Gelbwesten F – Grünkreuze D

Franzosen und Deutsche sind doch verschieden. In Frankreich kippen Gelbwesten ihren Mist auf die Autobahn und vors Ministerium, die Demos sind gewaltig. In Deutschland werden Grünkreuze auf Feldern errichtet und behutsam demonstriert. Aber der Vergleich hinkt. In beiden Ländern protestieren Landwirte mit ihren Traktoren, und in beiden Ländern bemühen sich Politik und Medien, die Proteste kleinzureden als isolierte Aktionen bestimmter Lobbygruppen.
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In Frankreich die verarmte Mittelschicht auf dem Land, weil sie die Spritpreise nicht mehr bezahlen kann und sich abgehängt fühlt von den großen Ballungsgebieten. In Deutschland die Bauern, die es leid sind, als Rglementierungsempfänger und Buhmänner der großstädtisch-eingebildeten Ernährungs-, Energie-, Umwelt- und Klima-Besserwisser behandelt zu werden.
In beiden Ländern stehen die ortsansässigen Somewheres (Land) gegen die ortsungebundenen Anywheres (Stadt) auf. Vor den Gelbwesten hat die Regierung in Paris riesigen Respekt und gar Angst vor einem Bürgerkrieg. Ob die Grünkreuze von GroKo und Grünlinks ernst genommen werden, wird sich zeigen. In jedem Fall handelt es sich um weit mehr als nur um Öko, Bio, „Pro Biene“, Glykosat, Agrartransfers, „28 Cent für ein Hühnerei“, Freihaltunsgprämie und Bürokratismus: Hier hat sich über Jahre hinweg ein Konflikt aufgebaut zwischen dem Ländlichen Raum und den Metropolen.

Am 26.11.2019 fuhren Tausende von Bauern mit ihren Traktoren nach Berlin, um ihrem Unmut zu demonstrieren. Auch von Freiburg-Opfingen (s.u.).
28.11.2019
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Mit dem Traktor von Freiburg-Opfingen zur Bauern-Demo in Berlin
Tausende Bauern demonstrieren in Berlin gegen die Agrarpolitik – und ein Freiburger ist mittendrin. Erwin Wagner hat mit Söhnen, Mitarbeitern und Schleppern an der Sternfahrt teilgenommen. Erwin Wagner betreibt mit seinen beiden Söhnen Sven und Dirk einen Hof in Freiburg-Opfingen. Mit ihrem Mitarbeiter Jonas Saier und zwei Traktoren sind sie nach Berlin gefahren. Simone Höhl hat mit dem 62-jährigen telefoniert.
BZ: Hallo Herr Wagner, wie ist die Stimmung in Berlin?
Wagner: Ich steh am Brandenburger Tor und ich hab’ echt Gänsehaut. Wir hatten bestimmt die weiteste Anfahrt mit unseren zwei Traktoren. Mein Sohn Dirk und ich sind am Sonntag früh um 7 Uhr bei uns auf dem Hof los, mit rund 60 anderen Schleppern vom Tuniberg und von der Region. In Bretten bei Karlsruhe, wo eine Kundgebung war, haben wir dann Fahrerwechsel gemacht: Mein Sohn Sven und Jonas haben die Maschinen übernommen. Ich musste zurück für einen Arzttermin – Gesundheit geht vor – und bin dann mit dem Zug hinterhergefahren.
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BZ: Wie fährt man denn mit dem Traktor nach Berlin? Auf dem Lastwagen?
Wagner: Auf eigener Achse! Aufladen kann jeder, wir protestieren auf der Straße, wir müssen uns zeigen. Was wir jetzt machen, hätten wir schon vor 20, 30 Jahren tun sollen – heute gibt es für die Landwirtschaft nur noch Auflagen und Preisdruck. Die Route durch Deutschland ging über Landstraßen. Am Sonntag war ich kurz davor, wieder umzukehren, der Konvoi hatte sich aufgelöst, da fuhren wir ewig allein. Es sind ja alles wildfremde Leut’, die da miteinander fahren, das ist nicht organisiert. Die letzten 300 Kilometer durften wir im großen Konvoi mit Polizeischutz über die Autobahn fahren.
BZ: Wie viele Tage und Kilometer waren Ihre Traktoren unterwegs?
Wagner: Sven und Jonas sind vorhin erst gegen 11.30 Uhr angekommen. Sie wurden noch im Ring herum geleitet, das war ärgerlich. Auf den Kilometerzähler kann ich nicht schauen, weil ich nicht weiß, wo die beiden mit den Maschinen stehen, hier ist alles voll. Aber sie haben sicherlich 900 Kilometer drauf. Und jetzt müssen sie das Ganze wieder zurück.
… Alles vom 26.11.2019 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/mit-dem-traktor-von-freiburg-opfingen-zur-bauern-demo-in-berlin

https://www.badische-zeitung.de/bad-krozinger-landwirte-demonstrieren-gegen-agrar-politik
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Mit seiner Wut ist der Bauer nicht allein
Die Reaktionen vieler Politiker und Medien auf die Bauerndemonstrationen (26.11.2019 in Berlin) zeigen ein auffälliges Bemühen, diese Proteste als etwas darzustellen, das sie nicht sind: das isolierte Aufbegehren einer Lobbygruppe, die moralisch und ethisch eher uneinsichtig auf überkommenen Privilegien beharrt und die Zeichen der Zeit nicht so recht erkannt hat. Doch diese Lesart ist gleich mehrfach falsch. Zunächst haben die Bauern nichts gegen Vorgaben zum Insekten- oder Umweltschutz, sondern weisen auf häufig unsinnige oder sogar kontraproduktive Vorschriften hin, die ihnen nicht nur das Leben sondern auch den Umweltschutz schwer machen. Zum anderen haben sie keine Lust mehr, im Windschatten von Klimahysterie und Öko-Ideologe den Sündenbock abzugeben. Und dies ist kein Phänomen, das auf die Bauern beschränkt ist.
Auf der parteiübergreifend grünen Agenda ballen sich gerade drei politische Wendevisionen zu einem Vollrausch, der für die Betroffenen sehr nüchtern enden wird:
Energiewende, Verkehrswende und Agrarwende.
Alle drei sind ideologisch kontaminiert und gehen an der Praxis und den Bedürfnissen der Menschen und ihren Arbeitsplätzen mit erstaunlicher Nonchalance vorbei.
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Die Grünen Kreuze auf den Feldern sind insofern die deutschen Pendants der Gelben Westen. Die Bauerndemonstrationen genießen abseits der veganen Biotope in den Großstädten viel Sympathie und sind letztendlich nur die Spitze eines Eisbergs, nämlich jener gewaltigen Unzufriedenheit der im produktiven Teil der Wirtschaft arbeitenden Bevölkerung, die nicht an das Ende der Welt, sondern an das Ende des Monats denken muss.

Am 20. September 2010 erhielt der damaligen Bundespräsident Christian Wulff in der Friedrichstadtkirche im Französischen Dom zu Berlin die Erntekrone der deutschen Landwirtschaft. Ich wurde damals vom Deutschen Bauernverband gebeten, zu dieser traditionellen Erntedank-Veranstaltung eine kleine Rede zu halten. Sie hätte recht gut zu den gestrigen Demonstrationen (26.11.2019) vor dem Brandenburger Tor gepasst. Ich füge den Text deshalb hier noch einmal an: Bitte die ausgezeichnete Rede hier lesen.
… Alles vom 27.11.2019 von Dirk Maxeiner bitte lesen auf
https://www.achgut.com/artikel/mit_seiner_wut_ist_der_bauer_nicht_allein
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Einige Kommentare:
Bauern versus Berliner Elfenbeinturm
Ich habe jeden Augenblick der Wut der Bauern gegenüber dem Elfenbeinturm namens Berlin aus vollem Herzen genossen. Ganz besonders, als diese die SPD-Kopie einer Margot Honecker, die derzeit das Amt einer Bundesumweltministerin (Svenja Schulze, SPD)simuliert, ausgebuht wurde. Bitte jeden Tag mehr davon, in diesem runterge(plan)wirtschafteten Land haben nicht nur die Bauern Grund zur Wut!
27.11.2019, A.S.,AO (Achgut Online)
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Bauern-Proteste zu bedeutenden Problemen
Erstens: Stimme ihrem Text / Ihrer Rede vollinhaltlich zu. Wasch mich, aber mach mich nicht nass geht nicht, auch nicht in Sachen landwirtschaftlicher Produktion!
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Zweitens: Das Beschwören der Verantwortung der Landwirtschaft für die globale Ernährung muss dennoch massiv in Frage gestellt werde; Ich kann nur jedem empfehlen, einmal den Text “Why has Africa become a net food importer” der FAO / Food and Agriculture Organisation of the United Nations (Rome 2011 / leicht als pdf im web zu finden)
https://www.fao.org/3/a-i2497e.pdf
zu lesen: Erschütternd!!! Mittlerweile werden rund 80% der Ernährung Afrikas im industrialisierten Westen (Europa/Nordamerika/Australien) produziert, Wir “füttern” die afrikanische Bevölkerungsexplosion, indem wir einem sich selbst nicht vernünftig regulierenden Kontinent Wachstumsresourcen (auch in Medizin etc.) für ein extrem ungesundes Wachstum ohne Grenzen bereitstellen. Das führt zu einer Katastrophe zusehends globalen Ausmaßes.
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Drittens: Natürlich ist die Landwirtschaft (besonders der besonders extensive und flächenvernichtende Ökolandbau) der Artenkiller Nr. 1 in der Welt (mal Demographie beiseite gelassen). Daran gibt es unter seriösen Wissenschaftlern auch konservativer Färbung keinen Zweifel, es ist der Preis einer wachsenden Weltbevölkerung. Dem wäre durch eine Reservierung entsprechender Naturschutzgebiete, die den Namen auch verdienen (Ausdehnung!!!) Rechnung zu tragen. Und im Gegenzug sollten Landwirte dort, wo sie arbeiten dürfen, frei von ideologischer Reglementierung arbeiten können.
Viertens: Der Nebenaspekt Antibiotika ist hier zutreffend, aber zu kurz gesprungen, von Foristen angesprochen worden. Allein die deutschen Krankenhäuser entlassen jährlich lt. Bundesumweltamt zwischen 700 und 800 to. Antibiotika in die Abwässer, die ambulanten Patienten kommen noch mit einem gewaltigen Betrag on top. Angebracht wäre es, die Verwendung insgesamt viel strikter zu reglementieren, aber da ist auch der typische Patient nicht dafür zu gewinnen.
27.11.2019, Wolfgang Salzmann, AO
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Schulterschluss von Konsument und Erzeuger?
Das ist der richtige Text zur richtigen Zeit. Danke, Herr Maxeiner, danke, liebe Landwirte! Wächst jetzt etwas, das zusammengehört – der Schulterschluss von Konsument und Erzeuger? Die Autoindustrie hat ja bereits bei ihrer Kundschaft nachhaltig verschissen.
Die „Sozialdemokratie“, die Mutter des Verschissmus, und Mutti’s brave Christkindchen haben den Kontakt zum Bürger gekappt und kümmern sich liebevoll wie ein heillos zerstrittenes Ehepaar nur noch um sich selbst. „Schland“ übt sich im freiem Fall und merkt gerade, daß es den Rettungsschirm vergessen hat. Und nun, fast wie die Feuerwehr in letzter Sekunde, spannt die Landwirtschaft das rettende Sprungtuch. Es war wie ein Erweckungserlebnis, als die Traktoristen kürzlich durch die verschlafenen Bonner Straßen rauschten. Ich war buchstäblich aus dem Häuschen, hüpfte am Straßenrand und nahm plötzlich zur Kenntnis, daß ich alle verfügbare Daumen hochreckte, klatschte und jubelte.
Später, auf der Straße im kleinen SUV, buchstäblich verloren im Konvoi der Grünen Streitrösser, Beifallsbekundungen, Licht- und Schallhupen allenthalben vom Fuß- und Autovolk.
Da passiert doch was. Da geht doch was – oder? Danke, liebe Landwirte, weiter so! Ihr habt das Zeug und den Mumm, der noch schweigenden, aber vernehmlich grummelnden Mehrheit dieses Landes den Weg zum friedlichen aber wirksamen Widerstand zu weisen. Ihr könnt Gretels Hüpfzwergen, randalierenden Kapitäninnen, bildungsresistenten Studenten zeigen, was eine Harke ist. Ich jedenfalls bastele jetzt ein Grünes Kreuz und pflanze es mitten in Bonn in das Beet eines Straßenbaum vor meinem Haus.

27.11.2019, H.SCH, AO
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Ein Bauer kann alles – muß alles können!
Er muß seinen Boden kennen, er muß wissen, was er darauf anbauen kann. Er muß sich mit den Tieren auskennen, die er hält. Er muß sich mit seinen Fahrzeugen und Geräten auskennen, die er nutzt. Er muß Haus und Hof in Stand halten. – Er ist häufig Maurer, Zimmermann, Dachdecker, Schlosser usw. (nur nebenbei auf seinem Hof). Er ist Unternehmer, muß sich also auch in diesem Bereich auskennen, mit all dem Bürokratismus der daran hängt. Er ist Landschaftspfleger, Gärtner, Forstmann, Jäger und Heger! Das hat mit Romantik nichts zu tun, es ist einfach harte Arbeit! Welcher Städter muß, kann und will dies alles leisten! Es gäbe noch viel mehr dazu, aber der Raum dazu reicht hier nicht aus. Im Mittelalter hieß es: “Stadtluft macht frei!” – Dies hatte seine Gründe. – Heute muß man leider sagen: “Stadtluft macht dumm!” – Auch dies hat seine Gründe!
27.11.2019, M.K.
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Weniger Ideologie und Dogmatismus“
Das ist das Stichwort. Zu übertragen auf mittlerweile alle möglichen Lebensbereiche. Ob Bildungswesen, Landwirtschaft, Kunst, Ernährung, Politik, Wissenschaft, Industrie, Entwicklungshilfe oder Zuwanderung. Der Gebiete gibt es unzählige. Lasst doch bitte wieder die Praktiker ran. Lasst sie zumindest mitbestimmen. Richtet doch unser Land nicht zugrunde, ihr Theoretiker und Ideologen. Gönnt euch eine Ruhepause. Lasst das Land zum Luft holen kommen. Lockert euren Würgegriff. Meint es weniger gut mit uns, ihr Gutmenschen. Geht Anderen auf die Nerven. Versucht es einmal in Afrika oder in Venezuela. Vielleicht hat der Maduro einen Job für euch. Oder wie wäre es mit China? Ganz viel Ideologie dort. Und Zwang. Wäre das nicht eine Perspektive für euch. Da könntet ihr so richtig viel reglementieren. Da besteht Bedarf. Lasst uns doch hier das bisschen Freiheit. Damit sind wir doch gut gefahren. Spart euch euren Eifer. Vor lauter Rettung, rettet ihr uns noch kaputt. Betreut doch Andere. Solche, die sich über die Betreuung freuen würden. Für die ihr denken dürft. Denen ihr das Denken komplett abnehmen dürftet. Die ihr von mir aus, füttern dürftet, ins Bettchen bringen, streicheln dürftet. Ja, wie wäre es, ihr suchtet euch einen Job im Zoo? Im Streichelzoo. Ihr wäret dort so glücklich und hättet das Gefühl, etwas ungemein Gutes zu tun. Ein bisschen die Welt zu retten …
27.11.2019, W.A.

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