Christentums-Paradox

Passend zum Weihnachtsfest veröffentlichte die FAZ eine Studie des Instituts für Demoskopie in Allensbach: Nur noch 32% der Katholiken und Protestanten gehen ab und zu in die Kirche, der Anteil der Konfessionsfreien steigt stetig, die Bedeutung des Christentums in der Gesellschaft nimmt ab. Paradoxerweise meinen jedoch immer mehr Bürger, dass Deutschland ein durch christliche Werte geprägtes Land sei: 63 % in 2017 gegenüber nur 48 % in 2012.

Wenn Allensbach festgestellt hat, dass immer weniger Menschen in Deutschland an die Kernaussagen des Christentums glauben bzw. sich mit den einzelnen Glaubensätzen identifizieren können, dann ist dies nicht Ausdruck einer Entchristianisierung. Denn was das Christentum für die Menschen ausmacht, sind scheinbar nicht die metaphysischen Aussagen hinsichtlich des Übernatürlichen, sondern vor allem die Fülle von kulturellen Überlieferungen: all die Feste, Feierlichkeiten, Lieder, Bilder, Symbole, der Geschmack von Weihnachtsplätzchen.
Deshalb ist es auch kein Widerspruch, wenn sich immer weniger Menschen mit einzelnen Glaubenssätzen identifizieren können, zugleich aber ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zur christlichen Kulturtradition empfinden – dreiviertel aller Deutschen feiern Weihnachten mit Weihnachtsbaum und Geschenken.
28.12.2017

Allensbach-Studie: Christentum wird den Deutschen immer wichtiger
56 Prozent äußerten die Ansicht, Deutschland solle auch in der Öffentlichkeit deutlich zeigen, dass es ein christliches Land sei. Fast einhellig wird mit 85 zu vier Prozent der Vorschlag abgelehnt, einen christlichen Feiertag zu streichen und stattdessen einen islamischen Feiertag einzuführen.
… Alles vom 19.12.2017 bitte lesen auf
https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/christentum-wird-den-deutschen-immer-wichtiger-15350350.html

Wandel zum Kulturchristentum
Nicht viele Menschen in Deutschland glauben noch an die metaphysischen Aussagen des Christentums. Doch das ist kein Indiz für dessen Verschwinden: Die Religion stiftet mit ihren Riten, Bildern und Geschichten jene kulturelle Identität, mit der sich noch immer viele identifizieren. Selbst in Deutschland – nach offizieller Lesart einer der religiös unmusikalischsten Landstriche dieser Erde – gab es daher nie wirklich ein Verschwinden der Religion, sondern deren Transformation zu einem Kulturchristentum. Und das ist kein Verlust. Denn es sind letztlich die religiösen Traditionen und ihre kulturelle Prägekraft, die den Menschen Identität, Halt und Orientierung geben.
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Ihre Bedeutung (der Religion) und ihre lebenspraktische Relevanz bekommen sie nicht durch ihren behaupteten Transzendenzbezug, sondern durch die Art und Weise, wie dieser kulturell inszeniert wird: durch Liturgien, Bilder und Zeichen, durch eine spezifische Ästhetik, eine Lebenshaltung. …
Denn was zu religiösen Konflikten führt, ist weniger die behauptete Transzendenz – die unterscheidet sich bei näherer Betrachtung kaum –, es sind durch die Religionen geprägten Lebenswelten. Ginge es in der Auseinandersetzung der großen Weltreligionen allein um ihre Aussagen bezüglich des Übernatürlichen, so könnte man, allen theologischen Spitzfindigkeiten zum Trotz, vermutlich recht schnell einen gewissen Konsens herstellen. Doch wie gesagt: Genau darum geht es nicht. Was Religionen ihre Identität verschafft und Glaubensgemeinschaften formt, ist ihre Kultur, ihre Kunst, ihre Gebräuche und ihre Mentalitäten, die sie über Jahrhunderte ausgeprägt haben und selbst denen einen inneren Halt geben, die an die transzendentale Erzählung nicht mehr glauben können oder wollen.

Wer behauptet, Deutschland sei ein entchristianisiertes Land und seine christliche Tradition belanglos und nicht mehr zeitgemäß, der missversteht Religion als ein Nachplappern von Glaubensformeln. Das ist im Interesse all jener, die, aus welchen Gründen auch immer, die Unterschiede zwischen den Religionen nivellieren und diese zu Spielarten einer im Grunde universalen Spiritualität oder Ethik umdeuten wollen.
Doch die Praxis der Menschen zeigt – und die Allensbach-Studie bestätigt das –, dass Religionen Identitätsanker sind, gespeist aus dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit und kultureller Heimat. Gerade zu Weihnachten wird deutlich, wie stark diese kulturelle Prägekraft selbst in einer Gesellschaft ist, die mit Metaphysik wenig anfangen kann und allzu häufig die Besinnlichkeit dem Konsum opfert.
Wer daher – wie mancher Kirchenvertreter hierzulande – das Christentum im Namen einer transreligiösen Ökumene auf den Glauben an einen angeblich allen Religionen gemeinsamen Gott reduziert, ist bereit, gerade dasjenige an der religiösen Überlieferung zu opfern, was den Menschen am meisten bedeutet. Die überfüllten Kirchen zu Weihnachten erinnern eindrucksvoll daran.
… Alles von Alexander Grau vom 23.12.2017 bitte lesen auf
https://www.cicero.de/kultur/christentum-es-gibt-keine-kultur-ohne-religion
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Christentum ist abendländische Kultur
Religion ist Kultur. Das Christentum gehört zum Abendland wie das Wasser in den Bodensee. Auch wenn das Institut für Demoskopie, das ja am Bodensee beheimatet ist, feststellt, dass ein Großteil der Menschen nicht mehr an die Kernaussagen des Christentums glaubt, ist es für die kulturelle Idedntität unseres Kontinents unverzichtbar. Dies scheint aber denen, die dem rot/grünen Gedankengut erlegen sind, nicht in den Kram zu passen, da sie diese Identität vernichten wollen.
Das Abhandenkommen des tieferen christlichen Glaubens ist eine Zeiterscheinung, die teilweise auch von den Kirchen unterstützt wird. Wenn sich sogar unsere Oberbischöfe nicht mehr mit den Insignien des Cristentums, wie beispielsweise dem Kreuz, identifizieren wollen, ist das einfach nicht verständlich. Dann trocknet der See aus und es entsteht eine Wüste, die dann vom jetzt schon hofierten Islam bevölkert wird. Ob das noch abgewendet werden kann bleibt abzuwarten. Vielleicht hat Sebastian Kurz die Wende eingeleitet.
23.12.2017, Sepp Kneip, CO

Fabelhaft formuliert und argumentiert von Alexander Grau, inhaltlich objektiv richtig, mit vielen Facetten und Detailargumenten. Leider nur kann diese Ansicht von keinem „Gläubigen“ akzeptiert werden, denn sie entblößt Religion von ihrem metaphysischen Gewande. …
„Religion stiftet kollektive Identität, sie legitimiert soziale Ordnungen und vermittelt Sinn“ Da hätte man den Artikel eigentlich schon beenden können, denn dieser Satz erfasst in seiner Prägnanz jene immense Bedeutung, die in unserer heutigen Kultur verloren gegangen ist, unter verlogenem Pietismus und geistiger Unbildung. Schon allein dieser Satz rechtfertigt es die Institution „Kirche“ nicht kaputt gehen zu lassen, allerdings nicht in ihrer obskuren mittelalterlichen Form, sondern im Bewusstsein dieses aufgeklärten Sinnes, als normatives Instrument eines geordneten und friedlichen Zusammenlebens. Religion hat das Potential sozialen Frieden zu schaffen, aber leider auch Unfrieden. Es kommt auf die Menschen an was sie daraus machen.
23.12.2017, Peter Pascht, CO

Humanismus muss mit Religion nicht unbedingt etwas zu tun haben
Die Grundgebote (nicht töten, nicht stehlen etc.) sind auch humanistiche Grundgebote und haben mit Religion erst mal nichts zu tun. Das „Gottesgen“ mit übernatürlicher Erklärung von Naturreignissen, mit der Sehnsucht nach einem Sinn und Zweck ist seit der menschlichen Frühgeschichte vorhanden. In der Regel wurde es von „Führern“ für eigene Zwecke ausgenutzt. Mir fehlt dieses Gen, ich bin Atheist seit ich denken kann, habe den Kantschen Imperativ als einziges Gebot (mehr braucht man auch nicht) und feiere gerne Weihnachten weil es nett ist, mehr nicht.
Die Kehrseite der Religionen, niemand, kein Hitler, kein Stalin, hat jemals soviel Menschen umgebracht, wie sie im Rahmen von Religionen umgebracht worden sind. Nur mit den Grundsätzen des Humanismus, ohne Religion, wäre die Welt gerechter und friedlicher. Feste feiern kann man auch ohne.
23.12.2017, Gerd Steiner, CO
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Kirchenfürsten
Was bei der Diskussion oft vermischt wird, ist die sinkende Mitgliedschaft in den beiden großen Kirchen einerseits und der – angebliche – Rückzug vom christlichen Glauben (siehe Bertelsmann-Studie). Das erste ist eher eine Folge des derzeitigen Führungspersonals und der strategischen Ausrichtung unser beiden Kirchenfürsten überwiegend an Gender-Themen, die ich eher für peinlich halte. Wegen dieser beiden Clowns an der Spitze (Bischof Bedford-Strohm und Kardinal Marx) verlassen viele die Kirche, deshalb sind sie aber nicht gleich unchristlich.
23.12.2017, Werner Peters, CO
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Der Zusammenhang zwischen Religion und Kultur ist anders. Ich habe den Eindruck, dass Herr Grau den Zusammenhang von Religion und Kultur auf den Kopf stellt, wenn er sagt, dass die Kultur die Identität einer Religion präge, nicht hingegen aber ihre Transzendenzvorstellung. Mir scheint der Zusammenhang umgekehrt zu sein: Eine kreative religiös inspirierte Minderheit hat demnach eine spezifische Vorstellung des Wahren, Guten und Schönen, also eine transzendente Vorstellung, aus der heraus sie Kultur schafft. Geht diese Vorstellung verloren, wird auch die Kultur nach und nach ihren Sinn verlieren und nicht mehr gepflegt und nicht mehr weitergegeben.
23.12.2017, Thomas Stefan, CO
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Christentum/Kultur
Ein Kulturchristentum ohne jeglichen metaphysischen Bezug ist ein Wohlfühl-Christentum ohne Bezug zu Gott. Religion fusst auf der Suche nach dem Unvergänglichen, Kultur aber ist vergänglich und der „Halt“, den eine solche Kultur den Menschen gibt, basiert auf einer Identifizierung mit „Falschen Göttern“ . Wenn nicht Gott, sondern die Kultur zum Halt wird, ist dies ein schwacher Halt, wo einst Gott war, ist nun Ego geworden. Metaphysisch/mystisch aber soll es umgekehrt sein: Wo Es bzw. Gott war, soll ICH werden. Ein solches ICH werde ich nur Hingabe an Gott/Transformation und Transzendierung. An die Kultur zu glauben, heisst an sinnfreie Märchen zu glauben.
23.12.2017, Monika Schulte
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Zwischen Theologie und Brauchtum
gibt es noch etwas: Es steckt mehr Christentum in unseren säkularisierten Werten (Werte sind eben Glaubenssache und nicht objektiv beweisbar), als es die Kritiker des Christentums wahrhaben wollen. Andere Religionen merken das, wir sind betriebsblind: So werden unsere Menschenrechtsvorstellungen von Seiten des Islam als verkapptes Christentum verstanden.
23.12.2017, Manfred Steffan, CO

„Christ im Geiste“ durch die 10 Gebote
Eine, wie ich finde, gute Zustandsbeschreibung des christlichen Glaubens bei uns. Ich möchte ergänzend zu dem Satz, dass das Christentum eine „…. unüberschaubare Summe aus kulturellen Überlieferungen….“ ist, einen Faktor besonders erwähnen, nämlich christliche Grundwerte im Sinne der 10 Gebote. Als Aussteiger aus einer kirchlichen Gemeinschaft kann ich behaupten, dass das außerordentlich prägend ist, so dass man auch als Nichtmitglied einer kirchlichen Religionsgemeinschaft weiterhin Christ im Geiste bleibt.
Im Zuge der Aufklärung haben diese Gebote quasi die Rechtsgrundsätze einer zivilisierten Gesellschaft mit geprägt.
23.12.2017, Rolf Greven, CO

Stellen wir uns mal vor, die Christen würden die Inhalte ihrer Religion wirklich leben
Nicht nur Kulturchristen sein. Ohne Gewalt, Inquisition, Reconquista etc…..Ohne Macht, ohne Prunk, ohne Reichtum…..stattdessen arm, pazifistisch, rechte Backe , linke Backe, Nächstenliebe……Ob es das Christentum dann gäbe? Wären Europa und z.B. Amerika dann „christlich“ ?
23.12.2017, Wolfgang Spremberg, CO

Derzeit wird uns von linksliberal die Nächstenliebe bis zur Selbstaufgabe aufoktroiert. Worauf Sloterdijk sich vehement wehrt.
Die Protestantische Ethik von Max Weber zeigt die Verwurstung der christlichen Religion für die kapitalistische Wirtschaftsweise auf. Religion als Überlieferung, Bräuche, Feste usw. sind das eine. Das andere ist die Institutionalisierung des Glaubens durch die Kirche, um Einkünfte (Kirchensteuer) zu generieren sowie um ihre Macht zu sichern. Analog dazu ist es auch nicht verwunderlich, das die Kirche in D. der größte Landbesitzer ist. Ihr genaues Vermögens entzieht sich der staatlichen Behörde. Toller Brauch ist auch die eigene Rechtssprechung in der Kirche. Warum braucht die christliche Religion Kirchenbosse und eine hierarchische Herrschaft bzw. Ordnung? Die sogenannten „C“ Parteien benutzen das „c“ als Brauch o. Gewohnheit, sind aber keineswegs „c“ im Sinne des Wortes.
23.12.2017, Thorsten Knecht, CO

Kulturelle Symbolik anstatt metaphysische Bewusstsein?
Ich gebe Ihnen recht, „der Mensch“ benötigt ein Paradigma, indem er sich wiederfinden kann; wo sonst soll er Halt oder Zuflucht finden? Kulturelle Symbolik anstatt metaphysischem Bewusstsein? Wenn Sie darin den kulturstiftenden Beitrag einer Religion sehen, dann ist dem schwer zu widersprechen. Frieden jedenfalls hat diese Ansicht nicht in die Welt gebracht.
Ich persönlich würde mir mehr „vom Metaphysischen“ wünschen. Denn nur dort ist wahrhaftiges Überwinden von Grenzen und Unterschieden möglich. Kulturelle Eigenschaften dagegen gilt es zu bewahren, aber auch zu schützen, abzugrenzen und zu verteidigen.
„Seit Copernicus rollt der Mensch vom Zentrum ins X“, so Friedrich Nietzsche
23.12.2017, Sam Walther, CO

Die Kirchen haben sich sehr von ihren Gläubigen mental entfernt. Das Kreuz wird in Jerusalem abgelegt, Katholische und evangelische Kirche werden extrem politisch und mischen sich in die Flüchtlingspolitik ein gegen ihre Gläubigen. Martin Luther würde sich im Grab herumwälzen Sie vertreten keine Werte mehr und sind kein Vorbild. Die Zwangsabgabe an Kirchensteuern tun ihr übriges dazu. Die meisten Menschen glauben an Gott, ich auch, – ich sah sogar den Tod vor mir -. Religion gibt Zusammenhalt, Werte, Hoffnung, Gesetzesvorlage Identität. Hätten wir diese Paradigmen nicht wäre unsere Gesellschaft am Ende
23.12.2017, Reiner Jornitz
Europ. Kultur

Angesichts Multikulti: Es reicht nicht, Feste zu feiern
Zuerst einmal ist es gut, ein Statement abzugeben für unsere kulturelle Herkunft, für die das Christentum einen großen Beitrag geleistet hat. Das ist gerade heute wichtig und gegenüber Multikulti notwendig. Auf der anderen Seite ist natürlich eine Sinnentfremdung bzw. -entleerung festzustellen. Es reicht eben nicht, Feste zu feiern, weil das immer so gemacht wurde, ohne zumindest zu wissen, was für Gefühle damit verbunden sind (Pfingsten, Karfreitag), wenn schon kaum jemand weiß, was für Bezüge zur Bibelgeschichte bestehen, geschweige denn, welche sinnstiftenden Lehren gezogen werden können. Es ist typisch für die Verarmung unseres geistigen Lebens, dass eigentlich nirgends tiefgründig darüber diskutiert wird, welche der Wurzeln unserer Kultur neben den christlichen( griech.-röm. Kultur und germ.-kelt.,Naturreligion z.B.) in unserem sekularisierten Leben eine Rolle spielen bzw. spielen könnten. Daraus könnte dann vielleicht eine echte Apologetik europäischer Kultur entstehen.
23.12.2017, Lutz Gundlach, CO

Fremde Kultur an der Grenze abgeben und Religion mitbringen?
Es gibt keine Kultur ohne Religion. Und auch keine Religion ohne Kultur. Da meinen deutsche Politiker doch immer noch, die Migranten könnten ihre andere Kultur an der Grenze abgeben und nur die Religion wegen der Religionsfreiheit mit ins Land nehmen. Nein, man fördert einen Kulturmix, der dem Land nicht gut tut und ihm seine Identität nimmt!
23.12.2017, Gerdi Franke, CO

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