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Carolin Emke: Kritik an Juden ist antisemitisch, an Klimaforschern auch
Wenn Hohepriester Elitenkritik für eine ganz schlechte Sache halten
Die Debatte um Carolin Emckes Verwendung des Wortes „Juden“ beißt sich an einer Nebenfrage fest. Auch ohne diesen Begriff wäre ihre Rede autoritär und antiaufklärerisch gewesen. Damit passt sie allerdings gut in die Zeit
…
Die Passage, um die es geht, lautet:
„Die radikale Wissenschaftsfeindlichkeit, die zynische Ausbeutung sozialer Unsicherheit, die populistische Mobilisierung und die Bereitschaft zu Ressentiment und Gewalt werden bleiben. Es wird sicher wieder von ‚Elite’ gesprochen werden und vermutlich werden es dann nicht die ‚Juden’ und ‚Kosmopoliten’, nicht die ‚Feministinnen’ und ‚Virolog*Innen’ sein, vor denen gewarnt wird, sondern die Klimaforscher*Innen.“
Der Kontext, in dem bekanntlich alles zu sehen ist, gibt leider nicht her, wer radikaler Wissenschaftsfeind ist, zynisch ausbeutet, mobilisiert, von Elite in Anführungszeichen spricht und vor weiteren teils gegenderten, teils ungegenderten Personengruppen warnt. Ressentiment, Gewalt, Sprechen und Warnen – alles sehr verschiedene Dinge – fließen in dieser Passivkonstruktion zu einem einzigen Sulz ineinander.
Die Kritik an Emcke und dem zuhörenden Spitzenpaar Annalena Baerbock und Robert Habeck entzündete sich bekanntlich daran, dass ein ungenannter Feind Elitenkritik üben wird, dann aber nicht wie früher vor Juden und Kosmopoliten warnen will, sondern vor Klimaforschern. Der Satz fädelt also Juden, Kosmopoliten und Klimaforscher auf die gleiche Schnur. Er vergleicht nicht, er sagt nicht, Klimaforscher würden heute so verfolgt wie Juden früher, suggeriert aber, diejenigen, die heute etwas gegen Klimaforscher vorbringen würden, ähnelten den früheren Judenfeinden. Was Emcke sagt, suggeriert also, rührt zusammen, reiht Signalwörter auf. Eine deutlich die Judenverfolgung bagatellisierende Aussage gibt es trotzdem nicht, und zwar aus einem Grund: Dem Satz fehlt von vornherein jede deutliche Aussage. Seine Satzglieder hängen schief aneinander wie die Waggons eines entgleisten Zuges. Das macht es den wohlmeinenden Exegeten leicht, Carolin Emcke gegen den Vorwurf des rhetorischen Spieltricks zu verteidigen. Jedenfalls kostet es weniger Mühe, als in Maaßens ‚Globalisten’ Spurenelemente von Antisemitismus nachzuweisen. Diejenigen aus Medien- und Politikbetrieb, die sich gerade darum bemühten, den CDU-Politiker zum Kryptoantisemiten zu machen, und sich jetzt darüber beklagen, Emckes Wort würde aus dem Kontext gerissen, erinnern ein bisschen an Capitain Renault in „Casablanca“, der in seinem Stammcasino ausruft, als die Razzia beginnt: „Ich stelle fest, hier wird Glücksspiel betrieben. Ich bin entsetzt, schockiert“, während er sich schnell seine Jetons in die Tasche stopft. Auch ohne Verwendung des Wortes ‚Juden’ wäre Emckes Satz ein intellektueller Unfall.
….
Die Benutzung des Signalworts ‚Juden’ ist da nur noch eine Extrazutat. Wer konstruierte Gebilde wie die Wissenschaft oder den Feminismus kritisiert, aber auch und vor allem, wer einzelne Vertreter der linksmoralischen Kaste nicht ohne weiteres als Priester anerkennt, soll mit diesem rhetorischen Trick auf eine moralische Stufe mit Antisemiten gedrückt werden. Das verkündet Emcke wie gesagt nicht explizit, weil explizites Reden nicht ihre Sache ist. Aber sie weiß wie eine Hütchenspielerin genau, welchen Subtext sie hin und her bewegt. Sie benutzt die gleiche Methode wie kürzlich die Vorsitzende der Amadeo Antonio-Stiftung Anetta Kahane, die vor der Bundespressekonferenz verkündete, Kritik beispielsweise an Bill Gates sei „Verschwörungstheorie“ und „strukturell antisemitisch“; ihr Zirkelschluss lautete: Kritik an Gates ist verschwörungstheoretisch, Antisemitismus ist im Kern eine Verschwörungstheorie (was tatsächlich zutrifft), also ist jeder, der etwas gegen den Microsoft-Gründer vorbringt, ein abgeleiteter Antisemit.
Es dient der Klarheit des Denkens enorm, sich das Kategorienverhältnis bewusst zu machen, am besten mit dem Lehrsatz: Alle Dackel sind Hunde, aber nicht alle Hunde sind Dackel. Es gibt Verschwörungstheorien über und zu Bill Gates – aber längst nicht jede Kritik an ihm ist eine Verschwörungstheorie. Es gibt eine Menge antisemitischer Aussagen über George Soros. Aber nicht jede Kritik an Soros ist antisemitisch. Es finden sich auch allgemein verschwörungstheoretische und antisemitische Töne in Äußerungen gegen Eliten. Das macht aber noch lange nicht jede Elitenkritik zu etwas Verschwörerischem und Antisemitischem. Es kommt auf die Kritik an.
Die Ansicht, dass Eliten Kritik an sich ertragen müssen, ist gerade eine Frucht der Aufklärung. Das gilt auch, wenn Elitenpositionen heute im Westen überwiegend linksmoralisch besetzt sind. Gates und Soros sind ohne Zweifel Personen, die nicht nur viel Geld in ihren Händen konzentrieren, sondern auch ungewöhnlich viel Macht. Dazu kommt, dass sie kein durch Wahlen gewonnenes Mandat besitzen. Kritik an Mächtigen ist das Kennzeichen offener Gesellschaften. Macht ohne Mandat eher nicht.
In ihrer eingespielten Rede zum Grünen-Parteitag behauptet Emcke, Aufklärung und Rationalität zu verteidigen. Tatsächlich betreibt sie das exakte Gegenteil: Sie versucht, eine Funktionselite von Wissenschaftlern zu sakralisieren und die Kritik an ihr zu verketzern.
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Über das Klima im Land sagt es sehr viel, dass sich das Kommentariat an der Nebenfrage festbeißt, ob die Aufreihung von ‚Juden’ in Emckes Rede vertretbar, antisemitsmusverharmlosend oder sogar antisemitisch war, und dabei die zentrale Frage übersieht, willentlich oder aus Unvermögen, dass ihre Botschaften antiaufklärerisch und autoritär sind. Und dass sie es auch ohne das Wort ‚Juden’ wären
… Alles vom 18.6.2021 von AlexanderWendt bitte lesen auf
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/carolin-emcke-elitenkritik/
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Einige Kommentare:
Grünlinke Elite dominiert die geistige Elite
Nachdem die wahre geistige Elite, die noch zu dieser scharfen Logik fähig ist, von einer selbst ernannten Elite lautstark und erfolgreich diffamiert wird, sehe ich so gut, wie keine Chance die Dekadenz unserer historisch gewachsenen Werte zu verhindern. Es kommt, wie es kommen muss, erst wenn alles in Trümmern liegt, weil sich die Pseudo-Elite sich selbst zerfleischt, nachdem der Feind der Antifa nicht mehr existent scheint, wird man sich besinnen und erkennen, was verloren ging.
18.6.2021, J.W.
Geistige Elite schweigt
Es gibt eine berechtigte Angst: Die Angst vor dem Schweigen derer, die wissen, wo die Reise endet, wenn despotistische, dumpf-eitle Propheten die Führung überlassen wird. Es ist immer wieder die Feigheit, die durch Unterlassen das zukünftige Grauen hervorbringt.
18.6.2021, G.F.
Allein die Lektüre dieses tollen Artikels, der den selbsternannten „Eliten“ schonungslos den Spiegel vorhält, bringt mir viel mehr, als fünf Stunden Baerbock-Geschwurbel oder Restle-Propaganda. Ohne TE wäre die Medienlandschaft so viel ärmer. Viele Aspekte sind bemerkenswert, z. B. die unfassbare Ansage Baerbocks, dass Politik nicht fragen solle, „ob das geht“, sondern einfach mal machen solle (so wie von Merkel praktiziert bei Einwanderungs- und Energiepolitik, mit üblen Konsequenzen). Rausgreifen möchte ich Emckes Gerede über den „Zusammenhang von Demokratie und Wahrheit“. Denn in meinem Kopf spielte sich sofort eine Assoziation ab, wie sie bei vielen medial dressierten Bürgern ablaufen dürfte:
Demokratie = linksgrüne Haltung = Wahrheit
Linksgrüne stehen für funktionierende Demokratie, sie verteidigen sie gegen Angriffe von „rechts“. Demokrat ist, wer Blockparteien wählt. Nur Linksgrüne kennen und sagen die Wahrheit, nur ihnen kann man vertrauen. Schlimm, wie automatisch solche Denkmuster sogar bei mir als TE- und Achse-Leser
18.6.2021, Lot
…. die selbsternannte linke Elite ist unkritisierbar
Am Elitenbegriff wäre das Missverständnis zu klären, dass mit der kritisierten Elite keine qualitativ wahre Elite gemeint ist, sondern das, was sich selbsternannt für Elite hält. Ich sehe in diesem Dünkel eine Fortsetzung der Tradition deutschen Überheblichkeitsgebarens, an dem schon wieder die ganze Welt genesen soll. Wenn sie doch endlich mit offenen Augen und elitegemäßem Verstand begreifen würden, dass sie letztendlich damit niemanden glücklich machen, allenfalls hässlichen Mitmenschen ein „moralisches“ Alibi verschaffen für das Öffnen ihrer Ventile, womit sie auf andere Menschen losgehen.
18.6.2021, H.W.
Elite sichert ihrer totalitäre Meinungshoheit
Hervorragende Analyse, Herr Wendt. Einer sich selbst zur Elite erklärenden Gruppe geht es um Erhalt und Sicherung ihrer totalitären Meinungshoheit. „Wer selber denkt, der denkt verkehrt“, lautet das neue Motto dieser selbsternannten Priester der einheitlichen, vereinheitlichten Meinung. Das Volk soll ihnen gläubig folgen. Wer selber denkt, wird zum Verschwörungstheoretiker. Es geht schließlich um Glauben und nicht um überprüfbares Wissen. Die hart erkämpften, freiheitlich demokratischen Rechte der Aufklärung sollen ausgehebelt, rückgängig gemacht werden.
18.6.2021, Hof
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Hypermoralisten oder Neo-Jakobiner
Das Grundproblem dieser Art von Linken, die man lieber Hypermoralisten oder Neo-Jakobiner nennen sollte, ist, dass sie extreme Idealisten sind und das Fühlen über die Vernunft stellen. Für sie ist richtig und wahr, was bei ihnen gute Gefühle auslöst (Flüchtlingskrise, Helfersyndrom). Über die wahren Hintergründe realer Mißstände darf nicht gesprochen werden, sobald dadaurch die guten Gefühle verletzt werden oder beliebte Feindbilder sich als trügerisch herausstellen.
So ist natürlich beim Thema Wohnen an den immer höheren Kosten der „Miethai“ oder generell der Kapitalismus schuld, nie die Nullzinspolitik der EZB oder die immer teureren Bauvorschriften der Politik. Von Wohnraummangel durch Bevölkerungswachstum (Migranten/Flüchtlinge) ganz zu schweigen. Das im Schnitt niedrigere Vermögen der Deutschen in ihrem ach so reichen Land gegenüber den Bewohnern offiziell ärmerer Staaten wie Griechenland oder Italien wird in diesem Bezug lieber nicht erwähnt. Es könnte ja der Eindruck entstehen, dass die deutsche Politik die üppigen Steuergelder der Deutschen mißbraucht, um Löcher der heiligen Institution EU zu stopfen bzw. der offiziell ärmeren Staaten mit ihren reicheren Bürgern. Nur zwei Beispiele von vielen.
Also wird verzerrt, vertuscht und abgelenkt, wo es nur geht. Spricht jemand doch die unangenehme Wahrheit aus, kommen Diffamierung und Cancel Culture zum Tragen. Damit kommt man immer durch. Das wird sich auch nicht ändern, solange diese Leute an der Macht sind. Und freiwillig werden sie davon nicht ablassen, warum auch? So war es immer mit der Macht.
18.6.2021, Jan
Zentrale Aussage. Wer Grünlinks kritisiert, ist Antisemit
„Wer konstruierte Gebilde wie die Wissenschaft oder den Feminismus kritisiert, aber auch und vor allem, wer einzelne Vertreter der linksmoralischen Kaste nicht ohne weiteres als Priester anerkennt, soll mit diesem rhetorischen Trick auf eine moralische Stufe mit Antisemiten gedrückt werden.“
Solcherlei Mobbing gehört zum strukturellen, linksgrünen Handlungsschema „Diffamieren und Stigmatisieren“.
18.6.2021, St.B.
Frau Emckes Einlassungen sind nicht deshalb verkehrt, weil sie das Wort Jude gebraucht. Sie sind verkehrt, weil sie in Elitenkritik nichts sieht als „radikale Wissenschaftsfeindlichkeit, … zynische Ausbeutung sozialer Unsicherheit, … populistische Mobilisierung und die Bereitschaft zu Ressentiment und Gewalt…“
Ich, als Elitenkritiker, sehe die von ihr beschriebenen Attitüden viel eher auf Seiten der sogenannten Eliten, zu denen sie spricht.
18.6.021, M.S.
Frau Dr. Emcke ist zu intelligent, dass sie nicht wüsste, was sie zum Ausdruck bringen will.„In unserer Gesellschaft breitet sich eine wirklich fiese Selbstgerechtigkeit ideologisch aufgeladener und in moralischer Selbsterhöhung verirrter Menschen aus, die enormen gesellschaftlichen Sprengstoff birgt.
Sie fordern zwar das Akzeptieren, ja sogar den Führungsanspruch ihrer eigenen Position, sind gegenüber anderen Meinungen und Einstellungen aber entsetzlich unfrei und verkrampft.“ Ein treffender Kommentar aus der Braunschweiger Zeitung zur „heldenhaften “ Greenpeace-Bruchpilotenaktion, der auch auf das allgemeine politische Klima im Jahre 16 Merkels anzuwenden ist. Es wird wirklich gefährlich.
18.6.2021, Les
Parallelen zur beginnenden Judenverfolgung?
Auch mir drängen sich in der heutigen politischen Atmosphäre Parallelen zur beginnenden Judenverfolgung vor und zu Beginn der der Nazi-Herrschaft auf: Ablehnung von Personen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit, Kontaktschuld, Konformismus, Schweigen aus Furcht vor Ausstoßung, Boykotte und Cancel Culture… Wir haben es mit den gleichen oder jedenfalls sehr ähnlichen psychischen Mechanismen zu tun, etwa der Mobilisierung des Ekelgefühls im politischen Kampf. Der Hinweis auf diese Parallelen ist keine „Verharmlosung des Holocausts“. Er ist vielmehr eine Warnung, wie gefährlich der Gebrauch dieser psychischen Mechanismen ist. Im übrigen fängt Judenfeindlichkeit nicht erst mit der Judenvernichtung an.
18.6.2021, M.S.
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Wir befinden uns in einem Wettlauf:
Übernehmen Leute wie Emcke endgültig die Macht in Deutschland oder fliegt der Laden vorher durch exzessives Gelddrucken der Notenbanken auseinander?
Fakt ist leider, „der Westen“ hat fertig. Abgewirtschaftet, in spätrömischer Dekadenz versunken…..
18.6.2021, Par
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