Paul Collier beklagt einen Riß durch die Gesellschaft, eine Spaltung zwischen Metropolen und der Provinz. Den Brexit bezeichnet er als Aufstand der Provinz gegen die urbanen Eliten, die sich von der gemeinsamen Identität verabschiedet haben. Die Mittelschicht taumelt irgendwo zwischen den Anywheres (in irgendeinem Ballungsgebiet) und den Somewheres (auf dem Land). Collier fordert für die Länder Europas eine neue gemeinsame Identität, wobei das „Gemeinsame“ bzw. das „“Wir“ die Nation ist. Habeck (Grüne) sieht dies anders: Für ihn sind die Nationen und Nationalstolz die Spalter, man müsse auf Gleichheit und eine europäische Identität setzen..
29.2.2019
Sozialer Kapitalismus (Collier) versus paternalistischer Staat (Grüne)
Im angelsächsischen Raum wird diese selbsternannte Avantgarde WEIRD genannt: westlich, gebildet, industriell, reich, entwickelt (western, educated, industrial, rich, developed). Das bedeutet seltsam oder auch irre. Wie diese Irren es geschafft haben, den Aufbau einer ethischen Welt, der nach 1945 von klugen, pragmatischen Politikern erfolgreich in Angriff genommen wurde, umzukehren, ist Gegenstand des neuen Buches des Ökonomen Paul Collier „Sozialer Kapitalismus“, das gestern vom Autor des Siedler-Verlages im Berliner Ensemble vorgestellt wurde. Als Sparringspartner hatte der Verlag den Co-Vorsitzenden der Grünen Robert Habeck eingeladen. Da ich das Buch von Collier schon kannte, war ich sehr gespannt, wie Habeck agieren würde.
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Das meiste von dem, was Collier als Heilmittel für unsere aus den Fugen geratene Welt empfiehlt, muss auf Habeck wie ein rotes Tuch wirken.
Collier sieht den Wiederaufbau einer ethischen Welt um drei Kernpunkte: Familie, Unternehmen und Nation.
Das ist das Gegenteil dessen, was grüne Politik ist. Die Grünen befürworten den paternalistischen Staat, der bis ins Privateste den Bürgern, die nicht mehr als solche angesehen werden, vorschreibt, was sie zu tun und zu lassen haben.
Die Wirtschaft soll maximal staatlich gelenkt und die Nation ganz abgeschafft werden. Wie egal ihnen die Folgen dieser Ideologie sind, die sich als Politik verkleidet, erkennt man an dem abschätzigen Begriff „Abgehängte“, der sich schon so verfestigt hat, dass selbst Collier ihn übernehmen musste.
Die „Eliten“ würden Bürger (laut Collier) zu reinen Konsumenten machen. Sie würden Menschen entwurzeln und damit ihrer Identität berauben. Menschen würden nicht das Bedürfnis haben, ständig umherzuziehen. Was die „Elite“ als Freiheit deklariere, wäre in Wirklichkeit Egoismus. Wenn es in den Metropolen mehr rumänische Ärzte gäbe, als in Rumänien, wäre das für die urbanen Eliten von klarem Vorteil. Wenn in Rumänien ein Kind erkrankt und mangels Arzt nicht behandelt werden kann, ist das die fatale Kehrseite des elitären Egoismus, der sich in den westlichen Staaten breit gemacht hat.
… Alles vom 27.2.2019 bitte lesen auf
https://vera-lengsfeld.de/2019/02/27/paul-collier-haelt-robert-habeck-den-spiegel-vors-gesicht/
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Collier: Metropolen gegen Umland – Urbane Elite gegen Bevölkerungsmehrheit
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Buch:
Paul Collier: Sozialer Kapitalismus“
Siedler Verlag 2019, 20 Euro
„Der Kapitalismus hat uns zu einer Rottweiler-Gesellschaft gemacht“:
Der Alarmruf eines weltbekannten Ökonomen Paul Collier, einer der bedeutendsten Ökonomen unserer Zeit und besonders in Deutschland hochgeschätzt, legt ein Manifest für einen erneuerten Kapitalismus vor. Seine Diagnose: Es geht nicht nur um Verteilung zwischen Arm und Reich, viel gefährlicher ist der neue Riss durch das Fundament unserer Gesellschaft –
zwischen den städtischen Metropolen und dem Rest des Landes,
zwischen den meist urbanen Eliten und der Mehrheit der Bevölkerung.
Eine Ideologie des Einzelnen greift um sich, die auf Selbstbestimmung beharrt, auf Konsum abzielt und sich dabei von der Idee gegenseitiger Verpflichtungen verabschiedet. „Die Rottweiler-Gesellschaft“, so Collier, „verliert den Sinn für sozialen Zusammenhalt“ – und in dieses Vakuum stoßen Populisten und Ideologen. Schonungslos und leidenschaftlich verurteilt der konservative Ökonom diese neue soziale und kulturelle Kluft. Und er präsentiert ein sehr persönliches Manifest für einen sozialen Kapitalismus, der auf einer neuen Ethik der Gemeinschaft beruht.