Wie geht es weiter in Buchenbachs Rathaus? Gemeinderat regte Mediations-Verfahren an. Buchenbach wurde 24 Jahre lang erfolgreich von Bürgermeister Wendelin Drescher gelenkt und verwaltet, der nach drei Legislaturperioden nicht mehr zur Wahl antrat und in den wohlverdienten Ruhestand ging. Neuer Bürgermeister wurde Harald Reinhard M.A., Kulturmanager und Diplom Musiklehrer. Er wurde im ersten Wahlgang mit über zwei Drittel der gültigen Stimmen und einer Wahlbeteiligung von 66 % gewählt. Die Wahl war klar entschieden und Buchenbach konnte aufatmen. Mit Reinhard entschieden sich die Buchenbacher für einen Neuanfang. Nun, fast zwei Jahre nach seinem Amtsantritt, scheint die Situation im Rathaus schwierig zu sein. Kürzlich trat der stellvertretende Bürgermeister und langjährige Gemeinderat Albert Wangler zurück und davor schon kündigten drei Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung. Die Ablösung eines Bürgermeisters durch einen neuen stelle in der Tat ein Problem dar, so Professor Dr. Paul Witt von der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl. Mit einem neuen Bürgermeister beginne ein komplett neues Zeitalter und damit müssen alle umgehen können: die Verwaltung, der Gemeinderat, die Bürger. Deshalb denke die Hochschule Kehl auch darüber nach, ein spezielles Coaching für neugewählte Bürgermeister anzubieten, das ihnen den Start an ihrem neuen Arbeitsplatz erleichtert. Was Buchenbach betrifft, so spricht Bürgermeister Reinhard von einem Veränderungsprozess innerhalb der Verwaltung, der aus seiner Sicht durch berufliche Veränderungen langjähriger Mitarbeiter und den Dienstantritt des neuen Bürgermeisters im März 2012, ausgelöst wurde, verbunden mit neuen Personen, neuen Inhalten und veränderten Herangehensweisen.
Wie geht es nun weiter in Buchenbach? Die Arbeit innerhalb der Verwaltung funktioniere, das Rathaus komme seiner Dienstleistungsfunktion für die Bürgerinnen und Bürger in vollem Umfange nach, so Reinhard. Die Stellen der freigewordenen Kassenverwaltung und des Hauptamtes seien wieder besetzt. Dennoch sieht Reinhard die Verwaltung momentan personell noch geschwächt, da die Stelle des Rechnungsamtes nach wie vor vakant ist. Die Gemeinde Buchenbach erstelle ihren Haushalt nach dem neuen doppischen System und nicht nach dem noch überwiegend verbreiteten kameralistischen; deshalb, so Reinhard, sei es schwierig, einen Kämmerer zu finden, der damit Erfahrung habe. Buchenbach lasse sich deshalb von der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl bei der Aufstellung des Haushaltsplans 2014 unterstützen. Da die Hochschule nach dem doppischen Haushaltsprinzip ausbilde, setze die Gemeinde auch auf einen Absolventen der Hochschule. Im März 2014 ende der aktuell laufende Studiengang und er hoffe, die Stelle des Rechnungsleiters dann mit einem geeigneten Bewerber besetzen zu können. Der Gemeinderat hat für die Verwaltung, den Bauhof und den Bürgermeister ein Mediationsverfahren angeregt. In solche einem Verfahren sollen externe Berater zusammen mit den Betroffenen die Situation analysieren und die Suche nach gemeinsamen Lösungen moderieren. Das ist auch genau das, was Professor Dr. Witt einem Bürgermeister in solche einer Situation empfehlen würde: wenn Konflikte eskalieren, dann geht es ohne externe Hilfe und Unterstützung nicht mehr. Leider könne die Hochschule da noch nichts anbieten. Da Bedarf dafür aber bestehe, sei die Hochschule daran, auch dafür ein Konzept zu entwickeln. Das Mediatoren-Team wurde von einem unabhängigen Arbeitskreis, bestehend aus Gemeinderäten und dem neuen Hauptamtsleiter Volker Hirsch ausgewählt. Das Mediationsverfahren solle ergebnisoffen durchgeführt werden, so Reinhard.
18.12.2013, Dagmar Engesser, www.dreisamtaeler.de
Der Kommentar
Wenn ein Bürgermeister, der 24 Jahre lang eine Kommune führte und leitete, abgelöst wird, ist das ein Generationenwechsel. Eine Epoche geht zu Ende und es illusorisch, anzunehmen, dass solche Übergänge reibungslos verlaufen. Bürgermeister-Sein ist eine sehr verantwortungsvolle und herausfordernde Aufgabe. Bürgermeister kann in Baden-Württemberg jeder werden, eine spezielle Ausbildung dafür ist nicht nötig. Zwar gibt es Hochschulen für öffentliche Verwaltung. Dort lernen die Absolventen das Verwaltungswesen von der Pike auf kennen und viele von ihnen werden dann auch irgendwann Bürgermeister. Doch ob ihr Studium sie zu guten Bürgermeistern macht, das ist eine andere Frage. Denn Vieles was ein Bürgermeister leisten muss, hängt eher mit seiner Persönlichkeit zusammen. Hat er die Fähigkeit, ein Verwaltungsteam so zu führen, dass jeder motiviert ist, seinen Fähigkeiten entsprechend gefordert und gefördert wird, sich als Mensch wahrgenommen und akzeptiert wird? Hat er die Fähigkeit, ausgleichend zu wirken?
Letzteres ist wahrscheinlich die Herausforderung überhaupt, der sich ein Bürgermeister stellen muss. Er muss damit umgehen können, dass in der Bevölkerung, im Gemeinderat, in der Verwaltung unterschiedliche Meinungen, Wünsche und Bedürfnisse an ihn herangetragen werden. Das ist ein Spannungsfeld, das ein Bürgermeister aushalten muss, denn allen kann er nicht gerecht werden. Der Bürgermeister hat in Baden-Württemberg eine außerordentlich starke Stellung. Er wird von den Bürgern direkt gewählt, anders als in Norddeutschland, wo der Bürgermeister vom Gemeinderat gewählt wird. Hinzu kommt, dass er für acht Jahr gewählt und nicht abwählbar ist.
Bürger, Gemeinderat und Bürgermeister müssen sich also arrangieren. Deshalb ist der in Buchenbach eingeschlagene Weg der Mediation als ein strukturiertes, freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beilegung eines Konfliktes sehr sinnvoll. Das Verfahren der Mediation wird heute in vielen Bereichen zur Konfliktlösung angewandt. Da kann es um Paare gehen, die sich trennen wollen, um Nachbarschaftsstreitigkeiten, um politisch umstrittene Großprojekte wie Stuttgart 21 oder sogar um internationale Konflikte. Doch Mediation ist kein Heilmittel. Es gibt gelungene, aber auch misslungen Mediation. Das hängt davon ab, wie offen und flexibel die Beteiligten sind und ob sie es schaffen, sich von eingefahrenen Verhaltensmustern zu lösen. Es ist immer zu begrüßen, wenn Konfliktparteien sich zusammensetzen und miteinander reden, anstatt sich zu bekriegen. Es zeugt von Stärke, wenn die Betroffenen sich darauf einlassen! Bleibt zu hoffen, dass Buchenbachs Rathaus durch diesen Prozess das, was war, hinter sich lassen kann und einen konstruktiven Weg in die Zukunft findet!
18.12.2013, Dagmar Engesser