Saatgut

 

Samenfeste versus hybride Sorten
Samenfeste Sorten sind die natürliche Form von Pflanzen. Man kann sie aus dem vollreif geernteten Gemüse selbst gewinnen und im Folgejahr erneut anbauen.
Bei hybriden Sorten muß Samen jedes Jahr neu gekauft werden.

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Gartencoop rettet samenfeste Blumenkohlsorte Wainfleet
Gabriele Hennicke

Blumenkohl ist nicht gleich Blumenkohl: Eine Initiative aus der Region Freiburg kämpft um das Überleben der überwinternden Sorte „Wainfleet“. Was ist der Hintergrund dieser Rettungsaktion?
Ibarra: Wir haben von Anfang an beschlossen, zu 100 Prozent samenfeste Sorten und nur saisonal und ökologisch anzubauen. Plötzlich mussten wir feststellen, dass das Saatgut für unseren beliebten samenfesten Überwinterungsblumenkohl nirgendwo mehr nachgebaut wird. Die Pflanzen auf unseren Äckern waren möglicherweise die letzten existierenden Pflanzen dieser Sorte.

BZ: Was ist ein Überwinterungsblumenkohl?
Ibarra: Das ist ein Blumenkohl, der im Sommer gesät und anschließend ausgepflanzt wird. Er wächst in den Herbst hinein, übersteht im Winter sogar harte Fröste, wächst im Frühling weiter und kann dann im April geerntet werden. Lange war es in unserer Region normal, Überwinterungsblumenkohl anzubauen. Heute ist es für den gewerblichen Anbau bequemer, im Frühling Blumenkohl aus wärmeren Regionen zu importieren.

BZ: Was war Ihre Motivation, die Sorte „Wainfleet“ zu retten?
Ibarra: Wir fühlten uns verantwortlich, diese tolle Sorte für uns und andere Anbauer zu erhalten, und haben beschlossen, sie auf unserer Hofstelle zu vermehren. Das ist sehr herausfordernd. Es kann viel schiefgehen. Damit das gelingt, haben wir uns mit der Organisation Pro-Specie-Rara zusammengetan, die sich dem Erhalt alter samenfester Gemüsesorten verschrieben hat.
BZ: Die Vermehrung war schwierig und hat erst im zweiten Anlauf geklappt, wie der Film zeigt. Woran lag das?
Ibarra: Die Pflanze wird gerne von der Kohlfliege befallen, die auf den Pflanzen überwintern kann. Beim zweiten Anlauf haben wir deshalb über die Blumenkohlpflanzen permanent einen Schutztunnel gestellt, damit keine Schädlinge reinkommen und es auch keine Kreuzungen mit anderen Kohlsorten geben kann. Dieses Jahr haben wir eine ganz schöne Menge Saatgut gewonnen. Der Film begleitet das Leben der Pflanze über ein komplettes Anbaujahr.

BZ: Ist die Sorte damit bereits gerettet?
Ibarra: Die Lage ist immer noch sehr prekär, denn wenn unser Saatgut aufgebraucht ist, gibt es keines mehr. Deshalb müssen wir jedes Jahr aufs Neue vermehren und suchen auch Höfe, die den Blumenkohl wie wir anbauen, vermehren und so erhalten.
BZ: Es ist immer wieder die Rede davon, alte Sorten seien ein Kulturgut, können Sie das näher erläutern?
Ibarra: Samenfeste Sorten sind die natürliche Form von Pflanzen. Man kann sie aus dem vollreif geernteten Gemüse selbst gewinnen und im Folgejahr erneut anbauen. So wurden alte Gemüsesorten über viele Generationen erhalten und weitergegeben. Durch die Industrialisierung der Landwirtschaft wurde zunehmend Hybridsaatgut eingesetzt, das Landwirte jedes Jahr neu kaufen müssen. Die samenfesten Sorten sind stark verdrängt worden. Hybridsorten sind einheitlicher und gelten als ertragreicher, sie haben aber den Nachteil, dass sie sich eben nicht natürlich vermehren lassen. Außerdem schneiden die samenfesten Sorten bei Inhaltsstoffen und Geschmack meistens besser ab. Sie verfügen über einen breiteren Genpool, sind auf die speziellen Klimabedingungen in der jeweiligen Region angepasst und können sich auch besser an die zu erwartenden Klimaveränderungen anpassen. Wer sein Saatgut selbst gewinnt, ist unabhängig. Auch deshalb passt samenfestes Saatgut perfekt zur solidarischen Landwirtschaft.
… Alles vo 10.10.2021 von Gabriele Hennicke bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/initiative-aus-der-region-freiburg-kaempft-um-eine-blumenkohlsorte–205490974.html

Luciano Ibarra ist Gründungsmitglied der Gartencoop Freiburg und Filmemacher. Er arbeitet auf dem Hof in Tunsel mit und lebt in Freiburg.
Der 38-minütige Film ist auf der Internetseite der Gartencoop abrufbar.
https://www.gartencoop.org/tunsel/node/6863
https://youtu.be/jPdxWnhKS2A
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Zwei Kommentare:
Monsanto – Hybridsamen
Hinzukommt, dass die Bauern zunehmend abhängig werden von Saatgutherstellern, welche die Hybridsamen verkaufen und z.T. auch gleich die passendenden Pestizide. Die Samen der Hybride gehen zwar auf, entwickeln sich aber nicht so gut wie das Hybrid oder eine alte, über Jahrzehnte gezüchtete Pflanzenart. Die Saatgutverkäufer haben außerdem meist das Patent auf ihr Saatgut, weshalb es nicht vervielfältigt werden darf. So wurden sogar schon Bauern vom Saatguthersteller Monsanto verklagt, weil dieser angeblich seine Sorte abgebaut habe, obwohl es sich eigentlich um eine alte Sorte handelte. Dasselbe macht Monsanto auch mit Tieren auf die das Unternehmen Patente hat. So wurde ein Schweinezüchter von Monsanto verklagt, weil er angeblich Schweine gezüchtet habe auf die Monsanto das Patent hat. Auch hier ging es um eine alte Sorte
10.10.2021. S.ST
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Für Pflanzensorten gibt es Sortenschutz, oft mit Patentschutz verwechselt
Ja, wenn eine Hybridsorte überhaupt keimfähige Samen liefert, dann haben die Tochterpflanzen wieder die Eigenschaften der Pflanzen, die zur Hybridisierung benutzt wurden. Das hat schon Gregor Mendel erkannt. Auf jeden Fall sind die Nachkommen erstens nicht einheitlich und haben zweitens oft völlig andere Eigenschaften als die Hybridsorte.
Beim Saatgut gibt es Patentschutz aber nur in Ausnahmefällen. Im Europäischen Patentübereinkommen steht dazu unter Artikel 53 (Ausnahmen von der Patentierbarkeit):
Europäische Patente werden nicht erteilt für:
a) …
b) Pflanzensorten oder Tierrassen sowie im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren. Dies gilt nicht für mikrobiologische Verfahren und die mithilfe dieser Verfahren gewonnenen Erzeugnisse; …
Also durch gentechnische Verfahren erhaltene Pflanzen und deren Teile (auch Saatgut) sind patentierbar, konventionelle Züchtungen, auch Hybridsorten, dagegen nicht.
Für Pflanzensorten gibt es aber den Sortenschutz, der von Laien oft mit dem Patentschutz verwechselt wird. Das kommt vielleicht auch daher, dass es in den USA »Plant Patents« gibt, die dort tatsächlich vom Patentamt erteilt werden, allerdings auf Basis eines speziellen Gesetzes. Der Sortenschutz in Europa dauert nicht 20 Jahre ab Anmeldetag, wie bei Patenten (auch den »Plant Patents« in den USA), sondern bei den meisten Pflanzenarten 25 Jahre (bei manchen Arten wie z.B. Kartoffeln 30 Jahre) ab Genehmigung des Schutzes, also deutlich länger. Nach Ablauf des Sortenschutzes ist die Sorte aber »gemeinfrei« und jeder darf sie vermehren. Allerdings kann auch der Name der Sorte als Marke geschützt sein und für den Markenschutz gibt es keine Zeitgrenze. Bei Hybridsorten ist aber das Problem, dass sie sich nur weiter vermehren lassen, wenn man die »Elternsorten« zur Verfügung hat und das Verfahren ist etwas kompliziert.
Ähnlich wie bei Patenten gibt es auch für den Sortenschutz eine nationale (Bundessortenamt) und eine europäische Institution (Gemeinschaftliches Sortenschutzamt), die sich um die Prüfung und Registrierung der Sorten kümmert.
Für private Zwecke und den Eigenbedarf darf man aber auch geschützte Sorten weitervermehren, man darf das Saatgut und die Pflanzen nur nicht verkaufen.
Das mit den »Schweinepatenten« von Monsanto ist eine Geschichte für sich. Auch konventionelle Tierzüchtungen sind nicht patentierbar (siehe oben) und Monsanto versuchte immer wieder, dieses Verbot zu umgehen. Die Patentanmeldungen wurden aber in Europa meistens zurückgewiesen oder die Patente – sofern doch erteilt – widerrufen. Auf jeden Fall gab es immer einen großen Medienrummel bei der Veröffentlichung der Patentanmeldungen.
In den USA hat Monsanto tatsächlich etliche Farmer verklagt und viele Prozesse auch gewonnen. Das ging aber meines Wissens immer um gentechnisch veränderte Pflanzensorten, die in Deutschland nicht zugelassen sind.
10.10.2021, N.R.
Ende Kommentare

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Kultursaat – neue, samenfeste Gemüsesorten entwickeln
Mit der Gründung des Initiativkreises für Gemüsesaatgut aus biologisch-dynamischem Anbau im Jahre 1985 wurden die Aktivitäten des Öko-Erwerblandbaus gebündelt und die Vermehrung konventionell gezüchteter samenfester (also fruchtbarer, nachbaufähiger, offen abblühender) Sorten koordiniert. 1994 – knapp 10 Jahre später – wurde von einzelnen Aktiven des Initiativkreises der Verein Kultursaat (heutiger Name) gegründet, um vor allem die Entwicklung neuer Gemüsesorten für den ökologischen Erwerbsanbau voranzutreiben. Heute (Stand Juli 2015) sind gut 70 Gemüsesorten als Neuzüchtungen von Kultursaat beim Bundessortenamt zugelassen.
Alte, samenfeste Sorten, die nach dem Screening als „geeignet für den Ökolandbau“ bewertet werden und von denen bislang kein ökologisches Saatgut für die Erwerbsanbaupraxis zur Verfügung steht, werden von dem Verein Kultursaat e.V. weiter gepflegt.
Auch die Gärtnerei Piluweri ist Mitglied.

Kultursaat e.V.
Verein für Züchtungsforschung & Kulturpflanzenerhaltung
auf biologisch-dynamischer Grundlage
www.kultursaat.org 

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Pro Specie Rara – Stiftung will alte Pflanzen- und Tierarten bewahren
Die Stiftung „Pro Specie Rara“ will alte Pflanzen- und Tierarten vor dem Vergessen bewahren. Sie setzt sich für eine größere Vielfalt an Nutzpflanzen ein. Auf dem Mundenhof findet ein Setzlingsmarkt statt. …
Ales vom 12.4.215 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/stiftung-will-alte-pflanzen-und-tierarten-bewahren

PSR-Setzlingsmarkt am 9. Mai 2015 von 10 bis 15 Uhr am Haupteingang des Mundenhofs
Saatgut und Setzlingen traditioneller Gemüsesorten
https://www.prospecierara.de

Keine Patente auf Saatgut – No Patents on Seeds
Die Organisationen hinter der Inititiative “Keine Patente auf Saatgut!” sind über eine zunehmende Anzahl von Patenten auf Pflanzen, Saatgut und landwirtschaftliche Nutztiere besorgt sowie über  deren Auswirkung auf Landwirte, Züchter, Lebensmittelhersteller und Verbraucher. Derartige Patente müssen als eine Mißbrauch des Patentrechtes zur Aneignung der Grundlagen der menschlichen Ernährung angesehen werden. Wir fordern eine grundlegende Änderung im Europäischen Patentrecht um Verfahren zur Züchtung, Zuchtmaterial, Pflanzen und Tiere und daraus gewonnene Lebensmittel von der Patentierbarkeit auszuschliessen.
https://www.no-patents-on-seeds.org/de

 

Saatgut – der Kampf um unser Naturerbe

Saatgut ist eine unterschätzte Ressource. Es wird in Labors erforscht, auf Versuchsfeldern optimiert, in Genbanken konserviert und nicht zuletzt (gen-)manipuliert und patentiert. Wer die Hand auf unserer Nahrung hat, hat viel, vielleicht zu viel Macht. Janina Nottensteiner besucht u. a. Gemüsebauern und mittelständische Saatzüchter in Bayern und versucht herauszufinden, wie gut wir auf unser Naturerbe aufpassen. Wem gehört das Saatgut: wenigen globalen Unternehmen oder uns allen?
Sendung „Saatgut – der Kampf um unser Naturerbe!“ vom 15.4.2013
https://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/programmkalender/sendung-182464.html
https://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/sendungen/lavita/index.html

Regionale Saatgutzüchter (Sortenschutz) versus Agrochemie-Konzerne (Papentierung)
Saatgut ist Allgemeingut. Warum soll Saatgut, von dem nur ein gen geändert wurde, patentierbar sein?
1903 gabe es in Bayern noch 103 regionale Saatzüchter, im Jahr 2013 nur noch 19. Eine davon ist die Fa Ackermann
Früher brauchte es 12-14 Jahre zur erfolgreichen Saatzucht einer neuen Sorte. Heute nur noch maximal 8 Jahre (Trick: Aussat in Deutschland und Neuseeland, um mit zwei Ernten/Jahr Zeit zu gewinnen).
Am Ende steht die Prüfung und der Zulassung durch den Sortenschutz in Hannover. Das Risiko der Saatzüchter ist groß: „8Jahre Saatzucht für die Katz, wenn die Sorte nichts taugt.“
Agrochemie-Konzerne wie Monsanto Segenta, BASF und Bayer kommen vom Pflanzenschutz und betreiben Saatzuct primär mit dem Ziel, ihre Pflanzenschutzmittel verkaufen zu können. Ihre genveränderten Saaten werden nur einmal reif, d.h. der Landwirt muß alljährlich nachkaufen, er ist abhängig vom Konzern.
Regonale Saatzüchter streben den Sortenschutz an, Agro-Konzerne streben die Patentierung an. Ein Patent ist für sie im Grunde ein „Monopol auf Zeit“.

Europäische Patentamt München ohne Kontrollinstanz
Das Europäische Patentamt EUP in München ist keine EU-Behörde.  Großer Nachteil: Das EUP kontrolliert sich selbst, es gibt keine externen und damit unabhängigen Kontrollgremien. Beispiel: Die Schrumpeltomate wurde patentiert, obwohl es eine Pflanze ist (heftige Proteste Anfang 2013).

Ruth Tippe – Kämpferin gegen Biopatente
Regelmäßig recherchiert Ruth Tippe am Europäischen Patentamt, um keine neuen Anträge für Biopatente zu verpassen. Ruth Tippe hat 2001 die „Gen-ethische Stiftung“ ins Leben gerufen mit dem Ziel der Aufklärungsarbeit  über Gen-, Bio- und Fortpflanzungstechnologien. Sie ist Koordinatorin der Initiative „Kein Patent auf Leben“, die über 100 deutsche Organisationen miteinander vernetzt (insgesamt hat die Initiative bereits 13 Einsprüche beim Europäischen Patentamt eingelegt). „Kein Patent auf Leben!“ ist eine Initiative, die sich gegen die Patentierung von Pflanzen, Tieren, Gensequenzen, aber auch gegen die Patentierung von Stammzellen und Gewebe des Menschen und gegen jegliche Biopiraterie wendet.
https://www.keinpatent.de/

Christoph Then – Tiermediziner
In 1992 Mitbegründer der Initiative „Kein Patent auf Leben“, ist Christoph Then heute bei foodwatch, „Gen-ethisches Netzwerk“, Gesellschaft für ökologische Forschung und als Geschäftsführer beim Institut Testbiotech tätig.
Testbiotech e.V. „Erfindungen kan man patentieren, Leben aber nicht“.
Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie
Frohschammerstraße 14, 80807 München
www.testbiotech.org, https://www.testbiotech.de/

Bertram Verhaag – Filmemacher
Bertram Verhaag ist bekannt für seine Filme gegen Gentechnik und für gute, nachhaltige Landwirtschaft. Sein Film „Leben außer Kontrolle – Geenfood“ aus dem Jahr 2004 wirde zum Standardwerk wurde. Sein 2010 erschienener Film zum Thema Gentechnik „Gekaufte Wahrheit“ ist ein Dokumentations-Thriller zur Únfreiheit der Wissenschaft im Schatten der Wirtschaft
https://www.denkmal-film.tv/index.php?page=leben-ausser-kontrolle-2&l=de

Woldemar Mammel – Bio-Landwirt
Wiedereinführung und Anbau der traditionellen Alb-Linse. Woldemar Mammel wird als „Linsen-Papst“ bezeichnet und ist Gründer der Öko-Erzeugergemeinschaft „Alb-Leisa“.
https://www.alb-leisa.de/

 

Kokopelli – Pour la Libération de la Semence et de l’Humus

Kokopelli est une association à but non lucratif, fondée en 1999 par Dominique et Sofy Guillet, et qui a pris le relais de Terre de Semences et du Jardin Botanique de la Mhotte fondés, dans l’Allier, respectivement en 1992 et en 1994. Les militants de l’association œuvrent pour la Libération de la Semence et de l’Humus et la Protection de la Biodiversité alimentaire, en rassemblant tous ceux et toutes celles qui souhaitent préserver le droit de semer librement des semences potagères et céréalières, de variétés anciennes ou modernes, libres de droits et reproductibles
https://kokopelli-semences.fr/
https://www.kokopelli-seed-foundation.com/history-kokopelli.html

 

Saatmais – Anbauspezialität in Breisgau und Ortenau

Eine Spezialität des Oberrheingrabens auf der badischen Seite ist der Anbau von Saatmais. Seit dem Ende der 1950er Jahre wird er betrieben, nirgendwo sonst in Deutschland ist es warm genug dafür. Rund 300 Betriebe widmen sich auf 3300 Hektar Anbaufläche diesem Geschäft. Die Schwerpunkte sind zwischen Neuenburg und Breisach, zwischen Weisweil und Kenzingen und ein Stück weiter nördlich rund um Lichtenau, einem Dorf in der Nähe von Bühl. Für Hubert Hugger vom Regierungspräsidium Freiburg ist Saatmaisanbau „die hohe Kunst des Ackerbaus“. Spezieller Saatmais wird angebaut, seit herkömmlicher Mais durch Hybridsorten abgelöst worden ist. Hybrid bedeutet, dass man die Befruchtung der Maispflanzen nicht mehr sich selbst überlässt, sondern gezielt dafür sorgt, dass weit entfernte Maissorten einander befruchten. Dank Hybridmais hätten sich die Erträge in den vergangenen 50 Jahren pro Hektar von früher 30 bis 40 Doppelzentner mehr als verdoppelt, sagt Fachmann Hugger. Saatmais habe die herkömmlichen Sorten praktisch vollkommen verdrängt. Die traditionelle Sorte gelber badischer Landmais gebe es nur noch, weil die Taubenzüchter ihn an ihre Tiere verfütterten, sagt Hugger. Der Hybridmais kann sich allerdings nicht mehr selbst vermehren, deswegen muss jedes Jahr neuer Saatmais gezogen werden. Das ist für die Landwirtschaftsbetriebe aufwändig, aber auch ertragreich. Pro Hektar Saatmais müsse man mit 80 bis 90 Stunden Arbeit rechnen, sagt Hugger, bei Körnermais seien es nur vier bis fünf Stunden. Dafür erlösen die Landwirte für Saatmais mehr als 4000 Euro pro Hektar gegenüber 1500 für Körnermais. „Die hohe Wertschöpfung stabilisiert die Betriebe“, sagt Anton Rösch vom badischen Bauernverband BLHV. Wenn der Saatmais reif ist, werden die Kolben geerntet und in die beiden südbadischen Maiswerke gebracht, Südgetreide in Weisweil und das Raiffeisen-Maiswerk in Heitersheim. Dort werden die Kolben getrocknet, die Körner vom Kolben entfernt und gegen Schädlinge wie den Maiswurzelbohrer gebeizt. Dann kann der Landwirt den Mais ausbringen – nicht vor dem 20. April, denn die Pflanze, von der sich die Inkas in Peru ernährten, ist frostempfindlich. 20 Prozent des Mais’, der in Deutschland angebaut wird, kommt aus Südbaden, 80 Prozent werden importiert.
11.8.2009, www.badische-zeitung.de

 

Kulturpflanzenarten: Die kostbare Vielfalt stirbt aus 

Weltweit sorgt die industriegerechte Massenproduktion dafür, dass zahllose Kulturpflanzen unwiederbringlich verloren gehen. Wer hat noch nicht staunend vor einem französischen Marktstand gestanden, voll mit Zwiebeln in allen Varianten und Farben? Oder wer hat in Italien nicht schon ein großes Spektrum an meist geschmackvollen Tomaten erlebt? Und manch einer erinnert sich noch an die unglaublich gut schmeckenden tief roten Erdbeeren von früher. Diese Vielfalt hat stets einen Namen, es sind die Namen der einzelnen Sorten unserer Kulturpflanzen. Dass jede Sorte ihren eigenen Charakter und ihre spezifischen Eigenschaften hat, wird eigentlich nur noch beim Wein wahrgenommen — und hier spielen die einzelnen Sorten eine ganz wesentliche Rolle. Doch die Sorten kommen und gehen. Viele Sorten von früher sind verschwunden, manche für immer, weil sie nicht mehr für die modernen landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen geeignet waren. Außerdem betreiben heute große Agro-Konzerne in der EU Monokulturen für die Massenproduktion und verdrängen kleine Produzenten mit ihrem regional angepassten Angebot. Mit der zunehmenden Industrialisierung und Rationalisierung der Landwirtschaft ist die Kulturpflanzenvielfalt in atemberaubendem Tempo verschwunden — die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass in den vergangenen hundert Jahren weltweit rund 75 Prozent der Sorten unwiederbringlich verloren gegangen sind. Es gehen nicht nur die Sorten verloren, sondern auch das Spektrum der verschiedenartigen Gemüse verändert sich. Nicht wenige Gemüsearten und -sorten, die unsere Großeltern noch kannten, sind heute fast in Vergessenheit geraten. Andere hingegen kamen hinzu, wie in den 1970er Jahren, als vermehrt Brokkoli, Auberginen, Fenchel und Zucchini auf unseren Märkten zu erhalten waren. Hieran beteiligt waren vor allem die „Gastarbeiter“ aus Italien und Spanien, die dieses Gemüse mit nach Deutschland brachten.
Die Vielfalt der Kulturpflanzen hat eine extrem lange Geschichte. Innerhalb der vergangenen 10 000 Jahre hat sich durch die Hand und die beobachtende Fantasie unzähliger Menschen eine unglaubliche Vielfalt an Kulturpflanzen entwickelt. Weltweit werden heute noch mehr als 7000 Pflanzenarten mit einer langen, zum Teil abenteuerlichen Geschichte genutzt. Je nach Landstrich und Klima, je nach Bodenbeschaffenheit, nach regionaler Brauchbarkeit oder kultureller Vorliebe haben Bauern und Gärtner diese Vielfalt ganz bodenständig mit Bezug zur Region, meist sogar lokal auf den Höfen entwickelt. Sie haben ihre eigenen robusten Hof-Sorten gepflegt, bearbeitet und sie durch regen Austausch von Sorten über kulturelle und regionale Schranken hinweg verbessert. Die tief greifenden sozialen Veränderungen in den vergangenen Jahrzehnten haben ihren Ausdruck in neuen Koch- und Essgewohnheiten gefunden. Mit Fastfood und Fertiggerichten hat die Nahrungsmittelindustrie darauf reagiert. Neben dem Handel bestimmt sie heute weitgehend die Anforderungen an die landwirtschaftlichen Produkte — oft auf Kosten der Geschmacksqualität, wahrscheinlich auch auf Kosten von Vitalität und Gesundheit. Das Angebot bei Obst und Gemüse ist auf wenige Sorten reduziert. Der Verbraucher scheint nur noch drei Kartoffel-„Sorten“ zu kennen: mehlig, vorwiegend fest und fest kochende. Dass es weltweit mehr als 2000 verschiedene Kartoffelsorten mit unterschiedlichsten Eigenschaften gibt — in Deutschland sind immerhin 160 davon für den Anbau amtlich registriert — , ist beim Einkaufen kaum zu merken. Das gilt für andere Gemüsearten ebenso. Der Verlust der Vielfalt, ihre Zerstörung ist kein Schicksal! Man kann etwas tun. Das zeigt das Beispiel der Tomate: Anfang der 1980er Jahre waren nur noch eine Handvoll weniger ähnlicher Sorten auf dem Markt, rote, runde Früchte mit Einheitsgeschmack. Der Initiative von einigen nicht-staatlichen Organisationen (NGO) und engagierten Privatpersonen ist es zu verdanken, dass in den 1990er Jahren farblich und geschmacklich stark abweichende Sorten aus den Genbanken wieder vermehrt wurden und in Umlauf kamen. Heute sind wieder etwa 1000 Sorten — weiße, gelbe, orangefarbene, violette, braune und gestreifte — mit unterschiedlichen Formen und mit unterscheidbaren Aromen regulär im Handel!

Diese Erfolgsgeschichte bei anderen Kulturpflanzenarten fortzuschreiben und damit beispielgebend für die wirtschaftliche Verwertung der Vielfalt zu sorgen, ist ein Hauptanliegen der Stiftung Kaiserstühler Garten. Im Samengarten in Eichstetten erhält sie dieses kostbare Gut und will es wieder aufleben lassen. Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, die Mannigfaltigkeit der Kulturpflanzen unserer Region zu erhalten, sie verantwortlich zu fördern und samenfestes, vitales Saatgut, auch von heute gefährdeten Sorten, an künftige Generationen weiterzugeben.
Christian Hiss, 27.5.2008, BZ

Christian Hiss ist Gärtnermeister und leitet einen vielseitigen, biologisch-dynamisch geführten Gärtnerhof in Eichstetten am Kaiserstuhl.

 

Heimisches Saatgut oder Importware aus Asien für unsere Wiesen

Gründe sorgen sich ums Grün: Bei Renaturierungen von Wiesen greifen Stadtgärtner und Bauverwaltungen zu billigem Einheitssaatgut
Ist die Blumenwiese ein schützenswertes Kulturgut? Ja, sagt das Land — und verstößt dennoch ständig gegen das eigene Naturschutzgesetz. Das schreibt bei Renaturierungen einheimische Kräutersaaten vor, doch Stadtgärtner und Bauverwaltungen greifen lieber zur billigen Ramschware. Mehrere Tausend Hektar Grünfläche werden jedes Jahr neu eingesät. Doch viel zu oft verstoßen die Behörden dabei gegen das eigene Naturschutzgesetz, weil sie es nicht besser wissen oder weil sie keine Alternativen kennen. Das hat Gisela Splett, naturschutzpolitische Sprecherin und Agrarexpertin der grünen Landtagsfraktion festgestellt, und sie kritisiert diese Praxis. Denn sie bringe es mit sich, dass zwar wertvolle Streuobstwiesen geschaffen werden, das Gras darunter aber aus einer Mischung stammt, die von der Nordsee bis zu den Alpen identisch ist. Solche fertigen Mischungen liegen in jedem Baumarkt. Ihr Preis ist niedrig, dafür sind aber oft nur drei, vier verschiedene Grasarten in der Tüte, und die werden mitunter sogar in Asien gewonnen. Heimisches Saatgut hingegen ist schwer zu bekommen, denn es gibt nur einen Lieferanten im Südwesten. Und es ist teurer, weil es viele Arten enthält. Das aber ist wichtig, weil auf der Alb natürlich andere Gräser und Kräuter wachsen als am Oberrhein und im Schwarzwald.
Baden-Württemberg ist in fünf Zonen eingeteilt, um den Artenreichtum der Wiesen zu erhalten. Deutschland umfasst neun Zonen. Deshalb liefern Unternehmen, die sich auf gebietstypisches Saatgut spezialisiert haben, auch keinen Einheitsbrei, sondern Mischungen mit mehr als 50 Arten von Kräutern und Gräsern. „Gebietsheimisches Saatgut ist die absolute Ausnahme“, moniert auch der parlamentarische Berater Markus Rösler. Er warnt: Auf den eintönigen Standard-Grünflächen haben Killerkräuter wie die allergisch wirkende Ambrosia leichtes Spiel. Ein Fünftel der Landesfläche von 35 000 Quadratkilometern immerhin sind Wiesen. Gisela Splett fordert darum ein Paket an Maßnahmen.
Neben Informationskampagnen für die Behörden wünscht sie sich Wettbewerbe und eine gezielte Förderung. Vor allem aber ein so genanntes Spenderflächenkataster. Das gibt es bislang nur in Sachsen-Anhalt. Wer sich eintragen lässt, stellt seine Wiese zum Mähen zur Verfügung. Das Mähgut auf einer anderen Fläche in der Nähe auszubringen, ist die billigste Variante, heimische Gräser zu verbreiten. Und eine legale: Weil die Landwirtschaft nur zertifiziertes Saatgut verwenden darf (was bei regionalen Saatmischungen meist gar nicht geht), zerren die Konzerne kleine Händler gern vor den Kadi. Erst im April hat die EU dem ein Ende gesetzt und Richtlinien geschaffen, die den Handel mit Wildsamen spürbar erleichtern.
Andreas Böhme, 3.9.2007, www.suedkurier.de

 

Saatmais aus Heitersheim

Wer mit dem Fahrrad oder zu Fuß im Rheintal unterwegs ist, kann sie nicht übersehen: weite Flächen abgeernteter Maisfelder. In Südbaden ist Mais die wichtigste Ackerfrucht, auch in Freiburg und im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Etwa zwei Drittel der Ackerflächen sind damit bepflanzt, in Stadt und Landkreis sind das 10 000 Hektar. Das entspricht etwa zwei Dritteln der Freiburger Gemarkungsfläche.

Ein Fünftel dieser Fläche im Gebiet zwischen Neuenburg und Ehrenkirchen dient jedes Jahr der Produktion von Saatgut. Das ist nirgendwo sonst in Deutschland möglich. Nur am südlichen Oberrhein gibt´ s genügend Sonnenscheinstunden zwischen April und Oktober, damit Körnermais vollständig ausreift. Und nur ausgereifte Körner können im kommenden Frühjahr austreiben. Aufbereitet wird das Saatgut im Heitersheimer Maiswerk der ZG Raiffeisen-Genossenschaft mit Sitz in Karlsruhe. Bei einer Mais-Fachtagung des Unternehmens kürzlich in Freiburg-Tiengen informierten sich 150 Landwirte über neue Sorten und Neuerungen bei der Anbautechnik. In Deutschland wird Mais im Wesentlichen als Viehfutter angepflanzt, wobei die noch grünen Pflanzen im Frühherbst auf dem Acker gehäckselt und dann siliert werden. Nur ein Fünftel der Anbaufläche entfällt auf die Körnermaisproduktion, deren Ertrag wiederum zu 70 Prozent ebenfalls für Tiernahrung verwendet wird. Neu ist der Anbau als Energiepflanze für Biogasanlagen. Bis zu 20 000 Kilowattstunden Strom je Hektar lassen sich erzielen — genug für den Jahresverbrauch von zehn Zwei-Personen-Haushalten. Züchterische und technische Fortschritte bringen 1,5-prozentige Ertragszuwächse pro Jahr. Bis 100 Doppelzentner Körner je Hektar sind derzeit möglich. Seit Ende Oktober läuft im Heiterheimer Maiswerk, Raiffeisenstraße 2, die Saatgutaufbereitung auf Hochtouren. 6000 Tonnen Mais durchlaufen die Trocknungs- und Sortieranlagen und werden anschließend in Einheiten mit je 50 000 oder 80 000 Körnern abgepackt.
Das Handelsprodukt Saatmais wird in Körnern gezählt, denn die Landwirte säen Mais mit Einzelkorn-Maschinen, im Schnitt bringen sie 90 000 Körner pro Hektar aus. Knapp eine halbe Million Einheiten verlassen das Maiswerk im Jahr, womit sich eine Fläche von 250 000 Hektar bepflanzen lässt, was 15 Prozent der deutschen Maisanbaufläche entspricht. Das Saatgut aus Heitersheim ist für die Anbaugebiete nördlich der Mainlinie bestimmt. Es bringt Pflanzen hervor, deren Kolben früh reifen. Das Saatgut für die hiesigen Kulturen hingegen kommt aus Frankreich und Spanien.
Für 200 landwirtschaftliche Betriebe in der Region ist die Saatgutvermehrung eine wichtige Einkommensquelle. Sie sind seit Generationen mit der ZG verbunden, die in den 1960er Jahren die Saatguterzeugung in Bad Krozingen eingeführt hatte. 1978 zog das Maiswerk nach Heitersheim um und ist seither stetig gewachsen. Im Auftrag von Zuchtunternehmen wie Pioneer, KWS oder Saatenunion schließt sein Leiter Ekkehard Hipp mit den Landwirten Verträge ab, die den Anbau bis ins Detail regeln. Dieses Jahr hatte der Agraringenieur und seine zehn Mitarbeiter die Vermehrung von 30 verschiedenen Sorten vereinbart. Zur Vermehrung kämen nur konventionell erzüchtete Sorten, sagt Hipp.
Silvia Faller , 15.12.2006, www.badische-zeitung.de

www.raiffeisen.com/pflanzen/ackermanager/mais_html
https://www.zg-raiffeisen.de/agrar/saatgut.htm

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