Sozialkapital

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Baechle in der Innenstadt von Freiburg am 26.3.2011

 

 

Basel Institute vom Commons and Economics

Alexander Dill, der Vorstand des nach der Finanzkrise gegründeten Basel Institute of Commons and Ecocomics und ist zudem Gründer der deutschen Tilgungsinitiative.
https://commons.ch
www.hurrawirtilgen.de
https://www.theeuropean.de/alexander-dill

Alexander Dill: Gemeinsam sind wir reich
oekom Verlag 2012, 209 Seiten, 14,95 Euro
ISBN 978-3-86581-288-9

 

Sozialkapital – nach Alexander Dill

Als Sozialkapital können die nichtmateriellen Dinge bezeichnet werden, die eine Gemeinschaft verbinden: Vertrauen,  Geschenke, Hilfsbereitschaft, Aufmerksamkeit, Solidarität und Gastfreundschaft. Sozalkapital als ideelles Potential einer Gemeinschaft bzw. eines Landes.

BC-Umfrage von 2011: Deutschland  und seine Eiwohner ist das beliebteste Land der Welt

Sozialkapital baut überwiegend auf Geschenken auf. Umfragen zum wertvollsten Geschenk:
In Nepal Wasser und Essen
In Deutschland: Aufmerksamkeit

Kapelle als wertvolle Art von Sozialkapital, da sie alle Formen von Geschenken in sich vereint: Schönheit, Raum für Besinnung, Spiritualität, Biotop, Belebung des öffentlichen Raumes, Orientierungsort.

Besitzer des Sozialkapitals sind Aktionäre: Lächeln bzw. Gruß als Dividende

Geschenk als Ausdruck der Seele bzw. Lebenshaltung, nicht aber als Einsparmaßnahme des Sozialhaushalts. Deshalb möchten Ehrenamtler bzw. Freiwillige ihr Tun nicht bewertet bzw. vergütet sehen.

Humankapitel: Wissen, Bildung, Erfahrung, Forschungskapazitäten.
Finanzkapital; Hinter dem Finanzkapital stehen  Einzelpersonen wie Vermögensverwalter (Pensionsfonds, Hedgefonds, , Versicherungen)
Sozialkapital: Ein nicht in Geld messbarer Wert – ideeller Charakter, im Gegensatz zum Human- und Finanzkapital

Soziologie als Nachbarschaftskunde (sozius = Nachbar)

Beim Sozialkapital als nichtmateriellem Reichtung einer Gemeinschaft kommt es nicht auf Mehrheiten und Mengen an, sondern auf Engagement und Aktivitäten.

Jeder besitzt Sozialkapital. Kinder verfügen von Natur aus über reiches Sozialkapital – und verlieren es erst in der Schule.

Deutschland 1948
…  viel schlechter gestellt als etwa Griechenland heute: Nach 1948 hatte jeder Deutsche neben 40 DM Startguthaben ca 500 DM Schulden, insgesamt 29,7 Mrd DM. Nach dem Lastenausgleichsgesetz mussten 30 Jahre lang 50% des Vermögens (Westdeutscher) als Sonderabgabe (an Flüchtlinge aus Ostgebieten) abgeführt werden.

Deutschland 2012:
Zwei Billionen Euro Staatsschulden steht ein Privatvermögen von 8 Billionen Euro gegenüber. Mit 25000 Euro pro Kopf wären alle Schulden getilgt – solidarisches Handeln ohne Not. www.hurrawirtilgen.de
https://commons.ch

Privatvermögen der Bürger als Haftungskapital des Staates
„Das Haftungskapital eine Staates besteht natürlich nicht nur im Vermögen des Staates (das ja oft an Private verschenkt wurde), sondern im Vermögen seiner Bürger. Dieses ist ja nur entstanden, wenn der Staat Sicherheit, Frieden und Wohlstand finanziert hat, zum Teil über Schulden. Damit entsteht auch ein Anspruch, die Vermögen der Bürger zur Tilgung der Staatsschulden heranzuziehen. Deutschland ist es so 1952 mit dem Lastenausgleichsgesetz gelungen, schuldenfrei zu werden. In Staaten, die erfolgreich ihre Schulden senkten – etwa der Schweiz und Schweden – konnte dies nur durch die überproportionale Besteuerung Wohlhabender gelingen, nicht durch Sparen an Sozialhilfe oder Schulen.
Das Sozialkapital aber ist maßgeblich, wenn die Bürger für ihre Haftung motiviert werden müssen. Auf jeden Fall ist es berechtigt, als Haftungskapital auch die privaten Nettovermögen anzusehen.
In den USA und GB liegen sie nahe Null. In Deutschland immerhin bei 400% der Staatschulden und selbst in Griechenland und Irland bei 200%.
Da aber unter Politikern und Wohlhabenden weitgehende Einigkeit darin besteht, nicht für “den Staat” persönlich haften zu wollen, ziehen sie den Ruin des Gemeinwesens, damit Armut und Bürgerkrieg der Sanierung vor – solange die Wähler das toll finden.“
Alexander Dill, 17.7.2011, https://www.theeuropean.de/alexander-dill/7362-sozialkapital

 

Sozialkapital – in der Politikwissenschaft

Sozialkapital besteht aus drei Elementen:
1) sozialen Beziehungen, wie sie vor allem aus Aktivitäten in Vereinen und anderen Typen von Netzwerken entstehen, 2) Vertrauen in seine Mitmenschen
3) Werte und Normen, die solidarisches, auf die Gemeinschaft bezogenes Denken und Handeln unterstützen.

Die Debatte um Sozialkapital hat in der aktuellen Politikwissenschaft vor allem deshalb einen so hohen Stellenwert erreicht, weil der Fundus an Sozialkapital mit der Überlebensfähigkeit moderner Demokratien, der Funktionsfähigkeit sozialstaatlicher Institutionen, aber auch allgemeinen pathologischen Erscheinungen moderner Gesellschaften wie Kriminalität, Drogenmissbrauch oder Selbstmordraten in Beziehung gesetzt wird. Dabei wird postuliert: Je mehr Sozialkapital (d.h. je mehr Vereinsengagement, je mehr Vertrauen und je mehr gemeinschaftliche Werte und Normen) in einer Gesellschaft vorhanden ist, um so besser funktionieren Demokratie und Wohlfahrtsstaat, und um so eher lassen sich die vielfältigen Übel und Verwerfungen der Moderne vermeiden. ….
https://www.politikon.org/lehrangebote/politische-systeme-im-vergleich/politische-einstellungen/soziales-kapital.html

 

Sozialkapitel – nach Bourdieu 

Drei Hauptprotagonisten der Sozialkapital-Debatte: Pierre Bourdieu, James Coleman, Robert Putnam
Der Begriff „Sozialkapital“ stammt aus der Soziologie des französischen Sozialphilosophen Pierre Bourdieu; „Die feinen Unterschiede“. Nach Bourdieu sind moderne Gesellschaften geschichtet bzw. in Klassen gegliedert, wobei diese Strukturierung in Klassen durch einen je unterschiedlichen Anteil an Sozialkapital verläuft. Mit Sozialkapital meint Bourdieu
(a) ökonomisches Kapital (Geld, Aktien, Immobilien, Ersparnisse etc.),
(b) kulturelles Kapital (Bildung, Sprachbeherrschung, akademische und berufliche Titel),
( c) soziales Kapital (Familie, Herkunft, Beziehungen),
(d) symbolisches Kapital (Umgangsformen, Habitus, eine gewisse Ästhetik in Kleidung und Einrichtung, soziales Prestige und Anerkennung etc.)
Mit diesen Bourdieuschen Differenzierungen lassen sich das Strukturgefüge und die Macht- und Einflußbeziehungen einer Gesellschaft sehr genau beschreiben; auch welche Stelle, welchen Ort die Individuen in dieser Gesellschaft einnehmen. Aber damit läßt sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft, genauer, ihr Vermögen, ihre Potenz zu einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung, nicht erklären oder plausibel machen. Sozialkapital als zentraler Begriff, der die kulturellen Grundlagen wirtschaftlichen Erfolges einer Gesellschaft erläutern, beschreiben, erklären soll, muß daher anders definiert werden.

 

Sozialkapitel – Definitionen zur Erklärung der Kultur einer Gesellschaft

Es gibt diese Forschungsrichtung des „Culture Matters“ in den USA und in Südamerika, vertreten z.B. durch David Landes, Lawrence E. Harrison, auch Samuel Huntington (Who are we?), Thomas Sowell, Eric L. Jones, dem Australier Gregory Clarks (A Farewell to Alms), sowie einigen südamerikanischen Forschern. Bei uns in Deutschland existiert eine solche Forschungstradition nicht. Die einzigen, die es wagen (!!!) sich mit diesen Fragestellungen zu beschäftigen, sind die Autoren Siegfried Kohlhammer und auch gelegentlich Uwe Simson. Beide veröffentlichen im MERKUR – Zeitschrift für europäisches Denken.
Der links-liberale Mainstream, die veröffentlichte Meinung in Deutschland, die Kulturrelativisten und Kulturpluralisten, die alle menschliche Kulturen für gleich wertvoll erachten, die jeder Kultur die gleiche Wertschätzung zubilligen, haben solche Fragestellungen weitgehend be- und verhindert; es ist dieser sublime Fanatismus der Multikulturalisten a la Claudia Roth, der das Denken stillstellt.
Dahinter steht ein durch und durch illusionäres Menschenbild sowie die Unterschätzung der Differenzen zwischen den Kulturen, die in der Tradition einer optimistischen Anthropologie steht, die bereits dem sozialistischen Gleichheitsdenken zugrunde gelegen hatte, so in etwa der Theologe Heinz Theisen. Die prozedurale Gleichbehandlung aller Kulturen ist kein Anlaß für ihre substanzielle Gleichschätzung, so der Philosoph Hans Ebeling; und ich ergänze, jedenfalls nicht, was ihre Fähigkeit anbelangt, wirtschaftlichen Erfolg und Wohlstand zu generieren.

Denn hinter dem wirtschaftlichen Erfolg einer Volkswirtschaft stehen in der Regel enorme Leistungen und Anstrengungen. Die Forschungsarbeiten der oben genannten Wissenschaftler zeigen überdeutlich, daß einige Kulturen besser, erfolgreicher als andere sind, jedenfalls was die Ermöglichung positiver wirtschaftlicher Entwicklung mit all den vielen vorteilhaften Nebenwirkungen anbelangt. Dieser Sachverhalt wird in Deutschland verschwiegen. Warum? Das gehört zu einer spezifischen Gestalt des grün-links-liberalen, gut-menschlichen Geistes, der mit einem Tabu belegt, wenn nach den kulturellen Grundlagen wirtschaftlichen Erfolges gefragt wird. Warum hier nationaler Wohlstand und warum dort nationale Armut? Es könnte sich nämlich herausstellen, daß einige Kulturen deutlich leistungsfähiger sind als andere, was dem Gleichheitspostulat widerspricht. Was nicht sein darf, kann auch nicht sein.

Verehrter Herr Dill, wenn Vertrauen, Hilfsbereitschaft, Gastfreundschaft, Geschenke die Tugenden sein sollen, die zu wirtschaftlichem Wohlstand führen, dann müßten Länder wie Burma, Laos, Kambodscha, Thailand – Länder, die ich seit 20 Jahren bereise und gut kenne – an der Spitze des internationalen Wohlstands und Wohlergehens stehen. Deutschland wäre dann höchstens in der Mitte aller ca. 200 Länder dieser Erde zu finden. Nein, es sind wahrhaft andere Tugenden, Einstellungen und Werte, die Individuen und Gesellschaften zu wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit befähigen. Grundlegende positive Einstellungen zu Arbeit, Eigenverantwortung, Eigeninitiative, Mobilität, Fleiß, Leistungsbereitschaft, Sparsamkeit, nützlich-effizienter Umgang mit knappen Ressourcen, Bildungs- und Ausbildungsaffinität, Kreativität und wirtschaftlicher Wagemut etc.; dazu metaphorisch formuliert: ein langer Atem, Stehvermögen, die Fähigkeit, Rückschläge wegzustecken; das ist die kulturelle Tiefenprägung, aus der erfolgreiche Nationen und Volkswirtschaften geschnitzt sind; so sieht das kulturelle Kapital, das Sozialkapital aus, mit dem Gesellschaften sich im internationalen Wettbewerb behaupten können.
Balkwahn, 24.7.2012, https://www.theeuropean.de/alexander-dill/7362-sozialkapital

 

Sozialkapital statt Finanzkapital als Datenbasis der Ratingagenturen

Ratingagenturen wie Fitch, Moody’s und Standard & Poor’s bewerten Firmen wie ganze Staaten in Form von Investment Grade Bonds sind. Die Agenturen selbst werden zunehmend hinterfragt hinsichtlich Unabhängigkeit (bezahlt der Emittent selbst das Rating), Unilateralismus (alle Agenturen sind amerikanisch), Kontrolle (gibts die überhaupt?) und Datengrundlage (Wachstumsraten, Bruttoinlandsprodukt BIP als berechnetes Finanzkapital).  Ist das BIP als Fließgröße überhaupt geeignet, die Fähigkeit eines Landes zur Schuldentilgung (Schulden als Fixgröße) zu beurteilen, wo es doch in einer Unternehmensbilanz unzlässig ist, Schulden gegen Umsätze aufzurechnen?

Müssen Ratingagenturen nicht das Finanzkapital als Datenbasis austauschen durch das Sozialkapital als Summe der nichtmateriellen Dinge, die eine Gemeinschaft verbinden: Vertrauen, Geschenke, Hilfsbereitschaft, Solidarität, Gastfreundschaft.  So hängt für Jerry Brown, Gouverneur US-Bundesstaates Kalifornien, die Zukunft  seines pleite gegangenen Staates ab von der „Bereitschaft der Menschen, den Schuldenberg abzutragen und nicht über ihre Verhältnisse zu leben“, von den im Sozialkapital gebündelten Tugenden also und nicht von fiktiven Wachstumsraten auf dem Papier.
Es wird gefordert den US-Ratingagenturen eine europäische Ratingagentur entgegenzustellen. Wenn diese aber von den bisherigen Wirtschaftsberatern der Regierungen und der EZB gestaltet wird – also von jenen, die mit ihrer Wachstumsideologie die Regierungen bis heute in die Verschuldung beraten haben, weil sie noch immer behaupten, Wachstum tilge Staatsschulden – dass geht es gerade so weiter. Eine neue EU-Ratingagentur muß dem Paradigmenwechsel vom manipulierbaren Finanzkapital zum komplexen Sozialkapital  Rechnung tragen.

 

Sozialkapital – Schuldentilgung über Sparsamkeit

Was die Schuldentilgung und Sozialkapital angeht: Nicht Vertrauen und Hilfsbereitschaft tilgen die Schulden, sondern vom Vertrauen und der Hilfsbereitschaft der Bürger hängt es ab, ob überhaupt durch Sparmaßnahmen und Sonderopfer eine Tilgung erfolgen kann. Also ist auch Sparsamkeit letztlich nur ein Ausdruck von Sozialkapital, denn zumindest bisher wird bei uns das Sparen immer mit dem Argument abgelehnt, “der Staat” gebe ja dann doch nur wieder mehr aus. s ist das Problem des kategorischen Imperativs. Dieser ist die reine, philosophische Version des von uns Soziologen als “Sozialkapital” bezeichneten, nichtmateriellen Potentials.
Alexander Dill,  https://www.theeuropean.de/alexander-dill/7362-sozialkapital