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Oman - Wohnhaus am 31.10.2018

Oman – Wohnhaus am 31.10.2018

 

 

Hannah Arendt: alle Pädagogik ist ihrem Wesen nach konservativ

Pädagogik muß den Nachwuchs einbetten – was Schule tatsächlich tun könne
Bildungsdebatte: „FAZ“-Mitherausgeber Jürgen Kaube kritisiert in seinem neuen Buch das derzeitige Schulwesen
Eine Buchbesprechung von Karlheinz Weißmann
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Unter dem erfrischend frechen Titel „Ist die Schule zu blöd für unsere Kinder?“ hat Jürgen Kaube, Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung – zuständig für die Kultur – ein Buch vorgelegt, dessen selbstgestellte Frage er beantwortet mit: Wahrscheinlich ja. Wie Kaube dazu kommt, erläutert er in vierzehn Kapiteln. Seiner Auffassung nach liegt das eigentliche Problem in der Überforderung der Schule, an die von allen Seiten Wünsche gerichtet werden, die sie nicht erfüllen kann. Die Erwartung an die Schule, eine junge Generation so zu informieren und auszurichten, daß sie eine egalitäre, gesunde, gewaltfreie, umweltbewußte, vorurteilslose und innovative Gesellschaft bildete, sobald sie erwachsen werde, sei grotesk. Doch nicht nur das. Durch die Belastung von Lehrern wie Schülern mit allem möglichen komme das zu kurz, was eine Schule tatsächlich tun könne:
das Vermitteln von Wissen,
das Einüben bestimmter Tugenden (Disziplin, Konzentration, Askese) und
die Anregung zu eigenständigem Denken.
Aber diesen Zusammenhang zu begreifen, falle den Verantwortlichen wie der Öffentlichkeit schwer.
….
Aber nirgends gibt es eine Erklärung dafür, wie es im Bildungswesen überhaupt so weit hat kommen können, und nirgends einen Verweis auf den Kulturkrieg, den die Linke seit den 1960er Jahren gegen Schule und Hochschule und alles führt, was mit Erziehung zusammenhängt.
Unter den Waffen ihres Dauerangriffs ist eine der schärfsten die Behauptung, daß Inhalte unerheblich sind, jedenfalls die tradierten. Eine Auffassung, die Jürgen Kaube bedauerlicherweise teilt.
Womit ihm ein entscheidender Gedanke der mehrfach zitierten Hannah Arendt entgangen ist:
daß nämlich alle Pädagogik ihrem Wesen nach „konservativ“ ist und bleiben muß,
wenn sie ihren Zweck erfüllen soll.

Das heißt, es geht nicht einfach darum, daß die Schule außerstande ist, die „gesellschaftliche Zukunft zu sichern“. Das gehört gar nicht oder bestenfalls am Rande zu ihren Aufgaben.
Entscheidend ist,
daß sie den Heranwachsenden in den lebendigen Zusammenhang seiner Gemeinschaft einbettet,
daß sie also etwas weitergibt, was sie nicht selbst schafft,
von dessen Wert die Lehrenden überzeugt sind
und die Lernenden überzeugt werden sollen.
… Alles vom 12.7.2019 zu Karlheinz Weißmann‘ Buchkritik bitte lesen auf JF, Seite 15

Jürgen Kaube: Ist die Schule zu blöd für unsere Kinder?
Rowohlt Berlin, 2019, gebunden, 336 Seiten, 22 Euro

 

 

 

Lebenswirkliche Konfliktsituationen werden entproblematisiert
Schwerwiegend ist der Mangel an authentischer (das heißt nicht inszenierter oder organisierter) Lebenserfahrung: eigene Erlebnisschilderungen („Beispiele“) beziehen sich auf Schule, Elternhaus und die ganz enge peer-group oder aber – sehr häufig – auf mediale Klischees. Lebensweltliche Konfliktsituationen werden entweder als bereits von anderen geklärt oder als individuell beliebig lösbar entproblematisiert – zusammen mit mangelnder Urteilskraft ein Problem für praktische Handlungstheorien und sozialwissenschaftliche Theoriebildung. Problembewusstsein (im Sinne der Erfassung von Antinomien in lebensweltlichen Situationen: Freiheit und Bindung; Gesellschaft und Individuum; Gleichheit und Angemessenheit) oder auch nur Sinn für die Komplexität lebensweltlicher Entscheidungen fehlen nahezu völlig.
… Alles von Prof Volker Ladenthin zu
„Da läuft etwas ganz schief. Erfüllt das Gymnasium nicht mehr seine wesentlich Aufgabe: Junge Menschen studierfähig zu machen? Eine Kritik aus erziehungswissenschaftlicher Sicht.“ vom 6.8.2018 bitte lesen auf
https://www.forschung-und-lehre.de/lehre/da-laeuft-etwas-ganz-schief-894/

 

 

Josef Kraus: Sieben Leitsätze für eine erfolgreiche Schule
1. Bildung geht nur mit Anstrengung. Wer das Leistungsprinzip diskreditiert, verweigert jungen Leuten die Chance, sich zu entfalten, und er entzieht dem Gemeinwesen, vor allem dem Sozialstaat, jegliche Basis. Kinder und Jugendliche wollen etwas leisten. Mit den regelmäßigen seltsamen Debatten um Schulstreß suggerieren wir unseren jungen Leuten, daß Anstrengungsbereitschaft, Durchhaltevermögen, (Selbst-)Disziplin, Wissensdurst und Neugier überflüssig seien. Wir müssen den Kindern und Jugendlichen aber wieder mehr zutrauen, dann dürfen wir ihnen auch wieder mehr zumuten. Zum Beispiel in einem klar strukturierten, fordernden Unterricht.
2. Noten müssen ehrliche Noten sein. Viele Zeugnisse sind zu ungedeckten Schecks geworden. Sie gaukeln den jungen Leuten vor, daß sie fit seien, obwohl sie es nicht sind. Deshalb müssen Politik, Schulverwaltung, Einzelschule und Einzellehrer dafür sorgen, daß Noten und Zeugnisse wieder aussagekräftige und nicht geschönte Bilanzen sind – notfalls auch gegen den Widerstand überehrgeiziger Kampfhubschraubereltern.
3. Schule ist keine Einrichtung zur Herstellung von Gleichheit, sondern zur Förderung von Verschiedenheit und Individualität. Denn nichts ist so ungerecht wie die gleiche Behandlung Ungleicher. Eine einheitliche Schule schadet unseren Kindern. Mit ihrem Geleitzugtempo überfordert sie einen erheblichen Teil der Schülerschaft, und einen erheblichen Teil unterfordert sie. Einheitliche deutsche Gesamtschule hat zudem eine Geschichte durchschlagender Erfolglosigkeit hinter sich. Gesamtschüler rangieren hinsichtlich Wissen und Können um bis zu zwei Jahre hinter Realschülern, wiewohl die Gesamtschule immer privilegiert ausgestattet war. Was wir brauchen, ist ein differenziertes Schulwesen mit klaren Schulformprofilen sowie ein Bildungswesen, das Spätstartern eine vertikale Durchlässigkeit garantiert.
4. Der Mensch beginnt nicht beim Abitur. Deutschland ist immer gut gefahren mit seinen nichtgymnasialen Bildungswegen, vor allem mit der beruflichen Bildung im dualen oder im vollzeitschulischen System. Eine Pseudoakademisierung der Gesellschaft ist ein Irrweg. Deshalb muß Schluß sein mit der fixen Idee, daß man ohne Abitur keine Chance habe. Das Gegenteil ist der Fall, wenn man den eklatant sich vergrößernden Fachkräftemangel anschaut. Zudem gilt: Wenn alle am Gymnasium sind, ist keiner mehr am Gymnasium, und wenn alle Abitur haben, dann hat keiner mehr Abitur.

5. Wer nichts weiß, muß alles glauben; deshalb brauchen wir Lehrpläne statt Leerpläne. Unter dem Einfluß einer hysterisierten Pisa- und Lehrplan­entrümpelungs-Debatte soll es in der Schule nur noch um die Vermittlung von „Kompetenzen“ gehen. Diese gedeihen aber nur auf der substantiellen Basis fachlicher Inhalte. Wir müssen unseren jungen Leuten wieder konkretes Wissen und Können beibringen und abverlangen. Es ist dies auch eine Frage der politischen Mündigkeit. Von Schülern nur zu erwarten, daß sie über Download-, Just-in-Time- und Instant-Knowledge verfügen, gefährdet deren Entwicklung zur Mündigkeit.
6. Es gibt keine Bildungsoffensive ohne häusliche Erziehungsoffensive. Der Staat darf nicht zur Erziehungsmacht werden, weil damit Eltern entmündigt werden. Zudem ist Ganztagsschule zugleich Entschulung von Schule und Verschulung von Freizeit. Oder noch einfacher: Wenn es zu Hause nicht klappt, dann klappt es in der Schule auch nicht. Eltern stehen in der Verantwortung; das Grundgesetz sieht dies in Artikel 6 (2) vor: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“
7. Es ist das Schicksal eines Volkes, wie es seine Lehrer achtet. Die Autorität des Lehrerberufes und damit der Schulen insgesamt hat gelitten. Die Folge ist, daß Schüler die Schule oft nicht mehr ernst nehmen. Es geht aber nicht ohne Autorität, was etwas anderes ist als autoritäres Verhalten. Lehrer und Schüler können nicht Kumpel auf Augenhöhe sein.
Junge Freiheit, 2.11.2018, Seite 1
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Petra Paulsen: Schulbildung  durch Migration in Gefahr
Das Problem mit Schülern aus anderen Kulturen ist nicht, wie Sie in Ihrer Frage vermuten, daß diese per se schlimmer wären als deutschstämmige Schüler. In beiden Gruppen finden Sie anständige und lernbegierige, wie lernunwillige und sozial auffällige Schüler. Das Problem liegt also nicht auf der Ebene der Individuen, sondern der Kultur: Mit dieser kommen zusätzlich zur sowieso prekären Lage, die hausgemacht ist und für die die Zuwanderer nichts können, weitere Schwierigkeiten an unsere Schulen: Diese ergeben sich aus einem völlig anderen Bild der Migranten von Familie, Religion, der Rolle der Frau, der aufgeklärten deutschen Kultur etc.
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Da wären zum Beispiel die vielen oft in der Ideologie der Achtundsechziger wurzelnden pädagogischen Experimente. Ich zum Beispiel unterrichte gerne im Frontalunterricht im Mix mit anderen Methoden, um Inhalte mit einer gewissen Autorität effektiv zu vermitteln. Dann ist da die Verwahrlosung der Schulen dank der Politik, die sich nicht um die Probleme kümmert und die Schulen nicht mal angemessen mit Mitteln und Personal ausstattet, statt dessen Mißstände ignoriert oder schönredet. Und da ist die von der Politik gezielt betriebene Umwandlung der Schulen von Einrichtungen der Bildung zu solchen gesellschaftlicher Umgestaltung: Integration, Inklusion, Erziehung – lauter Dinge, die eigentlich nichts mit der Schule zu tun haben, sollen heute von ihr geleistet werden und zwar vorrangig. Daß das Lernen dabei in den Hintergrund tritt, wird von der Politik ganz bewußt in Kauf genommen. Aber es ist nicht nur die Politik, es ist auch unsere Gesellschaft: etwa die Auflösung der klassischen Familie, in der sich die Mutter, oder ein Elternteil, um die Kinder kümmern kann. Doch selbst in Familien, die nicht geschieden sind, müssen oft beide Geld verdienen. Folge: Niemand kümmert sich angemessen um Hausaufgaben und Schulprobleme. Dazu ist man gar nicht in der Lage, wenn man abends erledigt von der Arbeit kommt und dann noch den Haushalt schmeißen muß. Und da ist – als ganz wesentlicher Faktor – unsere atomisierte Ego-Gesellschaft, in der jeder nur noch sich sieht, was natürlich auch in der Schule ausgelebt wird, und die jede Menge verhaltensauffällige Kinder hervorbringt.
Woher kommt diese „Ego-Gesellschaft“?
Paulsen: Wenn ich die Bücher von Autoren wie etwa Thomas P. M. Barnett lese, wonach Kultur und Tradition abgeschafft gehören, wundert mich diese Entwicklung nicht. Die Folge solchen Bestrebens ist natürlich, daß der Individualismus in den Mittelpunkt tritt: Jeder soll sich ausleben, wie er will. Ein Gemeinschaftsgefühl und damit ein Gefühl der Verantwortung für das Gemeinsame kann sich da natürlich nicht mehr bilden. Und wie soll ohne Kultur und Tradition Heimat entstehen? Die ja zu einem Gefühl der Identifikation führt, ohne das den Leuten natürlich egal ist, was mit der Gesellschaft außerhalb ihres unmittelbaren Umfelds passiert.
Wo führt all das hin?
Paulsen: Das kann sich jeder selbst ausrechnen – angesichts dessen, daß wir ein Land ohne Rohstoffe sind, dessen einziges Kapital Wissen, Arbeitsdisziplin und gesellschaftlicher Zusammenhalt ist, die allesamt im Verfall begriffen sind. …
… Alles von Petra Paulsen, „Verwahrlost dank der Politik“, Junge Freiheit vom 2.11.2018, Seite 3

Petra Paulsen, unterrichtet Biologie und Chemie an einer weiterführenden Schule in Hamburg, wo die Mutter dreier Kinder 1966 geboren wurde. 2018 erschien ihr Buch „Deutschland außer Rand und Band. Zwischen Werteverfall, Political (In)Correctness und illegaler Migration“, das sich sieben Wochen lang in der Spiegel-Bestsellerliste plazierte und dort Rang 17 erreichte. Inzwischen ist es auch als Hörbuch erhältlich.

 

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