Friedensdemo uebt Gewalt aus

Für Frieden demonstrieren, aber Gewalt ausüben: In der Nacht von Sonntag, 30. auf Montag 31. Dezember 2013 wurde die St. Barbara Kirche mit pinken Schriftzügen besprüht. Messner Richard Funk traute seinen Augen nicht, als er am Morgen des 31.12.2013 die Kirchenwände sah. Rund um die Außenmauern der St. Barbara-Kirche, am Turm und am Gemeindeheim prangten 13 politische Pa­ro­len, die Unbekannte mit leuchtend-pinker Farbe auf die Wän­de gesprüht hatten. Ganz offensichtlich bezogen sich die Parolen auf das Adventskonzert des Luftwaffenmusikkorps 2 der Bundeswehr (LMK 2), das am Dienstag, 10. De­zember 2013 in der St. Barbara-Kirche stattgefunden hat.

Das Adventskonzert des Luftwaffenmusikkorps 2 der Bun­des­wehr findet bereits seit 1994, auf die damalige Initiative von Pfarrer i.R. Wichert hin, in der St. Barbara-Kirche statt. „Im Jahr 2012 fand das Konzert zum 20. Mal statt“, so Oberst­leutnant Michael Becker und wurde „erstmalig An­lass für Protestaktionen.“ Dazu hatte der „Arbeitskreis gegen Krieg und Militarisierung (AKM)“ aufgerufen.
Treffpunkt einiger Protestierer am 10. Dezember war um 18.00 Uhr das KuCa in der Höllenstraße, die sich u.a. laut­stark dagegen aussprachen, „eine kulturelle Veranstaltung durchzuführen und die Bundeswehr als einen ‚normalen‘ Teil der Gesellschaft darzustellen.“
Zuvor hatte der AKM Pfarrer Kienzler am 25. November in einem offenen Brief aufgefordert, „das Konzert, das nicht mit einem ‚Fest der Liebe‘ zusammenpasse, ab­zu­sagen“, denn, „als Gastgeber dieses Konzerts leisten Sie der Bundeswehr Hilfestellung, die Gesellschaft an Krieg und seine Folgen zu gewöhnen.“
Auf Grund der „Ankündigungen im Internet und Rück­sprache mit der örtlichen Polizeidienststelle wurde man nicht von der Protestversammlung überrascht“, führt Oberst­leutnant Becker weiter aus. Auch konnte das Kon­zert wie geplant durchgeführt werden und „die Kameradinnen und Kameraden spielten gänzlich ungerührt“. Nach Aus­kunft des Leiters Luftwaffenmusikkorps 2, Major Mar­tin Wehn, sagt Becker, „ziehen er selbst und seine Musiker­inn­en und Musiker es zwar vor, ihren Auftritt in friedlicher At­mosphäre vorzubereiten, doch tut der Protest der Quali­tät des Auftritts keinerlei Abbruch.“
Pfarrer Johannes Kienzler meint: „Pazifistischer Protest müsse doch ohne Polizei auskommen können. Bedenklich sei auch, dass das Anliegen der Gruppe, für Frieden ein­zu­steh­en, im Kontrast dazu stehe, dass Menschen, die das Kon­zert friedlich besuchen wollten, geschubst, angerempelt, verbal angegangen, ja eingeschüchtert und massiv auf­ge­fordert wurden, das Konzert nicht zu besuchen.“
Nach seinen Gefühlen und Gedanken zu den Schmierereien befragt, äußert Pfarrer Kienzler einfach „Unverständnis“, die ganze Geschichte stimme ihn eher „traurig“, denn wie vertrage sich Gewalt, auch gegen Sachen, mit dem for­mu­lierten pazifistischen Anspruch? Weiter führt Pfarrer Kienzler aus: „ Wir leben zum Glück in einem Land freier Meinungsäußerung, das finde ich gut und wichtig, hier aber wurden auch religiöse Gefühle ver­letzt. Grenzen werden nicht akzeptiert, Werte nicht to­ler­iert, denn die Bundeswehr ist Teil der Gesellschaft und was wäre das für ein Frieden, der religiöse Gefühle nicht ak­zep­tiert?“

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Pfarrer Kienzler selbst hat seinen Wehrdienst von 1987 bis 1988 in Pfullendorf abgeleistet, aus dem Gedanken heraus, Dienst an der Gesellschaft zu leisten, die sich damals noch im Kalten Krieg befand. Aus seiner Zeit als Kaplan in Sig­ma­ringen, wo er für die Kinder- und Jugendarbeit zuständig war, weiß er, was es für eine Familie bedeutet, wenn der Vater in einem Krisengebiet, wie dem Kosovo, Dienst tun müsse, welche Sorgen in den Familien herrschen und was es heiße, ohne den Vater Weihnachten zu feiern.

Der Dank von Pfarrer Kienzler richtet sich besonders an den Malerbetrieb Clemens Zanger aus Ebnet, der noch am 31. Dezember die Parolen entfernt hat, „das hat er ganz genial gemacht!“ Der durch das Adventskonzert ein­ge­spielte Spendenerlös von 1.324,66 Euro wird zur Hälfte an das Soldatenhilfswerk überwiesen, um Familien gefallener Sol­daten zu unterstützen, die andere Hälfte wird von der Pfarr­gemeinde St. Barbara für soziale Zwecke eingesetzt. Die Unkosten, die durch die Protestparolen am Gebäude ent­standen sind, werden aus dem Pfarrhaushalt bezahlt wer­den müssen.

Ob es im Jahr 2014 ein weiteres Adventskonzert in der St. Barbara-Kirche geben wird, kann noch nicht gesagt wer­den. Eines ist nach Oberstleutnant Michael Becker aller­dings sicher: „Zur Neuausrichtung der Bundeswehr und der daraus resultierenden Auflösung einiger Musikkorps ge­höre auch das LMK 2, es werde mit dem 31. März 2014 außer Dienst gestellt!“
„Über ein Konzert in der St. Barbara-Kirche“, so Pfarrer Kienzler, „wird dann gegebenenfalls der Kirchengemeinderat entscheiden, alles ist im Moment offen, aber, ein­schüch­tern lassen wir uns sicher nicht.“

10.2.2014, Beate Kierey, Littenweiler Dorfblatt

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