Vor 700 Jahren, am 14.9.1321 starb Dante Alighieri in Ravenna. Aus diesem Anlaß hat die Österreichische Choreographin Florentina Holzinger auf der Ruhrtriennale in Duisburg „A Divine Comedy“ inszeniert. Mit viel nackten Frauenkörpern, Farbe, Toilettenhäuschen, Technomusik, Särgen und Feuer, wie es der Hölle so geziemt. Vom Tanzen gemäß Dante’s Totentanz allerdings keine Spur. Es geht darum, ein Werk zu verhunzen, im Sinne der Cancel Culture sozusagen.
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In „La Divina Commedia“ stellt Dante seine Traumreise durch die Hölle (Inferno), den Läuterungsberg (Purgatorio) hin zum Paradies (Paradiso) dar- erstmals nicht in lateinischer Sprache, sondern auf Italienisch, weshalb Dante auch heute noch in Italien als größter nationaler Dichter gilt. Darüber hinaus ist die „Göttliche Komödie“ Teil des Weltkulturerbes der Unesco – unzensiert, also exakt so, wie in den Jahren 1312 bis 1321 niedergeschrieben. Und nun geht es diesem anerkannten Weltepos im Zuge der Cancel Culture an den Kragen:
1) Dante’s „Göttliche Komödie“ wird umgeschrieben,
indem man alle diejenigen Textstellen aus dem Jahr 1312 mit Bezug zum Propheten Mohammed cancelt bzw. löscht, die Muslime bzw. den Islam im Jahr 2021 beleidigen könnten.
Nach dem im Frühjahr verstorbenen Jürgen Liminski geht es dabei um eine „Selektive Neuschreibung der Vergangenheit“, um „eine ganze Reihe jüngster Ereignisse, die Filme, Bücher und schulische und universitäre Lehrpläne betreffen: die Durchsetzung einer Cancel Culture, die all das vorschreibt, was ‚Gefühle verletzen‘ kann – hier die Gefühle der Muslime.“ Liminski zitiert Stimmen aus Le Figaro, die monieren, daß die Cancel Culture „sich ausschließlich gegen all das richtet, was das abendländische Erbe ausmacht, was man wohl eine Form des kulturellen Selbstmordes nennen müsste“.
2) Dante’s „Göttliche Komödie“ wird verhunzt.
Jüngstes Beispiel ist die eingangs erwähnte Theateraufführung in der Ruhrtriennale. Bettina Schulte (s.u.) schreibt dazu zu recht: „Die gehypte Choreographin hat sich an einem Werk der Weltliteratur ganz offensichtlich verhoben. Ein paar Aktionen hier, ein bisschen Happening dort, glimmendes Feuer auf der Leinwand und kindische Kalauer auf der Bühne: Das ist viel zu wenig für den kosmischen Ab- und Aufstieg eines der größten Dichter des Abendlandes. Das hat Dante Alighieri nicht verdient. Das Publikum in der ausverkauften Kraftzentrale war trotzdem begeistert.“
Das Bedenkliche ist nicht die billig effekthascherische Bezugnahme der Choreographin auf Dante’s „Göttliche Komödie“, sondern die Begeisterung, die dieses Verhunzen eines Weltkulturerbes beim anscheinend verblödeten und vom Hass auf die eigene Kultur geprägten Publikum auszulösen vermag. Ein Zeichen von Kulturverlust, Unterwerfung oder gar Dekadenz?
Gute Theaterleute sind rar. Da zieht immer noch das altbekannte Muster: Mangels eigener Kreativität greift man auf große Dichter und Denker zurück, wie hier auf Dante Aligeri, um deren Ideen als „moderne Interpretation“ gewinnbringend auf die Bühne bringen zu können – gerne mit Sex, Crime und anderem provokantem Unflat garniert.
3) Dante’s „Göttliche Komödie wird verboten?
Dieser finale Schritt von Cancel Culture und Woke, dieser Albtraum ist fast zu befürchten, wenn man deren Fortschreiten in den USA verfolgt.
Bewirkt ein solches Verbot sogar etwas Positives? In meiner Jugendzeit waren besonders diejenigen Bücher heiß begehrt, die von der katholischen Kirche auf den sog. Index (Liste mit Buchtiteln, die nicht gelesen werden dürfen) gesetzt worden sind.
Vielleicht orientieren sich die Jugendlichen demnächst am entsprechenden Index der Woke? Vielleicht wird dann die „Divina Commedia“ von Dante zum begehrten Lesestoff der Jugend? Man wird jawohl träumen dürfen …
22.8.2021
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Diese Inszenierung hat Dante Alighieri nicht verdient – im Herbst kommt sie nach Freiburg
Nackte Körper und jede Menge Farbe: „A Divine Comedy“, inszeniert von Florentina Holzinger für die Ruhrtriennale, ist Aktionstheater wie in den 80ern. Doch Tanz ist fast gar nicht zu sehen. …
Auf eine auf der Leinwand, wo vorher Nagetierkadaver seziert wurden, im Close-up demonstrierte Live-Masturbation folgt eine poetische zärtlich-erotische Szene, bei der die Kranke auf eine Matratze gebettet ist, bevor sie sanft in einen Holzsarg gelegt wird.
Szene aus „A Divine Comedy“ (Foto: Nicole M. Wytyczak)
Ein Team von 15 (wissenschaftlichen) Beratern soll Florentina Holzinger zur Seite gestanden haben. Davon ist nichts zu merken. Die gehypte Choreographin hat sich an einem Werk der Weltliteratur ganz offensichtlich verhoben. Ein paar Aktionen hier, ein bisschen Happening dort, glimmendes Feuer auf der Leinwand und kindische Kalauer auf der Bühne: Das ist viel zu wenig für den kosmischen Ab- und Aufstieg eines der größten Dichter des Abendlandes. Das hat Dante Alighieri nicht verdient. Das Publikum in der ausverkauften Kraftzentrale war trotzdem begeistert.
… Alles vom 21.8.2021 von Bettina Schulte bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/diese-inszenierung-hat-dante-alighieri-nicht-verdient-im-herbst-kommt-sie-nach-freiburg–204249445.html
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http://www.ruhrtriennale.de
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Ohne Scham und Geheimnis
In Florentina Holzingers Uraufführung „A Divine Comedy“ bei der Ruhrtriennale sind mal wieder alle Frauen nackt. Seufz. …
Das liegt an Florentina Holzingers Einstellung zum weiblichen Körper (Männer spielen bei der 1986 geborenen Österreicherin nur in der Technik eine Rolle), den sie, splitternackt, in den Mittelpunkt ihrer „Shows“ stellt – und so auch an diesem Abend bei der Ruhrtriennale, in der „Kraftzentrale“ im Duisburger Landschaftspark Nord (das Wort Kraftzentrale passt gar nicht schlecht).
Was Nacktheit und explizite Sexualität genau erzählen, jenseits von scheinbarer Unbefangenheit oder Freizügigkeit, darüber kann man lange rätseln. Mit Dante Alighieris Spaziergang durch Hölle, Purgatorium und Paradies hat Holzingers „Göttliche Komödien“-Version eher wenig zu tun, auch wenn dieser Abend sich als „amazing journey“ ausgibt.
Frauen, die stürzen, baumeln, Holz hacken, Motorrad fahren und Sex haben: Es gibt nichts außer der „Show“ .
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Vor nicht allzu langer Zeit hätte die Bild-Zeitung aus diesem Ruhrtriennale-Abend einen Skandal gemacht. Heute fragt man sich achselzuckend nur noch, ob der TÜV Rheinland auch genau hingeschaut hat.
… Alles vom 20.8.2021 bitte lesen auf
https://www.sueddeutsche.de/kultur/ruhrtriennale-tanztheater-florentina-holzinger-1.5388089
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Tanz ab 18 – Florentina Holzinger bei der Ruhrtriennale
Der Besuch von Florentina Holzingers „A Divine Comedy“ wird erst ab 18 Jahren empfohlen, weil „Nacktheit und sexuelle Handlungen“ zu sehen sind, wie es auf der Website der Ruhrtriennale heißt. …
Immerhin greift Holzinger tief in Kiste der Theater-Provokationen: Es werde auf die Bühne gekackt, es werden Kleintiere seziert, einer Tänzerin werde Blut abgenommen und eine äußerst voluminöse Frau befriedige sich auf eine etwas heftigere Weise selbst.
… Alles vom 19.8.2021 bitte lesen auf
https://www.deutschlandfunkkultur.de/florentina-holzinger-bei-der-ruhrtriennale-tanz-ab-18.1013.de.html?dram:article_id=501961