Alltags-Lebensoekonomie

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Blick nach Nordwesten über den Titisee zur Bruderhalde (Gemarkung Hinterzarten) am 5.8.2013

  • Für ein leichteres Leben – Rosa Karcher fordert ein neues Schulfach (25.8.2013)
  • Unterrichtsfach „Alltags- und Lebensökonomie“
  • Landfrauen

 

Unterrichtsfach „Alltags- und Lebensökonomie“

Für eine gute Alltags- und Lebensgestaltung brauchen wir Kenntnisse und Fertigkeiten. Die Familie verliert jedoch als Lernort an Bedeutung. Das hat nicht nur Folgen für den Einzelnen, sondern auch für unsere gesamte Gesellschaft. Für eine nachwachsende Generation, die in Verantwortung für sich und andere nachhaltig handelt, brauchen wir ein Unterrichtsfach zur Vermittlung von Alltagskompetenzen.
Der LandFrauenverband Südbaden setzt sich ein für: Die Einführung eines Unterrichtsfaches „Alltags- und Lebensökonomie“ verpflichtend für alle Schülerinnen und Schüler von der ersten bis zur zehnten Klasse in allen Schularten, mit folgenden Inhalten in Theorie und Praxis:
– Ernährungs- und Gesundheitsbildung
– Verbraucher- und Konsumbildung, finanzielle Allgemeinbildung
Leben in der Gemeinschaft, Haushalt und Familienpflege
Wirtschaften in der Gesellschaft und Nachhaltigkeit

Unterschriften für die Einführung des neuen Unterrichtsfaches bis 30.9.2013 erwünscht über
www.landfrauenverband-suedbaden.de bzw.
https://www.landfrauenverband-suedbaden.de/Material/Informationen/Unterschriftenaktion_Fach_Alltags-Lebensökonomie_LFVS%20Logo.pdf

 

 

Für ein leichteres Leben – Rosa Karcher fordert ein neues Schulfach

Die Landfrauen fordern ein neues Schulfach: In „Alltags- undLebensökonomie“ sollen Kinder von der ersten bis zur zehnten Klasse lernen, was wirklich nützlich ist. Rosa Karcher, Obst- und Weinbäuerin in Achern und Präsidentin des Landfrauenverbands Südbaden, erklärt die Idee.

Wie man einen Knopf annäht, Marmelade einkocht oder einen Rotweinfleck entfernt, kann heute jeder in Sekunden via Smartphone in Erfahrung bringen. Weshalb braucht es da ein neues Schulfach, Frau Karcher?
Sicher kann man schnell googeln, was in einem bestimmten Fall zu tun ist, doch für das Leben braucht man  Kompetenzen, die praktisch geübt werden müssen. Das ist wie beim Autofahren, da genügt die theoretische Prüfung auch nicht. Wir beobachten, dass viele junge Menschen überfordert sind, wenn sie einen eigenen Haushalt gründen. Das lässt sich belegen: Es gibt bundesweit über drei Millionen überschuldete Haushalte, und pro Kopf und Jahr werden 84 Kilo Lebensmittel weggeworfen. Wir haben 27 Millionen Erwachsene, die übergewichtig sind, ein Drittel der Gesundheitskosten entfallen auf ernährungsbedingte Krankheiten.

An welchen Kenntnissen und Fertigkeiten genau mangelt es?
Viele Menschen wissen nicht mehr, wie Lebensmittel erzeugt, gelagert und zubereitet  werden. Das riesige Angebot an Halbfertig- und Fertigprodukten führt dazu, dass viele keine Mahlzeiten mehr aus Grundnahrungsmitteln bereiten können, wie Fleischbrühe oder Mürbteig. Die Folge ist, dass Wertschätzung für die Nahrung verloren geht.
Würde also nicht ein Kochkurs genügen?
Der Umgang mit Nahrungsmitteln ist für uns zentral, aber zur Lebens- und Alltagskompetenz gehört mehr: etwa der Umgang mit Finanzen, das Geldeinteilen und Haushalten, außerdem die Familienpflege von der Tischkultur bis zu Hausmitteln bei Krankheiten. Hinzu kommt die Pflege des Haushalts, der Wäsche insbesondere. Da kann man sehr viel Zeit vertun und die Umwelt belasten, indem man zu viel Waschpulver nimmt oder zu heißwäscht.

Der Satz des römischen Philosophen Seneca „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir“ ist 2000 Jahre alt. Hat nicht jede Zeit ihre Kenntnisse und Fähigkeiten, und andere gehen eben verloren?
Das glaube ich in diesem Fall nicht. Unser Wissen hat sich unglaublich vermehrt, was positiv ist, aber die Frage, wie ich meinen Haushalt als die kleinste Einheit innerhalb der Volkswirtschaft führe, wird nie unwichtig.
Was ist der Unterschied zur guten alten Hauswirtschaft?
Die gute alte Hauswirtschaft war schon immer sehr umfänglich. Vielleicht ist der Name heute  abgedroschen, doch die Kompetenzen, die sie vermittelt, sind zeitlos und machen das Leben für jeden Bürger und jede Bürgerin wesentlich leichter.
Was ist der Grund für den Verlust dieser Fähigkeiten: Die Berufstätigkeit der Mütter?
Dass das Rollenbild der Frauen sich verändert hat, kritisieren wir nicht. Diese Fragen gehen beide Geschlechter an. Früher galt es als wichtige und erfüllende Aufgabe, einen Haushalt zu führen, heute muss das nebenbei gehen, die Anforderungen sind vielseitig und die Lebensmittelindustrie nutzt das für sich. Auch in der Erziehung gab es einen Wandel: Kinder haben heute oft keine Pflichten mehr im Haushalt, die Eltern wollen nicht, dass sie etwas in der Küche tun, weil sie dann schmutzig wird. Klar ist: Alltagskompetenzen werden oft nicht mehr im Elternhaus vermittelt, darum meinen wir, dass sie in den Schulen als Pflichtfach gelehrt werden sollen.
2003 gab es schon einmal einen Vorstoß der Landfrauen für dieses Schulfach, damals ist er versandet. Was spricht dafür, dass es diesmal klappt?
Weil inzwischen alle Parteien erkannt haben, dass hier ein Mangel herrscht, der behoben werden muss. Wir haben  unsere Landtagsabgeordneten angeschrieben – und alle haben uns zugestimmt. Auch die Kultusministerkonferenz arbeitet derzeit an einer Empfehlung zur Verbraucher- Bildung an Schulen, die im Herbst abgeschlossen sein soll. Deren Vorsitzendem,  dem Kultusminister in Sachsen- Anhalt, Stephan Dorgerloh, wollen wir am 17. Oktober unsere Unterschriften übergeben.
Wie viele Unterschriften haben Sie bisher?
Die werden in Berlin gerade zusammengezählt. Auf Landesebene haben wir bisher etwa 6000, doch wir sammeln weiter. Bis zum 30.  September kann man unterschreiben. Doch uns geht es um mehr als die Unterschriften: Wirwollen in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein schaffen. Es gibt ja durchaus eine Gegentendenz  zu dem von Ihnen  eklagten Missstand.
Nähen, Stricken, Backen – „Do it yourself“, kurz DIY, genannt – boomt.
Ja, das wird gerade neu  entdeckt. Ich hätte das nie erwartet und es freut mich. Ich stelle fest, dass Selbstgemachtes – eine Marmelade zum Beispiel – plötzlich eine hohe Wertschätzung erfährt. Und wenn ich in der Schule einen Kochkurs anbiete, erlebe ich, dass die Kinder wissbegierig sind und sehr gerne mitmachen.
Sigrun Rehm, www.der-sonntag.de

 

 

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