insbesondere die Versorgung mit Erdöl – zu wichtig. Zudem war der Nahostkonflikt ein Nebenschauplatz der Ost-West-Konfrontation. Brandt, der die Entspannung mit dem Osten suchte, konnte und wollte es sich nicht leisten, die Sowjet-union, die auf seiten der Araber stand, zu desavouieren.
Im Jom-Kippur-Krieg 1973, der Israel zunächst an den Rand einer Katastrophe brachte, genehmigte er geheime Waffenlieferungen an den jüdischen Staat, doch die massenweise Verschiffung amerikanischen Kriegsmaterials über Bremerhaven führte zu einem schweren Konflikt mit der US-Regierung. Bonn pochte auf seine „vitalen Interessen“ und forderte kategorisch, die Lieferungen einzustellen. Sie gingen trotzdem weiter, aber der Konflikt zeigte, daß die Bundesrepublik in den Beziehungen zu Israel den realpolitischen Überlegungen Vorrang gab. Zwischen ihr und Israel, so Brandt, bestünden „normale Beziehungen mit besonderem Charakter“.
Einen psychologischen und politischen Einschnitt markierte die amerikanische Fernsehserie „Holocaust“ von Marvin C. Chomsky, die im Januar 1979 an vier Abenden auch über die deutschen Bildschirme flimmerte. Sie erzählte die Geschichte einer assimilierten jüdischen Familie aus Berlin, die im „Dritten Reich“ verfolgt, deportiert und größtenteils ermordet wird. Rund 20 Millionen Zuschauer, gut die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung, sahen mindestens eine Folge der Serie.
Das mediale Ereignis war Teil einer politischen Entwicklung, die in den USA eingesetzt hatte. Die Serie hatte dort im Jahr zuvor eine „Schocktherapie für die Entwicklung einer jüdischen Identität“ bewirkt. So heißt es im Buch „The Holocaust in American Life“ des amerikanischen Historikers Peter Novick (1934–2012).
Die jüdische Diaspora in den USA hatte für die Fokussierung auf den Holocaust zwei Gründe. Zum einen sollte sie den bedrohten Zusammenhalt ihrer Gemeinden sichern. Zweitens wurde damit Unterstützung für Israel mobilisiert, dessen Situation sich im Jom-Kippur-Krieg 1973 als fragil erwiesen hatte. Novick beschreibt mit vielen Details, wie die Israel-Lobby die Öffentlichkeit sowie staatliche und private Institutionen in den USA als Unterstützer gewann. Die „Amerikanisierung des Holocaust“ rückte den Mord an den europäischen Juden weltweit ins Bewußtsein und teilweise in eine religiöse Dimension.
Für die USA war das eine Gelegenheit, ihren globalen Machtanspruch ideologisch und moralisch zu flankieren. Die „ständige Konfrontation mit dem absolut Bösen gibt der amerikanischen Nation die immerwährende Möglichkeit, das Böse zu externalisieren und zugleich die Notwendigkeit der eigenen Mission, der freiheitlich-demokratischen Sendung, zu erneuern. Im Angesicht des Holocaust überzeugt sich die amerikanische Nation jeden Tag aufs neue, die einzig unersetzliche Nation der Welt zu sein“, schrieb der Amerika-Forscher Detlef Junker. Das historisch Böse aber verkörperte – Deutschland. Sein Verhältnis zu Israel wurde in den Augen der amerikanischen Öffentlichkeit zum Test für seine moralische Akzeptanz.
Das wiederum hatte massive Rückwirkungen auf die Bundesrepublik. Der Begriff „Zivilisationsbruch“ zur Bezeichnung einer singulären, absoluten Tat fand weite Verbreitung; eine „zweite Schuld“ – die jahrzehntelange Verdrängung dieses Bruchs – wurde proklamiert. Den Themenkomplex umgab fortan eine zivilreligiöse Aura. Das war die geistige und emotionale Ausgangslage vor dem Mauerfall.
Der ereignete sich ausgerechnet am 9. November 1989, dem 51. Jahrestag des Juden-Pogroms 1938. Die spontanen Reaktionen aus Israel waren panisch, Warnungen vor einem „Vierten Reich“ wurden laut. Man fürchtete dort, das nationale Freudenfest der Deutschen würde die Erinnerung an den Holocaust auslöschen und die israelfeindliche Haltung der DDR in die Nahostpolitik eines vereinten Deutschland einfließen.
Die Klärung erfolgte im Zweiten Golfkrieg 1990/91, mit dem eine Staatenkoalition unter Führung der USA die Besetzung Kuweits durch den Irak rückgängig machte. Eine aktive Beteiligung der Bundeswehr am Militäreinsatz war unmöglich. Dem Krieg entziehen aber konnte Deutschland, das seit dem 3. Oktober 1990 staatlich vereint war, sich nicht. Es geriet unter Druck, als bekannt wurde, daß deutsche Firmen an den Irak Waffen sowie Chemikalien geliefert hatten, die zur Fertigung chemischer Kampfstoffe geeignet waren. Israel erhielt unter anderem eine finanzielle Soforthilfe von 250 Millionen D-Mark. Auf Druck der USA wurde 1991 die Lieferung von Dolphin-U-Booten vereinbart.
Die Erklärung Angela Merkels, die Sicherheit Israels gehöre zur deutschen Staatsräson, war die Transformation der Zivilreligion in die Politik. Merkel hatte der alten deutschen Neigung nachgegeben, ein Faktum nicht realpolitisch, sondern „als Gegenstand ästhetisch-gefühlsmäßigen Interesses“ (Carl Schmitt) zu erfassen. Sich nun im Zustand romantischer Ergriffenheit bedingungslos mit einem Anderen zu identifizieren bis hin zur Beteiligung an Kriegen liefe auf eine vollendete politische Selbstaufgabe hinaus.
Andererseits wird Israel als Außenposten der westlichen Welt wahrgenommen, zu der auch Deutschland zählt. Es wäre von seiner Niederlage mitbetroffen. Für die Hamas, die Hisbollah und den Iran ist der jüdische Staat ein metaphysischer Gegner, der verschwinden soll. Falls aber – rein theoretisch – deutsche Bomben auf Teheran fallen, werden auch deutsche Städte brennen. Dafür bürgt die schrankenlose Einwanderung, die ebenfalls als zivilreligiöse Übung, als Holocaust-Buße, propagiert und geduldet wurde.
Bei Abstimmungen zu Nahost-Resolutionen in der UN-Vollversammlung hat Deutschland sich zuletzt der Stimme enthalten und den arabischen und den Ländern der Dritten Welt signalisiert, daß es sich die israelischen Positionen doch nicht bedingungslos zu eigen macht. Es ist das pragmatische Eingeständnis, daß sich aus historischer Schuld weder innen- noch außenpolitische Ewigkeitsklauseln und erst recht keine Staatsräson ableiten lassen.
Ist eine Rückkehr zu den „normalen Beziehungen mit besonderem Charakter“ möglich? Sind deutsche Politiker nach Jahrzehnten der Entwöhnung noch zu strategischem Denken und Handeln befähigt? Am ehesten werden sie sich in die Strategien einordnen, die in Washington und im Nato-Hauptquartier konzipiert werden. Unabhängigen Köpfen aber obliegt es, nüchtern zu prüfen, was sich aus seiner authentischen Staatsräson für die Beziehungen zu Israel ergibt. Zivilreligiöse Romantik führt zum Wirklichkeitsverlust und ins Nichts.
… Alles vom 30.8.2024 von Thorsten Hinz bitte lesen in der JF 36/24, Seite 18
https://www.junge-freiheit.de
Thorsten Hinz, Jahrgang 1962, studierte in Leipzig Germanistik, war JF-Kulturredakteur und ist heute freier Publizist. In der JF 34/24 schrieb er zuletzt über die Geschichte der Überwachung in der BRD („Am öffentlichen Pranger“).
Keine Staatsräson für ein fremdes Land
„Israels Sicherheit ist Staatsräson von Deutschland“ sagten Angela Merkel 2008 vor der Knesset und Olaf Scholz 2023 im Bundestag.
So wenig, wie es die Erbschuld eines Staates geben kann, so wenig kann ein Staat die Existenz eines anderen Staates zur eigenen Staatsräson erklären.
Deutsche können wohl verpflichtet werden, im Verteidigungsfall für Deutschland zu kämpfen. Deutsche können aber nicht verpflichtet werden, für einen Staat wie Israel oder die Ukraine zu kämpfen.
Deutsche können allenfalls genötigt werden, im NATO-Kriegsfall ein Mitgliedsland des Bündnisses zu unterstützen.
Den Vorschlag, die Einbürgerung von Migranten mit einem Bekenntnis zur Existenz Israels zu verknüpfen, sollte man überdenken. Er würde Migranten zur Heuchelei verleiten, um doch noch die Staatsbürgerschaft zu erlangen, und als Vorlage für eine Ausweitung auf Deutsche dienen.
31.12.2023
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Die deutsche Staatsraison droht leerzulaufen
…. Eine tragische historische Ironie hat das Versagen bei der kulturellen Integration der Muslime für Deutschland. Überall unter den Muslimen in Europa grassiert ein kruder Antisemitismus, und Deutschland ist hier keine Ausnahme. Bedingt durch die moralische Last der deutschen Verantwortung für den Holocaust hat aber die Ablehnung von Antisemitismus jeder Art in Deutschland eine besondere Bedeutung. Deutsche Politiker haben aus dieser Motivation heraus wiederholt die Sicherheit Israels zum Teil der deutschen Staatsraison erklärt. Dieses Sicherheitsversprechen ist in doppelter Weise brüchig:
Weltweit tritt nur eine Minderheit von Staaten – in erster Linie die USA, gefolgt von Deutschland – bedingungslos für die äußere Sicherheit Israels ein. Die USA agieren militärisch entsprechend. Deutschland hat hier nur wenige Hebel in der Hand. Selbst in der Europäischen Union ist es mit seiner Priorität für die Sicherheit Israels eher isoliert. Im Fall des Falles droht hier die deutsche Staatsraison leerzulaufen.
In Deutschland selber haben Politik und Gesellschaft der rapiden Ausbreitung des muslimischen Antisemitismus nur wenig entgegenzusetzen. Das zeigte sich in den letzten Wochen bei der Vielzahl der teils gewalttätigen und zahlreich besuchten Demonstrationen gegen das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen.
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Nicht nur in Deutschland, in ganz Europa kann man hier sehen, wie Quantität in Qualität umschlägt: Muslimische Einwanderer und ihre Nachfahren sind überall in großen Massen vertreten. Durch ihre Jugend, die Größe ihrer Familien und die ungebremste Zuwanderung von außen nimmt ihr demografisches Gewicht ständig und rapide zu. Für Juden ist es dagegen unmöglich geworden, sich in zahlreichen Stadtvierteln Berlins öffentlich mit einer Kippa zu zeigen. Auf jeden Juden in Deutschland kommen fünfzig Muslime, und das Zahlenverhältnis verschiebt sich ständig weiter zugunsten der letzteren.
In der täglichen antisemitischen Propaganda aus der islamischen Welt ist es mittlerweile zur Standardformulierung geworden, dass Israel an den Palästinensern im Gazastreifen einen „Genozid“ verübe. Diese Gleichsetzung von Bombenopfern mit dem Holocaust ist nicht nur krass antisemitisch. Sie verkennt auch Ursache und Wirkung. Die Palästinenser im Gazastreifen haben zugelassen, dass sie von der Hamas geführt werden. Das ist ihre Schuld – genauso wie es die Schuld der Deutschen war, dass sie 1933 die Nazis an die Macht ließen und 12 Jahre lang ihrer Führung folgten. Der Gründer der Muslimbrüder und geistige Vater der islamistischen Hamas, Hassan al-Banna, war übrigens ein glühender Antisemit und verehrte Adolf Hitler.
… Alles vom 9.11.2023 von Thilo Sarrazin bitte lesen auf
https://www.achgut.com/artikel/die_deutsche_staatsraison_droht_leerzulaufen
Staatsräson und Israel
„Der Begriff der Staatsräson oder Staatsraison bedeutet das Streben nach Sicherheit und Selbstbehauptung des Staates mit beliebigen Mitteln. In diesem Sinn ist die Staatsräson einzig der Aufrechterhaltung des funktionierenden Staatsgebildes verpflichtet. Eine neuere Interpretation ist die Staatsräson als die Forderung, dass der Staat sich gegen Verbrechen erfolgreich durchsetzen muss, um u. a. Erpressung und Nachahmung zu verhindern“ (aus Wikipedia). Mit dieser Definition ist eigentlich nur der eigene Staat gemeint. Aber da sind wir an einem wunden Punkt. Die Staatsräson soll Israel gelten – als ob wir Blutsbrüder seien.
Leider wird zu oft betont, wir seien das unserer besonderen Geschichte schuldig. Nur wegen dieser? Wäre es nicht viel besser, wir würden aus Gründen der Menschlichkeit an der Seite Israels stehen, dem einzig demokratischen Land in Nahost, umgeben von autoritären und terroristischen Ländern, die ihm und allen Bewohnern das Existenzrecht absprechen. Ich kenne unsere Geschichte bestens, habe aber andere politische und humanistische Gründe, mich für Israel stark zu machen. Wer nur aus Gründen „unserer Geschichte“ in Sonntagreden Israel Beistand bekundet, ist meines Erachtens ein unsicherer Kantonist, der seine Fahne in den Wind hängt, sobald die größte Gefahr vorüber ist. Und der nur sein schlechtes Gewissen bedient, aber nicht den Judenstaat an sich meint. Ergänzend zu empfehlen Der andere Blick der Schweizer NZZ.
31.10.2023, Albrecht Künstle, https://die-andere-sicht.de/
Nachdenken über eine deutsche Position im Nahost-Konflikt
Die Frage nach einer Stellungnahme von unserer Seite zum Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern wird drängend gestellt. Grund dafür ist die kompromißlose Solidarisierung der deutschen Politik mit Israel. Diese Solidarisierung beschränkte sich nicht auf Äußerungen der Bestürzung über den brutalen Angriff der Hamas und die Tötung von Zivilisten, sondern erfolgte hastig und hat Folgen: Sie würgt den naheliegenden Gedanken ab, daß für Nichtbeteiligte in diesem Krieg jede Seite die falsche sein könnte.
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5. Die deutsche Position
Ist solches Vorwissen (und die vier Punkte sind ja nur ein Aufriß) notwendig, um eine deutsche Position zu formulieren? Unbedingt: Es sollte uns verdeutlichen, daß wir es mit einem schwelenden Krieg zu tun haben, zu dessen Lösung wir nicht beitragen können, für dessen Ursprung wir nicht verantwortlich sind, dessen Folgen uns aber sehr wohl zur Formulierung eigener Interessen zwingen.
Der deutsche Staat ist, wenn auch auf andere Weise, ebenfalls in seiner Existenz bedroht und bereits jetzt in einem zerrütteten Zustand. Im Gegensatz zu Israel hat Deutschland den Volksbegriff kriminalisiert und die Fragmentierung und Multikulturalisierung seiner Bevölkerung betrieben. Wovor wir warnten, wird nun sichtbar, erneut: Es kommt zu Mobilisierungen auf deutschem Boden, zu Gewaltentladungen, einer Aushöhlung der inneren Sicherheit, und wir werden gezwungen, uns dazu zu verhalten.
Deutsches Interesse muß es sein, jeden weiteren Flüchtlingsstrom zu verhindern, die Frage nach der Loyalität der bereits Eingewanderten zu stellen und das Konfliktpotential stetig und konsequent zu verringern.
In diesem Zusammenhang muß auf ein Problem hingewiesen werden: Es sind starke jüdische Lobbyorganisationen hierzulande, die die Destabilisierung der Bundesrepublik Deutschland durch Masseneinwanderung unterstützt haben, und zwar mittels moralpolitischer Intervention – geschichtspolitisch aufgeladen und auf eine Weise, die notwendige Diskussionen im Keim erstickte.
Im allgemeinen sind Juden in Israel mehrheitlich nationalistisch, in der Diaspora mehrheitlich “multikulturell”. Aber auch dann, wenn sie eher Positionen wie die unseren vertreten, ist Pro-Israel immer im Paket dabei – prominente Beispiele aus Frankreich sind Alain Finkielkraut und Éric Zemmour.
Es ist in unserem Interesse, auch hier die Frage nach der Loyalität zu stellen. Deutsche Interessenspolitik könnte mit Blick auf den Nahen Osten auf doppelte Standards und auf das selbstverständliche Recht jeder souveränen Nation hinweisen, der Herr im Eigenen zu bleiben und sich das eigene stabile Haus nicht unterminieren zu lassen. Unter dem Eindruck der ebenso verfahrenen wie brutalen Lage in Israel und der Hilflosigkeit der Diplomatie sollten wir die Frage stellen dürfen, warum wir ohne Not aus unserem Land Aufmarschgebiete für Konflikte machten, die unsere nicht sind.
Das ist mit der Erkenntnis gemeint, daß jede Seite die falsche sei. Sie ist es emotional und aufgrund jemeiniger Lage nicht. Sie ist es aber auf Staatsebene, wenn unfreie Solidarisierung uns dazu zwingen wird, mit Folgen zu leben, die sich gegen unser Interesse richten. Wenn wir aus dem uns sehr viel näherliegenden Ukraine-Krieg eines gelernt haben, dann doch dies: Wir gehen aus diesem Krieg mit einem zerrütteten Verhältnis zu Rußland, einer absurden Versorgungslast von Millionen Ukrainern (von denen die meisten dieser Versorgung nicht bedürfen) und zerstörter Infrastruktur heraus – und mit der Erkenntnis, daß wir noch nicht einmal nach den Verursachern dieser Zerstörung suchen durften.
… Alles vom 17.10.2023 von Götz Kubitschek bitte lesen auf
https://sezession.de/68248/nachdenken-ueber-eine-deutsche-position-im-nahost-konflikt
Götz Kubitschek ist Verleger (Antaios) und seit 2003 verantwortlicher Redakteur der Sezession.
Einige Kommentare:
Danke für diese sehr gute Analyse und die m. E. einzig richtige Schlußfolgerung, daß es auch diesmal nicht unser Krieg ist. – Es wäre wünschenswert wenn auch andernorts in diesem Land diesbezüglich mehr Analyse als Hysterie stattfände. B.A.
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Ich sehe keine starken jüdische Lobbyorganisationen die in Deutschland etwas mit der Destabilisierung durch Einwanderung zu tun gehabt hätten. Ich sehe hier überhaupt keine jüdische Lobbyorganisationen
Der Zentralrat der Juden ist irrelevant, sowohl unter Juden als auch in Deutschland allgemein. Es ist eine rein mediale Organisation zur Unterstützung der regierenden Meinung.
Die deutschen Juden waren bis in die 80er sehr zurückhaltend, weil sie sehr wenige waren. Seit den 90ern sind die jüdischen Gemeinden fest in russischer Hand, da die Anzahl der russischen Juden die der Deutschen bei weitem übersteigt.
In den USA ist es anders, da gibt es starke, aktive jüdische Lobbyorganisationen, sowohl für Demokraten als auch Republikaner.
Aber hierzulande läuft die Diskussion über Israel und Juden weitgehend ohne Juden ab. In den medien gibt es ha auch immer nur dieselben paar Berufsjuden die sagen was man von ihnen erwartet. A.S.
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Bei aller teilweisen Richtigkeit der Argumentation ist hier doch erschreckend die völlige Ahnungslosigkeit gegenüber dem Islam. Die so genannten Palästinenser (also Araber, die zur Zeit des britischen Protektorats im Gebiet Palästinas gelebt haben) sind (die christlichen Palästinenser nehme ich aus) ebenso wie alle Moslems NICHT deshalb gegen Israel und die Juden, weil diese irgendetwas getan oder nicht getan haben. Es geht deshalb nicht primär um Landnahme o. ä., denn Moslems gehört prinzipiell die ganze Welt; der jetzige Zustand ist für Moslems nur provisorisch, übrigens auch in Deutschland … A.K.
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Ich bin kein Experte und kann vor diesem Beitrag hier nur erzittern, wie treffend das analysiert wurde. Jedoch sehe ich persönlich eine Ähnlichkeit zwischen der Lage in Nahost und Deutschland: Beide Länder mussten und müssen sich die Frage stellen: Was machen wir mit diesen Menschen? Oder besser: Wie gehen wir mit diesen Menschen um? Israel sah sich mit dieser Frage bzgl. der Palästinenser konfrontiert, Deutschland hinsichtlich der Flüchtlinge/Asylbewerber. Beide Länder versuchten es mit extremer Ignoranz. Nur, es sind Menschen. Menschen haben die Tendenz Parallelgesellschaften zu bilden, ja. Aber nur freiwillig. Sie haben etwas dagegen, zwangsweise in einer Parallelgesellschaft zu leben, man könnte auch sagen Ghetto. Man kann sie nicht ewig ignorieren, einsperren und ausgrenzen. Zumal sie sich ganz natürlich auch vermehren, so wie das eben auch urmenschlich ist. Es ist somit eine Frage der Menschlichkeit, auf diversen Ebenen. Was wollen Menschen? Was wird natürlicherweise passieren, biologisch und psychologisch, und daraus dann resultierend, politisch, wenn man diese oder jene Bedingungen schafft oder diese oder jene nicht schafft. mon
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Solche rationalen und von realpolitischer Vernunft getragenen Stellungnahmen versöhnen einen Libertären dann doch wieder für einen Moment mit der Neuen Rechten und ihrer jeihrigen Vorliebe für einen formenden und Gestalt gebenden – sprich: paternalistischen und umverteilenden – deutschen Staat. Ord
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